Paganiniweg
Rahlstedt (1960): Nicolo Paganini (27.10.1782 Genua – 27.5.1840 Nizza), Komponist, Violinvirtuose.
Siehe auch: Lenaustraße
Siehe auch: Spohrstraße
Siehe auch: Lisztstraße
Nicolo Paganini war der Sohn von Theresa Paganini und des Packers im Freihafen Antonio Paganini. Dieser verdiente sich nebenbei noch als Musiker und Instrumentenhändler Geld.
Als Kleinkind erkrankte Paganini schwer, so dass er lange Zeit in der Wohnung verbringen musste. Die Musikinstrumente seines Vaters waren deshalb Paganinis einziges Spielzeug. Seine Mutter, die weder lesen noch schreiben konnte, sang ihrem Kind viele Volkslieder vor und Paganini begann, Geige zu spielen. Sein Vater gab ihm Unterricht und verlangte von seinem Sohn ein tägliches stundenlanges Üben. „War er dem Vater nicht fleißig genug, bekam er nichts zu essen. Bereits in dieser frühen Zeit erprobte er aus eigenem Antrieb die klanglichen Möglichkeiten der Violine und erfand ‚neue und sonst noch ungesehene Griffe […], deren Zusammenklingen die Leute staunen ließ‘. Zudem begann er schon als Kind – unterrichtet von seinem Vater – Gitarre zu spielen. Nicht genau datierbar – zwischen 1791 und 1795 – bekam er Violinunterricht von Giacomo Costa in Genua. Vermutlich war er jedoch größtenteils Autodidakt, (…)“1) heißt es in Wikipedia.
Mit seinem Vater war er von 1795 bis 1797 in Parma, um dort weitere musikalische Ausbildung, auch in Komposition, zu erlangen.
Später reiste er durch Oberitalien, gab Konzerte, durfte 1801 am Hochamt von Santa Croco teilnehmen und erhielt 1805 die Stelle des Konzertmeisters im Orchester der Republik Lucca und: „nachdem Fürstin Elisa Baciocchi, eine Schwester Napoleons, Herrscherin Luccas geworden war, stattdessen im September 1805 deren Kammervirtuose und Operndirektor. (…). Bis 1809 währte diese einzige feste Anstellung in Paganinis Leben. In dieser Zeit entstanden zahlreiche Werke für Violine und Orchester sowie für Violine und Gitarre.“ 1)
Paganinis Geigenvirtuosität gab schon früh Anlass für Spekulationen. „Sein virtuoses Spiel auf der G-Saite, der er nie gehörte Klänge entlocken konnte, musste einen Grund haben, an den keine rationale Erklärung heranreichte. Mit deutlichem Genuss am abseitigen Gerücht schrieb Franz Liszt [siehe: Lisztstraße] sogar noch 1840 in seinem Nachruf auf Paganini: ‚Man munkelte, dass er seine Seele dem Bösen verschrieben und dass jene vierte Saite, der er so zauberische Weisen entlockte, der Darm seines Weibes sei, das er eigenhändig erwürgt habe.“‘2)
Als Paganini eine Festanstellung am Hofe der Fürstin Elisa Baciocchi innehatte, sollen die beiden Menschen auch ein Liebesverhältnis miteinander gehabt haben. Um 1808 wurde es von Seiten der Fürstin aufgelöst. Damit verlor Paganini auch seine Festanstellung und war ab ca. 1810 nun ein freischaffender Musiker. Seitdem war Paganini ständig auf Konzertreisen durch Italien, womit er damals schon so viel Geld verdiente, dass er seinen Eltern eine jährliche Leibrente zahlen konnte.
Werner Fuld schreibt über die damaligen Konzerte: „Paganini beschäftigte keinen Manager oder Agenten, seine Tour war nicht langfristig geplant und die Konzerte wurden nicht im Voraus plakatiert. Das Programm lag noch nicht fest; Paganini ging jeweils auf die örtlichen Verhältnisse ein, spielte mit oder ohne Orchester, in Theatern und Kirchen, begleitete lokale Musikanten und Sänger, trug aber immer seine Soloparts vor mit den Variationen auf der G-Saite (…).“3)
1813 befand sich Paganini finanziell in der Lage, die Mailänder Scala für eines seiner Konzerte zu mieten. Und trotz der Verdoppelung des Eintrittspreises war die Scala fast ausverkauft. Damit war Paganinis musikalischer Durchbruch gelungen. Doch schon damals plagten ihn immer wieder schwere Erkrankungen, die auf eine Syphilisansteckung zurückzuführen waren.
