Hamburger Straßennamen -
nach Personen benannt

Lisztstraße

Ottensen (1929): Franz Liszt (22.10.1811 Raiding/Königreich Ungarn – 31.7.1886 Bayreuth), Komponist, Pianist. Freimaurer.


Siehe auch: Sentastraße
Siehe auch: Ortrudstraße
Siehe auch: Bülowstieg
Siehe auch: Paganiniweg
Siehe auch: Rohlfsweg

1737 Liszt 1858
Franz Liszt mit 46 Jahren; Quelle: Franz Hanfstaengl, gemeinfrei, via Wikimedia Commons

Franz Liszt galt als Frauenschwarm, gleichzeitig liebte auch er die vielen Amouren. Zwei Frauen unter den vielen waren für Liszt’s Lebensweg sehr entscheidend. So schreibt Anton Mayer in seiner Biografie über Franz Liszt: „Allerdings schafften nur zwei Damen, ihn länger an sich zu binden, beide waren adelig – und verheiratet. Zunächst verließ die französische Gräfin Marie d’Agoult [Marie Cathérine Sophie de Flavigny, verheiratete Comtesse d’Agoult (1805-1876, Schriftstellerin unter dem Pseudonym Danile Stern, verfasste eine wichtige Schrift über die bürgerliche Revolution 1848, R. B.] ihren Mann und lebte in ‚wilder Ehe‘ mit Liszt zusammen. Der Verbindung entsprangen drei Kinder (…).[ eine der Kinder war die Tochter Cosima (1837-1930), die später den Komponisten Hans von Bülow [siehe: Bülowstieg] heiratete und während dieser Ehe ein Liebesverhältnis zu dem Komponisten Richard Wagner einging und diesen dann später heiratete, R. B.]

Danach konnte die ebenfalls verheiratete, aber getrennt lebende Fürstin Carolyne von Sayn-Wittgenstein [Carolyne Elisabeth Fürstin zu Sayn-Wittgenstein-Berleburg-Ludwigsburg, geb. von Iwanowska, 1819- 1887, R. B.] den Ruhelosen an sich binden. Die Jahre mit ihr waren wohl die künstlerisch produktivsten in Liszts Leben. Sie hätte es sogar, nach dem Wegräumen der damals üblichen großen Probleme mit einer Ehescheidung, beinahe geschafft, sich mit ihm an seinem 50. Geburtstag in Rom trauen zu lassen. Die geplante Zeremonie platzte allerdings in letzter Minute. Beide blieben zunächst in Rom. Die Fürstin verlegte sich auf die Schriftstellerei, samt herber Kritik an den Zuständen in der römisch-katholischen Amtskirche, Franz Liszt zog sich sogar zeitweise in ein Kloster außerhalb der Stadt zurück. (…). Liszt blieb der Fürstin, obwohl er in Rom nie mit ihr unter einem Dach wohnte, zeitlebens verbunden – weil sie das so wollte. (…)“ 1)

Marie d’Agoult: Sie wird in Wikipedia wie folgt beschrieben: „Marie d’Agoult hatte Beziehungen mit vielen bedeutenden Persönlichkeiten des 19. Jahrhunderts, setzte sich über gesellschaftliche Zwänge ihrer Zeit hinweg und entwickelte als Journalistin trotz ihrer aristokratischen Herkunft eine kritische Haltung. Sie kann heute als frühes Beispiel für die Emanzipation der Frau betrachtet werden.“ 2)

1737 Marie D Agoult by Henri Lehmann 1843
Porträt der Marie d’Agoult; Quelle: Henri Lehmann, gemeinfrei, via Wikimedia Commons

Marie d’Agoult, Tochter eines französischen Aristokraten und einer bürgerlichen, aus einer Frankfurter Bankiersfamilie stammenden, Mutter, wurde 1827, nachdem sie in einer französischen Klosterschule erzogen worden war, mit dem wesentliche älteren, dafür aber vermögenden französischen Grafen Charles Louis Constant d’Agoult, Comte d’Agoult (1790–1875) verheiratet. Das Paar bekam zwei Kinder, eins davon starb im Alter von sechs Jahren. Doch bald ging das Paar getrennte Wege, Marie d’Agoult zog sich in ein Schlösschen am Rande von Paris zurück. Dort gab sie Konzerte und umgab sich mit Künstlern.

