Hamburger Straßennamen -
nach Personen benannt

Suttnerstraße

Altona,(1950), benannt nach Bertha Freifrau von Suttner, geb. Gräfin von Kinsky. (9.6.1843 Prag–21.6.1914 Harmannsdorf bei Wien), österreichische Pazifistin und Schriftstellerin. Erhielt 1905 den Friedensnobelpreis


Siehe auch: Gertrud-Bäumer-Stieg
Siehe auch: Kollwitzring
Siehe auch: Vera-Brittain-Ufer

Vor 1950 hieß die Straße LIndenstraße. In der NS-Zeit sollte die Straße im Zuge des Groß-Hamburg-Gesetzes in Banatstraße umbenannt werden, da nun das bisherige Staatsgebiet Hamburg um benachbarte preußische Landkreise und kreisfreie Städte erweitert worden war und es dadurch zu Doppelungen bei Straßennamen gekommen war. Bedingt durch den Krieg kam es aber nicht mehr zu dieser Umbenennung und es blieb bis 1950 bei Lindenstraße und wurde dann in Suttnerstraße umbenannt. (vgl.: Staatsarchiv Hamburg 133-1 II, 26819/38 Geschäftsakten betr. Straßennamen B. Die große Umbenennung hamb. Straßen 1938-1946. Ergebnisse der Umbenennung in amtlichen Listen der alten und neuen Straßennamen vom Dez. 1938 und Dez. 1946)

Beatrix Kempf schreibt in ihrerm Portrait über Bertha von Suttner: „Bertha von Suttner war vor dem Ersten Weltkrieg international bekannt. (…). Von ihren Freunden als Schriftstellerin gefeiert, als Vorkämpferin der Friedensidee verehrt und als gütiger hilfsbereiter Mensch geliebt, wurde sie von ihren Gegnern auf das Schärfste bekämpft, von ihren Feinden als Suffragette des Friedens, als ‚Gschaftelhuberin‘ der Politik verlacht und in bösen Karikaturen als Palmwedel schwingende Friedensbertha verspottet.“ 1)

Geboren wurde Bertha als Tochter des Grafen Franz Joseph Kinsky von Chinic und Tettau, einem pensionierten k.k. Feldmarschall-Lieutenant, und der wesentlich jüngeren Sophia Wilhelmine, geb. von Körner. Graf Franz Joseph Kinsky von Chinic und Tettau starb noch vor der Geburt seiner Tochter Bertha.

Seine Witwe Sophia Wilhelmine reiste mit ihren beiden Kindern nach Venedig, Rom, Paris – bis sie ihr Vermögen durch ihre Spielleidenschaft verloren hatte. Fortan konnte sie nur noch von ihrer immerhin ausreichenden Apanage leben.

Contesse Bertha beherrschte einige Sprachen, besaß eine musikalische Ausbildung und Literaturkenntnisse. Und so begann sie als Hauslehrerin in der Familie Suttner zu arbeiten. Dort verliebte sich der jüngste Sohn Arthur Gundaccar von Suttner (1850-1902) in die sieben Jahre ältere Bertha, die deshalb ihre Stellung dort aufgeben musste, weil die Familie für den Sohn eine passendere Partie wünschte. Bertha verließ den Haushalt Suttner; die Liebe zwischen Arthur und Bertha blieb aber bestehen.

Zur selben Zeit suchte ein reicher, älterer, hochgebildeter in Paris lebender Herr per Annonce eine Sekretärin und Haushälterin. Dieser Herr war der schwedische Millionär und Dynamitkönig Alfred Nobel (1833-1896). Bertha übernahm die Stelle und zwischen den beiden entwickelte sich eine lange und intensive Freundschaft.

1876 kam es zur heimlichen Vermählung zwischen Bertha Gräfin Kinsky und Arthur Gundacar Baron Suttner. Das Paar zog in den Kaukasus, wo sich Baron Suttner erfolgreich als Kriegsberichterstatter über den Krieg zwischen Russland und der Türkei versuchte. Auch Bertha begann erfolgreich zu schreiben. Es entstanden Romane und feuilletonistische Beiträge. Aber sie informierte sich auch schon damals über die Kriegsgeschehnisse, sah das menschliche Leid in den Schützengräben und das Elend der verwundeten Soldaten, und in ihr reifte die Abneigung gegen den Krieg. Nach neun entbehrungsreichen Jahren im Kaukasus kehrte das Paar nach Österreich zurück.

