Höltystraße
Uhlenhorst (1899): Ludwig Heinrich Christoph Hölty (21.12.1748 Kloster Mariensee bei Hannover – 1.9.1776 Hannover), Dichter.
Vorher hieß die Straße Zweite Richterstraße
Ludwig Hölty war der Sohn der Pastorentochter Elisabeth Juliana Hölty, geborene Wulbrand und des Pastors Philipp Ernst Hölty, der in Mariensee als evangelischer Pastor tätig war.
Ludwig Hölty wurde im ehemaligen Kloster Mariensee, das nach der Reformation in ein Stift für evangelische unverheiratete Töchter umgewandelt worden war, geboren.
Sein Vater unterrichtete seinen wissbegierigen Sohn schon sehr früh, so dass Ludwig Hölty sehr früh lesen und schreiben konnte. Er soll bereits als Kind sehr hilfsbereit und freundlich gewesen sein, hatte drollige Einfälle und wurde von den Stiftsdamen ein wenig verwöhnt.
Das unbeschwerte Kinderleben endete abrupt, als Ludwig Hölty acht Jahre alt war. Damals starb seine Mutter im Alter von 32 Jahren an Schwindsucht. Zur selben Zeit war Ludwig Hölty schwer an Blattern erkrankt. Sein Gesicht wurde durch Narben entstellt. „Diese Krankheit hatte Folgen, veränderte sein Verhalten der Mitwelt gegenüber. Er verlor seine unschuldige Munterkeit, weil er die Auswirkungen der Pocken auf sein Äußeres selbst festgestellt hatte. Er zog sich etwas aus der Gesellschaft seiner Spielgefährten zurück. Häufig ging er in den nahen Wald am Bach, nahm ein Buch mit und las laut, ganz allein für sich. Sicher ist manchmal sein kleiner Hund mitgelaufen, an dem er so sehr hing,“ 1) schreibt Ernst Müller in seiner Biographie über Hölty. Als der Hund starb, verfasste Hölty eine Grabschrift für ihn: „Allhier auf dieser Stätte, liegt begraben Nette. Zu Horst ist er geboren, dies Grab hat er erworben.“ 2)
Ein Jahr nach dem Tod seiner Mutter bekam Hölty mit seinen beiden Schwestern eine Stiefmutter, die Maria Dorothea Johanna Niemann hieß und noch acht Kinder gebar.
Ludwig Hölty wurde bis zu seinem 16. Lebensjahr von seinem Vater unterrichtet, auch in Griechisch und Hebräisch. Dann wurde er auf die Lateinschule in Celle geschickt, wo er bei einem Onkel wohnte. Mit 20 Jahren beendete er die Schule. Bevor er zum Studium nach Göttingen ging, besuchte er in den Sommerferien seine Familie in Mariensee und verliebte sich in Anna Juliane Hagemann. „Die Erinnerung an diese Begegnung, das Bild dieser jungen Frau, hat ihn sein ganzes Leben über nicht verlassen“, heißt es bei Ernst Müller. 3) Hölty gestand ihr allerdings nie seine Liebe. Einige Jahre nach seiner Begegnung mit dieser Frau schrieb er an einen Freund u. a. : „“ (…) Ob sie Gegenliebe für mich gehabt hat? Ich habe ihr niemals meine Liebe merken lassen noch merken lassen können. Wie konnte ein Jüngling, der noch auf keiner Universität gewesen war, um dessen Kinn noch zweideutige Wolle hing, Liebeserklärungen tun und auf Gegenliebe Rechnung machen?“ 4)
Anna Juliane Hagemann blieb Höltys einzige Liebe. Dazu äußert Ernst Müller: „In seinen Gedichten nennt er dies unerreichbare Idealbild, nach dem Vorbild Petrarcas ‚Laura‘. (…) Erinnerungen an diese Sommerwochen tauchen später immer wieder in seinen Gedichten auf, als seine ‚Laura‘ schon, auf ewig für ihn verloren, die Frau des Herrn Busmann, des Amtmanns in Springe, geworden war. (…) Die Sehnsucht nach ‚Laura‘ hat ihn (…) nie verlassen. (…) Noch sechs Jahre später schrieb er in einem Brief an Friedrich Stolberg: ‚Auch die Tränen sogar der ewigen Trennung sind süße Tränen. Besser immer solche Tränen vergießen, als gar nicht geliebt haben.“5)
Im Frühjahr 1769 begann Hölty in Göttingen Theologie zu studieren, um ebenfalls wie sein Vater Pastor zu werden. Dafür waren drei Jahre Studium vorgesehen, die sein Vater ihm finanzierte. Allerdings reichte das Geld gerade mal so aus.
Neben Theologie studierte Hölty auch Philosophie, und er begann zu dichten. Er wurde Mitglied der Deutschen Gesellschaft, verehrte Klopstock (siehe: Klopstockplatz) und schloss sich dem Göttinger Hainbund an. „Hölty war voller Begeisterung für das Leben in Verbindung mit diesem Freundschaftsbund.“ 6) Deshalb beschloss er nach dem dreijährigen Studium in Göttingen zu bleiben. Durch ein Stipendium und mit Sprachunterricht, den er gab, konnte er finanziell mühsam über die Runden kommen.
