Soltaustraße
Bergedorf (1949): Diedrich Wilhelm Soltau (15.3.1745 Bergedorf – 13.2.1827 Lüneburg), Sprachforscher, Übersetzer, Schriftsteller.
Vor 1949 hieß die Straße Gärtnerstraße. Bereits in der NS-Zeit sollte die Straße im Zuge des Groß-Hamburg-Gesetzes in Dietrich-Wilhelm-Soltau-Straße umbenannt werden, da nun das bisherige Staatsgebiet Hamburg um benachbarte preußische Landkreise und kreisfreie Städte erweitert worden war und es dadurch zu Doppelungen bei Straßennamen gekommen war. Bedingt durch den Krieg kam es aber nicht mehr zu dieser Umbenennung und es blieb bis 1949 bei Gärtnerstraße. (vgl.: Staatsarchiv Hamburg 133-1 II, 26819/38 Geschäftsakten betr. Straßennamen B. Die große Umbenennung hamb. Straßen 1938-1946. Ergebnisse der Umbenennung in amtlichen Listen der alten und neuen Straßennamen vom Dez. 1938 und Dez. 1946)
Dietrich Wilhelm Soltau entstammte einer Bergedorfer Familie, aus der mehrere männliche Familienmitglieder Bürgermeister von Bergedorf wurden. Dietrich Wilhelms Vater war Holzhändler und ebenfalls Bürgermeister von Bergedorf. Dietrich Wilhelms Mutter hieß Engel Margareta, geb. Schumacher (geb. 1722).
Über den Freimaurer Dietrich Wilhelm Soltau heißt es in Wikipedia: „Soltau war zunächst Kaufmann und an diversen Handlungsgeschäften in St. Petersburg beteiligt, zuletzt an jenem der Gebrüder Meybohm. Er verfügte über ausgezeichnete Kenntnisse in verschiedenen Sprachen und widmete sich neben seinen Geschäften intensiv der Literatur seiner Zeit. Ab 1798 lebte er als wohlhabender Privatmann in Lüneburg und trat in den folgenden Jahren mit vielbeachteten Übersetzungen und eigenen schriftstellerischen Werken in die Öffentlichkeit. 1801 verlieh ihm die Universität Wittenberg den Doktorgrad, vermutlich für seine Leistungen als Übersetzer. Sein eigenes Werk, bestehend aus Gedichten, Russlandschilderungen und der Mitarbeit an Wörterbüchern, wurde als weniger bedeutend angesehen. Soltau starb 1827 als Rat seiner Stadt.“ 1)
Bekannt wurde er z. B. durch seine Übersetzungen von Boccaccios „Decamerone“ und Cervantes „Don Quixote“.
Sein Fachwerkhaus steht noch heute in der Bergedorfer Straße Sachsentor 28. Das „Soltauzimmer“ befindet sich im Museum für Bergedorf und die Vierlande.
Bardo Metzger M. A. , der verdienstvoller Weise eine eigene Website http://soltauhaus.de/index7b.html über den Literaturwissenschaftler und Autoren Diedrich Wilhelm Soltau führt, schreibt in seinem Beitrag „Diedrich Wilhelm Soltau – zwischen Ratio und Leidenschaft“ sowohl über Soltaus Zerrissenheit zwischen der Ausübung eines Kaufmannsberufes und seiner Berufung zur Literatur sowie über Soltaus Leidenschaft zu einer Schauspielerin: „Zeit seines Lebens tobte in ihm der Kampf zwischen den Notwendigkeiten des Alltags, nämlich sich selbst und in späteren Jahren für seine Familie sorgen zu müssen und seiner Leidenschaft für die schönen Künste. (…) Sein Temperament von dem Soltau selbst sagt, dass es leichtsinnig war und ihm oftmals zu übereilten Schritten verleitet hat, (…) hat ihm hierbei sicher so manche Schwierigkeit bereitet.
