Hamburger Straßennamen -
nach Personen benannt

Justus-Strandes-Weg

Ohlsdorf (1938): Justus Hermann Ludwig Matthias Strandes (4.2.1859 Stade – 16.7.1930 Hamburg), Kaufmann, Senator.


Siehe auch: Wißmannstraße

Dieser Weg wurde 1938 von den Nationalsozialisten benannt. Zuvor hieß der Weg Réesweg, nach Dr. Anton Rée (1815-1891), Vorkämpfer für die Gleichstellung der Juden. Mit der Umbenennung in Justus-Strandes-Weg wollten die Nationalsozialisten Straßen, die nach Menschen jüdischer Herkunft benannt waren, aus dem Straßenbild entfernen.

Nach der Befreiung vom Nationalsozialismus erfolgte keine Rückbenennung. Stattdessen erhielt 1948 in Hammerbrook ein Weg den Namen: Anton-Rée-Weg.

Justus Strandes war der Sohn von Louise Strandes, geborene Rechtern und des preußischen Regierungsrates Albrecht Carl Strandes.

In Wikipedia heißt es über Strandes Kinder- und Jugendjahre: „Anfang 1875 verließ Strandes das Gymnasium vorzeitig, um eine kaufmännische Lehre im Handelshaus Hansing & Co in Hamburg anzutreten. Diese Lehre schloss er nach drei Jahren erfolgreich ab, um im folgenden Jahr 1879 in der Niederlassung von Hansing & Co auf Sansibar tätig zu werden.“ 1)

Und in der Neuen Deutschen Biographie steht über Strandes weiteren beruflichen Werdegang besonders in Bezug auf die kolonialen Bestrebungen von Unternehmen und Staaten: „1879–82 war er als Kommis in den Niederlassungen der Firma in Sansibar und Mosambik tätig, anschließend leitete er bis 1890 die Dependance in Sansibar. Zwischenzeitlich reiste S. 1884 nach Hamburg, wo er heiratete; seine Frau begleitete ihn bei der Rückkehr nach Sansibar.“ 2)

Seine Frau hieß Clara Schmdit (1860-27.6.1920). Strandes war 18 Jahre und Clara 16 Jahre alt gewesen, als sich die beiden bei Verwandten in Altona kennengelernt und Strandes ihr seine Liebe gestanden hatte, die von ihr erwidert wurde.

Es dauerte dann noch sechs Jahre, bis das Paar heiratete. Nach der Hochzeit fuhr das Paar nach Sansibar, wo 1887 das erste Kind geboren wurde.

In der Neuen Deutschen Biographie heißt es weiter über Strandes berufliche Aktivitäten in Sansibar: „Unter der Herrschaft der oman.-sansibar. Sultane war Sansibar zu einer Drehscheibe des ostafrikan. Fernhandels geworden, exportiert wurden zu dieser Zeit v. a. Elfenbein, Plantagenprodukte (Nelken, Kokospalmöl), Orseille und Kopal, importiert v. a. Textilien, Manufakturwaren, Gewehre und Schießpulver. S. gelang es, die Handelsbeziehungen zu Sultan Barghash bin Said auszubauen. Zum Bruch mit diesem kam es, als S. dt. Kolonialbestrebungen im östlichen Afrika unterstützte. Der Expedition zum Abschluß von ‘Schutzverträgen‘ unter Leitung von Carl Peters (1856–1918) verhalf S. durch Ausrüstung einer Karawane und Organisation der heimlichen Überfahrt zur Festlandküste zum Erfolg.“3)

In Wikipedia heißt es dazu: „Außerdem versorgte Strandes Peters mit Geld, Informationen und Waffen. Peters wäre es ohne die Unterstützung Strandes' nicht möglich gewesen, schnell in Ostafrika Fuß zu fassen. Justus Strandes befürwortete, dass die von Peters mit Vasallen des Sultans ausgehandelten Schutzverträge vom Deutschen Reich anerkannt wurden, entgegen den vorherigen Ankündigungen des Auswärtigen Amtes. Strandes war somit ein wichtiger Geburtshelfer der deutschen Kolonien in Ostafrika und erlebte dabei den Untergang seines einstigen Verbündeten, des Sultans von Sansibar, mit.“ 4)

Als 1888 der „Araberaufstand“ - Krieg der Küstenbevölkerung gegen die deutsche Kolonialherrschaft - in den deutschen Kolonien in Ostafrika begann, wollte Strandes mit seiner Familie zurück nach Hamburg. Zuvor unterstützte er aber noch den Reichskommissar Hermann v. Wissmann [siehe: Wißmannstraße], der mit seinen Truppen den Aufstand niederschlagen wollte. „Mit dem Auftrag von Wissmann, in Kairo noch Soldaten anzuwerben, Munition zu kaufen und diese nach Ostafrika zu schicken, reiste Strandes mit Familie nach Kairo. Dort erledigte er die ihm übertragenen Aufträge und reiste weiter nach Hamburg.“ 5)

