Hamburger Straßennamen -
nach Personen benannt

Ackermannstraße

Hohenfelde (1899): Konrad Ernst Ackermann (1.2.1712 oder 1710 Schwerin - 13.11.1771 Hamburg), Schauspieler, und seinen Töchtern Dorothea (12.2.1752 Danzig-21.10.1821 Altona) und Charlotte (23.8.1757 Straßburg – 14.5.1275 Hamburg) Ackermann, Schauspielerinnen


Siehe auch: Mönckebergstraße
Siehe auch: Ifflandstraße

Konrad Ernst Ackermann (1.2.1712 oder 1710 Schwerin - 13.11.1771 Hamburg) gründete die erste stehende Schauspielbühne in Hamburg und erhielt 1753 das Preußische Privileg zum Bau eines eigenen Theaters. 1755 eröffnete er sein erstes Theater in Königsberg, das erste größere Privattheater in Deutschland mit ca. 800 Plätzen. Ein Jahr später war Ackermann schon wieder auf Wanderschaft. Von 1764 bis 1767 hauptsächlich in Hamburg. Dort eröffnete er 1765 das Comödienhaus an der Stelle des alten Opernhauses am Gänsemarkt. Doch das Publikum zeigte sich desinteressiert. Ackermann ging wieder auf Gastspielreisen. (Siehe mehr bei Sophie Charlotte Ackermann)

0004 Magdalene Marie Charlotte Ackermann
Magdalene Marie Charlotte Ackermann; Quelle: Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg, gemeinfrei, via Wikimedia Commons

Marie Magdalena Charlotte Ackermann (23.8.1757 Straßburg - 14.5.1775 Hamburg), Tochter von Konrad Ernst Ackermann, wurde von ihrem Halbbruder Friedrich Ludwig Schröder die „erste Schauspielerin Deutschlands“ genannt. Sie begann im Alter von vier Jahren in Kinderrollen aufzutreten. Als knapp Zwölfjährige spielte sie jugendliche Liebhaberinnen. Außerdem tanzte sie Solopartien in mimischen Balletten. Sie galt als schön, blond und schlank und „hatte im Gegensatz zu ihrer kleinäugigen Schwester [Dorothea Caroline] große, lebhafte Augen, die von Geist und Feuer sprühten“ 1). Ihren größten Erfolg erzielte Charlotte Ackermann 1772 als Vierzehnjährige in der Titelrolle von Lessings (siehe: Lessingstraße) „Emilia Galotti“. Damit feierte sie im Hamburger Comödienhaus große Erfolge.

Friedrich Ludwig Schröder beschrieb die Schwester: „Alles trieb sie bis zur Extravaganz. Sie biß wirklich in die Kette, und raufte sich wirklich das Haar aus, wenn der Dichter es vorgeschrieben hatte.“ 2) Und in einem Brief an die Mutter schrieb Charlotte Ackermann selbst über ihre Glanzrolle, die sie 1772 zuerst verkörperte: „Ich darf die Emilia Galotti nicht oft spielen, so gewaltsam wirket dieses Stück auf meine Empfindungen. Unter hundert Rollen bekomme ich kaum eine, worinn ich so wenig Schauspielerin zu seyn nöthig habe. Du weißt, daß ich die Emilia mache. Ich habe sie gestern gemacht und bin noch schwach davon. Ich habe den Gram der Emilia gefühlt, wie sie ihren Vater reizet, sie zu töten; ich habe den Dolchstoß gefühlt, wie er nicht schmerzte, wie er Labsal in meinem bedrängten Herzen war.“ 3)

Allerdings wurde ihr „unweibliches“ Reiten „getadelt“, auf das ein Epigramm in Hamburg zirkulierte: „Das war Emilia, Galottis Tochter? Nein, es kann Emilia nicht sein. Sie, die jüngst andachtsvoll, Um sich nicht sehn’n zu lassen, Im Schleier hin zur Messe schlich, Setzt öffentlich aufs Pferd sich. Und reitet männlich durch die Gassen.“ 4)

Charlotte starb bereits im Alter von siebzehn Jahren. Ganz Hamburg trauerte. Selbst das Börsengeschäft wurde bei der Nachricht ihres Todes unterbrochen. Im Trauerhause im Opernhof wurde die Leiche aufgebahrt und eine Menge von leidtragenden und Neugierigen drängte sich zum Sarg. Nach ihrem Tod erschien eine nicht enden wollende Anzahl von Publikationen, so dass der Senat schließlich ein Verbot aussprach.