1814 begann Paganini eine Liebesbeziehung mit der minderjährigen Näherin Angelina Cavanna. Überstürzt verließ er mit ihr im Oktober 1814 Genua. Als sie ihm zwei Monate später mitteilte, dass sie schwanger von ihm sei, „schickte er sie zurück zu ihrer Familie. Der Vater [der jungen Frau] sah die Angelegenheit jedoch ernster und erstattete gegen den inzwischen wieder nach Genua zurückgekehrten Paganini Anzeige wegen Entführung einer Minderjährigen und des Bruchs des Eheversprechens. Paganini erschien am 6. Mai 1815 vor Gericht und wurde auf Antrag des Klägers Ferdinando Cavanna wegen Fluchtgefahr festgenommen und ins Gefängnis gebracht. Freiwillig bot er Cavanna eine Entschädigung von 600 Lire an, aber der Vater verlangte das Doppelte. Um freizukommen, unterschrieb Paganini eine Erklärung, dass er bereit sei, Cavanna sofort 600 Lire zu zahlen und für die Restsumme eine Sicherheit zu leisten. Kaum war er daraufhin aus der Haft entlassen, verklagte er Cavanna wegen Erpressung und verweigerte die Restzahlung. Am 24. Juni 1815 wurde Angelina von einem toten Mädchen entbunden.“ 4)
Schließlich musste Paganini eine Entschädigungssumme von 4400 Lire an die Familie Cavanna zahlen.
Die Gerüchte, dass Paganini mit dem Teufel verbunden sei, wurden immer lauter, und dies führte dazu, dass ihm die Kirchen künftig für Konzerte verschlossen blieben. „Seine unbegreifliche Sicherheit, fremde Stücke a prima vista vom Blatt zu spielen, seine fehlerlose Virtuosität beim Vortrag eigener Kompositionen ohne Noten, die für niemanden nachvollziehbare Geschwindigkeit der Griffwechsel, die beim Publikum den Eindruck erweckte, mehrere ganz verschiedene Instrumente gleichzeitig zu hören – all diese Eindrücke verdichteten sich zu der Gewissheit, dass der Mann, um so spielen zu können, seine Seele dem Teufel verkauft haben müsse. Für Paganini ist der Ausdruck ‚Teufelsgeiger‘ nicht im Scherz erfunden worden (…). Nachdem er Paganini in Wien erlebt hatte, entwarf der deutsche Dichter Nikolaus Lenau [siehe: Lenaustraße] 1834 einen Mephistopheles, der mit seinen Geigenklängen eine harmlose Tanzgesellschaft zu einer rauschhaften Orgie verführt.“5)
Der Komponist und Geigenspieler Louis Spohr (siehe: Spohrstraße) war ein Kontrahent Paganinis. „Aus Opposition gegen Paganinis Stil und Technik hatte Spohr 1832 seine ‚Violinenschule‘ veröffentlicht, die lange als das klassische deutsche Unterrichtswerk galt. (…) Als direkter Konkurrent auf einem sehr begrenzten Markt verfolgte Spohr 1816 selbstverständlich jede Nachricht über Paganini und bildete sich in seiner deutschen Überheblichkeit ein Urteil über dessen Leistung, ohne ihn gehört zu haben: ‚Das aber, womit er das italienische Volks hinreißt, und wodurch er sich den Namen des ‚Unerreichbaren‘, (…) erworben hat, besteht nach genauer Erkundigung in einer Reihe von Herrlichkeiten, welche in den finsteren Zeiten des guten Geschmacks der weiland so berühmte Scheller in kleinen Städten (…) Deutschlands zum Besten gab, und die damals ebenso von unsern Landsleuten bewundert wurden, nämlich in Flagottönen, in Variationen auf einer Saite, wobei er, um noch mehr zu imponieren, die drei übrigen Saiten von der Geige herabzieht, in einer gewissen Aret pizzikato von der linken Hand ohne Hilfe der rechten oder des Bogens hervorgebracht, und in manchen der Geige unnatürlichen Tönen, als Fagtton, Stimme eines alten Weibes u. dgl. M,‘“6) ist bei Werner Fuld nachzulesen.
„1824 lernte Paganini bei einem Engagement am Teatro San Samuele in Venedig die Sängerin Antonia Bianchi kennen und ging mit ihr ein Verhältnis ein. In Palermo kam am 23. Juli 1825 der gemeinsame Sohn Achille Ciro Alessandro zur Welt. Antonia Bianchi reiste in den folgenden Jahren mit Paganini und trat in seinen Konzerten auf.“7) Doch auch diese Beziehung stand nicht unter einem guten Stern. Es soll zunehmend zu Eifersuchtsszenen und Streitereien gekommen sein, so dass sich Paganini entschloss, sich von Antonia Bianchi zu trennen, sobald der gemeinsame Sohn nicht mehr unbedingt die Mutter benötigte. Aber noch 1828 reiste er für Konzertauftritte mit Frau und Sohn nach Wien.
