Hamburger Straßennamen -
nach Personen benannt

Salomon-Heine-Weg

Eppendorf (1967): Salomon Heine (19.10.1767-23.12.1844), Bankier, Onkel des Dichters Heinrich Heine


Siehe auch: Heinrich-Heine-Weg
Siehe auch: Betty-Heine-Stieg
Siehe auch: Heinrich-Heine-Straße
Siehe auch: Karlstraße
Siehe auch: Lawaetzweg
Siehe auch: Heckscherstraße

Vor der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten wurde auf St. Pauli eine Straße „Heinestraße“ benannt. Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten wurde die Straße 1938 umbenannt in „Hamburger Berg“. Nach der Befreiung vom Nationalsozialismus erfolgte keine Rückbenennung des Straßennamens in „Heinestraße“. Stattdessen wurde 1967 in Eppendorf/Alsterdorf der Salomon- Heine-Weg benannt. (Registratur Staatsarchiv Az. 1520-3/0. Antwort auf Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Prosch (CDU), Straßen mit Namen jüdischer Bürger, Bürgerschaftsdrucksache 11/2389 vom 7.5.1984.)

Das Heine Haus am Jungfernstieg 34 ist der Standort des ehemaligen Bankhauses des Bankiers Salomon Heine. 1767 in Hannover geboren, kam Salomon Heine als 17-Jähriger mittellos nach Hamburg und machte eine steile Karriere: vom Hausierer zum Bankchef. Dabei waren ihm zuerst einmal die Kontakte, die sich aus der familiären Linie mütterlicherseits ergaben von großem Vorteil. Salomon Heine begann seine Lehre bei seinem Onkel, dem Hamburger Bankier und Warenhändler Wolf Levin Popert, der mit Heines Mutter Mate Chava Heine, geborene Popert verwandt war. Nach Ende seiner Lehrzeit wechselte er 1792 zum Bankhaus Halle. Der Besitzer Emanuel Aron von Halle war mit Popert verwandt.

1801 trat Salomon Heine als Teilhaber in das Wechselgeschäft von Marcus Abraham Heckscher ein (Heckscher & Comp.) (siehe auch: Heckscherstraße) ein, wo bereits sein ältester Bruder Samuel Heine tätig war. „Der Kundenkreis war bereits international. So bestanden Geschäftsverbindungen nach Cádiz, einem Einfuhrhafen für brasilianischen Zucker, nach Bordeaux, einem Einfuhrhafen für Zucker aus den französischen Kolonien, und zu anderen bedeutenden Hafenstädten sowie zu internationalen Firmen und Banken, wie beispielsweise Hope & Co. in Amsterdam.“ 1), schreibt Sylvia Steckmest in ihrem Buch „Salomon Heine. Bankier, Mäzen und Menschenfreund.“

Durch diese Geschäftsverbindungen und -praktiken profitierte Salomon Heine als Teilhaber der Firma Heckscher vom Kolonialismus. Zum Importprodukt Zucker schreibt der Historiker Kim Todzi: „Bereits in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts wurde Hamburg zum größten Zuckerraffinationszentrum Europas. In Zuckersiederei und Baumwollveredelung gehörten Ende des 18. Jahrhunderts zwei Gewerbe zu den bedeutendsten, die ganz elementar mit dem europäischen Kolonialismus, mit Plantagenwirtschaft und dem Versklavungshandel verbunden waren. Hamburger Kaufleute und Gewerbetreibende waren dadurch direkte Nutznießer*innen des sogenannten transatlantischen Versklavungshandels und der Sklavenwirtschaft in der Karibik und den Amerikas.“ 2)

In Brasilien: „wurde Zucker auf großen Plantagen durch versklavte Menschen angebaut, welche die Portugiesen erst aus der indigenen Bevölkerung rekrutierten, dann aber in zunehmendem Maße aus Afrika holten. Bis zum zweiten Drittel des 17. Jahrhunderts war Portugal weltweit führend im Zuckerhandel. Danach wurden die Niederlande, England und Frankreich zu starken Konkurrenten, da diese nun selbst Zuckerrohr in ihren Kolonien anbauten. In der Folge brach in diesen Ländern die Nachfrage nach brasilianischem Zucker stark ein – und Hamburg wurde als Absatzort für den über Portugal gehandelten Zucker immer wichtiger. (…)

Danach wurden die Niederlande, England und Frankreich zu starken Konkurrenten, da diese nun selbst Zuckerrohr in ihren Kolonien anbauten. In der Folge brach in diesen Ländern die Nachfrage nach brasilianischem Zucker stark ein – und Hamburg wurde als Absatzort für den über Portugal gehandelten Zucker immer wichtiger“3) erklärt Prof. Dr. Jorun Poettering, Vertretung der Professur für Geschichte Lateinamerikas und der Iberischen Halbinsel (2021-2023).

