Hamburger Straßennamen -
nach Personen benannt

Dillstraße

Rotherbaum (1890): Theodor Dill (3.12.1797 Groß Bartensleben bei Helmstedt - 28.1.1885 Hamburg), Kaufmann, Importeur für Rohkakao


Theodor Dill
Theodor Dill; Quelle: Staatsarchiv Hamburg

Die Dillstraße wurde dort angelegt, wo Theodor Dill ab 1842 seinen Sommersitz für sich und seine Familie angelegt hatte – eine ländliche Idylle: „Ein Wohnhaus von Weinreben umrankt, Kuh-, Pferde- und Ziegenställe, ein Hühnerhof und ein Fischteich, ein Blumen- und ein Gemüsegarten, Büsche und Sträucher, Staudenpartien, Obst- und Forstbäume, Lauben und Treibhäuser (…).“ 1)

Im Wikipedia-Eintrag zu Theodor Dill heißt es: „Dill wurde als Sohn des Pfarrers von Groß- und Klein Bartensleben, Johann Valentin Christian Dill (1763–1840), geboren.“2) Er hatte natürlich auch eine Mutter, ohne die er nicht geboren wäre und die nicht verschwiegen werden soll. Sie hieß Friederike Dill, geborene Schier.

Theodor Dill erlernte den Beruf des Kaufmanns und kam im Alter von 21 Jahren nach Hamburg, wo er in der Firma von Johann Jürgen Nicolaus Albrecht tätig wurde, der mit Kaffee und Zucker handelte und somit vom Kolonialismus profitierte.

Da Dill sich in der Handlung sehr geschickt anstellte und Albrecht keine eigenen Nachkommen hatte, die das Unternehmen hätten fortführen können, wurde Dill 1825 zum Teilhaber der Firma.

Zwei Jahre später heiratete er 1827 Elisa Anthonia Helman aus Zaandam in den Niederlanden. Damals war sie 23 Jahre alt und bereits seit zwei Jahren Witwe. Sie brachte zwei kleine Söhne mit in die Ehe.

Kennengelernt haben müssen sich die beiden wohl über Geschäftsbeziehungen, denn Elisa Anthonia Helman war mit dem Kaufmann Carl Eduard Müller verheiratet gewesen, der in Hamburg ansässig gewesen war und mit dem Handelshaus Albrecht & Dill in Geschäftsverbindung gestanden hatte.

Theodor Dill und Elisa Anthonia Dill wurden Eltern von sechs Kindern, geboren: 1828, 1830, 1831, 1834, 1837, 1844. 3)
„1835 stieg er zum offenen Teilhaber in die nun umbenannte Firma Albrecht & Dill auf. Sie importierte vor allem Gewürze und Rohkakao [aber auch Zucker, Kaffee, Baumwolle, Tee, Reis, Korinthen, Rosinen, Feigen, Mandeln, Büffelhörner, Elephantenzähne, Perlmutterschalen, Schildpat, Straßenfedern, Walfischbarden, Metalle, Sago, Nudeln etc. R. B.]. Nebenbei gehörte Dill von 1829 bis 1836 als Kapitän dem Dritten Bataillon des Hamburger Bürgermilitärs an und diente von 1837 bis 1840 als Bürgermilitärkommissar. Er zählte zu den Förderern der St. Michaeliskirche und engagierte sich im Kommerzium, einem Vorläufer der heutigen Handelskammer, dessen Präsident er von Januar bis Dezember 1846 war.“ 4)

Theodor Dill muss wegen seines Handels mit Gewürzen, Rohkakao und anderen Rohstoffen auch in Beziehung zum Kolonialismus gesehen werden. „Durch ihre vielseitigen Handelsbeziehungen konnten Hamburger Kaufleute direkt am Kolonial- und Versklavungshandel teilhaben. Sie profitierten nicht nur vom Kauf und Konsum der Kolonialwaren, sondern investierten aktiv in die Logistik des Kolonialhandels. Dieses Muster prägte den Kolonialhandel der Stadt bis ins späte 19. Jahrhundert. (…). Die Händler des politisch vergleichsweise unbedeutenden Stadtstaats beteiligten sich am Handel kolonialer Großmächte wie den Niederlanden, Dänemark, England oder Frankreich, die allesamt Versklavungshandel an der westafrikanischen Küste sowie Plantagenwirtschaft auf den Karibischen Inseln betrieben. Die Hamburger Kaufleute sicherten ihnen Investitionen zu, stellten Schiffe zur Verfügung und lagerten und verarbeiteten Kolonialwaren wie Zucker, Tabak, Kautschuk und Textilien.“ 5)