„In Wien feierten ihn Fachleute und Publikum enthusiastisch. Seine Konzerte wurden in allen Zeitungen besprochen, Korrespondentenberichte über seine Kunst gelangten auch nach Deutschland und Frankreich, Modezeitungen beschäftigten sich mit seinem angeblichen Lebenswandel, Gastronomie und Kleidermode wurden vom à la Paganini befallen, Gebrauchsgegenstände trugen sein Porträt, (…). Hier in Wien trennte sich Paganini von Antonia Bianchi.“ 8) Der Sohn Achille war damals drei Jahre alt. Paganini kaufte Antonia Bianchi den Sohn für die einmalige Summe von 2000 Scudi ab, was vom Wiener Magistrat beurkundet wurde. Von nun an sorgte Paganini für seinen Sohn, den er abgöttisch liebte.
„Zwischen Januar 1829 und Februar 1831 trat er in mehr als 40 Städten Deutschlands und Polens auf. (…).“9)
Als Paganini ein Konzert in Nürnberg gab, verliebte sich die damals zwanzigjährige und unglücklich verheiratete Baroness Helene von Dobeneck, geborene Feuerbach in ihn. Einem Freund gegenüber äußerte sich Paganini in einem Brief indiskret über sie: „Nachdem sie mich gesehen und gesprochen hatte, hat sie sich so sehr in mich verliebt, dass sie keine Ruhe mehr fand und zugrunde ginge, wenn sie mich nicht besitzen könnte. Ich habe das Vergnügen, sie nun schon seit neun Monaten zu kennen. Sie hat eine hübsche Figur und eine sehr feine Erziehung. Ihre Briefe, von denen ich mehr als 24 besitze, sind druckreif und von einem Gefühl, das um ein Vielfaches das von Abälards Héloise übertrifft. Ich habe sie alle in Frankfurt, und wenn Du willst, schicke ich Dir Kopien davon. Du kannst inzwischen den beigelebten lesen.“ 10)
Helene von Diobeneck verbrachte mit Paganini mehrere Tage in einem Hotel und erbat daraufhin von ihrem Vater, die Scheidung von ihrem Ehemann zu erlauben. Sie ließ sich scheiden, doch Paganini hatte die Lust an ihr verloren und beantwortete ihre Briefe nicht mehr. Helena reiste in ihrer Verzweiflung durch Europa, überlegte, Nonne zu werden und ließ sich schließlich in Treviso nieder, wo sie den Rest ihres Lebens allein in Einsamkeit verbrachte.
1831 verliebte sich Paganini, als er in London ein Gastspiel gab, in die 16-jährige Tochter eines Musikers des King’s Theatre. Sie hieß Charlotte Watson, und Paganini versprach ihr die Ehe; denn er empfand sich nun als alt und hässlich und befürchtete, keine andere Frau mehr abzubekommen. Und wieder das gleiche Spiel: Paganini plante eine Quasientführung. Er bat die Minderjährige, ihm allein nach Boulogne nachzureisen. Als Charlotte Watson dies ihrem Vater erzählte, fuhr dieser empört nach Boulogne voraus, nahm seine Tochter dort in Empfang und informierte die Presse über die Ungeheuerlichkeit, die Paganini begangen habe, indem dieser die Minderjährige zur Flucht aus dem Elternhaus überredet hatte. Damit war die Liaison beendet.
Ab 1834 war Paganini mit seinem Sohn zurück in Genua. In Parma hatte er sich eine Villa gekauft, wo er sich ausruhen wollte. Doch der italienische Adel und das Königshaus baten um Konzerte, und so trat Paganini, trotz Krankheit, wieder mehrmals auf. „Am 12. Dezember 1835 trat er in Parma ein Amt an, das er sehr gewissenhaft erfüllte: er wurde Mitglied der Kommission des Hoforchesters, was einem heutigen Generalmusikdirektor nahekommt. Er führte Opern auf, kümmerte sich um eine Verbesserung des Instrumentariums und erarbeitete umfangreiche Entwürfe eines Reglements für das Herzogliche Orchester von Parma und für eine in dieser Stadt zu errichtende Akademie. Es handelt sich um einen fortschrittlichen Normenkatalog, der den Zuständigen bei Hofe und der Herrscherin Marie Louise allerdings zu weit ging. Enttäuscht gab Paganini im Juli 1836 seine Stellung in Parma auf und ging wieder auf Konzertreisen, die im November 1839 in Nizza ihr Ende fanden.“ 11)
Paganini erkrankte schwer an Kehlkopftuberkulose und verlor seine Stimme. Sein Sohn, damals 13 Jahre alt, begleitete ihn überall hin und war auch der Einzige, der die Laute, die sein Vater von sich gab, verstand und dadurch die Kommunikation zwischen seinem Vater und anderen Personen aufrechterhalten konnte.
„Am 27. Mai 1840 starb Paganini in Nizza. Seinen Sohn Achille hatte er in seinem Testament als Universalerben eingesetzt.“ 12)