1818 ließ Salomon Heine, der inzwischen alleiniger Geschäftsführer des Privatbankhauses Heckscher & Co. war, den Namen der Firma in Salomon Heine ändern und avancierte in den nächsten Jahren wegen seiner erfolgreichen Bankgeschäfte zum Rothschild Hamburgs. Als nun Bankier mit eigenem Bankhaus profitierte Salomon Heine mit seinen Bank- und Warengeschäften weiterhin vom Kolonialismus. Zum Beispiel unterstütze er finanziell auch den „Altonaer Carl Wilhelm Engelbrecht von Pustau (1820-1879) [der] (…) am 1. Januar 1843 das erste Hamburger Handelshaus in China [eröffnete].4) (siehe zum Chinahandel unter: Siemssenstraße).

Salomon Heine war ein großer Mäzen, stiftete z. B. eine Schule und ein Krankenhaus und ließ 1842 während des Großen Brandes in Hamburg sein Bankhaus am Jungfernstieg sprengen, um der Feuersbrunst durch die so geschaffene Schneise Einhalt zu bieten. Nach dieser Brandkatastrophe gab Salomon Heine der Stadt Hamburg für den Wiederaufbau zinsfreie Millionenkredite und verzichtete auf seine Entschädigung durch die Feuerkasse. Salomon Heine half, ohne Ansehen des Glaubens, so gab er z. B. auch Geld für den Wiederaufbau der zerstörten christlichen Gotteshäuser St. Petri und St. Nikolai. Doch trotz aller Verdienste wurde ihm als Jude das Hamburger Bürgerrecht verweigert, was ihn sehr schmerzte.

Salomon Heine unterstützte auch Johann Daniel Lawaetz (1750-1826), (siehe: Lawaetzweg) in seinem Vorhaben in Harksheide mit Hilfe von Aktien eine Armenkolonie einzurichten, in der Menschen Arbeits- und Wohnmöglichkeiten erhielten. Die dänische Königsfamilie erwarb sechs Aktien und Salomon Heine gleich zwanzig Aktien. "Ausschlaggebend für Salomons Beteiligung wird die Offenheit des Vorhabens gegenüber Juden gewesen sein, denn Lawaetz unterschied nicht zwischen Juden und Christen.“5) Doch mussten sich jüdische Kolonisten so manche judenfeindlichen Argumente anhören, so dass schließlich nur zwei jüdische Familien in die Kolonie aufgenommen wurden.

1844 starb Salomon Heine. Sein Neffe Heinrich Heine (siehe: Heinrich-Heine-Weg), zu dem er ein sehr gespaltenes Verhältnis hatte, begann einen heftigen Erbschaftsstreit mit dem Haupterben Carl Heine (siehe: Karlstraße), dem Sohn Salomon Heines. Das Ergebnis: Heinrich Heine wurde die Jahresrente, die sein Onkel ihm zu dessen Lebzeiten hatte zukommen lassen, weitergezahlt.

Heinrich Heines Ressentiments gegen seinen Onkel hatten ihre Ursache darin, dass sich Heinrich Heine in seiner Kunst nicht von seinem Onkel verstanden fühlte. So äußerte Salomon Heine einmal: „Hätte mein Neffe etwas gelernt, brauchte er nicht zu schreiben Bücher.“ Salomon Heine hatte seinem Neffen eine Kaufmannslehre, außerdem ein Manufakturgeschäft für Tuchwaren und ein Jurastudium finanziert. Mit all dem wollte Heinrich Heine nichts zu tun haben. Trotzdem unterstützte Salomon Heine seinen Neffen finanziell weiter. Und Heinrich Heine beschimpfte ihn als „Geldsack“.

