Hamburger Straßennamen -
nach Personen benannt

Ruthsweg

Barmbek-Nord (1914): nach Johann Georg Valentin Ruths (6.3.1825 Hamburg -17.1.1905 Hamburg), Landschaftsmaler, seit Juni 2022 mitbenannt nach seiner Nichte Marie Amelie Ruths (28.4.1871 Hamburg - 3.4.1956 Hamburg), Malerin der Vierlande und der Halligen.


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Valentin Ruths, Zeichnung von Hans Speckter; Quelle: via Wikimedia Commons

Valentin Ruths
„Für Valentin Ruths war zunächst als Sohn eines Kaufmanns ebenfalls der Beruf des Kaufmanns vorgesehen, ab 1843 ließ er sich aber bei dem Hamburger Maler und Lithografen Carl Friedrich Beer in diesem Fach ausbilden. Ab 1846 begab er sich nach München, wo er die polytechnische Schule und ab 1847 die Akademie besuchte.[1] 1848 kehrte er nach Hamburg zurück und arbeitete für die Firma Lithographisches Institut und Kupferdruckerei Charles Fuchs. (…)

Von 1850 bis 1854 besuchte er die Kunstakademie Düsseldorf und bildete sich unter Johann Wilhelm Schirmer zum Landschaftsmaler aus. Nachdem Schirmer 1854 zum ersten Direktor der neu gegründeten Karlsruher Kunstschule berufen worden war, verließ auch Ruths die Akademie und nahm sich in Düsseldorf ein eigenes Atelier. (…). 1855 begab er sich für zwei Jahre nach Italien, vorwiegend nach Rom und Umgebung.

Seit 1857 lebte er wieder in Hamburg. Er war Mitglied der Berliner Akademie und ab 1869 Mitglied der Akademie in Wien. Ruths erhielt Medaillen bei Ausstellungen in Metz, Berlin (Goldene Medaille für Kunst, 1872) und Wien. Ruths malte mit Vorliebe Elbgegenden, italienische und schweizerische Motive. (…). Er war zudem Mitglied im Hamburger Künstlerverein von 1832.“ 1)

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Amelie Ruths; Foto aus: Henny Wiepking, Uhlenhorst in vier Jahrhunderten. Hamburg o. J., S. 96.