Daniele Weiland beschreibt Bertha von Suttners Weg zur Friedensaktivistin: „Die eigentliche Wende Bertha von Suttners von der Gesellschaftsdame zur Friedenskämpferin kam überraschend. Sie hatte drei Kriege erlebt, ohne von ihnen je berührt worden zu sein und äußerte noch 1886: ‚Wie kann sich eine Frau so viel mit Politik beschäftigen! Weiviel Unannehmlichkeiten und mitunter Lächerlichkeiten zieht sie sich damit zu!‘ (zit. nach Faßbinder). Bereits im folgenden Jahr setzte sie sich intensiv mit der Kriegsgeschichte auseinander und besichtigte ehem. Schlachtfelder. Sie hatte von der 1880 in London gegründeten ‚International Arbitration and Peace Association‘ gehört, die Kriege als Mittel zur Lösung internationaler Konflikte für nicht mehr zeitgemäß hielt und stattdessen internationale Schiedsgerichte forderte, die Streitigkeiten zwischen den Ländern auf friedlichem Wege schlichten würden.“ 2)

Zwei Jahre später erschien Bertha von Suttners Antikriegsroman „Die Waffen nieder“, der seither in viele Sprachen übersetzt wurde und die Friedensidee populär machte. 1891 gründete sie die Österreichische Gesellschaft der Friedensfreunde und 1892 wurde sie Mitbegründerin der Deutschen Friedensgesellschaft. Zwischen 1892 und 1899 gab sie die Zeitschrift heraus, die den Namen ihres Romans trug und erhielt 1905 als erste Frau für ihre Friedensarbeit und für ihr Buch „Die Waffen nieder“ den Friedensnobelpreis.

Mit dem Stifter des Friedensnobelpreises, Alfred Nobel, stand Bertha von Suttner stets in freundschaftlicher und brieflicher Verbindung. In ihren Briefen „beschwört [sie] Nobel, sich aktiv für die Friedensbewegung zu engagieren. Nobels Antworten sind wohlwollend, er schlägt keine Bitte um Geld zur Unterstützung eines speziellen Projektes ab“. 3)

„Sowohl Nobel als auch Suttner waren der festen Überzeugung, daß der Fortschritt der Wissenschaft die Menschheit in einer vom Krieg befreiten Welt auf eine höhere Stufe bringen werde. Suttner glaubt, die Tätigkeit der Friedensgesellschaften könne diesen glücklichen Tag früher herbeiführen. Nobel stimmt mit dem Ziel überein, bleibt aber skeptisch hinsichtlich der Friedensgesellschaften. Grundsätzlich bleibt er jedoch offen.“ 4) Er lässt Suttner „im Unklaren darüber, ob er aus reiner Freundschaft oder aus Überzeugung handelt. Die Folge jedoch war der von ihm ausgesetzte Friedenspreis“. 5)

Bertha von Suttner „war keine aktive Frauenrechtlerin, im Grunde interessierten sie die Probleme der Frauenemanzipation nur am Rande, obwohl sie selbst oft als einzige Frau an exponierter Stelle stand. Sie war Aristokratin durch und durch und übte doch schärfste Kritik an ihren Standesgenossen. Sie erkannte die Bedeutung des Sozialismus, der Sozialdemokratie, sympathisierte mit ihr, glaubte aber auch ihre Grenzen genau zu sehen“. 6)

Brigitte Hamann schreibt über Bertha von Suttners Friedensmission: „Sie war zutiefst von der Gleichberechtigung aller Menschen, ob Männer oder Frauen, überzeugt, und aus dieser Überzeugung (…) konnte es für sie nur ein menschliches‘, (…) Arbeiten geben (…). Dabei kam es ihr nicht in den Sinn, den Frauen besondere, quasi angeborene Friedensliebe zuzuschreiben, wie es viele ihrer ‚Schwestern‘ so gerne taten (…). Im Gegenteil: Die Suttner kritisierte heftig dieses Klischee der friedlichen Frau und beschränkte sich nicht darauf, kriegerische Gesinnung allein bei Männern anzuprangern. (…)

In denselben Jahren, als sie endlich internationale Anerkennung, ja Berühmtheit gewann [durch den Friedensnobelpreis 1905], (…) wirkte der Name Suttner in der Heimat wie ein ‚rotes Tuch beim Stier‘. Der Nationalismus und mit ihm kriegerische Gesinnung griffen mehr und mehr auch in den Frauenverbänden um sich, etwa im Deutschen Reich, wo Gertrud Bäumer [siehe: Gertrud-Bäumer-Stieg] den nationalen deutschen Flottenverein unterstützte, nationale Parolen verkündete und damit das weibliche Friedensideal Lügen strafte.“ 7)

Nach dem Tod ihres Ehemannes 1902 bezog Bertha von Suttner eine Wohnung in Wien. Ihr „Tod erreichte Bertha von Suttner wenige Tage vor dem Attentat in Sarajevo. So blieb ihr die furchtbare Gewissheit eines Krieges erspart. Sie hatte allerdings nicht mit einem dauernden Frieden in Europa gerechnet“. 8)