Salomon Heine und die Frauen: Betty Heine
Salomon Heine soll sich sehr dem weiblichen Geschlecht hingezogen gefühlt haben. Besonders, wenn junge Damen bei ihm um Spenden baten, bedachte er diese sehr großzügig aus seiner Geldschatulle. Die Autorin Susanne Wiburg schreibt in ihrem sehr lesenswerten Buch über Salon Heine: „Über Wohltaten dieser Art wurde in der Stadt um so mehr getratscht, als Salomon Heine, zumindest in jungen Jahren, ein recht gutaussehender Mann gewesen sein muß.“ 6)

Eine andere Charakterseite Salomon Heines war sein Jähzorn. Er „neigte zu plötzlichen wilden Wutanfällen und konnte dann recht ausfallend werden. darunter litt besonders seine geduldige Ehefrau Betty.“ 7)
Salomon Heine war mit der zehn Jahre jüngeren Betty, geb. Goldschmidt (1777-1837) (siehe: Betty-Heine-Stieg) verheiratet. Das Paar hatte neun Kinder, von denen drei bereits im Kindesalter verstarben. In den Sommermonaten lebte die Familie im 1808 erworbenen Haus an der Elbchaussee 31, 31a und 43.

„Heinrich Heine war oft zu Besuch im Landhaus des Onkels in Ottensen. Bei manchen Unterredungen mit seinem Onkel soll es oftmals sehr hitzig zugegangen sein, wobei die liebenswürdige Tante Betty vieles wieder beschwichtigt haben soll. Dieser Tante widmete Heinrich Heine zum 48. Geburtstag am 25. September 1825 das Gedicht ‚Sonnenaufgang‘: Hochgeehret fühlt sich die Sonne, Die purpurgeborene, Sie schmückt sich hastig, Und hastig eilt sie über das Wasser, Eilt in die Mündung der Elbe, Stromaufwärts, Blankenes entlang, Und sputet sich eifrig, und kommt noch zeitig Nach Onkels Villa zu Ottensen, Und findet noch, frühstückversammelt,Alldort die schöne Tante Und den Oheim, den fürstlichen Mann, Und die lieben Mädchen, Und Carl, den göttlichen Jungen, Dem die Welt gehört, Und den vornehmherrlichen Herrmann, Der jüngst aus Italien gekommen, Und vieles gesehn und erfahren, [....] ‚“ 8)

Als Betty Heine im Alter von 59 Jahren unerwartet verstarb, war ihr Ehemann sehr bestürzt darüber: „Noch zwei Jahre nach diesem traurigen Ereignis schrieb er seinem Neffen Heinrich nach Paris: ‚Den 15. Jan. wird es Zwey Jahr, daß mein Glück zur Erde gegangen, meine Nächte sind fürchterlich genug, was helft schreiben und klagen, der Mann mus allein tragen können.‘“ 9)

Ein Portrait von Betty Heine befindet sich seit 2015 im Heine Haus. Die Jüdische Gemeinde Hamburg hatte dem Verein Heine-Haus e.V. das Gemälde als Dauerleihgabe übergeben. Das Gemälde selbst wurde zehn Jahre zuvor im Keller der Synagoge Hohe Weide wiedergefunden.

Nach dem Tod seiner Frau machte sich Salomon Heine einige Jahre darüber Gedanken, wie er ihrer gedenken könne. So entstand die Idee, ein Krankenhaus zu stiften: das Israelitische Krankenhaus unter dem Namen „Betty-Heine-Krankenhaus“. Salomon Heine gab für den Bau dieses Krankenhauses an der Simon-von-Utrecht-Straße 2 im Jahre 1839 die Summe von 80.000 Mark Banco. Weil seine Schenkung zu Ehren seiner 1837 verstorbenen Ehefrau Betty geschehe, sollte dies deutlich als Inschrift an der Fassade des Hauses sichtbar werden. So wurde die Inschrift angebracht: „Krankenhaus der israelitischen Gemeinde der sel. Betty Heine zum Andenken erbaut von ihrem Gatten Salomon Heine Ao. 1841.“ Das Krankenhaus war damals das modernste Krankenhaus der Stadt und nahm Kranke ohne Ansehen der Konfession auf.

