Boschstraße
Bahrenfeld (1950): Robert Bosch (23.9.1861 Albeck – 12.3.1942 Stuttgart), Industrieller
Bereits in der NS-Zeit wurde die Boschstraße als neuer Straßenname (alter Straßenname: 1. Bornstraße) in der Liste „Umbenannte Straßen“ aufgeführt. Die Liste wurde im Hamburger Adressbuch von 1943 veröffentlicht und listet alle in der NS-Zeit umbenannten Straßen auf, auch diejenigen, bei denen die konkrete Umbenennung noch nicht vollzogen wurde. Bereits umbenannte Straßen wurden mit einem Stern gekennzeichnet.
Nach der Einführung des Groß-Hamburg-Gesetzes im Jahre 1937, durch das z. B. Altona, Wandsbek, Harburg-Wilhelmsburg, Lokstedt, Niendorf, Schnelsen, Rahlstedt, Bramfeld, Lohbrügge und andere Gebiete, die heute Hamburger Stadtteile sind, nach Hamburg eingemeindet wurden, ergaben sich bei den Straßennamen häufig Doppelungen. Viele der für eine Umbenennung in Frage kommenden alten Straßennamen wurden in der NS-Zeit aber nicht mehr umbenannt. Eine Umbenennung nach den 1943 aufgelisteten neuen Straßennamen erfolgte für diverse Straßennamen dann nach der Befreiung vom Nationalsozialismus. So wurde die Boschstraße 1950 benannt.
Entweder wurde Boschs Name kurz nach seinem Tod auf die 1943 im Hamburger Adressbuch veröffentlichte Liste gesetzt oder noch zu seinen Lebzeiten. Die Nationalsozialisten instrumentalisierten Bosch für ihre Zwecke. Siehe weiter unten zum Thema Bosch und der Nationalsozialismus.
Über Robert Boschs Herkunft heißt es in Wikipedia: Er „war das zweitjüngste von zwölf Kindern. Seine Eltern Servatius (1816–1880) und Maria Margarethe Bosch, geb. Dölle (1818–1898) gehörten der regionalen bäuerlichen Oberschicht an. Der Vater war Gastwirt des Gasthauses Krone und Freimaurer.“ 1)
Robert Bosch absolvierte eine Mechanikerlehre und arbeitete anschließend in verschiedenen Firmen im In- und Ausland, wo er sich fortbildete.
„Am 15. November 1886 eröffnete Robert Bosch in Stuttgart (Rotebühlstraße 75 B) mit einem Gesellen und einem Lehrling eine Werkstätte für Feinmechanik und Elektrotechnik (heute Robert Bosch GmbH). 1887 verbesserte er dort einen ursprünglich von Siegfried Marcus patentierten Magnetzünder der Maschinenfabrik Deuz entscheidend und hatte damit erste wirtschaftliche Erfolge bei stationären Gasmotoren.“ 2).
Im selben Jahr heiratete Robert Bosch Anna Kayser, (8.3.1864 Obertürkheim – 12.7.1949 Tübingen). Sie war die Schwester seines Freundes Eugen Kayser. Als das Paar verlobt war und Robert Bosch in Amerika und England weilte, schrieb er „lange Briefe an Anna Kayser, in denen er seiner zukünftigen Frau seine Lebensansichten darlegte. Seine Ausführungen geben uns heute einen Einblick in seinen Charakter, der von Zuverlässigkeit und Zielstrebigkeit, aber auch von einem aufbrausenden Temperament geprägt war. Dessen war Bosch sich durchaus bewusst. So gestand er seiner Liebsten: ‚Einer meiner Hauptfehler sonst noch ist, dass ich leicht heftig werde, es aber nachher gleich wieder bereue, und habe ich es nun so weit gebracht, dass ich wenigstens um Entschuldigung bitte, wenn ich Unrecht getan habe.‘ Die Verlobten waren nicht immer gleicher Meinung. In der Frage der Emanzipation der Frauen war Robert Bosch sogar fortschrittlicher als seine Verlobte. Sie war der Ansicht, es liege in der Natur der Frauen begründet, ‚uns an den stärkeren Mann anzulehnen [...].‘ Er hingegen hatte sehr genau beobachtet, was Ursache und was Wirkung war: ‚Es ist eben kein Wunder, dass die Frauen nicht so tief zu denken vermögen, [...] wenn man ihnen seit Jahrhunderten das Recht zu denken abgesprochen hat [...].‘ Sieht man sich seine Briefe allerdings genauer an, so entsprachen seine Vorstellungen sonst durchaus der klassischen Rollenverteilung der damaligen Zeit. Beispielsweise ermahnte er Anna, sich gründlich mit dem Kochen zu befassen,“ 3) so im Wikipedia-Eintrag nachzulesen.
