Hamburger Straßennamen -
nach Personen benannt

Darbovenstieg

Iserbrook (1949), nach der dort ansässigen Familie Darboven, die Grundstücke gab für die Erbauung des Krankenhauses, zu dem die Straße führt.


Siehe auch: Hanne-Darboven-Ring

Bereits in der NS-Zeit wurde der Darbovenstieg als neuer Straßenname (alter Straßenname: Schäferkamp) in der Liste „Umbenannte Straßen“ aufgeführt. Die Liste wurde im Hamburger Adressbuch von 1943 veröffentlicht und listet alle in der NS-Zeit umbenannten Straßen auf, auch diejenigen, bei denen die konkrete Umbenennung noch nicht vollzogen wurde. Bereits umbenannte Straßen wurden mit einem Stern gekennzeichnet.

Nach der Einführung des Groß-Hamburg-Gesetzes im Jahre 1937, durch das z. B. Altona, Wandsbek, Harburg-Wilhelmsburg, Lokstedt, Niendorf, Schnelsen, Rahlstedt, Bramfeld, Lohbrügge und andere Gebiete, die heute Hamburger Stadtteile sind, nach Hamburg eingemeindet wurden, ergaben sich bei den Straßennamen häufig Doppelungen. „insbesondere Namen aus dem niederdeutschen Raum“ und „Personen der schleswig-holsteinischen Geschichte“ sollten bei der neuen Straßennamensvergabe berücksichtigt werden.

Viele der für eine Umbenennung in Frage kommenden alten Straßennamen wurden in der NS-Zeit aber nicht mehr umbenannt. Eine Umbenennung nach den 1943 aufgelisteten neuen Straßennamen erfolgte für diverse Straßennamen dann nach der Befreiung vom Nationalsozialismus. So wurde der Darbovenstieg 1949 benannt.

Die Familie Darboven ist durch ihre Kaffeerösterei bekannt geworden. Sie wurde 1866 von Johann Joachim Darboven (7.4.1841 Lauenbruch – 18.2.1909 Hamburg) gegründet.

Rohkaffee wurde ab 1888 in der damals neu erbauten Speicherstadt gelagert. In den kalten Speichern saßen Frauen an langen Tischen und mussten – wie Aschenputtel im Märchen – die guten Bohnen von den schlechten Bohnen trennen. Die Bohnen wurden nach Größe, Farbe und Qualität (aussortieren von verdorbenen Bohnen) verlesen, bevor sie dann geröstet wurden. Kaffeeverlesen war eine typische Frauenerwerbsarbeit im Hamburger Hafen. Fingerfertigkeit und Geduld waren erforderlich, Fähigkeiten, die immer Frauen zugeordnet wurden (werden?), ohne jedoch angeboren zu sein. Die Frauen mussten 12 bis 14 Stunden täglich arbeiten, hatten bei der Arbeit meist still zu sein, durften nicht lachen oder singen. Taten sie dies dennoch, mussten sie Strafe bezahlen. Für Ihre Arbeit erhielten sie nur einen sehr geringen Lohn – die Hälfte von dem, was Männer als ungelernte Kräfte im Hafen erhielten. Deshalb streikten mehrere hunderte Frauen im April 1896 für die Verkürzung der Tagesarbeitszeit auf 9 Stunden, gegen schlechte Bezahlung und unzumutbare Arbeitsbedingungen. So mussten sie zum Beispiel Säcke mit einem Gewicht von ca. 80 kg schleppen. Das manuelle Kaffeeverlesen geschah bis in die 1970er Jahre hinein, dann wurde diese Arbeit durch Maschinen ersetzt.

Rohkaffee wurde damals in erster Linie aus Brasilien eingeführt. Philipp Schallberger schreibt zum Thema Kaffee und Kolonialismus u. a.: „Siedler in Brasilien und anderen Lateinamerikanischen Staaten produzierten immer mehr Kaffee im 19. Jahrhundert, was neue Formen der Ausnützung, der Landaneignungen und der Zwangsarbeit mit sich zog. Vormals unkultiviertes Land wurde mit Kaffee bepflanzt, Siedler wurden ermutigt, dieses Land zu privatisieren und die vormaligen Bewohner zu vertreiben.

Mexiko
In Chiapas, Mexiko, trat 1883 das ‚Law of Coloniziation‘ in Kraft und parzellierte öffentliche Grundstücke in private Einheiten, die vornehmlich an europäische und nordamerikanische Siedler verkauft wurden. Oft wurden Indigene als Arbeiter auf den Farmen ‚angeheuert‘ - ihnen wurde die Reise mitsamt Verpflegung zur Hacienda bezahlt, aber einmal angekommen, standen sie so den Besitzern in der Schuld und mussten diese mit der Arbeit auf der Farm leisten.

