Grabbestraße
Altona-Nord (1950): Christian Grabbe (11.12.1801 Detmold - 12.9.1836 Detmold), Dichter
Siehe auch: Immermannstraße
Vor 1950 hieß die Straße Körnerstraße, benannt 1893 nach Theodor Körner (siehe: Theodor-Körner-Weg). Bereits in der NS-Zeit sollte die Straße im Zuge des Groß-Hamburg-Gesetzes in Grabbestraße umbenannt werden, da nun das bisherige Staatsgebiet Hamburg um benachbarte preußische Landkreise und kreisfreie Städte erweitert worden war und es dadurch zu Doppelungen bei Straßennamen kam. Bedingt durch den Krieg kam es nicht mehr zu dieser Umbenennung und es blieb bis 1950 bei Körnerstraße. (vgl.: Staatsarchiv Hamburg 133-1 II, 26819/38 Geschäftsakten betr. Straßennamen B. Die große Umbenennung hamb. Straßen 1938-1946. Ergebnisse der Umbenennung in amtlichen Listen der alten und neuen Straßennamen vom Dez. 1938 und Dez. 1946)
Grabbe war der Sohn von Dorothea Grabbe, geborene Grüttemeier und des Zuchthausaufsehers Adolf Henrich Grabbe. „Schon als Gymnasiast in Detmold unternahm er mit 16 Jahren erste Versuche als Dramatiker.“1)
Der Beruf seines Vaters hatte starke seelische Auswirkungen auf Christian Grabbe und „blieb nicht ohne Einfluß auf sein Werk. So bietet die frühe, die ungewöhnliche dramatische Begabung G.s erweisende Tragödie ‚Herzog Theodor von Gothland‘, die er als Schüler des Gymnasiums zu Detmold 1819 begann und während seines juristischen Studiums in Leipzig und Berlin 1820-22 fortsetzte und vollendete, eine Fülle hemmungsloser Brutalitäten und zeigt die in G. angelegte zügellose Phantasie und eine fast pathologische Neigung zur Destruktion. Mit den Mitteln des romantischen Schicksalsdramas im Stile Müllners und eines Schiller entlehnten Pathos gelang es hier dem jungen G., seiner der Romantik entgegengesetzten nihilistischen Weltschau dichterischen Ausdruck zu verleihen und zu einem die Ausweglosigkeit des Daseins schonungslos enthüllenden, vornehmlich emotional bestimmten Elementarstil zu finden. Der hemmungslose Gefühlsausbruch des ‚Gothland‘ mit seiner oft die Grenzen des Komischen streifenden Übersteigerung des Tragischen erfuhr seine Mäßigung vom Rationalen her durch die kritische Auseinandersetzung G.s mit der zeitgenössischen Literatur (…).“, 2) heißt es in der Neuen Deutschen Biographie.
Mittels eines Stipendiums von der Landesfürstin konnte Grabbe ab 1820 Jura studieren, zuerst in Leipzig, ab 1822 in Berlin. „Nach dem Abschluss des Studiums 1823 bemühte er sich vergeblich, eine Stellung an einem deutschen Theater als Schauspieler oder Regisseur zu bekommen. Er kehrte nach Detmold zurück und legte im folgenden Jahr sein Juristisches Staatsexamen ab.
