Hamburger Straßennamen -
nach Personen benannt

Am Jägerholz

Groß Borstel (1911): „nach der Lage zwischen dem Borsteler Jäger und einem Geländestück, das den Flurnamen ‚Im Holz‘ trägt.“ 1)


Traute Matthes-Walk vom „Kommunal-Verein von 1889 in Groß-Borstel R. V.“ klärt auf, was es mit dem Borsteler Jäger auf sich hat: „Der ‚Borsteler Jäger‘, aus den ‚Hamburger Nachrichten, 115. Jahrg., Nr. 510, Abend-Ausgabe vom 23.7.1906‘. ‚Durch das in den letzten Tagen vielbesprochene Vermächtnis Alfred Beit [siehe: Alfred-Beit-Weg] an seine Vaterstadt gelangt ein Grundstück wiederum in den Besitz des Hamburger Staates, welches gerade vor 70 Jahren von der hamburgischen Kämmerei veräußert worden ist! Es ist das ehemalige kleine Gehölz in Groß Borstel mit der Dienstwohnung und dem Dienstlande des von der Verwaltung des St. Johannis-Klosters [siehe: Johanniswall] angestellt gewesenen Forstaufsehers und Jägers, das jetzt als Wirtshaus und Forststück sehr bekannte, in der Gemeinde Groß Borstel belegene Grundstück ‚zum Borsteler Jäger‘.

Die Stadt Hamburg war erst wenige Jahre vor 1836 in den Besitz dieses Grundstücks gelangt. Durch die im Jahre 1830 vollzogene Vereinbarung des Staates mit der Verwaltung des St. Johannis-Klosters war der Staat in alle obrigkeitlichen und gutsherrlichen Rechte des Klosters getreten und hatte damit auch den klösterlichen Angestellten übernommen und dessen Dienstwohnung und Dienstland in Groß Borstel mit dem daranstoßenden Gehölz erworben-

In älterer Zeit hatte der klösterliche Forstaufseher und Jäger seinen Wohnsitz im Kloster Bilsen, wo ein ansehnlicher, dem Kloster zur Verfügung stehender Holzbestand war, während die Hölzungen in den anderen Klosterdörfern sehr unbedeutend waren. Auch das Jagdregal des Klosters übte dieser Klosterbeamte aus; ihm lag die Pflicht des Jagens innerhalb der Feldmarken des Klosters ob, er hatte das geschossene Wild an die Klosterbehörde abzuliefern und empfing für jedes abgelieferte Stück ein Schießgeld. Als im Jahre 1803 das waldreiche Dorf Bilsen an Holstein abgetreten wurde, gegen tauschweisen Erwerb von Alsterdorf durch das St Johannis-Kloster, wurde dem Bilsener Forstaufseher und Jäger Groß Borstel als Wohnsitz angewiesen. Erst kurz vorher war ein neuer Beamter angestellt worden, Peter Wehling, Sohn des verstorbenen, im Jahr 1753 angestellten älteren Peter Wehling, der vermutlich bei seinen Lebzeiten bereits von seinem Sohn vertreten worden war. Für den Jäger, der von nun an mit Aufsicht über Hölzungen wenig zu tun hatte, wurde neben der klösterlichen kleinen Eckerkoppel auf dem Borsteler Felde eine Dienstwohnung erbaut, ihm auch aus dem unurbar liegenden Felde Dienstland angewiesen. Nach des jüngeren Peter Wehling Tod ward sein Sohn Cornelius klösterlicher Jäger, und dieser war es, der 1830 aus dem Dienst des Klosters in den Dienst des Staates übertreten sollte.

Aber der Staat hatte keine Verwendung für ihn, denn für die Forsten des Staates waren geeignete Beamte längst vorhanden, und auch der vom Heiligen-Geist-Hospital staatsseitig übernommene Forstaufseher und Jäger in Langenhorn hatte wenig zu tun; es kam hinzu, daß gerade in jener Zeit die Ausnutzung des staatlichen Jagdregals verpachtet ward, also jede Tätigkeit eines staatlich angestellten Jägers erlosch. Wehlings Gehalt war sehr gering: er bezog 200 Mark alter Währung, erhielt in jedem 2. Jahr einen Anzug und empfing das Schießgeld für das von ihm erlegte Wild; außerdem war er auf die Erträge aus seinem Dienstland angewiesen, aber er hatte durch die Betreibung einer Gastwirtschaft eine Nebeneinnahme, die infolge der hübschen Lage seiner Wohnung schon damals allmählich sich gesteigert haben wird. Im Jahre 1836 entschlossen sich die Behörden, den Jägerhof in Groß Borstel, welchen bis dahin Wehling bewohnt und bewirtschaftet hatte, zu verkaufen.

Es wurde bestimmt, daß das Grundstück als Halbhufe (kleinerer Bauernhof) der Dorfschaft angegliedert werden solle, jedoch ohne die Berechtigung des künftigen Besitzers zur Mitnutzung des Moores der Hufner und Halbhufner… Käufer wurde für einige Tausend Mark, außer einer jaehrlich zu erfolgenden Grundmiete von 120 Mark jetziger Währung, der bisherige Besitzer, Cornelius Wehling. Das hübsch gelegene Grundstück ward bald ein beliebter Ausflugsort für Hamburger, und der Wirtschaftsbetrieb kam, wenigstens für die Sommermonate, zu ansehnlichem Umfange. Cornelius Wehling starb in den achtziger Jahren (des 19. Jahrhunderts) im 92. Lebensjahr, nachdem er schon vorher sein Grundstück und die Gastwirtschaft seinem Sohne Cornelius, dem jüngeren, überlassen hatte. Letzterer, welcher hochbetagt heute noch in Groß Borstel ansässig ist, verkaufte vor mehreren Jahren (am 30.9.1902) seinen Besitz für 265.000 Mark an Alfred Beit. Das Grundstück, insbesondere das Gehölz, blieb seitdem unverändert; der Wirtschaftsbetrieb wurde verpachtet…. Quelle: Staatsarchiv Hamburg, 622-1/108, B 189, J.Fr, Voigt.“ 2)

Heute befindet sich in der ehemaligen Gaststätte „Borsteler Jäger“ eine Kindertagesstätte.