Den realen Tod der Charlotte Ackermann, über den unmittelbar danach Spekulationen einsetzten – von Anklagen wegen des unerbittlichen Schröders bis zur Selbsttötung wegen einer Schwangerschaft oder anderer Ursachen – erklärte die Familie mit einem Schlagfluss (Schlaganfall) infolge eines Sturzes vom Pferd wenige Monate zuvor. „Ein langes Lebensziel hätte sie ohnehin gewiß nicht erreicht, sie war zu nervös, zu reizbar, voll romanhafter Ideen“ 5) urteilte der Bruder. Zu den psychischen Anstrengungen waren die physischen gekommen. Das junge Mädchen hatte von 1771 bis zu ihrem Tod 116 neue Rollen gespielt, in denen letzten eineinhalb Jahren ihres Lebens allein 39.

Als das Hamburger Rathaus Ende des 19. Jahrhunderts gebaut wurde, sollten die Säulen in der Rathausdiele mit Medaillons berühmter Hamburger bestückt werden. Bürgermeister Johann Georg Mönckeberg (siehe: Mönckebergstraße) setzte Charlotte Ackermanns Namen auf die Vorschlagliste für solch ein Medaillon, doch ließ er ihn später wieder streichen.

Ausschnitt aus der entsprechenden Szene „Streitgespräch zwischen Bürgermeister Mönckeberg und der Schauspielerin Charlotte Ackermann) aus: Szenischer Rundgang: "Von machtvollen Frauen und weiblichen Körpern - Ein Rundgang durch das Hamburger Rathaus", (Sprecherin: Rita Bake, schauspielerische Darbietung: Beate Kiupel, Dieter Schmitt)

Der Grund hierfür ist typisch für die damalige Sicht des Bürgertums auf den Stand der Schauspieler und insbesondere der Schauspielerinnen. Letztere entsprachen nicht nur nicht dem bürgerlichen Ideal von einer Frau, sie entsprachen auch nicht den bürgerlichen Vorstellungen von dem, was eine Frau geleistet haben müsse, damit man ihr in der Öffentlichkeit ein Denkmal setze. Frauen als Wohltäterinnen, das war etwas, was einem sogenannten weiblichen Idealbild entsprach, denn in dieser Aufgabe kamen die weiblichen Eigenschaften wie das Aufopfern für Andere, Hilfsbereitschaft und Mütterlichkeit besonders gut zum Tragen. Die Verehrung, die das bürgerliche Publikum den Schauspielerinnen zu Teil werden ließ, reichte indes nicht für eine öffentliche Ehrung, denn eine Schauspielerin und ein Schauspieler waren weiter nichts als Personen, die dem Bürgertum einige Stunden auf eine angenehme Art zu vertreiben wussten. Bei den Schauspielerinnen erschwerend hinzu kam, dass sie vom Bürgertum sexualisiert wurden. Weil die Schauspielerin in der Öffentlichkeit agierte, was in Augen des Bürgertums für Frauen als unschicklich galt, erhielt sie das Stigma einer „leichtfertigen“, sexuell freizügigen Person. Mit ihrem Spiel sorgte sie also nicht nur für das Theatervergnügen, sondern das männliche Publikum fühlte sich oft auch in seinen Sinnesfreuden gereizt, was wohl gern „gelitten“ wurde, was aber nicht dem Moralkodex des Bürgertums entsprach. So schämten sich die Männer für ihre Gefühle und gaben den Schauspielerinnen die Schuld daran. Deshalb war in Augen des Bürgertums der Beruf der Schauspielerin kein ehrbarer und auf alle Fälle kein Verdienst, das öffentlich geehrt werden sollte, schon gar nicht in einem Rathaus.

