Gaußstraße
Ottensen (1950): Prof. Karl Friedrich Gauß (30.4.1777 Braunschweig -23.2.1855 Göttingen), Mathematiker, Physiker, Astronom
Siehe auch: Schumacherstraße
Siehe auch: Poggendorffstraße
Vor 1950 hieß die Straße Lagerstraße. Bereits in der NS-Zeit sollte die Straße im Zuge des Groß-Hamburg-Gesetzes in Gaußstraße umbenannt werden, da nun das bisherige Staatsgebiet Hamburg um benachbarte preußische Landkreise und kreisfreie Städte erweitert worden war und es dadurch zu Doppelungen bei Straßennamen kam. Bedingt durch den Krieg kam es aber nicht mehr zu dieser Umbenennung und es blieb bis 1950 bei Lagerstraße. (vgl.: Staatsarchiv Hamburg 133-1 II, 26819/38 Geschäftsakten betr. Straßennamen B. Die große Umbenennung hamb. Straßen 1938-1946. Ergebnisse der Umbenennung in amtlichen Listen der alten und neuen Straßennamen vom Dez. 1938 und Dez. 1946)
Carl Friedrich Gauß war das einzige Kind des Schlachters und Maurers Gebhard Dietrich Gauß (1744–1808) und der Dorothea Gauß, geborene Benze (1743–1839), Tochter eines Steinmetzen und dessen Ehefrau. Dieser starb, als Dorothea noch ein Kind war. Bis zu ihrer Heirat mit Gebhard D. Gauß hatte Dorothea als Dienstmädchen gearbeitet. Für Gebhard D. Gauß war es die zweite Ehe.
Mit seiner Mutter verband Karl Friedrich Gauß zeitlebens eine enge Beziehung. Sie wohnte seit 1817 bei ihrem Sohn auf der Sternwarte in Göttingen.
Bereits als Kind fiel Karl Friedrich Gauß mathematische Begabung auf. Deshalb wurde er im Alter von 14 Jahren Herzog Karl Wilhelm Ferdinand von Braunschweig vorgestellt. „Dieser unterstützte ihn sodann finanziell. So konnte Gauß 1792 bis 1795 am Collegium Carolinum in Braunschweig studieren, (…). Im Oktober 1795 wechselte Gauß an die Georg-August-Universität Göttingen. (…).
Im Alter von 18 Jahren gelang es Gauß als Erstem, die Möglichkeit zur Konstruktion mit Zirkel und Lineal des regelmäßigen Siebzehnecks zu beweisen, und zwar auf Basis einer rein algebraischen Überlegung – eine sensationelle Entdeckung; denn seit der Antike hatte es auf diesem Gebiet kaum noch Fortschritte gegeben. Danach konzentrierte er sich auf das Studium der Mathematik, das er 1799 mit seiner Doktorarbeit an der Universität Helmstedt abschloss. (…),“ 1) ist in Wikipedia nachzulesen.
1807 wurde Gauß Professor an der Universität Göttingen und Direktor der Sternwarte Göttingen. „Der Mathematiker, Physiker und Astronom Carl Friedrich Gauß steht hinter zahlreichen Formeln und Erfindungen. Mit der Gaußschen Normalverteilung haben sich Generationen von Schülern beschäftigt, das Gaußsche Doppelobjektiv hat in Kameras noch heute eine Bedeutung und sogar die Einheit der magnetischen Flussdichte ist nach ihm benannt,“2) heißt es in einer NDR-Sendung über Gauß.