Zwischen 1888 und 1893 bekam das Paar vier Kinder. Die Familie lebte damals in Stuttgart. Als Nachbarin wohnte dort die sozialistische Politikerin Clara Zetkin und der Maler Friedrich Zundel, die miteinander verheiratet waren, später heiratete Annas Tochter Paula (25.12.1889 Stuttgart - 22.8.1974 Tübingen) Friedrich Zundel. Die dritte Tochter (geb. 1893) starb im Alter von einem Jahr.
Drei Jahre nach dem Tod der kleinen Tochter gelang einem Mitarbeiter von Bosch eine Innovation und „1901/02 entwickelte Robert Boschs erster Ingenieur Gottlob Honold den Hochspannungsmagnetzünder; damit war ein Weg zu immer schneller laufenden Benzinmotoren gefunden“. 4)
1921 ein weiterer privater Schicksalsschlag: Das Nesthäkchen Robert, der Firmennachfolger werden sollte, starb im Alter von 30 Jahren 1921 an Multipler Sklerose. „Robert Bosch erhielt die Nachricht vom Tod seines Sohnes auf einer Geschäftsreise in Südamerika: ‚So sehr man auch einen friedlichen Ausgang seines Daseins erwünschen musste, hat mich doch die Tatsache, dass er nun verschieden ist, aufs Tiefste bewegt. [...] Wie oft fragte ich mich, warum muss ich das Leben weiter haben und er, der junge, muss dahinsiechen?‘ Die Eltern versuchten jeder auf seine Weise, mit dem Tod des Sohnes fertig zu werden. So schrieb Robert Bosch zwei Monate später an seine Frau: ‚Über Robert spreche ich in der Tat nicht gerne. Solche Sachen mach ich wohl am besten mit mir selber ab. [...] Ich kann das nicht ändern und für mich ist das Unabänderliche etwas, in das ich mich finde.‘ Während sich Bosch in Arbeit flüchtete und weiterhin aktiv am öffentlichen Leben teilnahm, zog sich seine Frau immer mehr zurück. Das Leid und die unterschiedliche Art, den Tod des Sohnes zu verarbeiten, entzweite das Paar immer mehr, bis die Ehe 1927 schließlich geschieden wurde.“ 5)
Anna Bosch, die ihren Sohn während seiner langen Krankheit gepflegt hatte, fiel in eine schwere Depression.
Das Ehepaar Bosch ließ sich scheiden. Nach ihrer Scheidung zog Anna Bosch zu ihrer Tochter Paula auf den Berghof in Lustnau bei Tübingen. Hier genas sie von ihrer Depression und betätigte sich fortan karitativ. Sie gab viel Geld für Hitlers Winterhilfe und den Bau einer Schule und kleidete mittellose KonfirmandInnen ein. 1934 wurde sie wegen ihrer Verdienste um Tübingen zur Ehrenbürgerin der Stadt ernannt.