0004 Dorothea Caroline Ackermann
Dorothea Ackermann; Quelle: Gustav Georg Endner (1771-1824), gemeinfrei, via Wikimedia Commons

Dorothea Caroline Ackermann (12.2.1752 Danzig - 21.10.1821 Altona), Tochter von Konrad Ernst Ackermann, ebenfalls Schauspielerin, auch sie spielte bereits als Zwölfjährige junge Liebhaberinnen. „Sie spielte die Minna von Barnhelm und die Sara Sampson unter den etwa 80 (!) neuen Rollen vom März 1759 bis Ende 1771; davon waren 13 im Singspiel.“ 6)

Trotz ihrer großen Begabung behielt Dorothea Ackermann lebenslang einen unüberwindlichen Abscheu gegen die Bühne. Diese Abneigung, die sich nur verlor, wenn sie auf der Bühne stand, lässt sich vielleicht vor allem aus dem Verhalten des Publikums erklären. Die Schwierigkeiten und Unbeholfenheiten der Anfängerin bedachten die Kritiker zum Teil mit herben Worten. Und selbst als sie nach einem ersten Erfolg 1769 in Braunschweig auch in Hamburg zunehmend Beachtung fand, schwiegen die Stimmen nicht. Die schlichte Natürlichkeit der in Augen des Publikums wenig attraktiven Dorothea erschien den Kritikern als dürftig. Ihr Gesicht war von Pockennarben übersät und galt deshalb als entstellt. Lessing nannte sie „kleinäugiges Dortchen“. Und der Hamburger Albrecht Wittenberg schrieb 1774 im zweiten Teil des „Allgemeinen Deutschen Wochenblatts“: „Mlle. Dorothea Ackermann hat für ein Frauenzimmer eine schöne Länge, sie hat sehr schöne weiße Hände, einen kleinen niedlichen Fuß, eine sehr weiße Haut, und wie sie noch im Aufblühen war; schien es, als wenn ihr Busen einst dem Busen (…) der Helena nicht nachgeben würde. Doch diese schöne Frucht scheint, bevor sie zur völligen Reife gelangt ist, leider schon zu welken; das gute Mädchen scheint sich durch gar zu starke Anstrengung der Leibes- und Seelenkräfte bereits die Schwindsucht zugezogen zu haben, und vermutlich wird die Bühne diese Schauspielerin, die in einem gewissen Fache unter Deutschlands besten Schauspielerinnen genannt zu werden verdient, nicht lange behalten.“ 7)

Die Anforderungen an ihre Leistungsfähigkeit waren ungeheuer gewesen. Jährlich musste sie zwanzig bis dreißig Rollen spielen. Dazu kamen pantomimische, tänzerische und musikalische Einlagen sowie zahlreiche Prologe und Epiloge, die alle ihr zufielen. Eine große tragische Rolle, eine erste Partie im Singspiel oder ein anstrengendes Solo im Ballett und ein Prolog an einem Abend waren nichts Seltenes. Johann Friedrich Schütze setzte ihr das folgende Denkmal: „Die ältere Dem. Ackermann, erste Liebhaberin im rezitierenden und musikalischen Schauspiel, hatte damals sich zu einem hohen Grad als Kunst- und Darstellungstalent ausgebildet. Sanfte, zärtliche Liebhaberinnen im Trauer- und Lustspiel waren ihr Hauptfach; doch zeugte jede von ihr übernommene Rolle durchdachtes Spiel, verstand, Einsicht, Sinn für das Schöne und Geschmack. Sie hatte Figur für die Bühne, und wußte ihren schönen Wuchs durch graziöse körperliche Bewegungen und mahlerische Stellungen und durch ein oft zum Erstaunen bedeutsames Theaterspiel zu heben. Sie deklamierte wahr und rein und traf, war gleich ihre Brust nicht die stärkste, den Ausdruck der Empfindung und Leidenschaft auch in heftigen tragischen Rollen. Der ächte, damals noch auf mehern Bühnen seltne Konversationston war ihr so sehr eigen, daß sie ihrer Mitgängerinnen auch darin Muster war. Unbegränzt war ihr Kunsteifer, unermüdet ihr Fleiß. (…).“ 8)

Am 2. Juli 1778 heiratete Dorothea Ackermann, nachdem sie eine frühere Verlobung gelöst hatte, den Arzt und Schriftsteller Johann Christoph Unzer, den Neffen von Charlotte Unzer (siehe: Unzerstraße). 1790 wurde die Ehe geschieden. Danach trat Dorothea Caroline nicht mehr als Schauspielerin auf. In ihrem Alter hätte sie die „Alte“ spielen müssen, „die auch schauspielerisch wenig attraktiv war, weil es nur wenige Partien in der dramatischen Literatur gab (und gibt). Um als Berufsschauspielerin Erfolg zu haben, musste die Frau (…) eine ,junge Schöne‘ sein, die den Wünschen des (männlichen) Publikums entsprach.“ 9)