Was Gauß alles entdeckte und entwickelte, kann im Wikipedia-Eintrag über ihn nachgelesen werden. Auch als er sich: „mit der Vermessung der Erde, der Geodäsie, befasst, entwickelt er bahnbrechende Methoden. So entstehen Karten in bislang unbekannter Genauigkeit. Gemeinsam mit dem Naturforscher Alexander von Humboldt erforscht Gauß den Erdmagnetismus, ein Schutzschild gegen die gefährliche Strahlung der Sonne. Ein Netz von Messstationen in allen Teilen der Welt liefert dazu wichtige Daten zur Zentrale in Göttingen: ein frühes Beispiel internationaler Zusammenarbeit in der Forschung. Wie nebenbei erfindet Gauß mit Wilhelm Weber die elektromagnetische Telegrafie und legt die Grundlagen für die Versicherungs-Mathematik.“ 7)
Im Alter von 28 Jahren heiratete Karl Friedrich Gauß 1805 Johanna Elisabeth Rosina Oshoff (8.5.1780 – 11.10.1809). Ein Jahr zuvor hatten sie sich verlobt. Gauß beschrieb sie einmal in einem Brief an einen Freund. Daraus ist zu erkennen, welchen Frauentyp und welche Eigenschaften Gauß an einer Frau bevorzugte. Johanna ist ein: „herrliches Mädchen, ganz so wie ich mir immer eine Gefährtin meines Lebens gewünscht habe. Ein wunderschönes Madonnengesicht, ein Spiegel des Seelenfriedens und der Gesundheit, zärtliche etwas schwärmerische Augen, ein tadelloser Wuchs, das ist etwas, ein heller Verstand und eine gebildete Sprache das ist auch etwas, aber nun eine stille, heitre, bescheidne, keusche Engelsseele, die keinem Wesen wehe tun kann, die ist die beste. Koketterie und Sucht zu glänzen sind ihr fremd.“ 4)
In der nur vier Jahre andauernden Ehe gebar Johanna Elisabeth Rosina Gauß drei Kinder. Nach der Geburt des dritten Kindes verstarb die damals 29-Jährige an den Folgen der Geburt. Das Kind starb ein Jahr später. Carl Friedrich Gauß verfiel nach dem Tod seiner Frau in eine Depression und schrieb für sie die „Totenklage“. Aber schon 1810 heiratete der Witwer mit zwei Kindern erneut, diesmal die beste Freundin seiner verstorbenen Frau, die damals 22-jährige Friederica Wilhelmine Waldeck (Minna) (15.4.1788 – 12.9.1831). Das Paar bekam drei Kinder (geboren 1811, 1813, 1816). Die Jungen erhielten eine Gymnasialbildung, die Töchter wurden nur von Hauslehrern unterrichtet.
Über die Beziehung zwischen Gauß und seiner zweiten Ehefrau schreibt Hubert Mania in seiner Gauß Biografie. „In ihren Briefen an Gauß, redet sie „ihn mit ‚lieber Junge‘ und ‚guter Herzens-Junge‘ an und unterschreibt mit ‚Deine Dich über alles liebende Minna‘. (…) Nach einem Ehejahr hat sich auf den ersten Blick der Wunsch des betrübten Witwers erfüllt. Aus der angeblichen Vernunftehe zum Wohl der Kinder ist offensichtlich eine Liebesbeziehung geworden. (…) Aber die Atmosphäre, die die beiden erhalten gebliebenen Briefe aus diesem zweiten Ehejahr vermitteln, ist von Nervosität geprägte. Man hat den Eindruck, sie fühle sich von der Persönlichkeit ihres Mannes, dieser Idealverkörperung von Genie und Tugend, überfordert und müsse stets von neuem um seine Liebe kämpfen. Ihre häufigen Verstimmungen müssen ihn, so fürchtet sie, kränken. Sie sei ihnen aber hilflos ausgeliefert. (…) Es fehle ihr nicht an Willen, ihn so glücklich zu machen ‚wie Du es von mir erwartest‘..“5)
Angesichts solcher Äußerungen von Seiten Frau Gauß’s fragt der Biograph Hubert Mania: „Ist das die Stimme einer Frau, die eine glückliche Ehe führt, wie mancher Gaußforscher behauptet hat? Eine gebildete Frau aus vermögender Familie befürchtet nach einem Ehejahr, dass ihre Liebe nicht genügt, um die Erwartungen ihres Mannes zu erfüllen. Der hat ja in seinem Heiratsantrag schon die Maßstäbe gesetzt: ‚so bescheiden und genügsam ich sonst in meinen Ansprüchen an das Leben bin, in den engsten häuslichen Verhältnissen [{kann es) keinen Mittelzustand für mich geben, so daß ich da entweder höchst glücklich oder sehr unglücklich seyn muß‘. Sie selbst müsse aber a priori glücklich sein bei ihrer Entscheidung, weil sonst Gauß trotz des Glücks, sie zur Frau zu haben, wiederum unglücklich wäre. (…) Offenbar haben hier zwei zu Trübsinn und Melancholie neigende Partner zusammengefunden.“5)
1818 erkrankte Wilhelmine (Minna) Gauß an Schwindsucht. Damals fuhr sie zur Kur nach Bad Pyrmont, denn sie fühlte sich völlig erschöpft, hatte sie doch – auch wenn Hauspersonal vorhanden war – eine fünfköpfige Kinderschar im Alter von damals 12, 10, 7, 5 und 2 Jahren zu erziehen. Außerdem war Gauß‘ Mutter zur Familie gezogen. Minna Gauß‘ Krankheit schritt stetig voran und wuchs zu einem starken Leiden heran – und Gauß war in diesen Jahren wegen seiner wissenschaftlichen Tätigkeiten oft auf Reisen. Hubert Mania fragt deshalb: „Ob Gauß wohl die Abstraktionsfähigkeit besitzt, auch seine eigene Familie als ein verkettetes System zu betrachten? Die Schwächeanfälle seiner Frau Minna häufen sich. (…) Sie kann kaum etwas essen, ohne es nicht gleich wieder von sich zu geben. Verschlimmern sich die Schwindsuchtssymptome, weil ihr Mann den ganzen Sommer unterwegs ist und sie sich alleingelassen fühlt? Oder ist er den ganzen Sommer unterwegs, weil sich ihre Symptome verschlimmert haben und er Distanz vom Krankenbett seiner Frau braucht, um nicht zu verzweifeln? (…) Minna spürt auch nach zwölf Ehejahren noch, dass sie Carls hohen Maßstäben von häuslichem Glück nicht gerecht werden kann, während er sich schlecht fühlen muss, seine kranke Frau allein zu Hause zu lassen, wo sich die dreizehnjährige Tochter um ihre Stiefmutter kümmert.“ 6) Sie, Minna Gauß und später dann die jüngste Tochter Therese übernahmen viel Hausarbeit und die Beaufsichtigung der weiteren Geschwister. Schließlich wurden die zwei Söhne Eugen und Wilhelm ins Internat nach Celle geschickt.