Wegen seiner hilfsbereiten und den Menschen immer freundlich zugewandten Art war Hölty sehr beliebt. Seine Gedichte erschienen in einem Göttinger Wochenblatt, so dass er regional als Dichter bekannt wurde. Später kannte man ihn als Dichter auch über Göttingen hinaus, wozu auch die Stiftsdamen in Mariensee beitrugen, denn sie waren Töchter höherer Staatsbeamter und Offiziere, viele kamen aus adligen Familien und hatten ihre Verbindungen zu in der Gesellschaft als bedeutend geltenden Personen.
Hölty wurde also als Dichter bekannt. Er hätte eine gute Zeit haben können, doch durch häufige Krankheiten wurde er immer schwächer.
Durch seine Kenntnisse der alten und neuen Sprachen konnte er zwar mit Übersetzungen und Sprachunterricht und auch mit seiner Unterrichtsstelle in einem universitären Seminar seinen Lebensunterhalt bestreiten und nach dem Tod des Vaters auch seine neun jüngeren Geschwister finanziell unterstützen. Aber das Geld war äußerst knapp bemessen. Hölty suchte vergeblich eine Anstellung. Mit seinen veröffentlichten Gedichten war kaum Geld zu verdienen.
Adalbert Elschenbroich schreibt über Höltys Lyrik u. a.: „H. war eine rein lyrische Begabung, die bedeutendste unter den Dichtern des ‚Hains‘. (…). Das erste von ihm gedruckte Gedicht war ein Epicedion auf den Tod des Gründers der Universität Göttingen, Gerlach Adolph von Münchhausen (1770). In der Nachfolge der englischen Dichter Gray und Elizabeth Rowe schrieb er gereimte Elegien, mit denen die Todesnähe seines Lebensgefühls ihren ersten Ausdruck fand. Naturliebe und der stark empfundene Gegensatz des Stadt- und Landlebens führten ihn im Verein mit literarischen Anregungen durch Vergils ‚Bucolica‘ und Ewald von Kleists ‚Frühling‘ zur Idylle. (…). In Mailiedern, Trinkliedern, der ‚Aufmunterung zur Freude‘ und den ‚Lebenspflichten‘ treten der Melancholie des Abschiednehmens und der Todesahnung Lebensbejahung und Lebensgenuß als Wunschbilder gegenüber.“7)
Hölty verfasste ca. 140 Gedichte, von denen viele von bedeutenden Komponisten vertont wurden, zum Beispiel von Mozart und Beethoven, aber auch von Schubert Brahms und Tschaikowsky. „Eines seiner bekanntesten Gedichte ist Üb' immer Treu' und Redlichkeit bis an dein kühles Grab (Der alte Landmann an seinen Sohn), das von Wolfgang Amadeus Mozart auf die Melodie Ein Mädchen oder Weibchen aus der Oper Die Zauberflöte mit geringfügiger Abwandlung in Töne gesetzt wurde. Bekannt ist auch die Mozart-Vertonung des Gedichtes Traumbild.“ 8)
In einigen seiner Gedichte übte Hölty auch Gesellschaftskritik. „(…) die Vorrechte des Adels, der Beamtenschaft, und selbst der Geistlichkeit schienen ihm Unrecht. Er ließ dies oft mit kleinen Seitenhieben in seinen Gedichten spüren. (…) In seinem Gedicht: ‚Üb immer Treu und Redlichkeit‘ erwähnt er den ‚Amtmann, der im Weine floß, die Bauern schlug halbkrumm‘, dann spricht er vom ‚Pfarrer, der aufs Tanzen schalt und Filz und Wuchrer war‘“. 9)
Ab 1775 war Hölty schwer erkrankt. Er litt an Schwindsucht, hatte starke Schmerzen in der Brust, Kopfweh und spuckte Blut und Eiter. Die benötigten Medikamente kosteten viel Geld, Hölty hatte Schulden, konnte kaum noch arbeiten und es fehlte am Nötigsten.
Im Juli 1775 ließ es sein Gesundheitszustand zu, dass er nach Hamburg reisen konnte. Solch eine Reise war schon lange geplant, aber bisher nie durchgeführt worden. Darüber schreibt Ernst Müller: In Hamburg „fand er in Klopstocks Nähe eine bequeme Wohnung, eigens zu seiner Aufnahme instandgesetzt. Er verlebte mit Klopstock, Voß [siehe: Voßweg] und Claudius [siehe: Claudiusstieg und Claudiusstraße] zwei sehr glückliche Wochen.“ 10)
Doch dann folgte wieder ein gesundheitlicher Rückschlag, von dem er sich nicht mehr erholte. Er starb in Hannover im Alter von 27 Jahren – wie so viele MusikerInnen, KünstlerInnen, SchriftstellerInnen vor und nach ihm.