Hamburger Straßennamen -
nach Personen benannt

Bobzienweg

Bergedorf/Lohbrügge (1968): Franz Bobzien (17.11.1906 Hamburg - 28.3.1941), Lehrer von Jugendgruppen, Mitglied der SPD, später der SAPD/SJVD, Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus


Siehe auch: Willy-Brandt-Straße

Vorher war die Verkehrsfläche ein Teil der Goerdelerstraße.

Der aus einer Angestelltenfamilie stammende Bobzien war im Deutschen Republikanischen Pfadfinderbund (existierte von 1927-1934) aktiv und absolvierte zunächst eine kaufmännische Lehre. 1926 trat er der Sozialistischen Arbeiterjugend SAJ und der SPD bei, später auch dem Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold. Neben der Arbeit besuchte Bobzien Abendkurse, um sich auf das 1927 erfolgreich bestandene Abitur vorzubereiten. Als Werkstudent nahm er ein Studium der Pädagogik, Geschichte und Philosophie an der Universität Hamburg auf. Vier Jahre später legte er seine Lehrerprüfung ab und begann, an einer Hamburger Volksschule zu unterrichten. Als Lehrer vertrat er moderne und reformerisch-pädagogische Konzepte, zudem engagierte er sich in der Kinderfreunde-Bewegung, die Freizeitaktivitäten für Arbeiterkinder organisierte.

1926 wurde Franz Bobzien SPD-Mitglied. Als überzeugter Antimilitarist geriet er in einen immer stärkeren Widerspruch, als die SPD in der Regierung den Bau von Panzerkreuzern vorantrieb. 1931 trat er daher aus der SPD aus, um sich der neu gegründeten Sozialistischen Arbeiterpartei Deutschlands SAPD anzuschließen. Er wurde in den reichsweiten Vorstand von deren Jugendverband SJVD gewählt. Über diese Arbeit lernte er auch Willy Brandt [siehe: Willy-Brandt-Straße] kennen, mit dem er freundschaftlich verbunden war und den er häufiger in Lübeck besuchte. Nachdem Bobzien im April 1932 erfolglos für die Hamburger Bürgerschaft kandidiert hatte, wurde er am 10. Mai 1932 unter dem Vorwurf, wehrkraftzersetzende Flugblätter an der Hamburger Universität verteilt zu haben, für sieben Monate in Untersuchungshaft genommen und aus dem Schuldienst entfernt. Das Verfahren wurde wieder eingestellt, und Bobzien kam Anfang Januar 1933 auf freien Fuß.

Nach dem Machtantritt der NSDAP, dem Reichstagsbrand und der darauffolgenden Illegalisierung der SAPD musste er Anfang März 1933 untertauchen. Er nahm am Untergrundparteitag der SAPD am 12. März 1933 in Dresden teil, stimmte dort mit der Mehrheit der Delegierten gegen den Auflösungsbeschluss der Vorstandsmehrheit und wurde in die illegale Reichsleitung gewählt. Dort war er für die Umstellung von SAPD und SJVD in Hamburg und Schleswig-Holstein auf die Untergrundarbeit zuständig. Ende Mai 1933 floh Bobzien nach Kopenhagen, wo er mehrere antifaschistische Broschüren verfasste, den Transport illegaler Literatur nach Deutschland organisierte und Aufklärungsarbeit in der dänischen Arbeiterbewegung über die faschistische Gefahr leistete. Am 24. Februar 1934 nahm Franz Bobzien mit vier SJVD-Genossen, darunter Willy Brandt, an einer Konferenz linkssozialistischer und trotzkistischer Jugendorganisationen im niederländischen Laren teil. Nachdem die Konferenz von der Polizei aufgelöst und die Teilnehmer in Gewahrsam genommen waren, schob der rechte Bürgermeister van Nispen tot Sevenaer sowohl Franz Bobzien als auch alle anderen SJVD-Delegierten (bis auf Willy Brandt, der über gültige norwegische Papiere verfügte) wegen fehlender Visa am 26. Februar nach Deutschland ab: In Emmerich wurden Bobzien und seine Genossen von der Gestapo verhaftet.

Wegen Hochverrats wurde Bobzien im September 1934 zu vier Jahren Zuchthaus verurteilt, die er im Zuchthaus Bremen-Oslebshausen – wo er mit kommunistischen und sozialdemokratischen Mitgefangenen wie Harry Naujoks Widerstandsstrukturen aufbaute – und im KZ Esterwegen verbüßte. Nach dem Ende der Haftstrafe wurde er in das KZ Sachsenhausen verschleppt. Dort war er zeitweise Blockältester der „Jugendbaracke“. Unter schwierigsten Bedingungen kümmerte er sich um bis zu 120 polnische und tschechische jugendliche Gefangene; so organisierte er Deutschkurse für sie, da Deutschkenntnisse die Überlebenschancen im Konzentrationslager erhöhten. Ab Ende 1940 wurde Bobzien zu Bombenräumungsarbeiten in Berlin verpflichtet, hierbei kam er mit vier kommunistischen Mithäftlingen des KZ Sachsenhausen am 28. März 1941 ums Leben.

Erstmals 2014 benennen die Stadt Oranienburg und die Gedenkstätte Sachsenhausen ihren „Oranienburger Toleranzpreis“ nach Franz Bobzien.

Diese Informationen stellte Cornelia Göksu zusammen.