1832 lernten sich Liszt und Marie d’Agoult auf einem Hauskonzert kennen. Drei Jahre später trennte sie sich von ihrem Ehemann und der Tochter, um mit Liszt zusammenzuleben. Im selben Jahr gebar sie eine Tochter. 1836 gründete Marie d’Agoult, die inzwischen mit Liszt in Paris lebte, einen literarischen Salon. Das Paar unternahm viele Reisen durch Europa und bekam drei Kinder.

Über den Einfluss Marie d’Agoult’s auf Liszt schreibt Anton Mayer. „Franz Liszt hätte den Umstieg zum ernsthaften Komponisten vermutlich nicht geschafft. Denn: Nebst allen Gefühlen schwärmerischer bis tiefer Liebe hatte die Gräfin einfach die intellektuelle Kraft, ihn intensiv zum künstlerischen Schaffen anzuregen. Und Liszt war ihr dankbar dafür. Denn er hat immer jemanden gebraucht, der auf ihn schaut – am besten eine Frau. Deswegen hat er ja auch bis zum Schluss seine Mutter hoch in Ehren gehalten. Die Gräfin hat Liszt jedenfalls von Anfang an ‚vereinnahmt‘, in ihr Leben aufgenommen und offensichtlich beschlossen, aus ihm ‚etwas zu machen‘. Da sie, (…) zweisprachig und ‚zweikulturig‘ war, hielt sie ihn gleich einmal zur Pflege der deutschen Sprache und der deutschen Literatur an, was ihm später sehr zugutekommen sollte.“ 3)

Marie d’Agoult schrieb Reiseberichte und Musikkritiken (Letztere zum Teil unter Liszts Namen).
Doch dem Paar blieb die romantische Liebe zueinander nicht erhalten. Nach der Geburt des dritten Kindes äußerte Marie: „Leider ist Franz wieder einmal recht melancholisch. Der Gedanke, nun Vater dreier kleiner Kinder zu sein, scheint ihn zu verstimmen.“ Und an Liszt selbst schrieb Marie einmal: „Ich liebe Sie unermesslich und um Ihretwillen. Ich glaube, dass Sie noch lieben können und infolgedessen auch lieben müssen. Ein Teil Ihres Herzens bleibt bei mir unbefriedigt. Meine Liebe zehrt Sie auf. Sie könnten, glaube ich, glücklich lieben; mich haben Sie stark geliebt (…). Jetzt dauert es schon fünf Jahre, vielleicht ist das genug. Lassen Sie mich meiner Wege gehen. Wenn Sie mich rufen, werde ich zurückkommen (…). Man darf nichts aufhalten, was eine vollkommenere Entwicklung unserer Fähigkeiten herbeiführt.“ 4)

