Bernadottestraße
Ottensen (1948): Folke Bernadotte, Graf von Wisborg (2.1.1896 Stockholm – 17.9.1948 Jerusalem ermordet), Präsident des schwedischen Roten Kreuzes, Vermittler der Vereinten Nationen in Palästina
Diese Straße könnte nach seiner Ehefrau Estelle Bernadotte, geb. Manville mitbenannt werden. Sie war im Kriegsgefangenenauschuss der Vereinten Nationen tätig und eine führende Persönlichkeit der schwedischen Pfadfinder. (Siehe dazu in der Rubrik „Verschwiegene Frauen“ auf der Startseite der Straßennamendatenbank)
Zuvor hieß die Straße seit 1892 Moltkestraße. Wegen Straßennamensdoppelung wurde die Verkehrsfläche 1948 in Bernadottestraße umbenannt. (vgl.: Staatsarchiv Hamburg, Registratur Staatsarchiv AZ. 1521-1/5 Band 3-5: Straßennamen (neue Kartei), alphabetisch geordnete mit Hinweisen).
Siehe auch: Zassenhausweg
Folke Bernadottes Mutter war Prinzessin Ebba Bernadotte (1858-1946), geb. Munck von Fulkila, eine schwedische Adlige. Sein Vater war Oskar Karl August, ein Sohn des Königs von Schweden und Norwegen Oskar II. Da Oskars Auserwählte nicht standesgemäß war, musste er auf seine königlichen Titel verzichten. Nach der Heirat erhielt Ebba den ungeklärten Titel „Prinzessin Bernadotte“ anstatt des königlichen Titels „Prinzessin von Schweden“. Als Ehefrau: „widmete Ebba Bernadotte ihr Leben der christlichen Nächstenliebe. Das Ehepaar lebte ein einfaches Leben in Stockholm abseits des königlichen Hofes und wurde aufgrund der Umstände seiner Ehe mit großer Sympathie betrachtet. Ihre Beziehung wurde als glücklich beschrieben und sie widmeten sich ihren gemeinsamen Interessen an Religion und christlich beeinflusster Sozialarbeit. Ebba Bernadotte war ein Mitglied einer Reihe von verschiedenen christlichen Wohltätigkeitsorganisationen.“ 1) So war sie z. B. von 1897 bis 1912 Vorstandsmitglied der Christlichen Gesellschaft für junge Frauen in Stockholm; sie gehörte auch dem Vorstand der Female Mission Workers (Vereinigung weiblicher MIssionarbeiter) an.Ebba Bernadotte bekam fünf Kinder.
Ihr Sohn, der Offizier Graf Folke Bernadotte, heiratete im Alter von 32 Jahren (1928) die damals 24-jährige Estelle Manville (26.9.1904 Pleasantville/USA – 28.5.1984 Uppsala/Schweden). Sie entstammte einer reichen Industriellenfamilie und hatte Graf Folke Bernadotte auf einem Bankett an der Cote d’Azur kennengelernt. Noch im selben Jahr heiratete das Paar. Es bekam vier Kinder (geb. 1930, 1931, 1934 und 1935). Zwei von ihnen starben bereits im Kindesalter: 1936, im Alter von sechs Jahren und 1944, im Alter von zehn Jahren.
Graf Folke Bernadotte wurde am 1.9.1943 Vizepräsident des Schwedischen Roten Kreuzes und führte Anfang 1945 Verhandlungen mit dem Reichsführer SS, Heinrich Himmler. Er setzte durch, dass alle norwegischen und dänischen Häftlinge noch vor Kriegsende aus den deutschen Konzentrationslagern ins neutrale Schweden gebracht werden konnten. Diese Aktion wurde mit so genannten weißen Bussen durchgeführt. 2)
Auch Estelle Bernadotte beteiligte sich an der Arbeit ihres Mannes beim Internationalen Roten Kreuz und bei der Planung der Rettungsaktion mit den „Weißen Bussen“.3)
In einem Zeitungsbericht aus dem Jahre 1956 über das Paar steht unter einem Bild, welches die beiden zeigt: „Immer auf dem Weg zu neuem Helfen ist Graf Bernadotte. Muße für das eigene Wohlergehen kennt er nicht, und die Zeit, die er seiner Frau widmen kann, ist sehr bemessen. Aber Estelle Bernadotte ist hochherzig. Nie stellt sie sich mit egoistischen Ansprüchen der Hilfsbereitschaft des Gatten in den Weg. Unser Bild zeigt das Paar bei einer Ankunft in Paris. Das Lächeln der Gräfin ist beseelt von Anteilnahme am Werk des Gatten. Ihr Antlitz verklärt vom Verständnis für sein Wirken im Dienste des Friedens.“4)
„Nach der Ermordung ihres Mannes 1948, der als Vermittler in Palästina eingesetzt war, „um zwischen Israelis und Palästinensern zu verhandeln (…), übernahm Estelle Bernadotte die Vermittlung von Ralph Bunche als dessen Nachfolger und organisierte die Friedensbemühungen im Sinne ihres Gatten bis zum Eintreffen Bunches. Anschließend widmete sie sich von 1949 bis 1957 der Führung der schwedischen Pfadfinderinnen. Auf Bitten von Trygve Lie saß sie im Kriegsgefangenenausschuss der Vereinten Nationen. Sie engagierte sich für das Internationale Rote Kreuz und unterstützte UNICEF. Unter dem Namen ihres Mannes richtete sie eine Stiftung für gelähmte Kinder ein, welche sie später für weitere Behinderungen im Kindesalter ausweitete.“ 5)
1973, im Alter von 68 Jahren, heiratete sie den früheren Sekretär von Folke Bernadotte und nahm dessen Namen Ekstrand an. Im Alter lebte sie in Frankreich in der Nähe Nizzas.
Kronprinzessin Victoria von Schweden gab ihrer erst geborenen Tochter den Vornamen Estelle.