Riststraße
Winterhude (1929): Johann Rist (8.3.1607 Ottensen – 31.8.1667 Wedel), Pastor in Wedel, Dichter von Kirchenliedern.
Siehe auch: Stapelstraße
Siehe auch: Selliusstraße
Johann Rist, dessen Mutter Margareta Rist, geborene Ringemuth war und dessen Vater Caspar Rist als Pfarrer in Ottensen gearbeitet hatte, übernahm nach dem Theologiestudium und einer Hauslehrerstelle das Pastorat in Wedel.
Gottfried Mehnert schreibt über Johann Rist: „Der Dichterpastor Johann Rist war eine durch und durch barocke Erscheinung. (…). Einige seiner geistlichen Lieder finden sich noch im Evangelischen Kirchengesangbuch, ein geringer Prozentsatz der über 700 Lieder, die der von der Kaiserlichen Majestät zum ‚Poeta laureatus‘ gekrönte lutherische Pastor zu Wedel gedichtet hat. (…) An berühmten deutschen und holländischen Hochschulen studierte er, und zwar nicht nur Theologie. Seine frühentwickelte musische Begabung, geschult im Studium der Poesie, entfaltete er nicht allein als höchst produktiver Dichter, sondern auch als Gründer des Elbschwanenordens, (…).“ 1)
Bei diesem Orden handelte es sich um eine Sprachgesellschaft. Sie „diente ‚zur Bereinigung der deutschen Sprache‘. Mitglied durften nur Männer werden, die der deutschen Sprache so mächtig waren, dass sie Gedichte schreiben konnten. Alle Mitglieder wurden dazu angehalten, die deutsche Sprache weiter zu entwickeln und eigene Werke zu publizieren“, 2) schreibt L. Stahn für das Stadtarchiv Wedel.
Rist, der „30 Dramen, über 200 weltliche Gedichte und Lieder, über 659 geistliche Lieder, Bücher und Artikel“ 3) verfasste, war zweimal verheiratet. 1635 heiratete er Elisabeth Stapel (gest. 1662). Sie war die Schwester des Pinneberger Amtmanns Franz Stapel (siehe: Stapelstraße). Das Paar bekam 3 Söhne und 2 Töchter. Elisabeth Rist sorgte für den Haushalt und die Kindererziehung, Rist widmete sich seiner Schriftstellerei, aber auch seiner Gemeinde und seinen Gärten.
„Auf dem Kirchengrundstück, das sich etwa bis zur heutigen Pinneberger Straße erstreckte, legte Rist zwei Gärten an. Er hatte neben einer landwirtschaftlich genutzten Fläche den kleineren ‚Südergarten‘ mit Zierpflanzen und den größeren „Nordergarten“ mit Obst, Gemüse und Heilpflanzen. (…)“,4) schreibt L. Stahn in seiner Rist Biographie.
Doch 1643 wurden die Gärten und sein Anwesen durch die schwedische Armee zerstört – Rist war in dieser Zeit mit seiner Familie nach Hamburg geflüchtet.
Durch seine Veröffentlichungen von Gedichtbänden und geistlichen Liederbüchern wurde Rist über die Grenzen seiner Heimat berühmt. Doch er blieb bewusst als Pastor ins einer Gemeinde Wedel.
„Dennoch ernannte Kaiser Ferdinand III. [siehe: Ferdinandstraße] ihn 1653 zum ‚Poeta laureatus‘ und verlieh ihm den Adelstitel eines Hofpfalzgrafen (Comes Palatinus Caesareus). Zudem bekam Rist ein Wappen – es zeigt einen Schwan und einen Lorbeerkranz. Seine neuen Titel erlaubten es dem Pastor, ebenfalls Dichter zu krönen, Notare zu ernennen und Adels- und Wappenbriefe sowie akademische Würden auszustellen. Zudem hatte er die Vollmacht in manchen Fällen des – wie es heute heißen würde – ‚Familienrechts‘ (etwa die Legitimation unehelicher Kinder, Volljährigkeitserklärungen, Adoptionsbestätigungen etc.). Diese Privilegien nutzte Rist fleißig – gegen Bezahlung, die ihm ein kleines Vermögen einbrachte. (…)
1657 wurde Schleswig-Holstein erneut durch kriegerische Auseinandersetzungen im Zuge des Zweiten Nordischen Krieges in Mitleidenschaft gezogen. Abermals waren es schwedische Truppen, die über Wedel herfielen. Zum zweiten Mal floh Rist nach Hamburg, wieder wurden die Kirche, das Haus und seine Gärten verwüstet – auch seine Bibliothek ging unwiederbringlich verloren, darunter einige seiner Schauspiele, die nur handschriftlich vorhanden waren.“ 5) heißt es in L. Stahns Rist Biographie.