Als sich das Krankenhaus räumlich schon bald als zu klein erwies und neue Gebäude errichtet werden mussten, gab Salomon Heine wieder eine große Summe Geldes – 30.000 Mark. Auch diese Spende war mit der Auflage verbunden, seiner verstorbenen Ehefrau Betty zu gedenken. Dazu sollte nun in der kleinen Synagoge des Krankenhauses eine ewige Lampe brennen und „für die wenige Zeit jedes Jahr an ihrem Todestag auf ihrem Grabe durch zehn arme Israeliten die in solchem Falle üblichen Gebete verrich[tet werden].“

Eine der Töchter Salomon Heines war Therese Halle (17.12.1807 Hamburg – 22.4.1880 Baden-Baden), verheiratet mit dem Juristen und Präsidenten des Hamburger Handelsgerichts, Adolph Halle (1798-1866). Auch ihr Cousin Heinrich Heine war in sie verliebt gewesen. Doch Salomon Heine war gegen die Verbindung mit einem „Hungerleider“ gewesen.

Therese Halle pflegte ihren alten Vater bis zu dessen Tod. Nach seinem Tod erbte sie neben Bargeld auch Wohnhäuser am Jungfernstieg, die sie aber nicht verkaufen sollte. Den größten Teil des Erbes bekam der Sohn Carl.
1866 stiftete Therese Halle zum Gedenken an ihre verstorbenen Eltern im ehemaligen elterlichen Wohnhaus am Jungfernstieg 34 das Heine’sche Asyl. Es diente als Wohnstift mit Freiwohnungen für hilfsbedürftige ältere Frauen, die von „einwandfreiem Ruf“ sein mussten. Neben einer Freiwohnung erhielten die Damen Geldunterstützung, Heizung, Beleuchtung und ärztliche Versorgung.

„Nach dem Tode der Stifterin hatte man auf dem Nachbargrundstück das sehr hohe Hotel Hamburger Hof errichtet. Bald darauf wurde auch das auf der anderen Seite benachbarte Gebäude von Streit’s Hotel um ein Stockwerk erhöht. Dadurch ergab es sich, daß die nach hinten gelegenen Räume des Asyls besonders in den unteren Stockwerken erheblich unter Luft- und Lichtmangel litten. Deshalb wurde der Stiftung die Genehmigung zum Verkauf des Grundstücks erteilt mit der ausdrücklichen Auflage, daß das Haus abzureißen sei, da es keinem anderen als dem von der Stifterin bestimmten Zweck dienen dürfe.“ 10)

So wurde das Haus 1901 abgerissen und als ”Heine’sches Wohnstift“ für ca. 100 ältere Frauen am Holstenwall 18 neu errichtet. Das Haus wurde von Martin Haller und Hermann Geißler im Stil des Barocks erbaut und ist dem Bruchsaler Schloss nachempfunden. So ist auch der Vorgarten wie ein kleiner Schlossgarten des 18. Jahrhunderts angelegt, in den man durch ein großes Gittertor gelangt. Im Eingangsbereich ist der Stifterin mit dem 1872 gefertigten Marmorrelief des Bildhauers Heinrich Möller ein Denkmal gesetzt worden. Dort ist sie in der Mitte als junges Mädchen zu betrachten, wie sie den armen und alten Frauen hilft. Küchen- und Stubenmädchen rechts und links von ihr am Bildrand sind in ihre Arbeiten vertieft. Seit einigen Jahren hängt im Treppenhaus auch eine restaurierte Marmortafel, auf der an die Gründung des Stiftes erinnert wird, das 1939 „arisiert“ wurde. Heute ist das modernisierte Stift mit 48 Ein- und Zweizimmerwohnungen für ältere Damen, Herren und Ehepaare ausgestattet.

Therese Halle betätigte sich auch als Kunstsammlerin. Sie vermachte der Hamburger Kunsthalle 48 Gemälde und zwei Skulpturen. Trotzdem wurde sie nicht – wie andere Kunsthallenmäzene – in der Kunsthalle „verewigt“. Dieses Privileg erhielt nur ihr Mann. 2008 widmete die Kunsthalle dieser Sammlerin schließlich eine Ausstellung.