Smidtstraße
Hamm (1929): Johann Smidt (5.11.1773 Bremen – 7.5.1857 Bremen), Bremer Bürgermeister, begründete Bremerhaven, Ehrenbürger von Hamburg.
Siehe auch: Anna-Lühring-Weg.
Nach Johann Smidt wurde in Bremerhaven auch die städtische Hauptkirche benannt. Er soll ein Gegner der bürgerlichen Gleichberechtigung der Juden gewesen sein und aktiv die Abschaffung der ersten demokratischen Verfassung Bremens von 1848 betrieben haben.
Erst in den 1970er-Jahren befasste sich die Wissenschaft kritisch mit dem Andenken an Smidt. Herbert Weichmann, der jüdischer Herkunft war, (siehe: Herbert-Weichmann-Straße) lehnte es 1973 ab, in Bremen die Laudatio auf Smidt zu halten. In seinem Absageschreiben wies er darauf hin, dass Smidt ihn auch nicht hätte dabeihaben wollen.
Smidt war seit 1798 mit Wilhelmine Rhode (8.1.1777 Bremen – 29.12.1848 Frankfurt a. Main) verheiratet. Das Paar bekam zehn Kinder, von denen sechs überlebten (geboren: 1798, 1800, 1802, 1804, 1806, 1808, 1809, 1812, 1815, 1817).
Die Tochter Wilhelmine (1815-1913) führte nach dem Tod der Mutter den väterlichen Haushalt.
Über Wilhelmine Smidt, geb. Rhode hat Edith Laudowicz eine Vita verfasst. Darin heißt es u. a. über sie: „Johanne Wilhelmine wurde als Tochter des Bremer Apothekers Johann Conrad Rohde (1745-1804), Besitzer der Sonnenapotheke in der Sögestraße und seiner Frau Metta Gertrud, geb. Bredou (1744-1786) geboren.
Der Beginn ihrer Liebesbeziehung zu Johann Smidt war keineswegs unkompliziert, denn sie war nicht sogleich in ihn verliebt und das spürte er. ‚Ich weiß wohl sprach ich oft zu mir, dass sich in der Ehe manches gibt, ich werde gewiß nicht unglücklich mit ihr seyn - aber habe ich denn darum mein Herz mein ganzes Leben hindurch vor jedem sich regenden Gefühl der Liebe verschlossen indem ich mich nur einmal in meinem Leben und dann mit der ganzen Fülle meines Wesens einem weiblichen Herzen hinzugeben gedachte, damit es auf alltäglichste Art empfangen und behalten werde? Soll ich das Glück meines Lebens denn nur im Treibhaus blühen sehen.?‘ Seine Werbungen blieben nicht ohne Erfolg und sie verlobten sich zunächst heimlich. Das Paar vereinbarte, sich jederzeit wieder trennen zu können. Doch Johanne wurde von einem anderen Mann umworben und musste ihren Eltern die heimliche Verlobung gestehen. (…).
Die starke Liebe ihres Mannes für sie blieb zeitlebens. (…).“1)
Als Smidt zum Wiener Kongress reisen musste, nahm er seine Frau und drei Söhne mit. „In Wien brachte Wilhelmine ihre Tochter Mine zur Welt. 1915 wurde er zur Bundesversammlung nach Frankfurt a. M. entsandt. Dorthin zog nun die Familie, weil er nicht ohne sie leben wollte. Am 26.4.1821 wurde er zum Bürgermeister der Stadt Bremen gewählt, was zur Folge hatte, dass er sich jede zweite Hälfte des Jahres in Bremen aufhalten musste. Die Familie zog nach Bremen zurück. Wilhelmine Smidt entsprach ganz dem bürgerlichen Frauenideal und Smidt dankte es ihr. Seine vielen Briefe an sie dokumentieren es: ‚...Ich fühle es immer mehr, süße Mine, ich werde nicht damit auskönnen, nur zweymal wöchentlich Nachricht von dir und den Kindern erhalten; du musst mir wenigstens drymal in der Woche schreiben.‘ (…).
Nach ihrem Tod schrieb er: ‚Ich kann mit Wahrheit bezeugen, dass sie mir in unserer 51-jährigen Ehe nicht eine trübe Stunde durch ihre Schuld gemacht hat...‘ Im Alter wurde sie von ihrer Tochter Wilhelmine, die ledig blieb, bis zu ihrem Tod gepflegt, und sie führte auch den Haushalt ihres Vaters bis zu seinem Tod.
