Schleidenbrücke
Winterhude (1929): Matthias Jacob Schleiden (5.4.1804 Hamburg -23.6.1881 Frankfurt a. M.), Naturforscher, Botaniker.
Siehe auch: Hübbesweg
Siehe auch: Schleidenstraße
Matthias Jacob Schleiden war der Sohn von Eleonore Sophie Schleiden, geb. Bergeest (1776–1856) und des Hamburger Stadtphysikus Dr. med. Andreas Schleiden (1775–1853).
Durch die Heirat seiner Schwester Wilhelmine Marie (1806-1855) mit Wilhelm Hübbe (1804-1886) war Matthias Jacob Schleiden mit der Familie Hübbe verwandt (siehe: Hübbesweg).
In der Neuen Deutschen Biographie schreibt Ilse Jahn über Schleidens Werdegang: „S. besuchte 1810-21 das Johanneum und bis 1824 das akademische Gymnasium in Hamburg, studierte 1824-27 in Heidelberg Jura (Promotion 1826) und ließ sich in Hamburg als Notar nieder. Nach einem Selbstmordversuch [wegen Depressionen] 1832 studierte er in Göttingen Medizin und Botanik (..) 1798–1875). Durch seinen Bruder und den Mathematiker Carl Friedrich Gauss (1777–1855) [Gaußstraße] wurde er mit der Philosophie von Jacob Friedrich Fries (1773–1843) bekannt. 1835 wechselte er an die Univ. Berlin, wo sein Onkel Johannes Horkel (1769–1846) Professor für vergleichende Physiologie war. Unter seiner Anleitung begann er mit Studien über die Befruchtung und Embryobildung von Blütenpflanzen, wobei er 1839 die irrtümliche Hypothese seines Onkels aufgriff, wonach sich der Embryo im Pollenschlauch entwickele. Entscheidende Anregungen erhielt S. durch den engl. Botaniker Robert Brown (1773–1858), der 1831 den Zellkern entdeckt hatte und S. bei einem Besuch in Berlin 1836 auf die Bedeutung mikroskopischer Beobachtungen über Zellinhaltskörper aufmerksam machte, was S. davon überzeugte, daß jede Pflanzenentwicklung innerhalb einer Zelle beginnt und diese mithin der Ausgangspunkt jeder Untersuchung sein müsse (…). Aus diesem Postulat und gleichartigen Beobachtungen an tierischem Embryonalgewebe entwickelte S.s Studienfreund Theodor Schwann (1810–82) seine einflußreiche ‚Zellentheorie‘ (1839). S. beabsichtigte nun ‚Physiologe‘ zu werden. Nach dem Scheitern von Bewerbungen in Halle, St. Petersburg und Kalkutta und privaten Problemen unternahm er Ende 1838 in Wernigerode abermals einen Suizidversuch. Interventionen seiner Familie und von Freunden am Weimarer Hof ebneten den Weg zu einer Hochschullaufbahn.
1839 wurde S. an der philosophischen Fakultät der Univ. Jena promoviert und 1840 zum ao. Professor ernannt. Er hielt Vorlesungen über ‚Allgemeine Botanik‘ und den ‚Gebrauch des Mikroskops‘, seit 1843 auch über ‚Anthropologie‘. 1843 richtete er ein ‚Physiologisches Praktikum‘ ein und gründete 1845 ein physiologisches Privatinstitut, in dem mikroskopische und chemische Übungen angeboten wurden. 1846 wurde S. auf landesherrliche Anordnung als Honorarprofessor in die medizinische Fakultät versetzt, erhielt 1849 eine o. Professur für Naturwissenschaften und 1850 einen neuen Lehrstuhl für Naturgeschichte, nachdem er Berufungen nach Bern, Gießen, Erlangen und Berlin abgelehnt hatte. Seit 1850 leitete S. auch den Botanischen Garten in Jena (mehrmals Dekan, 1859 Prorektor). Mit seinem Lehrbuch ‚Grundzüge der wissenschaftlichen Botanik‘ (1842/43), das seinen wissenschaftlichen Ruf begründete, leitete er eine neue Ära der ‚induktiven‘, naturwissenschaftlich-materialistischen Botanik nach dem Vorbild physikalischer Kausalbegriffe ein.
S. hielt öffentliche Vorträge, malte und dichtete (…). 1851 übernahm er zusätzlich Lehrveranstaltungen am pharmazeutischen Institut Ferdinand Wackenroders (1798–1854) und begründete mit seinem ‚Handbuch der medicinischpharmaceutischen Botanik und botanischen Pharmacognosie‘ (…) die mikroskopische Pharmakognosie. 1862 hielt er während eines Kuraufenthaltes in der Sächs. Schweiz öffentliche Vorträge in Dresden, was zu einem Verweis des Jenaer Regierungsbevollmächtigten führte. Daraufhin reichte er 1863 sein Entlassungsgesuch ein und zog sich nach Dresden zurück, um ein Handbuch der Anthropologie zu schreiben. Im selben Jahr folgte er einem Ruf als Honorarprofessor an die Univ. Dorpat (Tartu). Seine erfolgreichen Vorlesungen im Wintersemester 1863/64 veranlaßten die russ. Regierung, ihn gegen das Votum der Universitätsleitung zum Ordinarius und ksl. Hofrat zu ernennen, was öffentliche Angriffe gegen ihn auslöste. 1864 verließ er Dorpat und reichte aus Dresden sein Abschiedsgesuch ein, das unter Gewährung eines ‚Ehrensoldes‘ genehmigt wurde.
1864-71 widmete sich S. in Dresden als Privatgelehrter anthropologischen und kulturhistorischen Forschungen und verfaßte seine umfangreiche Monographie ‚Das Meer‘ (1865). 1871/72 wohnte er in Frankfurt/M., 1872/73 in Darmstadt, wo er die Arbeit an seiner Monographie ‚Die Rose‘ abschloß, anschließend bis 1881 in Wiesbaden, wo er seine letzte große Monographie ‚Das Salz‘ (1875) fertigstellte. In diese Zeit fallen auch Publikationen über die kulturgeschichtliche Bedeutung des Judentums (1876–78), die ihn schon seit 1858 beschäftigt hatten und in denen er für die Gleichberechtigung der jüd. Staatsbürger eintrat.“ 1)
Dass Schleiden verheiratet und Vater gewesen ist, wird in den meisten Veröffentlichungen über ihn nicht erwähnt, so z. B. auch nicht auf der Seite der Hamburger Sternwarte der Universität Hamburg (www1.physik.uni-hamburg.de/hs/group-wolfschmidt/exkursionen/cv-schleiden.html.) Aus dem Eintrag über Schleiden in der Neuen Deutschen Biographie ist zu ermitteln: Im Alter von 40 Jahren heiratete Schleiden 1844 die zehn Jahre jüngere Bertha Mirus (1814–1854), Tochter eines Arztes. Das Paar bekam 3 Töchter (geboren: 1844, 1846 und 1849). Nach dem Tod seiner 40-jährigen Frau 1854 heiratete der 51-jährige Schleiden, der nun Witwer von drei unmündigen Kindern war, ein Jahr später die damals 34-jährige Therese Marezoll (1821–1896), Tochter eines Juraprofessors.
Die älteste Tochter Eleonore (1844-1936) fertigte viele Abschriften von Schleidens Arbeiten an. 2)