Hamburger Straßennamen -
nach Personen benannt

Albertine-Assor-Straße

Schnelsen, seit 1993, benannt nach Albertine Assor (22.3.1863 Zinten/Ostpreußen - 22.2.1953 Hamburg), Gründerin und langjährige Leiterin, erste Oberin der später nach ihr benannten, in der Nähe der Albertine-Assor-Straße gelegenen evangelischen Diakonie- und Krankenanstalten


Albertine Assor wuchs mit vier Geschwistern auf. Ihr Vater gab, nachdem er 44 Jahre als Maurerpolier gearbeitet hatte, seinen Beruf auf, um Prediger in verschiedenen Baptistengemeinden zu werden. Ab Januar 1891 wohnte Albertine Assor in Berlin, um dort eine Ausbildung im Schneiderhandwerk zu absolvieren. Doch das große soziale Elend ließ sie sich anders entscheiden. Sie wandte sich der Gemeindediakonie zu, wurde ab Juli 1891 Gemeindeschwester in Berlin-Moabit und kümmerte sich um arbeitslose junge Frauen und Straßenkinder. 1894 arbeitete sie in einem Bochumer Wohnheim für junge Frauen, ab 1895 als Gemeindeschwester im Berliner Norden und ab Oktober 1901 in Stade. Im November 1902 wurde sie Oberin des Diakonissenhauses Tabea in Altona. Ihre selbstbewussten Ansichten kollidierten mit der Weltfremdheit des Hausvorstandes des Diakonissenhauses, und es kam zum Bruch. „Mit dem Lebensstil einer Diakonisse konnte sie sich nicht dauerhaft arrangieren – zu stark unterband das männliche Regiment in der Einrichtung ihre Selbstständigkeit. Trotzdem bekannte ein Vorstandsvorsitzender: ‘Ich muss ihr das Zeugnis geben, dass sie ihre Aufgabe mit solcher Umsicht, Treue und Energie erfüllt, dass wir ihre Kraft einer männlichen gleichwertig erachten.‘“ 1)

Albertine Assor verließ ihre Stelle, gründete am 1. Mai 1907 zusammen mit sieben weiteren abtrünnigen Schwestern in einer kleinen Mietwohnung in der Fettstraße 20 im Hamburger Stadtteil Eimsbüttel ein baptistisches Diakonissen-Mutterhaus mit dem Namen Siloah (stille Sendung). Nach eineinhalb Jahren hatte der Verband schon 22 Schwestern. 1908 erfolgte der Umzug in den Schulweg 35/37.

Albertine Assor führte das Mitbestimmungsrecht und die finanzielle Unabhängigkeit für ihre Mitarbeiterinnen ein.

Die Schwestern, die eine qualifizierte Ausbildung an einer Krankenpflegeschule erhielten und dort auch ihr Staatsexamen ablegten, arbeiteten anfangs hauptsächlich in der häuslichen Krankenpflege. Von wohlhabenden PatientInnen wurden Honorare verlangt, arme kostenlos betreut. Siloah-Schwestern waren auch in Privatkliniken tätig. Das verdiente Geld kam in eine Gemeinschaftskasse, aus der alle Kosten bestritten wurden. Für ihren vierwöchigen Jahresurlaub stand den Schwestern ein Haus in Malente und später in Bad Pyrmont zur Verfügung.

Weil Albertine Assor nicht wollte, dass Schwestern im Alter von ihren jungen Mitschwestern finanziell abhängig wurden, wurden die Schwestern sozialversichert. Diese Einstellung wurde ihr von anderen Diakonissenhäusern als „mangelndes Gottvertrauen“ ausgelegt.

Wichtiges Anliegen von Albertine Assor war: Frauen helfen Frauen, ein neues Selbstwertgefühl zu entwickeln. Deshalb übernahm Albertine Assor im Januar 1901 auch ein Mädchenheim für alleinstehende erwerbstätige Mädchen in Hamburg-Eilbek. 1911 erfolgte der Umzug des Heimes in die Alexanderstraße 25 in der Nähe des Hauptbahnhofes. Dort fanden notleidende Frauen Unterkunft.

1910 gründete Albertine Assor den Schwesternverband und kaufte 1918 ein Haus in der Tornquiststraße 50, welches sie zum Mutterhaus umbauen ließ.

Eifersucht, Ehrgeiz und Unverstand von Seiten ihrer Vorgesetzten und Mitschwestern führten im Oktober 1919 zur Suspendierung Albertine Assors von ihrem Amt als Oberin bei Siloah. Sie reiste daraufhin zu Verwandten nach Ostpreußen, organisierte aber bereits ein Jahr später die Wanderfürsorge. 1921 wurde sie zur ersten Vorsitzenden des Schwesternverbandes gewählt und wurde 1922 1922 Leiterin eines christlichen Erholungsheimes in Schorborn/Solling.

Als Siloah in eine Krise geriet, entschlossen sich die Schwestern, Albertine Assor zurückzuholen. Im März 1925 wurde sie wieder als Oberin eingesetzt. 1927 pachtete sie für Siloah das Krankenhaus Am Weiher, das ab 1928 eine eigene Krankenpflegeschule erhielt.

Weitere Einrichtungen der Schwesternschaft waren: 1928 Kauf des Hauses Tornquiststraße 48 als Altenheim, Kauf des Erholungsheims Helenenquelle in Bad Pyrmont, 1930 Umzug des Mädchenheims in die Heimhuderstraße 78, dort Einrichtung eines Leichtkrankenhauses für Frauen. Hier wurden u. a. erkrankte Dienstmädchen untergebracht, die bei ihrer Herrschaft nicht ausreichend versorgt wurden. 1935 Kauf des Hauses Mittelweg 111 als Leichtkrankenhaus für Männer. Hier konnten u. a. erkrankte Seeleute Unterkunft finden. 1938 Kauf der Klinik Johnsallee.

1941 legte Albertine Assor ihr Amt nieder. Kurz darauf wurde auf staatliches Drängen der jüdische Name Siloah „gelöscht“ und das Werk in Albertinen-Haus umbenannt. Heute trägt das Werk zu Ehren seiner Gründerin den Namen Albertinen-Diakoniewerk e.V. Es gehört zum Bund Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden. Alle Einrichtungen – das Albertinen-Krankenhaus und die Altenwohnanlage Albertinen-Haus – befinden sich in Hamburg-Schnelsen.

„Die Rolle der Frauen in Pflegeberufen hat sich nicht zuletzt durch Albertine Assors Wirken in den vergangenen 100 Jahren verändert. Soziale Sicherheit und feste Anstellungen sind noch heute im Albertinen Diakoniewerk verankert. Auch im Jahr 2015 arbeiten dort die Frauen im Geiste Albertine Assors, wie die Ausschnitte aus einer Abschiedsrede im Albertinen-Diakoniewerk im Mai 2015 zeigen: ‚Solche Frauen braucht Albertinen, die sich nicht ducken, die aufmucken und zupacken, die ausprobieren und initiieren, den Ton angeben und die Stimme erheben, das Unmögliche wagen, nach dem Bedürftigen fragen. Schwere Zeiten und Situationen durchtragen und wissen, Gottes Segen begleitet sie. Solche Frauen braucht Albertinen, heute so nötig wie nie.‘“ 2)