Ein Familienleben und dann auch noch mit drei Kindern war nichts für Franz Liszt. 1839 kam es zur Trennung. Zwei der Kinder waren eh schon in Pflege bei anderen Menschen. Nun kamen die Kinder zur Mutter von Franz Liszt bzw. in teure Privatinternate. Franz Liszt kam finanziell dafür auf.
Marie d’Agoult blieb in Paris und konzentrierte sich fortan auf die Schriftstellerei. Da Schriftstellerinnen gesellschaftlich noch nicht anerkannt waren, wählte sie den männlichen Namen Daniel Stern, wobei Daniel der Name ihres Sohnes war. Über ihre Beziehung zu Liszt erzählt sie in ihrem autobiographischen Roman Nélida. In diesem Roman wird Liszt, so Anton Mayer: „zum Maler Guermann Régnier umgearbeitet, einem widerlichen Schürzenjäger ohne wirkliches schöpferisches Talent, der mit seinem künstlerischen Aufstieg und Erfolg nicht umzugehen weiß, seine geliebte Lichtgestalt verlässt, letztlich scheitert und zugrunde geht. Liszt-Biografen, die ihr Idol in ein strahlendes Licht stellen wollten, sind naturgemäß unisono über das Buch hergefallen. (…) Wie reagierte nun Franz Liszt auf die Lektüre von ‚Nélida‘? In einem kritischen Brief (aber nur in Bezug auf Stil und Aufbau) [was allerdings für eine Schriftstellerin eine vernichtende Kritik darstellt, weil damit ihr schriftstellerisches Können in Frage gestellt wird, R. B.] meinte er gegenüber Marie: ‚Mangel an Größe und Einfachheit im Ablauf des Geschehens (…) aber Grazie und vollendete Schreibweise, selbst in dieser etwas verkrampften Art, von der sie sich zu lösen, Sie schon immer Mühe hatten.‘“ 5)

In Marie d’Agoults Salon trafen sich nicht nur Schriftsteller und Musiker, sondern auch Politiker. So lernte sie einige Menschen kennen, die ausschlaggebend für die Revolution von 1848 werden sollten, z. B. den sozialistisch-revolutionären deutschen Dichter des Vormärz, Georg Herwegh (1817-1875), der mit seiner Frau im Exil in Paris lebte. Über ihn schrieb sie zwei Artikel. Durch Georg Herweghs Ehefrau Emma, geb. Siegmund (1817-1904), Bankierstochter und Revolutionärin während der Revolution von 1848/49 in Frankreich und Deutschland sowie Vorkämpferin der Frauenrechtsbewegung, lernte Marie auch die Freiheitsbewegung in Italien kennen.

„Marie d’Agoult wurde eine bedeutende Schriftstellerin des politischen Liberalismus in Frankreich. Revolutionen sah sie kritisch an, ebenso die damalige katholische Kirche. In ihren frühen Jahren hing sie dem Royalismus an. Später wandelte sie sich zur Republikanerin. Ihre Gesinnung blieb jedoch idealistisch. Gebildete, fähige Menschen sollten die Gesellschaft dienend führen.“ 6)

1737 Carolyne Sayn Wittgenstein
Prinzessin Carolyne Sayn-Wittgenstein mit ihrer Tochter Princess Mary, um 1840; Quelle: Louis Held, gemeinfrei, via Wikimedia Commons

Fürstin Carolyne von Sayn-Wittgenstein:
„Als sie sich kennen lernen, ist er 35 Jahre alt: Franz Liszt ist einer der prominentesten Pianisten seiner Zeit. Er reist rastlos von Konzert zu Konzert und hat zahlreiche Affären mit Verehrerinnen. Carolyne Iwanowska ist 28: Eine reiche polnische Landadelige, die unglücklich mit Nikolaus von Sayn-Wittgenstein (1769-1843), einem russischen Rittmeister deutscher Herkunft, verheiratet ist.“ 7)
„Die Ehe zwischen ihr und Prinz, nachmals Fürst Wittgenstein, war nicht glücklich; sowohl aus emotionalen Gründen als auch, weil Carolynes stark entwickelte Intellektualität und ihre musischen Neigungen ihren Gatten wenig ansprachen. Zudem konnte die ländliche Abgeschiedenheit [sie lebten auf einem Gut in der südlichen Ukraine, R. B.] ihren gesellschaftlichen Anspruch nicht dauerhaft befriedigen.“ 8)