Die Tochter Dr. Margarete Fischer-Bosch (2.8.1888 Stuttgart – 19.1.1972 Stuttgart), Staatswissenschaftlerin, wurde 1950 Abgeordnete (FDP) des Landtags von Württemberg-Hohenzollern. Am Robert-Bosch-Krankenhaus in Stuttgart ist das Dr. Margarete Fischer-Bosch-Institut für Klinische Pharmakologie (IKP) nach ihr benannt. Den Aufbau dieses Instituts ermöglichte sie durch eine Spende.
Tochter Paula, verheiratete Zundel, ließ gemeinsam mit ihrer Schwester Margarete in Tübingen eine Kunsthalle bauen, um das Lebenswerk ihres verstorbenen Mannes Friedrich Zundel eine Bleibe zu verschaffen. Die Kunsthalle wurde 1971 eröffnet. Auch Paula Zundel wurde zur Ehrenbürgerin der Stadt Tübingen ernannt (1961).
Ein Jahr nach der Scheidung von Anna Bosch heiratete der damals 66-jährige Robert Bosch die 39-jährige Margarete Wörz (1888–1979). Das Paar bekam zwischen 1928 und 1931 zwei Kinder. Damals war Robert Bosch schon ein großer Unternehmer.
Von „Ende der 20er Jahre ab erweiterte sich das Stuttgarter Geschäft zum Konzern: B. übernahm die Junkersschen Gasöfen in Dessau, die Radiowerke ‚Blaupunkt‘, die Fernseh-AG, er ging in die Herstellung von Elektro-Werkzeugen, von Film-Vorführapparaten usw. - die Mitte der Erzeugung blieb aber die den Motoren zugehörige Apparatur, vor allem bedeutsam für und durch die rasche Zunahme des Flugwesens.“ 6)
Margarete Bosch-Wörz „wusste um die gesellschaftlichen Erwartungen, die an eine Frau Bosch gestellt wurden, und wurde ihnen mit großem Geschick gerecht. Darüber hinaus füllte sich das große Haus in der Heidehofstraße erneut mit Leben: Zwei weitere Kinder wurden geboren. (…) Da sich Robert Bosch zur Zeit seiner zweiten Ehe schon aus dem operativen Geschäft des Unternehmens zurückgezogen hatte, konnte er viel Zeit mit seiner Frau und den Kindern verbringen. Wie bereits mit seiner ersten Familie war er auch mit Margarete sowie den Kindern Robert und Eva oft in den Bergen und auf dem Boschhof in Bayern oder in seiner Jagdhütte bei Urach auf der Schwäbischen Alb. (…) Theodor Bäuerle, ein enger Vertrauter von Robert Bosch, schreibt in seinen Erinnerungen: ‚An den Kindern hatte er eine großväterliche Freude, auf den heranwachsenden Sohn setzte er große Hoffnungen. [...] Frau Margarete Bosch verstand es mit außerordentlicher Klugheit, der Eigenart ihres Mannes gerecht zu werden. [...] sie brachte Gäste ins Haus, sodass es eigentlich nie an Unterhaltung und Geselligkeit fehlte, und sie wusste die Gäste so auszuwählen, dass seine mannigfachen Interessen dadurch befriedigt wurden.‘ Darüber hinaus war die Gattin in vielem Mitarbeiterin, Beraterin und auch Vermittlerin zur nächsten Generation,“ 7) heißt es im Magazin zur Bosch Geschichte.