Dies belegen auch seine leidenschaftlichen Gefühle, die er für eine junge Schauspielerin 1764/65 hegte. Soltau, über 13 Jahre mit strenger Hand durch seine Lehrer und Lehrmeister geführt, bekam einen Lehrherrn, der nur wenige Jahre älter als er selbst war, und der ihn gewissermaßen sich selbst überließ. Diese Freiheit nutzte Soltau, um erstmals ein Schauspiel zun besuchen. Er verfiel den Reizen der Ersten Schauspielerin der Ackermannschen Gesellschaft [siehe: Ackermannstraße], Karoline Schulze.“ 2) Die beiden trafen sich in Gegenwart von Karolines Mutter. Er brachte Karoline Bücher zum Lesen mit und las ihr auch vor. Seine Briefe an sie wurden leidenschaftlicher. Er hegte den Plan, sie zu heiraten. Doch er wusste, sein Vater würde einer Ehe mit einer Schauspielerin, die römisch-katholischen Glaubens war, nicht zustimmen. 3) Ob wirklich nur die Glaubenskonfession für eine Ablehnung der Auserwählten gesorgt hätte, oder auch die Tatsache, dass die Herzensdame eine Schauspielerin war und damit für die meisten Vertreter des Bürgertums nicht standesgemäß, da Schauspielerinnen als sogenannte öffentliche Personen angesehen wurden, sei dahingestellt. Wenigstens versuchte Soltau, indem er vorgab, zum katholischen Glauben zu konvertieren, die dadurch geschmeichelten Jesuiten Padres zu überzeugen, ihm eine Empfehlung zu geben, um in Wien bei einem Minister als Sekretär beschäftigt zu werden. Damit versuchte Soltau aus dem strengen häuslichen Umfeld herauszukommen, um dann seine Angebetete heiraten zu können. In dieses Vorhaben weihte Soltau seine angebetete Karoline jedoch nicht ein. Der Plan scheiterte, denn der Vater erfuhr davon. Soltau unternahm sogar einen Selbsttötungsversuch. Schließlich musste er Karoline einen kühlen Absagebrief schreiben und wurde dann 1766 nach London geschickt, um dort beruflich weiterzukommen.
Karoline Schulzes, geborene Schulze, verheiratete Kummerfeld (30.9.1745 Wien – 24.4.1814 Weimar) Mutter stammte aus einer adligen Familie und der Zufall hatte sie zur Bühne geführt, den Vater hatte die Mittellosigkeit gezwungen, die wissenschaftliche Laufbahn gegen eine Schauspielerexistenz einzutauschen. Wie in diesem Milieu üblich, stand Karoline Schulze bereits mit drei Jahren auf der Bühne. Mit zwölf musste sie Liebhaberinnen und wenig später junge Frauen und Witwen spielen. „Durch hohe Absätze und Frisur und einen umfangreichen Reifrock machte man meine kleine schmächtige Gestalt ansehnlicher, gab mich auch für älter aus, und ich spielte und tanzte in jeder Vorstellung, jedem Ballett.“ (Zit. nach: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB)).
Nach dem Tod des Vaters kam Karoline Schulze 1758 zur Ackermannschen Gesellschaft, bei der sie in Racines „Iphigenie“ debütierte. Als Madame Hensel ihre Stellung durch Karoline Schulze bedroht sah, kam es 1767 zum Eklat. Die junge Schauspielerin verließ Hamburg und ging nach Leipzig zur Kochschen Gesellschaft. Ein Jahr später heiratete sie den Bankoschreiber Kummerfeld in Hamburg. Als dieser nach neun Jahren starb, begann das mühsame Wanderleben erneut. Von 1777 bis 1778 stand Karoline Schulze noch einmal auf der Hamburger Bühne, dann ging es nach Gotha und Mannheim, wo sie abermals mit Madame Hensel zusammentraf. Über Innsbruck und Linz kam sie nach Weimar und beschloss hier 1785 ihre Bühnenlaufbahn. Unterstützt von der Herzogin Anna Amalie gründete sie eine Nähschule und schrieb ihr Leben auf.
Soltau heiratete im Alter von 42 Jahren die damals 17jährige Agathe König aus Riga (14.6.1771 Riga – 16.1.1847 Lüneburg). Damals war Soltau in St. Petersburg als Kaufmann tätig. (Siehe über Soltaus beruflichen Werdegang ausführlicher unter: http://soltauhaus.de/index7d.html)
Nachdem er 1798 mit seiner damals schwangeren Frau und den drei kleinen Kindern nach Deutschland zurückgekehrt war und in Lüneburg eine Wohnung genommen hatte, widmete er sich fortan der Literaturwissenschaft und übersetzte z. B. den Reineke Fuchs ins Hochdeutsche. Auch mit diesen Tätigkeiten konnte Soltau den Lebensunterhalt der Familie bestreiten. In Folge der fränzösischen Besetzung Lüneburgs verlor Soltau jedoch erhebliche Geldsummen aus seinem Vermögen, so dass er schließlich im Alter nicht mehr konfortabel leben konnte, geschweige denn seine Witwe, die ihn um 20 Jahre überlebte.