Brüdtweg
Bergedorf/Lohbrügge (1949): Johann Brüdt (17.2.1859 Bargenstedt/ Dithmarschen - 18.2.1944), Heimatschriftsteller, Rektor und Organisator des Schulwesens in Sande
Bereits in der NS-Zeit findet sich der Brüdtweg als neuer Straßenname (alter Straßenname: 2. Durchschnitt ) in einer „Umbenannte Straßen“ überschriebenen Liste. Sie erschien im Hamburger Adressbuch von 1943 und verzeichnnet alle bis dahin in Hamburg in der NS-Zeit umbenannten Straßen - auch diejenigen, bei denen die Umbenennung noch nicht umgesetzt war. Ein Stern-Symbol kennzeichnete wiederum alle, bei denen dies schon der Fall war.
Nach der Einführung des Groß-Hamburg-Gesetzes im Jahre 1937, durch das Altona, Wandsbek, Harburg-Wilhelmsburg, Lokstedt, Niendorf, Schnelsen, Rahlstedt, Bramfeld, Lohbrügge und andere Gebiete nach Hamburg eingemeindet wurden, ergaben sich bei manchen Straßennamen Doppelungen. Um diese aufzulösen, entschloss sich das NS-Regime 1938, vor allem die betroffenen Straßen in den neu hinzugekommenen Regionen umzubenennen und dabei „insbesondere Namen aus dem niederdeutschen Raum“ und „Personen der schleswig-holsteinischen Geschichte“ zu berücksichtigen. „Heimatdichtung stand in der NS-Zeit hoch im Kurs und ließ sich mühelos nationalsozialistisch vereinnahmen.“ 1) In vielen Fällen erfolgte die konkrete Umsetzung der Umbenennung allerdings nicht mehr in der NS-Zeit, sondern bei den nach 1943 aufgelisteten neuen Straßennamen erst nach Kriegsende. Das betraf auch den Brüdtweg, der 1949 einen neuen Namen erhielt.
Johann Brüdt kam als Sohn von Hans Friedrich Brüdt und Wiebke Magdalena, geb. Claussen, in Bargenstedt bei Meldorf zur Welt. Bis 1882 besuchte er das Königlich-Preußische Lehrerseminar in Uetersen. Nach bestandenem Examen fand er eine Beschäftigung an der Mädchenschule in Sande (Lohbrügge) bei Bergedorf. Dort arbeitete er 43 Jahre lang. 1882 gehörte er zu den Mitbegründern der Freiwilligen Feuerwehr Sande. Bereits während seiner Berufstätigkeit und weiter nach seiner Pensionierung verfasste er niederdeutsche Erzählungen wie „Zwischen den Strohdächern. Ein Dorfbuch“ (Hamburg, 1913) und Gedichte wie „Von des Lebens Straßen“ (Göttingen, 1929), die zum großen Teil in der Bergedorfer Zeitung erschienen. Er war verheiratet mit Dorothea Antonie Johanna, geb. Stockfleth.
Als die Nationalsozialisten die Macht übernahmen, war Brüdt 74 Jahre alt. In der NS-Zeit trat er, soweit nachweisbar, nicht der NSDAP bei. 2) und 3)
Sein Grab befindet sich auf dem alten Lohbrügger Friedhof (heute Parkgelände).
Text: Frauke Steinhäuser
Im „Bergedorf Blog“ der Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg Carl von Ossietzky schreibt Bernd Reinert am 5.2.2018 über Johann Brüdt folgendes: Brüdt [tauchte] häufiger in der Bergedorfer Zeitung auf, denn er betrieb für die Gemeinde Sande die Goldankaufstelle (siehe z.B. BZ [Bergedorfer Zeitung] vom 1. März 1917). Mehrfach druckte die Zeitung seine patriotischen Gedichte (z.B. BZ vom 4. Januar, 16. April und 22. Mai 1915), und Ende 1917 erschien sein Roman ‚Karsten Holm‘ (BZ vom 23. November 1917) – offenbar ein Verkaufsschlager (zumindest im Raum Sande/Bergedorf), denn nach wenigen Monaten schon inserierte der Verlag, dass das Buch ‚wieder lieferbar‘ sei (BZ vom 9. März 1918). Zum Verkaufserfolg wird die Kulisse der Romanhandlung in beträchtlichem Maße beigetragen haben, denn wie die BZ schrieb, spielen große Teile in ‚Berghausen‘, d.h. Sande.
Die Handlung selbst lässt sich gut der Buchkritik der Zeitung entnehmen – die literarische Bewertung fällt einhundert Jahre später weniger euphemistisch aus, und das Fazit, dass der Krieg alles heilt und die Menschen zusammenführt, möchte man auch nicht teilen. Etwas penetrant ist zudem Brüdts glorifizierende Darstellung seines eigenen Standes Volksschullehrer.
Der Lehrer Paulsen, eine der Hauptfiguren, setzt sich – wie übrigens auch der Autor – für den Erhalt der Boberger Dünen ein, und der im Roman geschilderte Sandabbau hat auch tatsächlich stattgefunden, u.a. 1903 – 1907 zur Aufhöhung des Hammerbrooks und von Teilen Billwärders. Der im Roman namenlose Bach in einer ‚mit Buschwerk bewachsenen Schlucht‘ mit dem benachbarten Urnenfriedhof wird die Ladenbek zum Vorbild gehabt haben. Die ‚Waldstraße‘, an der das Holmsche Haus lag, trägt heute den Namen Höperfeld, der geschilderte Weg durch den Kiefernwald in die Dünenlandschaft dürfte mit dem heutigen ‚Walter-Hammer-Weg‘ gleichzusetzen sein. Die Buchillustration des Berghausener Wasser- und Aussichtsturms von Theodor Herrmann auf S. 126 zeigt eindeutig den ‚Sander Dickkopp‘. So lassen sich diese und andere Handlungsorte in Sande identifizieren – (…).“ 4)