Hamburger Straßennamen -
nach Personen benannt

Kolloweg

Rahlstedt (1951): Walter Kollo (28.1.1878 Neidenburg – 30.9.1940 Berlin), Operetten- und Schlagerkomponist.


Siehe auch: Gilbertstraße
Siehe auch: Linckestraße

Die Straße hieß früher Fichtestraße (vgl.: Staatsarchiv Hamburg, registratur Staatsarchiv AZ.1521-1/5 Band 3-5: Straßennamen (neue Kartei), alphabetisch geordnet mit Hinweisen).

Eigentlich hieß Walter Kollo: Walter Elimar Kollodzieyski. Er war der Sohn von Hedwig Kollodzieyski, geborene Senger und des Kaufmanns Karl Kollodzieyski. Nach Wunsch des Vaters sollte auch Walter den Kaufmannsberuf ergreifen, doch Walter sehnte sich nach einer musikalischen Laufbahn. „Die Mutter organisierte vermittelnd für ihren Sohn eine Lehre in einer Musikalienhandlung in Königsberg. Dort lernte er den Kapellmeister Ohnesorg des Königsberger Luisentheaters kennen, der ihm zu einer Ausbildung in Musik und in Dirigententätigkeit verhalf. Schließlich gab der Vater seinen Widerstand auf und ließ den Sohn auf dem Konservatorium in Sondershausen in Thüringen Musik studieren.

Walter Kollodzieysjkui begann seine Karriere als Korrepetitor im Luisentheater in Königsberg. Bei einem Engagement als 2. Kapellmeister in Stettin machte er die Bekanntschaft des Komponisten Paul Lincke [siehe: Linckestraße], und er lernte seine spätere Ehefrau Marie Preuss kennen, die sich Mizzi Josetti [8.6.1883 – 27.7.1954]. nannte [und eine Tanzsoubrette war, R. B.]. Als der Vater der Heirat der beiden nicht zustimmte, floh das Paar 1899 nach Berlin,“1) wo es 1901 heiratete.

„Bald erkannte er, der ursprünglichen Neigung zur Kirchenmusik entsagend, die ihm gemäße Richtung seiner Begabung und befaßte sich mit rasch wachsendem Erfolg mit den Genres der Unterhaltungsmusik. Zunächst mit Couplets und Tanzliedern hervortretend, die ihn – auch durch die Volkssängerin Claire Waldoff – bekannt machten, begann er um 1908 Werke für die Bühne zu schreiben.“ 2)

Stefan Zednik berichtet in seinem Beitrag „Walter Kollo Populärer Komponist der leichten Muse“ über die Beziehung Walter Kollos zu Claire Waldoff. Sie war für ihn eine wichtige Interpretin seiner Stücke. „Zitat Willi Kollo: ‚Diese kesse Revolverschnauze, das heiser grölende Organ, die fast verächtliche Stimme da oben war etwas völlig Neues. Sie ging dem Publikum nicht um den Bart, sondern ließ durchblicken, dass sie es für eine Galerie von puren ‚Arschlöchern' hielt (..) Fortan war Walter nicht ohne Claire, Claire nicht ohne Walter zu sehen.‘

So beschreibt Sohn Willi Kollo das Auftreten von Vater Walter und Claire Waldoff. Gemeinsam mit dem befreundeten Zeichner Heinrich Zille bilden sie den kreativen Kern einer Art subkulturellen Unterschicht jenseits der Hochkunst in Konzert und Oper, in Museum und Kunstakademie. Es ist weder die Welt des gebildeten Bürgertums noch diejenige der politisierten Industriearbeiter, sondern die vermeintlich unpolitische Welt der kleinen Leute: Berliner Handwerker, Dienstmädchen und die von ihnen bewunderten aufgeblasen schmucken preußischen Offiziere bevölkern die so genannte Berliner Operette.“3)