Auch die Ehefrau von Konrad Ernst Ackermann und Mutter der beiden oben genannten Schauspielerinnen und des Schauspielers Ludwig Schröder, Sophie Charlotte Ackermann (10.5.1714 Berlin - 13.10.1792 oder 1793 Hamburg), geb. Biereichel, verwitwete Schröder, ist von Bedeutung. Nach ihr wurde die Ackermannstraße allerdings nicht mitbenannt.

Die Tochter eines Goldstickers hatte den Organisten Schröder in Berlin geheiratet, sich jedoch 1738 von ihm getrennt, weil der trunksüchtige Mann sie nicht ernähren konnte. In Hamburg suchte sie mit Näharbeiten ihr Auskommen, bis der berühmte Schauspieler Konrad Ekhof sie 1740 mit zur Schönemannschen Truppe nach Lüneburg nahm. Ob es um einen Rollenstreit oder eine unerfüllte Geldforderung ging, 1741 packte Madame Schröder kurz entschlossen ihre Habe zusammen und gründete eine eigene Truppe, wobei sie die Kollegen Konrad Ernst Ackermann, ihren späteren zweiten Ehemann, und das Ehepaar Starke mit sich nach Hamburg zog. Schönemann reiste ihr nach, um seine Privilegien in Hamburg zu sichern. Nach einem sechswöchigen Prozess erhielt jedoch Madame Schröder die Genehmigung, in Hamburg zu spielen. Wie Caroline Neuber (1697-1760) versuchte sie, das Niveau des Schauspiels auf der Bühne des Opernhauses zu heben. Aber wie diese hatte sie wenig Erfolg. Ihre Truppe war zu schwach und das Publikum wollte sich vor allem amüsieren. 1744 musste sie das Vorhaben wieder aufgeben. So wanderte sie, nachdem sie an anderen Orten in der Stadt wie im „Hof von Holland“ und in der „Fuhlentwietenbude“ an der Fuhlentwiete 10 ihr Glück versucht hatte, mit Konrad Ernst Ackermann bis nach Moskau, wo sie ihn nach dem Tode ihres ersten Ehemannes 1749 heiratete. Von jetzt an hatte Konrad Ernst Ackermann die führende Rolle inne. 1753 übernahm er eine reisende Gesellschaft, mit der er 1755 in Königsberg und von 1760 bis 1763 in Mainz spielte. Danach kehrte das Paar mit der Truppe nach Hamburg zurück, wo Ackermann auf eigene Rechnung an der Stelle des Opernhofes das Comödienhaus bauen ließ, das 1765 eröffnet wurde. Nach zwei Jahren war er ruiniert. Die Bühne ging an Abel Seyler und zwei weitere Kaufleute über, die das erste deutsche Nationaltheater gründeten. Nach Seylers Scheitern übernahm Ackermann 1769 die Bühne erneut auf eigene Rechnung. Ein halbes Jahr vor seinem Tod übergab er sie 1771 offiziell an seine Frau und seinen Stiefsohn Friedrich Ludwig Schröder (1744–1816), der aus einer kurzzeitigen Wiedervereinigung Sophie Charlotte Schröders mit ihrem ersten Ehemann stammte. 1772 trat die Schauspielerin zum letzten Mal auf die Bühne und kümmerte sich fortan um die Finanzverwaltung, um Übersetzungen und die Bearbeitungen von Theaterstücken. Den Kostümen widmete sie eine bis dahin nicht dagewesene Sorgfalt und zog auch ihre Töchter zum Nähen, Sticken und Vergolden heran. Bei Gastspielen hielt sie mitreißende Begrüßungsreden über die Aufgabe des Theaters und die Würde des Schauspielerberufes. Vor allem aber war sie Repetitorin der Truppe und studierte nicht nur mit Frauen und Kindern, sondern häufig auch mit den Männern die Rollen ein. Ihr Sohn Friedrich Ludwig Schröder hatte die künstlerische Leitung der Bühne inne.

Text über Sophie Ackermann: Brita Reimers