El Salvador
In El Salvador gibt es gute Quellen zu eigenen Währungen von Haciendas im 19. Jahrhundert. Das System der Farm-Währungen, fichas de finca, wurde weit verbreitet in Lateinamerika als Bezahlsystem für Pflücker benutzt. Die Arbeiter lebten auf der Hacienda, arbeiteten da, und wurden in der Hacienda-eigenen Währung bezahlt, mit der sie dann in den Läden auf der Hacienda selbst einkaufen konnten. Dieses geschlossene System hielt damit die Arbeiter auf der Hacienda ökonomisch gefangen, da diese ihre Münzen nirgendwo sonst einsetzen konnten.“ 1)

Johann Joachim Darboven
Johann Joachim Darboven, Sohn von Magdalene Dorothee Darboven, geborene Gerken und des Bauern und Milchhändlers Johann Heinrich Darboven, gehörte zu den Pionieren im Kaffeehandel. Nach einer vierjährigen kaufmännischen Ausbildung gründete er 1866 seine Firma. Damals noch ein kleines Geschäft in der Straße Brandsende, wo er auch den Rohkaffee röstete, um ihn dann zu verkaufen. Mit frisch gerösteten Kaffee machte er einen guten Umsatz.

Vier Jahre nach der Gründung seines Geschäftes heiratete er 1870 die Klempnermeistertochter Andrine Maria Ludolphi (1848-1915).

Anfangs trennte er noch die Kaffeerösterei von dem Geschäft der Kaffee-Importeure. Felix Brahn schreibt in seinem Porträt über Johann Joachim Darboven u. a. : „In den ersten Boomjahren nach der deutschen Reichsgründung expandierte das Unternehmen, sodass Darboven 1873 ein weiteres Geschäftsgebäude am Brandsende 12-14 erwerben und 1874 eine weitere Filiale am Rödingsmarkt eröffnen konnte.“ 2)

Darbovens Firma war die erste, die gerösteten, in Tüten abgepackten Kaffee über den Postversand an Privathaushalte verkaufte.

1886 eröffnete Darboven auch einen Teesalon „in kolonialem Stil“, 3) wie Felix Brahn schreibt.

Andrine Maria und Johann Joachim Darboven bekamen vier Kinder, zwei Söhne und zwei Töchter. Nachdem Johann Joachim Darboven 1898 erneut mit seiner Firma expandierte, indem er ein weiteres Haus für die Kaffeerösterei erwarb, trat ein Jahr später sein Sohn Arthur als Teilhaber in die Firma ein und 1904 dann auch der Sohn Cäsar. In dieser Branche wurden die Unternehmen nur an männliche Erben weitergegeben.

Arthur und Cäsar Darboven entwickelten nach dem Tod ihres Vaters aus der Firma eine Kaffee-Großrösterei. „Unter dem bereits 1915 entwickelten Markennamen Idee-Kaffee wurde ab 1927 ein als besonders bekömmlich beworbener Kaffee angeboten. Er wurde mit einem von Karl Lendrich vom Hygienischen Institut in Hamburg entwickelten Veredelungsfahren hergestellt, das Reiz- und Bitterstoffe bei vollem Erhalt des Geschmacks reduzieren sollte. Die J. J. Darboven erhielt dafür später ein Patent für ‚magenfreundlichen Kaffee‘.“ 4)

Arthur Darboven war mit Anna Maria (1883-1959) verheiratet. Sie unterstützte finanziell die soziale Frauenschule. Das Paar bekam keine Kinder. Um einen Erben für das Unternehmen zu bekommen, adoptierte Arthur Darboven 1953 den 17-jährigen Neffen seiner Frau - Albert Hopusch, dessen Vater gestorben war: Albert Darboven war es auch, der 1997 den Darboven IDEE-Förderpreis ins Leben rief, der an Gründerinnen geht. „Der Preis ist die einzige nationale Auszeichnung für innovative Ideen für Unternehmensgründungen von Frauen. Mit der Vergabe des renommierten Preises will Albert Darboven ein Signal setzen und Frauen Mut machen, den Weg in die unternehmerische Selbstständigkeit zu gehen.“5)

Nach Albert Darboven sind Frauen die besseren Chefs. "‘Frauen sehen mit ihrem Gefühl, ihrem Instinkt viele Dinge besser als wir Männer. Wenn es um die Einschätzung von Menschen geht, habe ich die Erfahrung gemacht: Die haben öfter recht.‘Wie der Unternehmer es zu Hause mit der Gleichberechtigung hält: ‚Manchmal sage ich meiner Frau: Im Kriege und im Hause herrscht der Mann. Aber mit dieser Ansicht komme ich leider nicht weit. (…) Der Vorteil von Frauen ist ja, dass sie sich helfen lassen. Moses hat das Volk Israel zwar rausgeführt aus Ägypten, aber er hat den Berg Sinai auch nur gefunden, weil Frau Moses hinten nach dem Weg gefragt hat. Sonst würden wir Männer da noch immer herumirren.‘ " 6)