Therese-Giehse-Bogen
Bergedorf, seit 1985, benannt nach Therese Gift, Künstlerinnenname: Giehse (6.3.1898 München–3.3.1975 München), Schauspielerin
Siehe auch: Erika-Mann-Bogen
Siehe auch: Thomas-Mann-Straße
Therese Gift war die jüngste Tochter von Gertrude Gift, geb. Heinemann und des Textilkaufmanns Salomon Gift. Das jüdische Ehepaar hatte noch weitere vier Kinder.

Als sich Therese nach dem Ersten Weltkrieg entschied, Schauspielerin zu werden, riet die Familie ihr deshalb ab, weil man sie nicht für schön genug hielt. Therese Gift, die 1920 den Künstlerinnennamen Giehse annahm, soll dazu geäußert haben: „Ich will ja nicht schön sein. Ich will bloß zum Theater.“
Zwischen 1918 und 1920 nahm sie Schauspielunterricht in München. Die Ausbildung finanzierte sie mit dem Geld, das sie in einer amtlichen Kohlenkartenstelle verdiente.
Therese Giehse erhielt ab 1920/21 Engagements in Siegen, Gleiwitz, Landshut, an der Bayerischen Landesbühne und am Schauspielhaus München. Von 1926 bis 1933 hatte sie ein Engagement an den Münchener Kammerspielen bei Otto Falkenberg. Dort profilierte sie sich als großartige Menschenbildnerin.
Gemeinsam mit ihrer Freundin Erika Mann (siehe: Erika-Mann-Bogen) und deren Bruder Klaus Mann eröffnete sie am 1. Januar 1933 in der Münchner „Bonbonniere“ am Hofbräuhaus – und damit in der Nähe der Münchner Kammerspiele, wo sie weiterhin engagiert war – das literarisch-politische Kabarett „Pfeffermühle“. Erikas Vater, Thomas Mann, (siehe: Thomas-Mann-Straße) hatte Therese Giehse 1927 bei der Premiere „Das gastliche Haus“ von Heinrich Mann kennengelernt. Es entwickelte sich eine Freundschaft, und Therese Giehse wurde zu den Familienfesten der Manns eingeladen. Zwischendurch ergab sich für kurze Zeit auch eine lesbische Beziehung zu Erika Mann.
Über das Privatleben von Therese Giehse wissen wir kaum etwas. Sie lebte stets allein und sie brannte für ihre Arbeit, für diese existierte sie. Ihre Wertvorstellungen waren: Freiheit, Autonomie, Individualität, Solidarität, Humanität.
Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten flüchtete Therese Giehse im März 1933 in die Schweiz und eröffnete dort in Zürich im Hotel Hirschen am 30. September 1933 die „Pfeffermühle“ neu. Gleichzeitig war sie auch am Züricher Schauspielhaus „Am Pfauen“ engagiert.
Zwischen 1934 und 1936 begab sich Therese Giehse mit dem antifaschistischen Programm der „Pfeffermühle“ auf Europatournee.
Zwischendurch heiratete die frauenliebende Schauspielerin 1936 den homosexuellen Schriftsteller John Hampson-Simpson (gestorben 1955), um einen britischen Pass zu bekommen, den er ihr zur Hochzeit schenkte.
Überall in Europa wurde die politische Kabarett-Truppe „Pfeffermühle“ gefeiert, nur nicht in den USA, wohin sie mit ihrem antifaschistischen Programm gereist waren.
Nach den erfolglosen Aufführungen der „Pfeffermühle“ in Amerika im Jahre 1937 kehrte Therese Giehse noch im selben Jahr ans Schauspielhaus in Zürich zurück und löste die „Pfeffermühle“ auf.
1937 wurde sie am Züricher Schauspielhaus festes Ensemblemitglied. Dieses Theater war in der NS-Zeit die einzige bedeutende freie Bühne im deutschsprachigen Raum. Hier ließ auch Bertold Brecht, den Therese Giehse 1929 bei den Endproben zur „Dreigroschenoper“ kennengelernt hatte und der während der NS-Zeit im Exil in den USA lebte, seine Stücke aufführen.
Therese Giehse spielte wichtige Rollen in den Züricher Brecht-Uraufführungen, so die Titelgestalt in Brechts Theaterstück „Mutter Courage und ihre Kinder“ (UA 1941).
Von 1949 bis 1952 trat sie an Brechts „Berliner Ensemble“ am Schiffbauerdamm in Ost-Berlin auf und spielte von 1949 bis 1966 auch wieder an den Münchner Kammerspielen. Dort, in München wohnte sie wieder seit 1954 und zwar in einer Zweizimmerwohnung in der Wurzerstraße.
Zur Zeit der APO (Außerparlamentarische Opposition) bekam Therese Giehse Kontakt zu jungen politischen Regisseuren, Schriftstellern und SchauspielerInnen, so z. B. zu Franz Xaver Kroetz, Peter Weiss, Peter Stein, Peter Zadek, Rainer Werner Fassbinder, Bruno Ganz, Otto Sander. In Helmut Dietls „Münchner Geschichten“ war sie wöchentlich im Fernsehen zu sehen.
In den Zeiten des Vietnam Krieges engagierte sie sich für Abrüstung und Frieden und trat mit entsprechenden Lesungen auf. 1970 verkörperte sie aus Sympathie für Peter Stein und sein Kollektiv-Theater bei der Neueröffnung der Berliner Schaubühne am Halleschen Ufer die Titelrolle in Gorki/Brechts Stück „Die Mutter“.
Ab 1966 trat sie solo mit eigenen Brechtprogrammen auf.
Friedrich Dürrenmatt schrieb für sie sein Theaterstück „Der Besuch der alten Dame“. Gastspiele führten sie auch nach Hamburg.
Auch in Filmrollen war Therese Giese zu sehen, so spielte sie z. B. in dem Film „Mädchen in Uniform“. 1955 erhielt sie den Bundesfilmpreis.
Therese Giehse starb an den Folgen ihrer Diabetiserkrankung und wurde auf dem Friedhof Fluntern in Zürich begraben.