Curt-Bär-Weg
Bergedorf/Allermöhe (1995): Curt Bär (1.2.1901 Hamburg - 21.10.1981 Hamburg), Lehrer, Mitglied des Internationalen Sozialistischen Kampfbundes (ISK), Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus
Siehe auch: Marta-Damkowski-Kehre
Siehe auch: Thüreystraße
Curt Bär wurde als Sohn des Kapitäns Hermann Karl Bär und dessen Ehefrau Bertha Elise Martha, geb. Waisen, geboren und verlebte seine Kindheit in Hamburg-Harvestehude. Nach dem Abitur studierte er Mathematik und Physik an der Universität Hamburg. Während eines mehrsemestrigen Aufenthalts in Göttingen schloss er sich dem von dem Philosophieprofessor Leonard Nelson geleiteten Internationalen Jugendbund (IJB) an. Seit 1926 war Bär, der auch Veranstaltungen der Sozialistischen Arbeiterjugend besuchte, als Studienassessor an einer Oberschule in Hamburg tätig. In seiner Freizeit engagierte er sich für den Internationalen Sozialistischen Kampfbund (ISK), der Nachfolgeorganisation des IJB, deren politisch-philosophische Schriften er am Bahnhof von Bergedorf verteilte. Die sozialdemokratisch geführte Oberschulbehörde sah darin einen Verstoß gegen die für Lehrer geltende Standesehre und erteilte Bär 1931 einen dienstlichen Verweis, was mit der Versetzung an eine Volksschule einherging.
„In Hamburg-Bergedorf wohnte er zuerst im Reetwerder und später im Heinrich-Heine-Weg. 1929 lernte er Inge Lürtzing kennen, die seit 1926 in der Siedlung Nettelnburg wohnte. Sie heirateten am 21. April 1932 und zogen dann nach Barmbek.“1)
Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten wurden bei Curt Bär und seiner ebenfalls für den ISK aktiven Frau zwei Hausdurchsuchungen durchgeführt. Obwohl Bär seine umfangreiche Bibliothek durchgesehen und politisch belastende Titel beiseitegeschafft hatte, wurden die neuen Machthaber fündig. Sie verwüsteten die Wohnung und beschlagnahmten etliche Bücher, darunter nicht bloß Texte von Karl Marx, Leo Trotzki oder August Bebel, sondern auch mathematisch-naturwissenschaftliche Lehrwerke. Hinzu kamen Druckplatten, drei Packen Durchschlagpapier, Stempel und ein Karton mit Briefumschlägen. Im Juni 1933 wurde Bär aus dem Staatsdienst ohne Ruhegehalt entlassen. Von August bis Oktober desselben Jahres saß er in den Konzentrationslagern Fuhlsbüttel und Wittmoor in Schutzhaft. Ab 1934 versuchte Bär, sich als selbstständiger Kaufmann durchzuschlagen. Er hatte ein Ladengeschäft erworben und betrieb eine Seifenhandlung namens „Wasch-Bär“. Auch seine Schwester Magda Thürey, geb. Bär, war im Widerstand und nutzte den Seifenladen als illegalen Treffpunkt für die verbotene KPD (siehe: Thüreystraße).Ihr Ehemann, der Kommunist Paul Thürey, führte einen eigenen Laden in Eimsbüttel, wurde im Juni 1944 wegen seiner politischen Aktivitäten in Hamburg zum Tode verurteilt und am 26. Des Monats von den NS-Schergen geköpft.
Lange gehörte Bär zu den führenden Kräften der illegalen ISK-Arbeit, dann wurde er am 5. Juni 1936 von der Geheimen Staatspolizei verhaftet, über Monate ohne richterlichen Beschluss festgehalten und schließlich von dem Volksgerichtshof in Berlin wegen Vorbereitung zum Hochverrat zu vier Jahren Zuchthaus verurteilt. Der am 7. Dezember 1937 ergangene Richterspruch entzog Bär zugleich die bürgerlichen Ehrenrechte und verpflichtete den Verurteilten, die Kosten des Verfahrens zu tragen. Nach seiner Verhaftung führte seine Frau Inge Bär die illegale Arbeit fort.
Der in dem Stadtteil Barmbek gelegene Seifenladen litt unter der Abwesenheit des Geschäftsführers sowie unter dem Bestreben mehrerer Nationalsozialisten, die Kundschaft abzutreiben, und ging einige Jahre später ein. Immerhin wurde die Untersuchungshaftzeit auf die verhängte Freiheitsstrafe angerechnet. Bis zum 7. Juni 1940 im Zuchthaus Oslebshausen nahe Bremen eingesperrt, hielt sich der für wehrunwürdig erklärte Bär nach seiner Haftentlassung mit politischen Aktionen zurück. Doch er blieb ein dezidierter Gegner des NS-Regimes, zumal seine einst für die KPD aktive Schwester Magda Thürey kurz nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs an den Folgen der Gewaltherrschaft starb.
Curt Bär sah seine am 12. April 1938 geborene Tochter Lisa zum ersten Mal erst 1940 nach seiner Haftentlassung. Die zweite Tochter Ingrid wurde am 3. Juni 1942 geboren.
Nach dem Zweiten Weltkrieg setzte Curt Bär seine Tätigkeit als Studienrat fort und betätigte sich in der Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft.
„Das Ehepaar Bär, insbesondere aber Inge Bär, hat ihren Kindern sehr viel über die NS-Herrschaft erzählt. Was sie jedoch nicht zu hören bekamen, waren Einzelheiten über die Haftzeit des Vaters. Die körperlichen und seelischen Folterungen, die er während dieser Zeit hat erleiden müssen, haben seine Kinder erst durch seine schriftlichen Darlegungen erfahren. Über 30 Jahre hat er benötigt, um sich darüber zu äußern.“ 2)
Text: Dr. Meik Woyke