Hamburger Straßennamen -
nach Personen benannt

Havermannstieg

Bramfeld (1950), aus Fritz Reuters „Stromtid“.


Siehe auch: Fritz-Reuter-Straße
Siehe auch: Bräsigweg
Siehe auch: Nüßlerkamp

Vor 1950 hieß die Straße Kurze Straße. Bereits in der NS-Zeit sollte die Straße im Zuge des Groß-Hamburg-Gesetzes in Havermannstieg umbenannt werden, da nun das bisherige Staatsgebiet Hamburg um benachbarte preußische Landkreise und kreisfreie Städte erweitert worden war und es dadurch zu Doppelungen bei Straßennamen kam. Bedingt durch den Krieg kam es nicht mehr zu dieser Umbenennung und es blieb bis 1950 bei Kurze Straße. (vgl.: Staatsarchiv Hamburg 133-1 II, 26819/38 Geschäftsakten betr. Straßennamen B. Die große Umbenennung hamb. Straßen 1938-1946. Ergebnisse der Umbenennung in amtlichen Listen der alten und neuen Straßennamen vom Dez. 1938 und Dez. 1946)

Karl Havermann (eigtl. Hawermann) ist eine Figur aus dem Roman ‚Ut mine Stromtid‘ von Fritz Reuter. Hawermann ist Gutsinspektor. Der Roman erschien in drei Bänden in den Jahren 1862 bis 1864 in Wismar. Es werden die dörflich-kleinstädtischen Verhältnisse in Mecklenburg beschrieben.
Ulrike Hammer beschreibt in ihrem Buch „Fritz Reuter „Ut mine Stromtid“ den Inhalt der Handlung. Daraus sollen im Folgenden einige Episoden zitiert werden: Hauptperson des Romans ist der Pachtbauer Karl Hawermann. „Die Erzählung beginnt mit dem Konkurs des Pächters Karl Hawermann, der ein kleines Gut vom Großgrundbesitzer Pomuchelskopp zu sehr hohem Pachtzins gepachtet hatte. Hawermann kann den Pachtzins nicht termingerecht zahlen und somit wird seine gesamte Habe, das Vieh, die landwirtschaftlichen Geräte und der Hausrat versteigert. Gerade zwei Tage vorher ist seine Frau an Krankheit gestorben. Nun bleibt ihm nur seine 2-3 Jahre alte Tochter Luise, mit der er sich auf den Weg nach Rexow, zu seiner Schwester Dürten, die Frau von Pächter Jochen Nüßler,[siehe: Nüßlerkamp] macht. Dort will er sein Leben wieder in Ordnung bringen. In Rexow angekommen trifft Hawermann auf seinen alten Freund Bräsig [siehe: Bräsigweg], auch ein Gutsinspektor auf einem gräflichen Gut in der Nähe und Freund und Berater des Hauses Nüßler. (…).

Bräsig ist tief betroffen vom Schicksal seines Freundes, aber er weiß gleich Rat. Der Kammerrat von Rambow, auf dem Nachbargut Pümpelhagen sucht einen Inspektor, gleich am nächsten Tag gehen beide dorthin und Hawermann bekommt die Stelle, somit ist seine Existenz gesichert.
Hawermann sucht nun noch Pflegeeltern für sein Töchterchen, da er sie aufgrund der alten Nüßlers nicht bei seiner Schwester lassen kann, die Alten sind ,steinspöttisch’ und ,nehrig’ und Hawermann will seiner Schwester das Leben nicht noch schwerer machen. (…)

Auch hier weiß Bräsig Rat und nimmt Hawermann mit zum Kirchdorf Gürlitz, wo Pastor Behrens und seine resolute Frau im Pfarrhause wohnen, sie sind kinderlos und als gute Pflegeeltern prädestiniert. Der Pastor hat Hawermann und Bräsig früher Privatstunden erteilt, und er und seine Frau nehmen die kleine Luise mit Freuden auf. (…)

Es folgt ein großer Zeitsprung von elf Jahren (…). Reuter beschreibt aber im Rückblick was passiert ist: Hawermann war erfolgreich tätig und ist auch immer noch bei der Arbeit. Der Sohn des Kammerrat, der 11jährige Axel von Rambow ist mittlerweile Kürassierleutnant und muss sich langsam mit dem Gedanken an die Nachfolge seines Vaters auseinandersetzen, da dieser schon sehr alt geworden ist. Aus den drei Mädels (Lining, Mining und Luise) sind mittlerweile sittsame Konfirmandinnen geworden. Jochen Nüßler ist zum Herrn der Pachtung aufgestiegen, nachdem seine Eltern gestorben waren.

Dem Kammerrat rücken trotz der erfolgreichen Gutsbewirtschaftung von Pümpelhagen die Schulden auf den Hals und da kreuzt als neuer Besitzer von Gürlitz Pomuchelskopp auf, er konnte sich wegen seiner Leuteschinderei auf seinem alten Gut nicht mehr halten, sagen die Leute. Hawermann warnt den Herrn von Rambow vor Geschäftsverbindungen mit ihm. (…)

Der alte Herr von Rambow stirbt und hinterlässt drei unverheiratete Töchter und seinem Sohn Axel das Gut Pümpelhagen, dessen Bewirtschaftung er erst noch lernen muss. Pomuchelskopp sieht seine Chance und tut sich mit ,Notorius Slus’uhr’ und dem jungen jüdischen Händler David zusammen, der leider nicht die soliden, ehrlichen Geschäftsprinzipien seines ehrbaren Vaters Moses vertritt. Axel von Rambow gerät wenig später in Geldnöte und findet ‚Verständnis und Hilfe‘ bei seinem Nachbarn Pomuchelskopp. (…)“ 1)

In Fritz Reuters Roman geht es: „(…) um die Bewirtschaftung landwirtschaftlicher Güter durch deren Verwalter (‚Inspektoren‘), um alltägliche, aber gleichwohl dramatische Überschuldungs-, Finanzierungs- und Versteigerungsprobleme, um das Weiterleben der nach Sterbefällen allein gelassenen Kinder im Haushalt gutherziger Ersatzeltern, um den Gegensatz zwischen hartherzigen Erwerbslandwirten (‚Dat Allens is Min‘) und weichherzigen Personen, die nach Fritz Reuter überall zu finden sind, wo man das am wenigsten vermuten würde (…).

Versteckt hinter der volkstümlichen und humorvollen plattdeutschen Sprache und hinter den skurrilen Einwürfen des gutmütig-klugen ‚Entspekters Bräsig‘ übt Reuter an den abschreckenden Beispielen des hartherzigen Gutsbesitzers Pomuchelskopp und des missratenen Sohnes des ‚Kammerrates‘ indirekt gleichzeitig fundamentale Kritik, (…). Kritisiert werden die zurückgebliebenen Verhältnisse im damaligen vom Kleinadel dominierten Mecklenburg bzw. im preußischen Vorpommern, wo es noch schlimmer zugehe, weil dort alles so gemacht werde, wie es der Landrat für richtig hält.“ 2)