Das Leben von Johanne Wilhelmine steht beispielhaft für viele Bremer Frauen des Bürgertums, deren Männer wichtige Funktionen innehatten. Sie mussten sich seinen beruflichen Erfordernissen anpassen, brachten fast jährlich ein Kind zur Welt, mussten den Verlust mehrerer Kinder im frühen Alter ertragen und in vielen Fällen teilten ihre Töchter das gleiche Schicksal.“ 1)
In Wikipedia heißt es über Smidts Herkunft: „Smidt war der Sohn des gleichnamigen, auch Johannes Smith[ (1712–1796) genannten Pastors der St. Stephankirche in Bremen. (…).“ 2) Seine Mutter war Johanne, geb. Holler (1741-1813). In der Neuen Deutschen Biographie steht über Smidt: „Nach Privatunterricht besuchte S. seit 1785 das lat. Pädagogium, seit 1792 das Gymnasium illustre in Bremen. 1792 immatrikulierte er sich an der Univ. Jena für Theologie und Philosophie und besuchte auch Vorlesungen zu Literatur und Geschichte, u. a. bei Schiller [siehe: Schillerstraße]. Mit Gleichgesinnten gründete S. in Jena 1794 den ‚Bund der freien Männer‘, eine literarische Gesellschaft, an deren Treffen auch Fichte [siehe: Fichtestraße] teilnahm, mit dem S. bald eine besondere Nähe verband. Seit 1795 war S. als Kandidat der Theologie und Hilfsprediger in Bremen und Umgebung tätig. (…)
Noch 1797 wurde S. zum Professor der Philosophie am Bremer Gymnasium illustre berufen und 1800 – obwohl weder Jurist noch Kaufmann – auf Lebenszeit zum Senator gewählt und mit dem Amt des Scholarchen betraut. Als solcher entsandte ihn der Senat zwischen 1806 und 1811 mehrfach nach Hamburg und Lübeck, um über die Situation nach der Auflösung des Alten Reichs und der Besetzung Bremens durch franz. Truppen zu beraten und mit Vertretern Frankreichs zusammenzukommen. 1811 erhielt er in Paris eine Audienz bei Napoleon. Nach der Einführung der franz. Verfassung und Verwaltung in Bremen verlor S. wie alle anderen Senatoren sein Amt und ließ sich zum ksl. Notar ernennen. 1813 begann der Senat wieder zu tagen; S. reiste als dessen außenpolitischer Experte ins Hauptquartier der gegen Napoleon Alliierten nach Frankfurt/M., um die Interessen Bremens zu vertreten. (…) 1814/15 fungierte S. als Vertreter Bremens beim Wiener Kongreß, wo er sich erfolgreich für die Selbständigkeit der vier Freien Städte einsetzte;“ 3)
„Smidt ließ – eigenmächtig und ohne Abstimmung – bei der Endredaktion der Beschlüsse des Wiener Kongresses zu den Rechten der Juden, den Text ‚Es werden den Bekennern des jüdischen Glaubens die denselben in den einzelnen Bundesstaaten bereits eingeräumten Rechte erhalten‘, geringfügig aber folgenschwer ändern in: ‚Es werden den Bekennern des jüdischen Glaubens die denselben von den einzelnen Bundesstaaten bereits eingeräumten Rechte erhalten‘.Da der französische, und nicht der bremische Staat die Juden Bremens emanzipiert hatte, widerrief Bremen – wie viele andere Bundesstaaten – die Emanzipation der Juden. (…) Nachdem er die Rechtsgrundlage für den Widerruf der Emanzipation der Juden Bremens verfälscht hatte (…), betrieb er seit 1821 die ‚völlige Austreibung der Kinder Israels‘ als eine ‚angelegentliche Staatssorge‘. In seinem Antijudaismus betrachtete er die Juden als ‚Fremdkörper in einem christlichen Staatswesen‘. 1826 hatte er sein Ziel bis auf zwei von Hannover übernommene Schutzjuden erreicht.“ 2)
In der Tageszeitung „taz“ vom 16.2.2012 schreibt Henning Bleyl zum Judenhass Smidts: „Es wäre (…) zu kurz gegriffen, würde man Smidt in seinem Anti-Semitismus lediglich als Kind seiner Zeit begreifen. Smidt setzte die ausnahmslose Judenausweisung gegen zum Teil massiven Widerstand aus der Bremer Oberschicht durch: Etliche Fernhandelskaufleute sprachen sich gegen die Vertreibung aus.
Auch die Gesandten wichtiger Staaten wie Preußen und Österreich protestierten beim Bremer Senat vehement gegen die Vertreibungspolitik. Ihre Regierungen hatten Sorge vor einer Ausweitung des Bremer Beispiels, konkret auch vor einer Aufstachelung des ‚Volkszorns‘, wie er sich 1819 monatelang in den progromartigen ‚Hep Hep-Unruhen‘ ausgetobt hatte. Zur preußische Staatsräson etwa gehörte die vollständige Assimilierung des deutschen Judentums. (…)
In Bremen selbst wurde Smidts antijüdischer Kurs nicht nur vom Senat gestützt, sondern auch von Einzelhändlern. Insbesondere die Vertreter der Tuchmacher, der Weinhändler und das Krameramt agitierten (…) gegen die Juden. Ökonomisch gesehen kann es sich dabei um kaum mehr als eine gefühlte Konkurrenz gehandelt haben: In Bremen lebten seinerzeit lediglich 120 Juden - vor der französischen Besatzung war ihnen der Zuzug ebenfalls verboten gewesen. Damit im Einklang scheint auch Smidts Judenhass primär emotional geprägt zu sein.“ 4)
„1815–48 gehörte er [Smith] der Bundesversammlung in Frankfurt an. 1821 wurde er als Nachfolger Georg v. Grönings (1745–1825) zum Bürgermeister der Stadt Bremen gewählt.“ 2) Dieses Amt führte er bis zu seinem Tod aus, ausgenommen in der Zeit der bürgerlichen Revolution von 1849 bis 1852. „Der sehr konservative Smidt konnte 1849 nicht verhindern, dass sich Bremen eine demokratischere und liberale Verfassung gegeben hatte. So schied er aus seinem Bürgermeisteramt bis 1852 aus. Nach der Restauration und mit Hilfe des Deutschen Bundes wurden die demokratischen Errungenschaften auch in Bremen wieder abgeschafft und es blieb bei den starken Rechten des Senats. 1854 wirkte er mit bei der neuen Verfassung, mit seinem Achtklassenwahlrecht und der starken Stellung der bremischen Kaufmannschaft …) 1850, 1853, 1855 und 1857 war er Präsident des Senats,“ 2) heiß0t es in Wikipedia.