Seemannshöft
Waltershof (1910): „mit Bezug auf das Lotsenhaus und die Deutsche Seemannsschule, die dort als Heimstätte für auszubildende Seeleute erbaut werden sollte. Die Seemannsschule hat nie ein eigenes Gebäude erhalten und ist in das fertiggestellte Lotsenhaus gelegt worden“. 1)
Siehe auch: Lotsenhöft
Über die Arbeit der Seemänner soll an dieser Stelle nicht berichtet werden. Der Fokus dieses Beitrages liegt auf den Seefrauen, den Frauen, die an Bord arbeiteten und arbeiten.
Als diese Straße benannt wurde, hatten Frauen als Arbeitskräfte an Bord noch nichts zu suchen. 1979 berichtete das Handelsblatt über Frauenarbeit an Bord: „Die christliche Seefahrt, einst ein ausgesprochen männlich-rauhes Geschäft, bietet in verstärktem Maße auch dem schönen Geschlecht Arbeitsplätze. Inzwischen fiel eine letzte männliche Bastion an Bord, der Maschinenraum. Bei der Hamburger Reederei F. Laeisz [siehe: Laeiszstraße] fahren zwei junge Damen, die Schiffsingenieure werden wollen.“
Gegen Ende des Ersten Weltkrieges wurden Frauen auf Übersee-Passagierdampfern angeheuert. Jedoch wurden sie ausschließlich für „Frauenarbeit“ eingestellt, so als: Krankenschwestern, Telefonistinnen, Friseurinnen und Leiterinnen des Unterhaltungsprogramms.
In den Zwischenkriegsjahren wurden Frauen in großer Zahl als Stewardessen beschäftigt. Ausschließlich in diesen Arbeitsbereichen wurden Zugeständnisse an die „Frau an Bord“ gemacht. Denn die Herren Seemänner wollten bedient werden. Ansonsten war der seit Jahrhunderten gängige Spruch in der Schifffahrt: „Unnerröck an Bord, dat givt man blot Malheur“ immer noch aktuell.
In den Bemannungsrichtlinien der See-Berufsgenossenschaft vom 18.12.1934 hieß es dann auch: „Weibliche Personen dürfen nicht beschäftigt werden. In der kleinen Küstenschifffahrt wird auf Schiffen bis 300 BRT die Ehefrau des Schiffseigners/Kapitäns als Ersatz für einen Jungen zugelassen, wenn sie ordnungsgemäß angemustert und augenscheinlich fähig ist, Bordarbeiten auszuführen.“
„Mitte der 30er Jahre begann dann die erste Deutsche [Anneliese Teetz] auf Fischdampfern ihre Fahrtzeit an Bord. Sie hatte viele Schwierigkeiten, ihren Berufswunsch durchzusetzen, und musste sich oftmals als blinder Passagier an Bord schmuggeln. Sie zeigte sich erst auf offener See, wenn eine Umkehr, um sie an Land zu setzen, unmöglich war, und arbeitete mit an Deck. Erst 1938 erteilte ihr das Reichsverkehrsministerium nach langwierigem Schriftverkehr und Vorsprachen als erster Frau die Genehmigung, als Leichtmatrose anmustern zu dürfen. Doch die nationalsozialistische Deutsche Arbeitsfront (DAF) übte Druck aus, und die Leichtmatrosin wurde aufgrund einer Anzeiger von der Wasserschutzpolizei von Bord genommen. 1942 erwirkte die Frau vom „Führer“ Adolf Hitler eine persönlich unterzeichnete Sondergenehmigung, die ihr erlaubte, als Frau zur See zu fahren und die Seefahrtsschule zu besuchen. [Damals, während des Zweiten Weltkriegs herrschte Arbeitskräftemangel in Bereichen, in denen hauptsächlich Männer arbeiteten] 1943 erhielt sie ihr Patent zum Steuermann auf großer Fahrt, A5. Bis Kriegsende fuhr sie als Offizier und Kapitänin auf mehreren Kümos. 1954 machte sie das Patent zum Kapitän auf großer Fahrt, A 6, und fuhr bis 1968 überwiegend als 1. Offizier auf Handelsschiffen.“ 2) Als Kapitänin stellte sie keine Reederei ein.
