Hamburger Straßennamen -
nach Personen benannt

Burgunderweg

Niendorf (1965): nach der Motivgruppe „germanische Volksstämme und deren nichtgermanische Nachbarn“. Ostgermanische Volksstamm der Burgunder.


Siehe auch: Alemannenweg

Reinhold Kaiser schreibt im historischen Lexikon der Schweiz über die Burgunder u. a.: „Die durch die Goten ausgelösten Wanderbewegungen (Völkerwanderung) führten Teile der Burgunder bis an das Schwarze Meer, der Hauptteil siedelte links der mittleren Oder. In den 270er Jahren traten burgundische Abwanderer erstmals mit den Römern in Berührung. Vom Ende des 3. Jahrhunderts an nahm eine grössere Gruppe die von den Alemannen nach deren Limesdurchbruch (259/260) aufgegebenen Gebiete der Rhein-Main-Gegend ein. Die Feindschaft zu den Alemannen liess die Burgunder das Bündnis mit den Römern suchen. Ein gemeinsamer römisch-burgundischer Feldzug gegen die Alemannen scheiterte 369/370, weil die Römer in der unerwartet hohen Zahl von burgundischen Kriegern eine Bedrohung erblickten. Ende des 4. Jahrhunderts verdrängten die Burgunder die Alemannen aus dem Gebiet zwischen Taunus und Neckar und erreichten den Rhein, den sie in ihrer Hauptmasse 406/407 im Gefolge des Vandalen-, Sueben- und Alaneneinfalls überschritten. Als Föderaten mit der Sicherung der Rheingrenze betraut, unterstützten die Burgunder unter dem Befehlshaber Gundahar die Erhebung des Jovinus (411) in der Provinz Germania Secunda, begleiteten ihn nach Südgallien und erhielten nach seinem Tod (413) als Föderaten ‚einen Teil Galliens nahe dem Rhein‘, das erste burgundische Reich, das wahrscheinlich am Mittelrhein (Worms) und nicht am Niederrhein zu lokalisieren ist. Um 430 besiegten rechtsrheinische Burgunder eine hunnische Abteilung, gerieten aber bald darauf unter die hunnische Vormacht und übernahmen während dieser Zeit die für die Hunnen charakteristische Mode der Schädeldeformation. 436 bereiteten die wohl mit Flavius Aëtius verbündeten Hunnen dem Burgunderreich am Mittelrhein und seinem König Gundahar den Untergang (Stoff des Nibelungenlieds).

Die Reste der Burgunder wurden 443 von Aëtius in der Sapaudia angesiedelt. (…). Schon 451 kämpften die Burgunder in der Schlacht auf den Katalaunischen Feldern gegen die Hunnen. 456 unterstützten sie unter ihren erstmals erwähnten Königen Gundowech und Chilperich den Kaiser Avitus im Kampf gegen die Sueben in Spanien. Sie erweiterten 457 ihr Herrschaftsgebiet nach Südwesten in den Rhone-Saône-Raum und besetzten 461 definitiv Lyon. (…). 478 wurde die Südgrenze des Reichs am südfranzösischen Fluss Durance durch Vertrag mit den Westgoten festgelegt. Im Norden verdrängte Chilperich die Alemannen aus Langres und Besançon. Bei seinem Tod (480) hatte das Burgunderreich seine grösste Ausdehnung erreicht. (…). Ende des 5. Jahrhunderts gerieten die Burgunder zunehmend unter den Druck der Franken im Norden sowie der West- und Ostgoten im Süden. Durch ein doppeltes Ehebündnis – Gundobads Sohn Sigismund heiratete 492/494 Ariagne, die Tochter des ostgotischen Königs Theoderich des Grossen, während Chrodechild, die Tochter Chilperichs II., 492/493 vom fränkischen König Chlodwig I. geehelicht wurde – versuchte Gundobad, sich nach beiden Seiten abzusichern. Doch im Streit der Könige von Lyon und Genf im Jahr 500 griffen die Franken zugunsten des Genfer Königs Godegisel und die Westgoten zugunsten Gundobads ein. Trotz seines Sieges bei Dijon (500) unterlag schliesslich Godegisel gegen Gundobad, der mit westgotischer Hilfe sein Reich zurückeroberte, sich dann aber 506/507 mit dem ehemaligen Gegner Chlodwig I. gegen die von Theoderich dem Grossen geschützten Alemannen und Westgoten verbündete.