1890 kam Strandes mit seiner Familie in Hamburg an und arbeitete fortan als Prokurist bei Hansing & Co. 1892 wurde das zweite Kind geboren und Justus Strandes wurde Mitgründer des expansionistisch und nationalistisch ausgerichteten Alldt. Verbands in Hamburg.“6)

1894 kam das dritte Kind auf die Welt. Der Vater von drei jungen Kindern fühlte: „sich beruflich unausgelastet, er schrieb seine Erinnerungen nieder (veröffentlicht 2004) und arbeitete wissenschaftlich über Ostafrika. 1897 wurde Strandes Teilhaber bei Hansing & Co und im folgenden Jahr in den Kolonialrat berufen. Die Jahre bis 1907 waren vor allem durch die Expansion des Geschäftes geprägt; Hansing & Co eröffneten weitere Niederlassungen in Ostafrika. Dann wendete sich Strandes auch der Hamburger Kommunalpolitik zu und wurde Mitglied im Vorstand der Hamburger Handelskammer und Handelsrichter.

In den folgenden Jahren gelang Justus Strandes ein beispielloser Aufstieg, der durch die Erlangung zahlreicher einflussreicher Ämter dokumentiert wurde. 1908 wurde Strandes Mitglied der Hamburgischen Geographischen Gesellschaft sowie Vorsitzender des kaufmännischen Beirats des im selben Jahr neu gegründeten Hamburgischen Kolonialinstituts. Dieses Institut war die Keimzelle der späteren Universität Hamburg. Außerdem wurde Strandes im gleichen Jahr in den Vorstand der Deutschen Kolonialgesellschaft gewählt. Justus Strandes war sehr vermögend, (…) 1912 wurde Strandes Aufsichtsratsvorsitzender der Deutschen Ost-Afrika-Linie (DOAL) und 1917 Mitglied des Aufsichtsrats der Commerzbank. In den 1920erJahren war er Mitglied im Aufsichtsrat der Woermann-Linien, [siehe zu Woermann unter: Cornelius-Fredericks-Stieg] im Verwaltungsrat der Deutschen Reichspost, im Verwaltungsrat der Deutschen Ostafrika Bank sowie im Verwaltungsrat der Handelsbank Ostafrika. Seit 1913 war er Vorsitzender der Hamburger Abteilung der Kolonial Gesellschaft.“ 7)

Aber damit nicht genug der Posten. Justus Strandes betätigte sich auch kommunalpolitisch und wurde 1910 als Abgeordneter in die Hamburger Bürgerschaft gewählt. Bereits im Januar 1911wurde er in den Senat gewählt und fungierte dort als Kaufmännischer Senator mit Schwerpunkt Handel.

Nachdem er 1914 während des Ersten Weltkriegs als Zivilverwalter im besetzten Antwerpen tätig gewesen war und 1915 nach Hamburg zurückgekehrt war, übernahm er wieder sein Senatorenamt und darüber hinaus ab September 1918 den hanseatischen Gesandtenposten für alle hanseatischen Städte hanseatischer Gesandter in Berlin.

„Nach der Novemberrevolution blieb Strandes – auf Wunsch von Carl Petersen – Senator und wurde von der Mehrheits-SPD wieder gewählt (…), war vor allem als hamburgischer Gesandter und hamburgisches Mitglied im Reichsrat tätig, bis er aus Altersgründen am 18. März 1925 zurücktrat. (…) 1925 [wurde er, der nach dem Tod seiner Ehefrau 1920 ganz nach Berlin übergesiedelt war, R. B.] zum außerordentlichen Gesandten und bevollmächtigten Konsul der Hansestadt Hamburg in Berlin ernannt, bis zu seinem Rücktritt am 31. März 1930 hatte er dieses Amt inne.“ 7)

2019 und 2020 befasste sich der zuständige Regionalausschuss Langenhorn-Fuhlsbüttel-Ohlsdorf-Alsterdorf-Groß Borstel mit einer Rückbenennung des Justus-Standes-Weg in Réesweg. Der Regionalausschuss verabschiedete „mit einer Gegenstimme und einer Stimmenthaltung mehrheitlich folgende Beschlussempfehlung:

„Der Justus-Strandes-Weg in Ohlsdorf wird wieder in Réesweg umbenannt, um damit den Namen zurückzuerhalten, den er bis zur Umbenennung durch die Nationalsozialisten hatte.

Die Bezirksamtsleitung wird aufgefordert, sich beim Senat für diese Umbenennung einzusetzen.