Robert Bosch wurde im deutschen Unternehmertum als „der rote Bosch.“ bezeichnet. Damit wollte man seine soziale Einstellung zu seinen Mitarbeitenden charakterisieren. Dazu heißt es in der Neuen Deutschen Biographie“: „1906 führte er den Achtstundentag ein, 1908 den freien Samstag-Nachmittag, den bezahlten Urlaub, lehnte werkseigene Wohlfahrtsunternehmungen ab und zahlte überdurchschnittliche Löhne, bis 1913, da ein sinnloser Streik sein bisher gutes Einvernehmen mit den Gewerkschaften für einige Zeit störte, auch die Sozialversicherungsanteile der Gefolgschaft. Nach dem Kriege errichtete er für die Werksangehörigen durch große Stiftungen Hilfskassen für Erziehungsbeiträge, für Altersversorgung - schon 1913 hatte er eine vorbildliche Lehrlingswerkstätte ins Leben gerufen. (…) In seinem humanitären Grundgefühl Pazifist, wollte er am Krieg kein Geld verdienen: 1916 setzte er 13 Millionen für den Neckarkanal aus, weitere Millionen für Gesundheitspflege, Erwachsenenbildung, unterstützte mit großen Beiträgen F. Naumanns ‚Staatsbürgerschule‘, den ‚Deutschen Werkbund‘, die Völkerbundsliga, die Vereinigung ‚Paneuropa‘ usf. Der Förderung der technischen Bildung hatte schon 1910 eine Millionenstiftung an die Technische Hochschule Stuttgart gegolten; zahllose wissenschaftliche Unternehmungen - doch keineswegs wahllos - erfreuten sich seiner Unterstützung, vor allem auch auf dem Gebiete der Heilkunde. Er war Anhänger einer ‚naturgemäßen Lebensweise‘ und der Homöopathie; dieser zu ermöglichen, ihre Ebenbürtigkeit in Forschung und klinischen Verfahren zu erweisen, war ein Hauptanliegen seiner späteren Jahre; (…).“8)
Die Zeit des Nationalsozialismus:
In einer Kurzbiografie der Gedenkstätte des Deutschen Widerstands über Robert Bosch heißt es: „Der Stuttgarter Industrielle Robert Bosch steht als überzeugter Liberaler dem Nationalsozialismus ablehnend gegenüber. Nach 1933 bildet er das Zentrum eines nach ihm benannten oppositionellen Kreises, dem auch einige seiner engsten Mitarbeiter, wie der ‚Betriebsführer‘ des Konzerns Hans Walz, angehören. Bosch und Walz unterstützen verfolgte Juden und pflegen geheime Kontakte zu jüdischen Führungspersönlichkeiten wie Leo Baeck. Das Unternehmen wird zur Anlaufstelle des Widerstandes gegen Hitler. Bosch beruft Carl Goerdeler zum ‚Wirtschaftsberater‘ der Firma und ermöglicht es ihm und seinen Freunden, auf vorgetäuschten Geschäftsreisen im Ausland Kontakte zu knüpfen und über die Ziele der Hitler-Gegner zu informieren. Mitglieder des Bosch-Kreises bauen zudem eigene Auslandskontakte auf und informieren über die Entwicklung in Deutschland. Bosch stirbt im März 1942. Die Mitglieder des Boschkreises setzten in enger Zusammenarbeit mit Goerdeler ihre Widerstandstätigkeit fort. Der wirtschaftspolitische Berater der Bosch GmbH Albrecht Fischer ist in die Pläne zum Staatsstreich eingeweiht und stellt sich als Politischer Beauftragter für den Wehrkreis V (Stuttgart) zur Verfügung.“ 9)
Und in Wikipedia ist nachzulesen: „Das Unternehmen übernahm auch Rüstungsaufträge und beschäftigte während des Zweiten Weltkrieges Zwangsarbeiter. Auf dem Gelände der Bosch-Tochterfirma Dreilinden Maschinenbau GmbH befand sich das zum Konzentrationslager Sachsenhausen gehörige Außenlager Kleinmachnow. (…) Eine im August 2011 in Deutschland ausgestrahlte Fernsehdokumentation über Robert Bosch schildert ihn als tragische Figur, die ungewollt ein Profiteur der Aufrüstung der Wehrmacht und des Krieges wurde und der durch den gewählten Weg der Kooperation mit den Nationalsozialisten bei gleichzeitigem Widerstand zwangsläufig mit den eigenen Idealen im Konflikt stand.“ 10)