Bandelstraße
Eißendorf (1950): Ernst von Bandel (17.5.1800 Ansbach – 25.9.1876 Neudegg), Bildhauer
Siehe auch: Arminiusstraße
Seit 1924 hieß diese Straße Kantstraße, nach Immanuel Kant. 1950 wurde die Verkehrsfläche in Bandelstraße umbenannt, wegen doppelt vorhandenem Straßennamen nach Kant. (vgl.: Staatsarchiv Hamburg, Registratur Staatsarchiv AZ. 1521-1/5 Band 3-5: Straßennamen (neue Kartei), alphabetisch geordnete mit Hinweisen).
Ernst von Bandel wurde als Sohn von Johanna Bandel, geb. Schultheiß und Georg Carl von Bandel, Präsident des Appellationsgerichts in Ansbach geboren und hatte noch sechs Geschwister.
1822 lernte er in Nürnberg seine spätere Frau Karolina von Kohlhagen (6.10.1802 Königsberg – 4.4. 1894 Blasewitz) kennen. 1825 war Verlobung, „obwohl Karolines Vater sich schwertat, einen Künstler als Schwiegersohn zu akzeptieren“. 1)
1827 wurde die Hochzeit gefeiert. Das Paar bekam zwei Töchter und fünf Söhne, geboren 1829, 1830, 1833, 1834, 1836, 1839, 1840. „Die Ehe kann man nur harmonisch nennen, und das ist großenteils ein Verdienst Karolines, die dem mitunter aufbrausenden Temperament ihres Künstlerehemannes besänftigend entgegenkam. Sie trug auch seine Entscheidungen mit, selbst dort, wo sie gravierenden Einfluss auf die Familie hatten (…). An [dem Lebensweg seiner Kinder] nahm [Bandel] mit Liebe und Stolz anteil, und freute sich an ihren Erfolgen, wie aus seinen Briefen an Freunde bewegend deutlich wird. Zusammengefasst: Seine Familie dürfte für Bandel ein steter Kraftquell gewesen sein,“ 2) so Joachim Eberhardt in seinem Vortrag über Bandel.
Karoline Bandel hielt ihrem Mann den Rücken frei, versorgte den großen Haushalt und kümmerte sich um die Erziehung der sieben Kinder. Ohne ihren unermüdlichen Einsatz für die Famlie hätte Bandel kein Familienleben gehabt und wäre auch nicht so umsorgt gewesen. Was Karoline Bandel alles auf sich nehmen musste, zeigt folgende kleine Geschichte: Als die Familie Bandel in Detmold lebte, wohnte sie „mit Einwilligung des Fürsten seit dem Frühjahr 1841 im Palais-Gebäude. Der Bildhauer durfte dort auch seine Werkstatt einrichten. Das Leben in der ‚Burg‘ schien Bandel und seinen Kindern zu gefallen: ‚Diese Wohnung hatte mit ihren großen Kellern und Küchenräumen ... was romantisch Heimliches und war für die Kleinen eine kleine Welt.‘ Anders für die viel praktischer denkende Frau Bandel, die mit vielen Ärgernissen und Hochwassergefahr zu kämpfen hatte. So schrieb sie am 10. August 1843 an ihren Gatten, der sich zu der Zeit in Italien befand: ‚Am Sonntag hatten wir großes Wasser im Keller ... Von mehreren Seiten sprudelte es wie eine Quelle hoch in die Höhe. ... Das zieht uns so viele Ratten ins Haus, dass wir uns nicht zu bergen wissen. Vorige Nacht konnte Malchen [das Dienstmädchen] um 2 Uhr noch kein Auge zutun, weil ihr die Ratten über die Hand weg liefen, und am andern Tage war die ganze Wand weggefressen,‘ “ 3) erzählt Julia Capros.
Schon als junger Mann entstand in von Bandel die Idee, ein deutsches Nationaldenkmal zu schaffen. Und so schuf er zwischen 1836 und 1878 das Denkmal für Hermann den Cheruskerfürsten auf der Grotenburg im Teutoburger Wald. Unterstützt wurde er von seinem Sohn Roderich, der Architekt wurde, und der mit seinem Vater die innere Konstruktion des Eisengerüstes schuf. Auch von Bandels Ehefrau soll ihren Gatten stets in seinem Vorhaben, das Hermannsdenkmal zu bauen, bestärkt haben.
„In den letzten Jahren während der Erbauung des Hermannsdenkmals lebte er mit seiner Frau in der [Bau] Hütte unterhalb des Denkmals.“ 4) Die Hütte steht heute noch.