1830 heiratete die Tochter Minna Gauß den Theologen und Orientalisten Georg Heinrich August Ewald und zog in die Nähe ihrer Eltern. Auch bei ihr zeigten sich dieselben Krankheitssymptome wie bei ihrer Stiefmutter Wilhelmine. Und auch bei der jüngsten Tochter Therese (9.6.1816 Göttingen – 11.2.1864 Dresden) brach ein heftiger Husten aus.
1831 starb Wilhelmine Gauß an Tuberkulose. Von nun an führte die damals 15-jährige Therese Gauß den Haushalt. Dieser bestand neben Therese nur noch aus der erblindeten alten Mutter von Gauß und einem Dienstmädchen. Die Familie lebte im Westflügel der Göttinger Sternwarte, deren Leiter Gauß war.
Therese Gauß: „erfüllte treu ihre Pflicht, wie es damals von einer Tochter erwartet wurde, und auch Gauß, ganz ein Mann seiner Zeit, schien nicht das Opfer zu erahnen, das ihm seine Tochter brachte. Sie tat es einerseits gern und sie liebte ihren Vater über alles, jedoch infolge des zurückgezogenen Lebens von Gauß, aber wohl auch wegen ihrer eigenen scheuen Veranlagung und ihrer komplizierten Seelenverfassung schwankte sie zwischen stiller Freude und abgrundtiefer Traurigkeit. Niedergebeugt durch eine verlorene Liebe, krank an Herz und Körper, igelte sie sich in ihrer ‚Häuslichkeit‘, wie sie ihr Zuhause gerne nannte, mehr und mehr ein. Ihre teilweise selbstgewählte Isolation in der Sternwarte vor dem Tore Göttingens empfand sie oft als unerträglich, und sie haderte darüber mit dem Schicksal“, 7) ist in Wikipedia nachzulesen.
Durch eine neue Liebe, die in ihr Leben trat, wurde Therese Gauß wieder lebensmutiger. Sie hatte sich in den Schauspieler und Regisseur Constantin Staufenau verliebt, der ihren Seelenzustand verstand und sie ebenfalls liebte. Doch sahen sich die beiden in 13 Jahren nur gelegentlich und auch nur für kurze Zeit. Ihre Liebe zueinander äußerte sich in einem regen Briefwechsel, den die beiden miteinander führten.
Nach dem Tod ihres Vaters überdachte Therese ihr Leben neu und hatte nun den Mut, die gesellschaftlichen Standesregeln, die eine Verbindung zwischen einer Professorentochter und einem Schauspieler unmöglich machten, zu überwinden.
„Anderthalb Jahre nach Gauß’ Tod gab sie 1856 Constantin Staufenau das Jawort. Das Ehepaar zog im September 1856 nach Dresden (…). Therese war dank des elterlichen Erbes eine reiche Frau, aber auch Staufenau verfügte über ein kleines Vermögen. Das Ehepaar genoss in den wenigen Jahren, die Therese noch vergönnt waren, ein stilles Glück. ‚Liebevoll von ihrem Gatten betreut, umgeben von Göttinger Erinnerungsstücken, versuchte sie ein zweites Leben‘. Nach dem Bericht ihres Manns war Therese in den letzten Jahren ihres Lebens sehr leidend, diese Leiden steigerten sich aber im letzten Lebensjahr zu einem Martyrium: (…)
Bei der Heirat war Therese 40 Jahre alt, ihr Mann 47 Jahre. Die Ehe blieb kinderlos. Therese Staufenau starb am 11. Februar 1864 in Dresden im Alter von fast 48 Jahren an Schwindsucht,“ 7) heißt es in Wikipedia.
Gauß wurde also zeit seines Lebens von Frauen versorgt, die ihm den Rücken für seine wissenschaftliche Tätigkeit freihielten.