Paul-Abraham-Park
Harvestehude (2019): Paul Abraham (2.11.1892 Apatin/Königreich Ungarn – 6.5.1960 Hamburg), ungarisch-jüdischer Komponist; ab 1927 Kapellmeister am Budapester Operettentheater, hat 1930 in Wien großen Erfolg mit seiner ersten Operette, durch seine große Popularität in Deutschland kommt er nach Berlin, flieht ab 1933 erst nach Wien, dann nach Budapest, 1938 nach Paris, 1939 über Kuba nach New York, wo er nicht mehr an seine früheren Erfolge anknüpfen kann; erkrankt 1946 und kehrt 1957 nach Deutschland zurück, lebt noch knapp vier Jahre in einem Hamburger Sanatorium mit seiner aus Ungarn ausgereisten Ehefrau zusammen; Verfolgter des Nationalsozialismus (Text aus dem Amtlichen Anzeiger vom 21.6.2019)
Vor der Benennung war diese Verkehrsfläche ein Teil der Parkfläche Grindelberg.
Siehe auch: Abrahamstraße, Rahlstedt (1967)
Bereits 1967 wurde in Hamburg Rahlstedt eine Straße nach Paul Abraham benannt. Damals wurde in der Benennungsbegründung nicht auf die Verfolgung Paul Abrahams als Jude durch das Hitler-Regime hingewiesen.
Mit der Benennung des Paul-Abraham-Parks im Jahre 2019 wurde nun auch die Verfolgung des bedeutenden Operettenkomponisten in den Fokus der Öffentlichkeit gestellt. Der amtierende Kultursenator Dr. Carsten Brosda sagte in der zur Benennung herausgegebenen Pressemitteilung: „Mit den aktuellen Benennungen [es wurde zeitgleich eine weitere Verkehrsfläche nach einem Verfolgten des NS-Regimes benannt: nach Arie Goral, R. B.] erinnern wir unter anderem an zwei Verfolgte des Nationalsozialismus, die durch ihre Biographie eng mit der Geschichte Hamburgs verbunden sind. Ihrem künstlerischen Schaffen und dem Leid, das ihnen unter den Nationalsozialisten angetan wurde, gedenken wir mit der dauerhaften Sichtbarkeit ihrer Namen im öffentlichen Raum". (Pressemeldung vom Juli 2019)
Paul Abraham war aber nicht nur Verfolgter des NS-Regimes: er wurde auch Opfer der „Wiedergutmachungspraxis“ im Nachkriegsdeutschland. Dies sollte nicht verschwiegen werden. Der Paul Abraham Biograph Klaus Waller schreibt dazu in seiner 2017 herausgegebenen 2. überarbeiteten Auflage seines Buches „Paul Abraham. Der tragische König der Operette“: Nachdem Paul Abraham aus New York nach Hamburg gebracht worden war (siehe dazu mehr unter Abrahamstraße) „begann ein Hin und Her vor den Behörden. Zwar wurde Paul Abraham 1956 vom Entschädigungsamt Berlin eine Rente von 500 DM monatlich (…) zugesprochen, doch weitergehende Ansprüche mussten erst erkämpft werden. Dabei ging es auch um die Frage, ob Paul Abrahams Geisteskrankheit überhaupt etwas mit seiner Flucht vor den Nazis zu tun hatte.
Es liest sich heute atemberaubend, wie ausgerechnet der mindestens mittelbar, vielleicht sogar unmittelbar am Euthanasieprogramm beteiligte Prof. Hans Bürger-Prinz [Psychiater und Neurologe Prof. Dr. Hans Bürger-Prinz am UKE Hamburg, in der NS-Zeit u. a. Richter am ‚Erbgesundheitsgericht‘, R. B.] in einem Gutachten für Paul Abraham argumentiert: ‚Es kann kaum ein Zweifel daran bestehen, dass P. A., wenn er sich in Deutschland aufgehalten hätte, infolge der psychischen Auffälligkeiten von seiner mit ihm vertrauten Umgebung bereits wesentlich früher, wahrscheinlich schon beim Auftreten der ersten Krankheitszeichen im Jahre 1940, einer adäquaten klinischen Behandlung zugeführt worden wäre (…). Wäre P. A. bereits im Jahre 1940 entsprechend behandelt worden, was in Deutschland nach den hier geltenden Regeln und Vorschriften mit an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit der Fall gewesen wäre, so hätte Aussicht auf eine weitgehende Erhaltung seiner Primärpersönlichkeit, seiner Schaffenskraft und Produktivität bestanden.‘
‚Ohne Zweifel‘ wäre Abraham (der Jude!) 1940 in Deutschland behandelt worden? Das schreibt ein Mann, der unmittelbar nach Hitlers Antritt 1933 Mitglied des NS-Ärztebundes, des NS-Dozentenbundes, des NS-Lehrerbundes, ja der NSDAP sowie der SA geworden war! Um das klarzustellen: Richtiger wäre die Aussage gewesen, dass Abraham 1940 in den USA entsprechend behandelt worden wäre, wenn er das durch die Nazis geraubte Vermögen zur Verfügung gehabt hätte!“ 1) Paul Abraham wäre wegen seiner Erkrankung Opfer der NS-Euthanasie geworden, wenn er in Deutschland geblieben wäre.
Abraham wurden gerade mal rund 37.000 DM Entschädigung zugesprochen bei einem Schaden von 1.2 Millionen Mark, der entstanden war.
Der im „Amtlichen Anzeiger“ veröffentlichte Kurztext zur Benennung des Paul-Abraham-Parks sagt aus, dass Paul Abraham in Hamburg in einem Sanatorium lebte. Dies ist auch in anderen Publikationen nachlesbar. In der von Klaus Waller 2017 erschienenen Paul Abraham Biographie heißt es allerdings, dass Charlotte Abraham, nachdem sie die Vormundschaft über ihren Mann bekommen hatte, eine 5-Zimmer Wohnung in der Siechrichstraße 110, gemietet hatte, wobei später ein Umzug in die Klosterallee 80 erfolgte, wo sie ihren Mann bis zu seinem Tod im Jahre 1960 pflegte. (Der Autor Klaus Waller spricht allerdings von Klosterstraße, gemeint ist aber Klosterallee, denn eine Klosterstraße gibt es nicht in Hamburg, R. B.). Dort erinnert heute auf Initiative von Peter Hess eine Tafel an den Komponisten. Im Hamburger Adressbuch aus dem Jahre 1960 ist Paul Abraham, Komponist, mit der Adresse Klosterallee 80 aufgeführt.
Paul Abraham verstarb im Universitätskrankenhaus Eppendorf (UKE) an Hautkrebs. 2)