Als Gundobad 516 starb, folgte ihm sein ältester Sohn Sigismund. Dieser war zwischen 501/502 und 507 vom Arianismus zum Katholizismus übergetreten, was die burgundisch-ostgotischen Spannungen verstärkte. Vor diesem Hintergrund erklärt sich, dass Sigismund 522 seinen Sohn Sigerich, den Enkel Theoderichs des Grossen, ermordete, weil er ihn des Komplotts mit Theoderich verdächtigte. Die merowingischen Könige benutzten dies als Anlass, fielen in Burgund ein und eroberten den Norden des Reichs, während Theoderich das Gebiet zwischen den Flüssen Durance und Isère besetzte (523). Sigismund, der in dem von ihm gegründeten Kloster Saint-Maurice Zuflucht suchen wollte, wurde den Franken ausgeliefert und von König Chlodomer getötet. Den zweiten Eroberungsversuch der Merowinger konnte der inzwischen zum König der Burgunder erhobene Godomar 524 abwehren (Schlacht bei Vézeronce, östlich von Vienne), doch unterlag er 532 den erneut angreifenden Franken bei Autun. Dies bedeutete das Ende des altburgundischen Reichs. 534 teilten die Merowinger das Burgunderreich in der Weise, dass Theudebert, der Reimser König, ganz Nordburgund mit Langres, Besançon, Autun und Chalon sowie in der Schweiz Aventicum-Vindonissa und Octodurus erhielt, Childebert, der König von Paris, den Kernraum mit Lyon, Mâcon, Vienne, Grenoble sowie vielleicht Genf und Tarentaise, und Chlothar, der König von Soissons, wahrscheinlich den Süden bis zur Durance. In der Folge teilte Burgund das Geschick des Frankenreichs. (…)

Burgunder und Romanen waren im burgundischen Reich rechtlich gleichgestellt, konnten als comites und iudices richterliche und Verwaltungsfunktionen ausüben sowie den Heeresdienst leisten; Eheverbindungen zwischen Burgundern und Romanen waren ebenfalls gestattet. Die soziale und ständische Gliederung war für beide ähnlich. Die burgundische Ansiedlung änderte an der Sozial- und Wirtschaftsstruktur, an der landwirtschaftlichen Technik und Betriebsweise wohl kaum etwas. Die Kolonen und Unfreien blieben den Grundherren untertan. (…).

Nach den übereinstimmenden, aber umstrittenen Aussagen der spätantiken Kirchenhistoriker Orosius und Sokrates waren zumindest Teile der mittel- und rechtsrheinischen Burgunder katholische Christen. Die Könige der zweiten Dynastie – bezeugtermassen Gundobad, Sigismund und Godomar vor ihrer Konversion sowie Godegisel – waren Arianer, möglicherweise aufgrund der von Gregor von Tours behaupteten westgotischen Abstammung bzw. der politisch-religiösen Anlehnung an die Westgoten. Da gleichzeitig viele Frauen des Königshauses (Caretene, Saedeleuba/Chrona, Chrodechilde) katholisch waren, zudem der Burgunder Hymnemodus als Abt in Grigny (bei Vienne) und in Saint-Maurice bezeugt ist, wird anzunehmen sein, dass viele Burgunder im 5. Jahrhundert wohl katholisch waren, die Könige und die Oberschicht in der Generation Gundowechs und Gundobads aus politischer Erwägung hingegen Arianer. Die arianische Kirche unterstand ganz der Obhut der Könige. Auch gewaltsame Umwandlungen katholischer Kirchen in arianische sind vorgekommen. (…). Die katholische Kirche fand selbst unter den arianischen Königen nicht nur Duldung, sondern auch Unterstützung. Schon 463 wurde König Gundowech durch Papst Hilarius in kirchliche Angelegenheiten hineingezogen. Chilperich I. stattete das Jurakloster Saint-Claude mit Gütern aus. Saedeleuba, die Tochter Chilperichs II., überführte um 500 die Gebeine des Thebäers Victor von Solothurn nach Genf. Gundobad und Sigismund standen unter dem starken Einfluss des Avitus von Vienne. Avitus' Einfluss führte zu Sigismunds Übertritt zum Katholizismus (zwischen 502 und 507) und wenig später zu jenem seines Bruders Godomar. Sigismund trat eifrig für die katholische Kirche ein, reiste zu Papst Symmachus (514) nach Rom, von wo er viele Reliquien mitbrachte und in Burgund verteilte. (…). 1)

Töchter und Ehefrauen der Burgunder Herrscher:
Die Töchter wurden dazu benutzt, das Reich politisch zu festigen bzw. um zu expandieren. Deshalb wurden sie zwangsverheiratet mit anderen Herrschern.