Nachdem Risr Frau 1662 nach langer Krankheit gestorben war, führte die Tochter den Haushalt des Vaters, „der sich mehr und mehr von der Welt abschloß und in seinem Witwerstande so einsam hielt, daß er, wenn ihn nicht die höchste Noth dazu zwang, nicht weiter kam als in seine Studierstuben, sein Gotteshaus und seine Gärten. Man fand ihn nur über seinen Büchern, Blumen und Gewächsen. Des Morgens stand er so früh als möglich auf. Nachdem er seine Betstunde gehalten und in der Bibel gelesen, studierte er fleißig bis etwa um 10 Uhr, verfügte sich dann in den Garten, wo er anordnen und verrichten half, was Zeit und Gelegenheit erforderten. Darin beharrte er eine Stunde, bis er dann mit dem Schlage elf sich zur Mahlzeit begab. Den Nachmittag widmete er der Seelsorge und literarischen Arbeiten. Abends hielt er sich gern von Geschäften frei, da ihm das Studieren bei Licht nicht mehr zuträglich war, während er sonst halbe Nächte hindurch gearbeitet hatte. Diese einförmig regelmäßige Lebensweise dauerte, bis seine Tochter sich mit dem Arzte Johann Petri in Glückstadt verheirathete. Der Haushalt mußte wieder eine Vorsteherin haben. Rist entschloß sich zur zweiten Ehe und wählte die Witwe seines Freundes Philipp Hagedorn, der die Güter Haselau und Kaden verwaltet hatte, Anna, geb. Badehoop, die an ihrem ersten Hochzeitstage, am 22. Juni 1642, ihre Mutter verloren hatte. Die Ehe wurde 1664 geschlossen und blieb kinderlos. Viel Leben kam auch mit der zweiten Frau nicht in Rist's Haus, der öfter von seiner traurigen Einsamkeit spricht und von seiner Absonderung von aller Gesellschaft. Im Jahre 1667 war er körperlich schwach, sodaß sein Sohn seinen Dienst versehen mußte. ‚Wisset ihr nicht‘, sagt er in seiner während des Sommers verfaßten ‚Alleredelsten Zeitverkürzung‘, »was mir der getreue Gott in diesem Jahre für einen Boten geschickt, nämlich unterschiedliche schwere Krankheiten? Denn da mir Gott die unaussprechliche Gnade erwiesen, daß er mich so viele Jahre bei guter und beständiger Gesundheit erhalten, da hat er letztlich, nachdem ich über 60 Jahre alt worden, einmal wiederum an mich gedacht und mich plötzlich mit sehr harten Krankheiten, einem dreitägigen hitzigen Fieber, der Gelbsucht, Schorbuck, Anfang von der Wassersucht und mehr andern Zufallen dergestalt angegriffen, daß ich zuletzt weder Hand noch Fuß mehr regen können. Wie sollte ich denn nun nicht, da ich mich in gar kurzer Zeit vielleicht eines seligen Abschieds muß vermuthen, in den süßen Todesgedanken meine alleredelste Zeitverkürzung suchen?‘ Er hat diese Worte wol nur wenige Tage vor seinem Tode geschrieben, der am 31. Aug. 1667 erfolgte.“ 5)
Anna Rist überlebte ihren Mann um 13 Jahre; sie starb 1680.