In der Neuen Deutschen Biographie heißt es über Walter Kollos weiteres Wirken: „Von seinen frühen – zum Teil in Gemeinschaft mit anderen Komponisten, zum Beispiel mit W. Bredschneider, verfaßten – Beiträgen für das volkstümliche Musiktheater brachte ihm 1910 die Posse ‚Große Rosinen‘ den ersten großen Erfolg. In der Folgezeit trat K. jedes Jahr mit neuen Werken hervor, zuerst nur mit Possen, Schwänken, Burlesken und Ähnlichem, seit 1916 aber vor allem mit Operetten, von denen die erste ‚Drei alte Schachteln‘ eine ungewöhnlich hohe Aufführungszahl erreichte (2 817 zwischen 1917 und 1921). Daneben war er auch als Komponist von Revuen, Tonfilmen und von Musik zu Stummfilmen erfolgreich. Besonders bekannte Titel seines – mit über 50 Stücken eine erstaunliche Produktivität bezeugenden – Schaffens für die Bühne wurden unter anderem die Gesangspossen ‚Wie einst im Mai‘ (1913),“ 4) oder „Immer an der Wand lang“, „Max, du hast das Schieben raus“, „Die Männer sind alle Verbrecher“.
Walter Kollo komponierte im Ersten Weltkrieg 1915 auch ein Propagandalied: „Die Serben sind alle Verbrecher“. Dazu heißt es im SFW vom 27.4.2018: „Serbien trägt in dem von Walter Kollo komponierten Lied die Hauptschuld am Ausbruch des Ersten Weltkrieges. Auch die Unterhaltungsmusik stand im Ersten Weltkrieg im Zeichen der Propaganda, hier in Form des Liedes ‚Die Serben sind alle Verbrecher‘. Komponist war Walter Kollo – der Vater von Willi Kollo und damit Großvater von René Kollo. Es handelt sich um eine Verballhornung von ‚Die Männer sind alle Verbrecher‘ aus der Operette ‚Wie einst im Mai‘. Der Refrain spricht für sich: ‚Die Serben sind alle Verbrecher, ihr Land ist ein finsteres Loch. Die anderen sind noch viel frecher, aber Dresche kriegen sie doch.‘“ 5)

Die Operetten Walter Kollos bedienten die Geschlechtsrollenklischees. Frank Halbach berichtet auf Bayern 2 über die 1931 uraufgeführte Operette „Frauen haben das gern…“: „unter den Figuren sind eine Filmschauspielerin, ein Fabrikant und ein Stenz, der ein schickes Cabrio fährt. All das ist aber nur für den Rahmen, für die brennendste aller Fragen. Und auf die hat der Stenz, ein Mann von Welt, die Antwort. Er weiß selbstverständlich, was Frauen an Männern schätzen. (…) Was Frauen gern haben, das ist eben kein unbeschriebenes Blatt. Nein! Frauen wollen einen Mann mit amouröser Vergangenheit, jawohl!“6) Ein Mann hingegen will keine Frau mit "Vergangenheit".

Walter Kollo war 1915 auch Mitbegründer der GEMA und besaß selbst einen Musikverlag.

Ab 1923 arbeitete er mit seinem Sohn Willi Kollo (28.4.1904-4.2.1988), der ebenfalls Komponist und Liedtexter war, zusammen.

Walter Kollo war der Großvater des Opernsängers René Kollo und der Agentin für Musiktheater und Bühnen- und Musikverlegerin Marguerite Kollo. Letztere arbeitete lange nur für die Männer ihrer Familie, wie sie selbst äußerte.
In der Zeit des Nationalsozialismus nahm Kollos „Popularität wie sein wirtschaftlicher Erfolg ab, wofür nicht zuletzt das Nazi-Regime verantwortlich war. Goebbels bezeichnet seine Musik als ‚Asphaltmusik‘. Komponierte Kollo früher eine neue Operette in wenigen Wochen, benötigt er jetzt Jahre und ebenso lange, sie unterzubringen. Ein Angebot Ernst Lubitschs, nach Hollywood zu kommen, lehnt er ab. Ein Leben außerhalb Berlins kann er sich nicht vorstellen. Mehr und mehr vereinsamt stirbt er am 30. September 1940 in Berlin mit einer Schuldenlast von 400 000 Reichsmark.“ 7) 8)