Im WDR Stichtag heißt es über Liszt’s Beziehung zu Fürstin Carolyne von Sayn-Wittgenstein: „ Die Fürstin und der Musiker treffen sich im Februar 1847 in Kiew. Er gibt ein Benefizkonzert für Bedürftige - Carolyne zahlt 100 Rubel für ihre Karte. Er sucht sie daraufhin in ihrem Hotel auf, um sich zu bedanken. Das ist der Anfang ihrer Liebe. Carolyne verkauft ihr Gut in der Ukraine und reist mit einer Million Rubel sowie ihrer kleinen Tochter zu Liszt. Er gibt seine Karriere als Klaviervirtuose auf und widmet sich ganz dem Komponieren und Dirigieren. Gemeinsam leben sie in der ‚Altenburg‘, einem großbügerlichen Haus in Weimar, wo Liszt als Hofkapellmeister engagiert worden ist. Carolyne wird seine Muse: ‚Genie hat ihm nie gefehlt - aber Sitzfleisch und Fleiß, Arbeitsausdauer‘, stellt sie fest. ‚Man muss bei ihm mit einer Arbeit sitzen, solang man will, dass er selbst arbeitet.‘ Die entstehenden Kompositionen sind eine Art Gemeinschaftswerk: ‚Er hat komponiert, aber die wesentlichen Anregungen sind mit von ihr gekommen‘, sagt Liszt-Forscher Detlef Altenburg. (…) Weil sie nicht verheiratet sind, meidet sie die Weimarer Hofgesellschaft. Carolynes Ehemann Nikolaus sträubt sich aus finanziellen Gründen gegen die Annullierung ihrer kirchlichen Eheschließung. Beide sind tief fromme Katholiken. Im Mai 1860 reist Carolyne aus Weimar ab. Ihr Ziel ist Rom. Dort will sie vom Papst die Anerkennung ihrer Scheidung erlangen. (…) Doch unmittelbar vorher trifft das Verbot ein, das die Familie des Fürsten erwirkt hat. Daraufhin resignieren die beiden Liebenden: Liszt wird Geistlicher, empfängt die ‚niederen Weihen‘ und wohnt vorübergehend in einem römischen Kloster. Die Fürstin lebt noch über 25 Jahre zurückgezogen in der Via Babuino in Rom, betreibt theologische Studien und empfängt Besuche. Sie stirbt am 8. März 1887 im Alter von 68 Jahren - nur acht Monate nach dem Tod von Liszt im Juli 1886. (…)“ 9)

Franz Liszt soll auch der Liebhaber der französischen Schriftstellerin und Frauenrechtlerin George Sand, Pseudonym für Amandine-Aurore-Lucie de Dudevant, geb.Dupin (1.7.1804 Paris – 8.6.1876 Schloss Nohant-Vic/Indre) gewesen sein. Daniela Weiland schreibt über sie: „George Sand war nicht nur die bedeutendste französische Romanschriftstellerin des 19. Jh.s, sondern eine Persönlichkeit, die für sich das Recht zu einem selbstbestimmten Leben beanspruchte: sie engagierte sich politisch, trug Männerkleidung und schwere Stiefel, rauchte Zigarren, hatte zahlreiche sehr berühmte Liebhaber (u. a. Prosper Mérimèe, Alfred de Musset, Franz Liszt und Frédéric Chopin) und ein langjähriges lesbisches Verhältnis zu der Schauspielerin Marie Dorval. (…) Unermüdlich trat sie für die juristische Gleichberechtigung der Frauen und für eine Neufassung des Eherechts ein.

Vor allem die Romane ihrer frühen Phase brachten eine neue feministische Perspektive: Hier ist die Frau nicht mehr demütige Geliebte, sondern tritt als Fordernde auf; der Mann soll in der Liebe den gleichen Herzenseinsatz erbringen wie die Frau. Denn während der Mann die völlige Hingabe der Frau verlangt und genießt, behält er sich seinerseits Gefühlsreserven vor. (…)“ 10)

Andere Quellen berichten allerdings, dass zwischen George Sand und Franz Liszt keine Liebesbeziehung bestand, sondern nur eine Freundschaft. Franz Liszt soll George Sand sogar vor einer Selbsttötung bewahrt haben, die sie wegen einer unglücklichen Liebe mit Alfred de Musset begehen wollte. Durch Franz Liszt lernte George Sand Frédéric Chopin kennen, mit dem sie dann 1838 eine Liebesbeziehung begann.