Zwischen 1846 und 1848 war die Firma Albrecht & Dill an der Brigg „Africa“ finanziell beteiligt. Sie gehörte der Reederei Wm. O’Swald (siehe: O’Swaldstraße) und befuhr die Route Kap – Mokka- Ostafrika – Kap. 6)

1851 beteiligte sich Theodor Dill durch den Kauf von Aktien an der von Karl Sieveking (siehe: Sievekinsgallee) und anderen Hamburger Firmen, darunter Albrecht & Dill, ins Leben gerufenen „Colonisations-Gesellschaft“, die in Brasilien Ländereien für deutsche Auswanderer kaufen wollte. 7)

In die Geschichte Hamburgs eingegangen ist Dill als Retter der Handelsbörse während des Großen Hamburger Brands von 1842. Im Phönixsaal des Hamburger Rathauses erinnert ein Porträt – ein in Holz geschaffenes Medaillon - links vom Kamin an ihn. Dazu schreibt der Archivar des Hamburger Staatsarchivs, Joachim F. Frank: „Als sich am 6. Mai 1842, einen Tag nach dem Ausbruch des großen Brandes, abzeichnete, dass das Feuer auf die Börse übergreifen könnte, versuchte eine Gruppe Freiwilliger, darunter Theodor Dill, die Bibliothek der Börse zu sichern und die wertvollen Folianten zu retten. Mit neun Männern, die sich noch in der bereits von Flammen umzingelten Börse befanden, versuchte er, mit den spärlichen Wasservorräten aus der Küche und den Toiletten das Feuer einzudämmen. ‚Zum Schluss wurde das zur Neige gehende Wasser nur noch löffelweise verwendet‘, so berichtete Dill später. Und doch gelang es, das Gebäude, in dessen Umkreis nach dem Brand nur Schutt und Asche zu finden waren, zu retten.

In den Zeitungen tauchten jedoch die Namen anderer Männer als Retter der Börse auf. Nicht so sehr darüber ärgerte sich Theodor Dill jedoch, als vielmehr über Octavio Schroeder, den Präses der Commerz-Deputation, der nach dem Brand kaum ein Wort über die Rettungsaktion verloren hatte. Dill schrieb dazu später: ‚Ich vermute, es wird Herrn Präses geärgert haben, dass er sich ein wenig zu voreilig aus dem Staub gemacht hat.‘ und versah seinen Bericht mit dem ‚Wallenstein‘-Zitat: ‚Dein Weg ist krumm., er ist der meinige nicht. Octavio, das will mir nicht gefallen.‘ Später, so heißt es, habe man sich versöhnt.“8)

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Büste von Theodor Dill am Kajen, westlich der Deichstraße; Quelle: Claus-Joachim Dickow, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons

Theodor Dill bekleidete neben seiner kaufmännischen Tätigkeit und seiner Funktion als sechsfacher Vater diverse Ämter, so war er von 1845 bis 1847 Mitglied der Teerhofdeputation, von 1846 bis 1847 Präses des Kommerziums, war Vorstandsmitglied der Patriotischen Gesellschaft, Mitglied der Hafen- und Schifffahrtsdeputation, Mitglied der Kämmerei. „Von 1859 bis 1865 saß er für das Kirchspiel St. Michaelis als Abgeordneter in der Hamburgischen Bürgerschaft.“ 9)

Als Präses der Commerz-Deputation forderte Dill am 4. Mai 1846 in der Versammlung Eines Ehrbaren Kaufmanns die Emanzipation der Juden. Er sagte bezogen auch Salomon Heine (siehe: Salomon-Heine-Weg): „Wer seinem Namen durch Mitwirkung zur Ehre des ganzen unserer Stadt einen guten Klang verschafft – er sei unser Mann, gleichviel ob Christ oder Jude.“ 10)

1850 stieg Theodor Dill in das Unternehmen von L. W.A. Jacobi ein, der eine Fabrik für chemische Präparate im Industriegebiet von Billbrook besaß. In der Fabrik wurde zum Beispiel Kampfer verarbeitet. Es wurden japanischer und chinesischer Rohkampfer sowie Salpeter raffiniert (siehe zu Salpeter unter: Slomanstraße). „Zum einen handelte es sich um aus Ostindien importierten natürlichen Salpeter, zum anderen um sogenannten Chile- oder Natronsalpeter, der mit Pottasche bzw. Chlorkaliums aus dem Stassfurter Salzlager zu Kali-Salpeter umgesetzt wurde. (…) Als das Unternehmen Albrecht & Dill, das sich mittlerweile im alleinigen Besitz von Theodor Dill befand, zu Beginn der 1860er Jahre in wirtschaftliche Schwierigkeiten geriet, verkaufte er die Fabrik im Jahr 1865 an Sthamer und dessen Partner Hell.“ 11).

Eine Büste von Theodor Dill steht am Kayen in Hamburgs Altstadt.