Auch die Versuche, in Detmold eine Stellung als Jurist zu finden, waren zunächst erfolglos, erst 1826 übernahm er die unbezahlte Vertretung eines erkrankten Auditeurs, dessen besoldeter Nachfolger er 1828 wurde. 1829 erfolgte in Detmold mit Don Juan und Faust die einzige Aufführung eines seiner Dramen zu Lebzeiten.“ 3)
1830 verliebte er sich in Henriette Meyer (1811-1833). Ein Jahr später kam es zur Verlobung, die aber noch im selben Jahr von der Braut aufgelöst wurde, weil sich Grabbe wieder Louise Christiane Clostermeier (1791-1848) zugewandt hatte, die ihn schon einmal abgewiesen hatte. In dieser Zeit schrieb er seine Werke „Napoleon oder die hundert Tage“ (1831) und „Hannibal“ (1835). „In ihnen zeigt G. wiederum die an Zeit und Umwelt scheiternde, unter das furchtbare Gesetz des Todes gegebene große geschichtliche Persönlichkeit, wobei nun allerdings zu der himmelstürmenden, der Epoche ihren Stempel aufdrückenden Aktivität seiner frühen Helden die in ihrer Sinnlosigkeit als zutiefst tragisch erkannte geschichtliche Passion des der Masse und ihren Gewalten erliegenden großen Einzelnen tritt. ‚Napoleon‘ und ‚Hannibal‘ spiegeln noch einmal das revolutionäre Aufbegehren des Individualisten G. gegen die Enge des Kleinbürgertums seiner Zeit und jede Form der Gebundenheit. Der Dichter suchte fortan verzweifelt Trost im Trunk (…).“ 4)
1833 heiratete Grabbe Louise Christiane Clostermeier. Doch die Ehe erwies sich als unglücklich. Auch trat Grabbes Alkoholsucht immer stärker zutage.
Grabbe quittierte seinen Dienst und ging 1834 nach Frankfurt a. M. zu seinem Verleger Kettembeil. Wenig später entzweite er sich mit ihm und zog daraufhin nach Düsseldorf, wo er ein „armseliges Asyl“ bei dem Schriftsteller Immermann (siehe: Immermannstraße und Marianne-Wolff-Weg) bekam. Grabbe und Immermann, der das dortige Theater erneuert hatte, arbeiteten zusammen. Doch wegen Grabbes Alkoholsucht und seiner Depression hielt die Zusammenarbeit nicht lange an.
„Grabbe ist ein maßloses Genie, das für das eigene Leben nur eine Hoffnung kennt: das Theater. Daran glauben kann er nach seinen vielen Niederlagen nicht mehr, also richtet er sich in seinem Unglück ein, übt sich hier in folgenlosem Opportunismus und biedert sich weiter dem Theaterbetrieb an, den er im Kern ablehnt, übt sich da in wüsten Beschimpfungen von Freund und Feind. Vom ‚einsamen Sonderling‘ ist genauso die Rede wie vom ‚dramatischen Revolutionär‘. Heinrich Heine nennt Grabbe einfach einen ‚betrunkenen Shakespeare‘. In all seinen Widersprüchlichkeiten und extremen Ausprägungen bringt Aufenangers dieses außergewöhnliche Leben und Werk einem breiten Publikum nahe, dieses Leben, das Grabbe in letzter Konsequenz, so Aufenanger, zum Zyniker gemacht hat, dem nichts blieb als ein irrwitziges ‚Lachen der Verzweiflung‘“ 5)
1836 erkrankte Grabbe an Rückenmarksschwindsucht. Gesundheitlich und finanziell am Ende, kehrte er im selben Jahr zu seiner Frau zurück, erzwang mit Hilfe der Polizei Einlass in das gemeinsame Haus (in Detmold). Seine Frau reichte daraufhin die Scheidung ein. Noch im selben Jahr starb Grabbe.
Einige Äußerungen von Grabbe über Frauen
„In jeder Frau steckt auch ein kleiner Mensch“. „Die Weiber sind so dumm, nur Dummheit kann sie besiegen. Mit den Wölfen heulen. Und bei den Weibern frömmeln, tanzen, lügen.“ „Die Eheherrn sollten künftig die Trauringe statt auf dem Finger in der Nase tragen, zum Zeichen, daß sie doch an der Nase geführt werden.“
Grabbe und Antisemitismus
Der Historiker Felix Sassmannshausen schreibt in seinem für das Land Berlin verfassten Dossier über Straßen- und Platznamen mit antisemitischen Bezügen in Berlin: „Grabbe artikulierte in seinen Werken offen antijüdische und frühantisemitische Motive. “ 6) Sassmannshausen gibt die Handlungsempfehlung für den Umgang mit diesem Straßennamen: „weitere Recherche, Umbenennung.“ 7)