Ein Portrait über Ernst von Bandel kann angehört werden unter www1.wdr.de/radio/wdr5/sendungen/zeitzeichen/bandel104.html Im Vorspann heißt es: „Er sieht aus wie ein mürrischer Däumling, ein alter Giftzwerg. Dichter Bart, Hammer in der Hand, blitzende Augen. In der Tat ist er kaum größer als die Hand neben ihm. Die Hand gehört dem Hermann, seinem Hermann. Bandel ist bereits ein alter Mann - und für den Riesen neben ihm hätte er wirklich alles gegeben: Ja, er hatte ihm bereits sein halbes Leben geschenkt. Schon als junger Mann begann Ernst von Bandel Geld zu sammeln für diesen Koloss, der als Nationalfigur dienen sollte. Im Cheruskerfürsten Arminius [siehe: Arminiusstraße], eingedeutscht zu ‚Hermann‘, sahen er und seine Zeitgenossen eine Art ‚Erfinder‘ der deutschen Nation. Sein Schwert sollte er gen Frankreich recken, denn in der französischen Besatzungszeit war von Bandel aufgewachsen. Doch so viel Geld wie für seinen Riesen aus Eisenstahlrohr und Kupferplatten nötig war, wollte einfach nicht zusammenkommen. Und so wurde das Hermannsdenkmal im Teutoburger Wald zu von Bandels Lebensprojekt.“ 5)
Und im „Internetportal westfälische Geschichte“ schreibt Tobias Arand über Ernst von Bandel und das Hermannsdenkmal: „Bereits 1819 entwarf Bandel erste Skizzen für ein Hermannsdenkmal, das er sich als nationales Symbol einer noch zu verwirklichenden deutschen und freiheitlichen Einheit wünschte. Bandel sah wie viele seiner Zeitgenossen im historischen Beispiel der getrennten Stämme der Germanen, welche die Römer vorgeblich nur durch Einigkeit besiegen konnten, ein Vorbild für die Erfüllung des Wunsches vieler Deutscher, auch das in Einzelstaaten zerrissene Deutschland möge in einem Staat vereint sein. (…).
An diesem Denkmal zeigt sich exemplarisch ein Wandel in der Bedeutungszuweisung, der gleichzeitig auch symptomatisch ist für die Entwicklung der deutschen Reichseinigung und ihrer Befürworter. Ursprünglich war das Hermannsdenkmal Symbol eines freiheitlich-bürgerlich-demokratischen und geeinten Deutschlands gedacht, wurde im Zuge der Reichseinigung aber uminterpretiert in das Nationaldenkmal der im blutigen Kriege gegen Frankreich (Rom) geeinten Monarchie. ‚Hermann - der tapfere Germane' war in der Folgezeit ein beliebtes Sujet des Historismus in Literatur und Malerei. Ohne die Auswanderung der radikalen Demokraten nach der gescheiterten Revolution von 1848/49 nach Amerika, die sich dort schließlich nicht zufällig ihren Hermann nachbauten, und die Anpassung der in Deutschland verbliebenen Revolutionäre an die Idee einer Einigung 'von oben' wäre weder diese Umdeutung des Denkmals noch die breite Akzeptanz der Reicheinigung in ihrer tatsächlichen Form möglich gewesen.
Doch auch die Indienstnahme des Denkmals und der Hermannslegende in folgenden Zeiten zeigt in nuce wichtige Etappen der politischen und ideologischen Geschichte Deutschlands im 20. Jahrhundert auf. Nachdem es bereits 1893 Treffpunkt einer Versammlung der 'Antisemiten Deutschlands' war, wurde das Hermannsdenkmal im Dritten Reich Ort eines kruden und rassistischen Germanenkult. Im Ersten Weltkrieg war das Denkmal beliebtes Motiv patriotischer Bildpostkarten. Zwischen den Weltkriegen wurde das 50. Jubiläum des Denkmals feierlich, aber auch nicht ohne revanchistische Untertöne begangen. Besonders spektakulär waren dabei die Feierlichkeiten der Deutschen Turnerschaft, die im August 1925 einen deutschlandweiten 'Hermannslauf' zum Denkmal durchführten.
In den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg noch Kundgebungsort Heimatvertriebener, ist das Denkmal in der Gegenwart weitgehend losgelöst von seinen ideengeschichtlich-politischen Kontexten nur noch Ausflugsziel, Werbeträger oder Scherzobjekt eines Fußballvereins.“ 6)
Für Harburg schuf von Bandel einige Plastiken, so eine Schillerbüste, die früher den Schillerbrunnen zierte; ein Pelikanrelief, das über der Tür der Mittelschule am Rathausplatz hing und nach der Ausbombung des Schulgebäudes zur Schule Weusthoffstraße kam, und zwei Löwen, die vor der Ratsapotheke postiert wurden.