Hamburger Straßennamen -
nach Personen benannt

Thüreystraße

Niendorf, seit 1982, benannt nach Magda, geb. Bär (4.3.1899 Hamburg–17.7.1945 Hamburg) und Paul Thürey (16.7.1903–26.6.1944, enthauptet im Untersuchungsgefängnis Hamburg). Magda Thürey: Lehrerin, Politikerin (KPD), Mitglied der Widerstandsgruppe Bästlein-Jacob-Abshagen. Motivgruppe: Opfer des Nationalsozialismus


Stolperstein vor dem Wohnhaus Emilienstraße 30. Mahnmal: Tisch mit 12 Stühlen (siehe dazu unter: Georg-Appel-Straße).

Siehe auch: Catharina-Fellendorf-Straße
Siehe auch: Erna-Behling-Kehre
Siehe auch: Gertrud-Meyer-Straße
Siehe auch: Helene-Heyckendorf-Kehre
Siehe auch: Käte-Latzke-Weg
Siehe auch: Katharina-Jacob-Weg
Siehe auch: Lisbeth-Bruhn-Straße
Siehe auch: Margit-Zinke-Straße
Siehe auch: Marie-Fiering-Kehre
Siehe auch: Tennigkeitweg
Siehe auch: Ernst-Mittelbach-Ring
Siehe auch: Karl-Kock-Weg
Siehe auch: Kurt-Schill-Weg
Siehe auch: Rudolf-Klug-Weg
Siehe auch: Werner-Schroeder-Straße

Magda Bär verbrachte ihre Kindheit mit ihrem Bruder Curt (geb. 1901) im Hamburger Stadtteil Harvestehude und besuchte das Emilie-Wüstenfeld-Lyzeum. Die Mutter entstammte einer Großkaufmannsfamilie, der Vater einer Arbeiterfamilie, arbeitete als Kapitän und verstarb kurz vor Ausbruch des Ersten Weltkrieges.

Von 1914 bis 1919 besuchte Magda Bär das Lehrerseminar Hohe Weide im Stadtteil Eimsbüttel. Sie war auch künstlerisch interessiert und schloss sich in der Studienzeit bohèmeartigen Kreisen junger Menschen mit kommunistischen Ideen an. Außerdem arbeitete sie in der Wandervogelbewegung und der Freideutschen Jugend mit. Anfang der 1920er trat Magda Bär in die KPD ein und war kurz vor 1933 zeitweilig für ihre Partei in der Hamburgischen Bürgerschaft als Spezialistin für Schulfragen tätig.

In den Jahren von 1919 bis 1933 unterrichtete sie Volksschulklassen an den Schulen Lutterothstraße 80 und Methfesselstraße 28 (ab 1930) im Arbeiterviertel Eimsbüttel.

Sie nahm ihre Arbeit sehr ernst, orientierte sich an den Erziehungsidealen Pestalozzis und kümmerte sich gerade um die ärmsten Kinder. Außerdem trat sie der Gesellschaft der Freunde des vaterländischen Schul- und Erziehungswesens bei, aus der später die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) hervorging.

1933 wurde sie von den Nationalsozialisten sofort ohne jeglichen finanziellen Ausgleich aus dem Schuldienst entlassen. Als Begründung diente den Machthabern das „Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“, dessen Paragraph 2 den BeamtInnen eine Mitgliedschaft in der KPD verbot.

Magda Bär heiratete ihren langjährigen Freund Paul Thürey, der damals bereits arbeitslos war, sodass die Eheleute nun, um sich eine Existenz aufzubauen, von ihren Ersparnissen ein Seifengeschäft in der Osterstraße im Stadtteil Eimsbüttel kauften, welches sie später in die Eimsbüttler Emilienstraße 30 verlegten.

Als Paul Thürey 1939 in den Conz-Elektromotoren-Werken, einem Rüstungsbetrieb, Arbeit fand, führte Magda den Laden allein weiter.

Der Seifenladen war von vornherein nicht nur als Erwerbsquelle gedacht gewesen, sondern diente gleichzeitig als Treffpunkt für die illegale KPD. Nach dem Beginn des Zweiten Weltkrieges fungierte der Laden insbesondere als wichtige Verbindungsstelle für die kommunistische Bästlein-Jacob-Abshagen-Widerstandsgruppe. In Seifenkartons wurden Flugblätter und illegale Druckschriften versteckt; es fanden Treffs statt, bei denen Informationen ausgetauscht und neue Aktionen geplant wurden.

1942 nahm die Hamburger Gestapo Paul Thürey fest. 1944 wurde er bei den Hamburger Kommunistenprozessen zum Tode verurteilt und am 26. Juni 1944 im Alter von 41 Jahren im Hamburger Untersuchungsgefängnis enthauptet.

Die 44-jährige Magda Thürey war von der Gestapo am 30. Oktober 1943 in „Schutzhaft“ genommen und ins Gefängnis Fuhlsbüttel gebracht, der Seifenladen von der Gestapo zu einer Falle umfunktioniert worden, so dass es zu weiteren Verhaftungen kommunistischer Widerstandskämpfer und -kämpferinnen kam.

Durch die Haftbedingungen verschlechterte sich Magda Thüreys Gesundheitszustand rapide – sie litt seit ihrem 31-sten Lebensjahr an multipler Sklerose. Aber erst nachdem sie fast völlig bewegungsunfähig geworden war, wurde sie 1944 in das Krankenhaus Langenhorn auf die Station für Nervenkranke verlegt. Auch dort erhielt sie nicht die notwendige medizinische Versorgung. Magda Thüreys Bruder, ein Lehrer, der ebenfalls 1933 von den Nationalsozialisten aus dem Schuldienst entlassen worden war, konnte sie erst nach Ende des Zweiten Weltkriegs aus der Gefangenschaft holen. Kurze Zeit später, am 17. Juli 1945, starb Magda Thürey im Alter von 46 Jahren an den Folgen der Gestapo-Haft.

Ihr Begräbnis wurde die erste und einzige große Einheitskundgebung der linken Arbeiterparteien in Hamburg. Über ihrem Grab reichten sich die Vertreter der SPD (Karl Meitmann) und KPD (Fiete Dettmann) symbolisch die Hände und versprachen „den Bruderkampf niemals wieder aufleben zu lassen“.

Text: Ingo Böhle