Begründung:
Der Regionalausschuss Langenhorn-Fuhlsbüttel-Ohlsdorf-Alsterdorf-Groß Borstel spricht sich seit geraumer Zeit dafür aus, dass Straßen, deren Namensträger sich in der Zeit der deutschen Kolonialherrschaft in Afrika schuldig gemacht haben, umbenannt werden sollen. Es handelt sich um Personen, die Nutznießer, Ausbeuter und Kriegsführer der kolonialen Idee in Süd- und Ostafrika waren. Zu diesen gehört auch Justus Strandes, nach dem der gleichnamige Weg in Ohlsdorf benannt ist. Vor diesem Hintergrund ist sich der Regionalausschuss einig, dass auch der Justus-Strandes-Weg umbenannt werden soll.

Der heutige Justus-Strandes-Weg trug bis 1938 den Namen ‚Réesweg‘, benannt nach dem Hamburger Reformpädagogen Anton Rée (1815 – 1891), auf dessen Initiative die israelitische Freischule, deren Direktor er ab 1848 war, in eine konfessionsübergreifende Realschule umgewandelt wurde. (…). Die Nationalsozialisten benannten die Straße 1938 um, so wie sie bereits 1933 die inzwischen Anton-Rée-Realschule aus antisemitischen Gründen umbenannt hatten. Gerade in der aktuellen Zeit zunehmenden Antisemitismusses wäre eine Rückbenennung des Justus-Strandes-Weges in Réesweg ein wichtiges politisches Zeichen, dass Antisemitismus auf jeder Ebene entschieden entgegengetreten wird. (…)

Der Hauptausschuss folgt der Beschlussempfehlung.

Die Behörde für Kultur und Medien nimmt zu der Empfehlung der Bezirksversammlung HH-Nord wie folgt Stellung:

1. Die Behörde für Kultur und Medien begrüßt die Planungen zur Umbenennung.

2. In Hammerbrook befindet sich der 1948 benannte Anton-Rée-Weg. Gemäß den Bestimmungen über die Benennung von Verkehrsflächen in der Fassung vom 28. Februar 2005 (MittVw 2005, Seite 40) sollen Namen von Verkehrsflächen möglichst unmissverständlich sein. Eine Rückbenennung des Justus-Strandes-Wegs in Réesweg könnte zu einer Verwechslungsgefahr mit dem Anton-Rée-Weg führen. Durch den Anton-Rée-Weg wird dem Gedenken an Dr. Anton Rée im öffentlichen Raum bereits Rechnung getragen. Daher empfiehlt das Staatsarchiv die Erarbeitung eines anderen Benennungsvorschlags.

Eine endgültige Prüfung kann erst erfolgen, wenn dem Staatsarchiv ein Umbenennungsantrag vorliegt (vgl. die Stellungnahme der Behörde für Kultur und Medien zur Empfehlung der Bezirksversammlung HH-Nord Drs. 21-0647).“ 8)

Die Antwort der Kulturbehörde war absehbar, da es nicht zwei gleichlautende Straßennamen geben sollte.

Drei Jahre später im April 2023 lud die Bezirksversammlung Hamburg-Nord die Bevölkerung zu einer Ausschusssondersitzung zum Thema Umbenennung von Straßennamen ein. Thema dieser Sitzung war: Namensalternativen zu finden, um den Justus-Strandes-Weg und den Woermannstieg umzubenennen. In der Einladung zur Sitzung heißt es: „Die Vorschläge sollen den Prinzipien des Beirates der Behörde für Kultur und Medien zur Dekolonisierung folgen. Zudem sollen die Straßen nach Möglichkeit nach weiblichen Personen benannt werden und Personen ehren, die sich in der (post)kolonialen Befreiungs- und Emanzipationsbewegung aus Ländern Afrikas und insbesondere innerhalb des Kontextes von Woermann und Strandes verdient gemacht haben.“ 9)

Im Juli 2023: „entschied sich der Regionalausschuss Langenhorn-Fuhlsbüttel-Ohlsdorf-Alsterdorf-Groß Borstel mit den Stimmen der Parteien DIE LINKE, die Grünen, SPD und FDP gegen die Stimmen der CDU für diese neuen Namen:

„Der Regionalausschuss Langenhorn-Fuhlsbüttel-Ohlsdorf-Alsterdorf-Groß Borstel fordert das Bezirksamt Hamburg-Nord auf, das zuständige Fachamt zur Erarbeitung der Umbenennungsanträge zu beauftragen, die entsprechenden Prüfanträge für die nachfolgend aufgelisteten Straßennamen zu erstellen und an das Staatsarchiv bzw. der Behörde für Kultur und Medien, zur Prüfung und weiteren Bearbeitung, gemäß den Senatsbestimmungen zur Benennung von Verkehrsflächen, zu entsenden.

  1. Woermannsweg in „Louisa-Kamana-Weg“
  2. Woermannstieg in „Cornelius-Fredericks-Stieg“
  3. Justus-Strandes-Weg in „Jagodja-Weg“11)

Der Woermannsweg und der Woarmannstieg sind bereits umbenannt worden. Eine Umbenennung des Justs-Strandes-Weg steht noch aus. (Stand: Februar 2025).