Ostrogotho (um 480 - vor 516) oder auch Ariagne genannt, Tochter von Theoderich dem Großen und Ehefrau des Burgundenkönigs Sigismund., „war die Tochter einer namentlich nicht bekannten Frau, die vom Geschichtsschreiber Jordanes als Konkubine Theoderichs, vom Anonymus Valesianus als seine Gattin bezeichnet wird. (…). Ostrogotho und ihre Schwester begleiteten Theoderich auf der Fahrt nach Konstantinopel und seinem Zug nach Italien. Während der Kämpfe gegen Odoaker ließ der Vater sie in Ticinum. Als Theoderich seine Herrschaft in Italien gefestigt hatte, verheiratete er Ostrogotho 494 aus bündnispolitischen Gründen mit Sigismund, dem Sohn des Burgundenkönigs Gundobad. Aus dieser Ehe stammten mindestens zwei Kinder, nämlich Sigrich und eine Tochter, vermutlich die 516 oder 517 zusammen mit Sigrich katholisch getaufte Suavegotho. Diese war verheiratet mit dem Frankenkönig Theuderich.“ 2)

Chrodechild (um 474 Lyon – 3.6.544 Tours) „war die zweite Frau von Chlodwig I. und durch diese Ehe Königin der Franken. Als heilige Clothilde bzw. Chlothilde wird sie von der Kirche verehrt.
Sie wurde als Tochter von Chilperich II. geboren und starb im Kloster Saint-Martin de Tours. (…). (Sie] war (…) eine Nichte der Burgunderkönige Gundobad und Godegisel.

Chrodechild und ihre Schwester wurden durch ihren Onkel Godegisel an dessen Hof in Genf erzogen. Chrodechild heiratete den merowingischen Frankenkönig Chlodwig I. zwischen 492 und 494 unter der Bedingung, dass sie ihre christliche Religion weiter ausüben durfte. Sie bekannte sich zum Katholizismus und trug zur Entscheidung Chlodwigs bei, ebenfalls diese Form des Christentums und nicht den bei anderen Germanenvölkern verbreiteten Arianismus anzunehmen. (…)
Zum Weihnachtsfest 497, 498 oder 499 ließ sich Chlodwig mit 3.000 anderen Franken (…) taufen. Wegen ihres Beitrags zu diesem Entschluss wurde Chrodechild kirchlicherseits als Wegbereiterin für den katholischen Glauben in Europa betrachtet.

Aus der Ehe mit Chlodwig hatte sie vier Söhne und eine Tochter:
• Ingomer, * etwa 493 oder 494, † sehr jung
• Chlodomer, von 511 bis 524 König in Orléans
• Childebert I., von 511 bis 558 König in Paris
• Chlothar I., von 511 bis 561 König in Soissons, später König der Franken
• Chlodechild, † 531, begraben in der Apostelkirche in Paris; sie heiratete 526 oder 527 den Westgotenkönig Amalrich

Nach dem Tod ihres Sohnes Chlodomer auf einem Feldzug gegen die Burgunden im Jahr 524 übernahm Chrodechild den Schutz seiner drei minderjährigen Söhne, ihrer Enkel Theudoald, Gunthar und Chlodoald (Chlodowald), um deren Erbrecht im Reich des verstorbenen Königs zu sichern. Dies scheiterte aber am Widerstand Childeberts I. und Chlothars I., die das Reich Chlodomers aufteilen und die Erbansprüche ihrer unmündigen Neffen ausschalten wollten. Wie der Geschichtsschreiber Gregor von Tours berichtet, brachten Chlothar und Childebert mit einer List die Kinder in ihre Gewalt und ließen dann Chrodechild fragen, ob die Kinder geschoren und damit herrschaftsunfähig gemacht oder getötet werden sollten. Chrodechild antwortete, sie wolle die Kinder lieber tot als herrschaftsunfähig sehen. Darauf tötete Chlothar den zehnjährigen Theudoald und den siebenjährigen Gunthar eigenhändig; Chlodoald wurde unter nicht näher bezeichneten Umständen vor seinem Onkel gerettet und überlebte durch Eintritt in den geistlichen Stand. Nach dem Tode Chlodwigs 511 gründete Chrodechild Klöster und stiftete Kirchen. (…). Als heilige Clothilde wird sie als Patronin der Frauen und Notare verehrt. Sie wird oft mit einem Kirchenmodell und einem Buch, den Armen spendend, dargestellt. Ihr Fest ist der 3. Juni. (…).“ 3)