Die erste Kapitänin überhaupt in der Handelsschifffahrt wurde 1935 die Russin Anna Shchetinina.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die Arbeitsmöglichkeiten für Frauen an Bord von deutschen Schiffen vielfältiger. So durften ab 1954 Frauen z. B. Funkerinnen werden – aber erst in den 1960er Jahren war wirklicher Fortschritt zu erkennen.
1961 waren bei der Seeberufs-Genossenschaft ca. 700 weibliche Seeleute registriert; in Prozentzahlen ausgedrückt 1965: 0,4%.
Im Laufe der 1960er Jahre wurden den Frauen mehr Arbeitsbereiche eröffnet. Nun fuhren Frauen als Leichtmatrosen und Decksmädchen, als Alleinköchinnen, Kochhelferinnen, als Messemädchen und als Fotografinnen, Bürofrauen und Ärztinnen auf Passagierschiffen.
Aber die Kommandogewalt war noch auf keinem deutschen Schiff in „zarter Hand“. Die meisten Frauen fuhren als Funkerinnen und Stewardessen. 1961 wurden erstmals Messestewardessen eingestellt.
Ende der 1960er Jahre begann dann eine Expansionsperiode in der Seeschifffahrt. Jetzt wurden Arbeitskräfte gebraucht, und siehe da – die Reeder heuerten nun auch mehr Frauen an. Im Gegensatz zu 1961 (ca. 700 Frauen) waren 1969 schon 2355 Frauen in der Schifffahrt registriert.
Auch der Bundesminister für Arbeit fügte sich Anfang der 1970er Jahre dem Trend und erklärte den Beruf des Seemannes als für Frauen geeignet. Trotzdem setzte kein Run auf die Offiziersstellen ein. Die meisten Seefahrerinnen heuerten weiterhin im Dienstleistungsbereich an.
Ende der 1970er Jahre waren die meisten Frauen auf den unterschiedlichen Typen von Handels- und Fährschiffen im Dienstleistungsbereich tätig. Die Funktionen der Frauen: Zahlmeisterin; Personalchefin im Bedienungs- und Verpflegungsbereich; Assistentinnen der Zahlmeisterin; Arbeit „hinter der Bar“ auf z. B. Fährschiffen; Messestewardessen; Verkäuferinnen in Verkaufsläden an Bord von z. B. von Fährschiffen.
Selbst als Frauen als Nautikerinnen ausgebildet wurden, hatten sie noch Ende der 1980er Jahre nicht die Chance, als Kapitänin in der Kauffahrteischifffahrt (Güter, Frachten) zu arbeiten.3)
1994 „wurde das Seemannsgesetz geändert. Heute sind Frauen in der Seefahrt selbstverständlicher. Das Berufsbild 'Kapitän' wandelt sich aber nur langsam. Lediglich 10 von 1438 deutschen Kapitänen sind weiblich – das sind 0,7 Prozent,“ 4) heißt es 2014.
2018 übernahm erstmals eine Deutsche die Kommandobrücke eines Kreuzfahrtschiffes. Die erste Kapitänin eines Kreuzfahrtschiffes war 2007 die Schwedin Karin Stahre-Janson.
„Heute ist die Handelsschifffahrt von den Philippinen dominiert: Eine der ersten drei Frauen, Jasmin Labarda, kam über ihren Vater zur Seefahrt und wurde 2010 mit 27 Jahren Kapitänin. Sie sagte 2016 in einem Interview, es sei schwierig, sich als Frau auf einem Schiff zu behaupten.“ 5)