Amelie Ruths (28.4.1871 Hamburg - 3.4.1956 Hamburg), Malerin der Vierlande und der Halligen. Historischer Grabstein im Garten der Frauen auf dem Ohlsdorfer Friedhof, Nichte von Valentin Ruths. Amelie Ruths war das zweite Kind von Johann Theobald Eduard Ruths und seiner zweiten Ehefrau, Maria Amalie, geb. Scherzinger. Das erste Kind, ein Sohn, war eine Woche nach der Geburt gestorben. Der 1871 geborenen Amelie folgten 1874 Therese, die bereits 1897 an einer Blinddarmentzündung starb, und jeweils ein Jahr später Rudolph und Frieda, die Lehrer bzw. Lehrerin wurden. Die Familie bewohnte ein kleines Haus in der Böttgerstraße 93 (heute wieder Heinrich-Hertz-Straße). Amelie und ihre um fünf Jahre jüngere Schwester Frieda besuchten die in der Nähe der Wohnung gelegene Höhere Töchterschule von Bonfort und Meinertz. Als der Vater 1895 starb, zog dessen Bruder, der weit über Hamburgs Grenzen hinaus bekannte Landschaftsmaler Valentin Ruths, zur Familie. Amelie Ruths fand durch ihren Onkel Valentin den Weg zur Kunst. Er gab ihr etwa seit ihrem vierzehnten Lebensjahr Zeichen- und Malunterricht, drängte sie jedoch, das Zeichenlehrerinnenexamen zu machen, damit sie sich ernähren könne. Von 1886 bis 1889 besuchte Amelie die Gewerbeschule für Mädchen in der Brennerstraße und schloss die Ausbildung mit dem Zeichenlehrerinnenexamen ab. Ab 1890 arbeitete sie an verschiedenen öffentlichen und privaten Schulen (Louise Schroeder und Marie Wolf, Laura Nemitz, Dr. H. Michow und Frau, Henriette Müller, Marie Sander und Staatliches Lyceum am Lerchenfeld). In den Schulferien machte sie mit dem Onkel Studienreisen u. a. nach Italien und Ägypten. Als er um die Jahrhundertwende anfing zu kränkeln, pflegte sie ihn bis zu seinem Tod im Jahre 1905. Im selben Jahr beschickte sie zum ersten Mal eine Ausstellung, die Frühjahrsausstellung des Hamburger Kunstvereins. Dass alle Bilder von der Jury angenommen und zwei verkauft wurden, ermutigte sie, die kleine Erbschaft, die der Onkel ihr hinterlassen hatte, für ihre weitere Ausbildung aufzuwenden. Sie nahm Unterricht im Aktmalen bei Carl Rotte, der kurz Leiter der Aktklasse an der Kunstgewerbeschule am Steintor gewesen war, und lernte vier Sommer lang bei dem Belgier Henri Luyten an seiner École des Beaux-Arts. In Braschaet, einem kleinen Ort in der weiten Küstenlandschaft um Antwerpen, versammelte er eine internationale Schülerschaft. Hatte Amelie bei ihrem ersten Lehrer Valentin Ruths vor allem das Zeichnen gelernt, so beschäftigten sie jetzt Probleme der Freilichtmalerei: „Die ängstlich zeichnerische Kontur entschwand der durch die realistische Schule gegangenen Hamburgerin, der Pinselauftrag wurde leicht und flüssig, die Farbe zum Element der Wirkung. Dazu kam eine Reise nach Paris, das Studium des klassischen Impressionismus an der Quelle“, schreibt Karl Fischer in seinem Beitrag über Amelie Ruths in „Westermanns Monatshefte“ im Mai 1923. Trotz ihrer internationalen Ausbildung und verschiedener Reisen in den Süden blieb Amelie Ruths eine Malerin ihrer Heimat, der norddeutschen Landschaft. Sie fuhr an die Nordseeküste, auf die friesischen Inseln und in die Vierlande, wo ihre besondere Vorliebe den Vierländer Bauernhäusern galt. Anders als Marie Zacharias oder Ebba Tesdorpf, mit der sie nach dem Tod des Onkels eine Zeit lang gemeinsam auf Motivsuche durch Hamburgs Straßen streifte, war es Amelie Ruths dabei weniger um die Rettung eines Stückes Kulturgeschichte zu tun als um Probleme der Malerei, um Licht und Farbe. Die Dielen ihrer Vierländer Bauernhäuser sind so lichtdurchflutet, dass man fast meint, es handele sich um Räume im Freien. Der Eindruck des für die Interieurmalerei so konventionellen Helldunkels findet sich bei ihr nicht mehr. Licht spielt auch eine wesentliche Rolle bei dem Gegenstand, der zu Amelie Ruths Hauptthema werden sollte: die Halligen. In ihren Notizen schreibt sie dazu: „Zwei Sommer auf Nordstrand gemalt. Dann ging ich im Mai 1920 zuerst auf die Suche nach den Halligen. Auf dem Weg erkrankte ich auf Föhr so schwer durch Ansteckung an einer Kinderkrankheit (Mumps), dass ich kaum noch nach Hause reisen konnte und monatelang zwischen Leben und Tod schwebte. Mitte Oktober setzte ich einen kurzen Besuch auf der Hallig durch. Ein orkanartiger Sturm setzte während meines kurzen Aufenthalts dort die Hallig unter Wasser. Dieses war der Anfang. Daraus entstand eines meiner besten Bilder. Seitdem blieb ich den Halligen treu. Nur selten machte ich seitdem andere Reisen und Studien-Aufenthalte“ 1). Selbst, als sie so schwer krank war, dass sie vorzeitig in den Ruhestand versetzt wurde, hielt sie an der Halligmalerei fest. Frau Gebhard, eine Bekannte Amelie Ruths‘, berichtet: „Sie war ja bis zu ihrem Tode rastlos tätig und hat uns erzählt, wie noch im letzten Jahr ihre Freundin, Frl. Minna Steinfatt, und ihre Schwester im Sturm die Staffelei festhalten mussten, damit sie überhaupt malen konnte“ 1). Von Frau Gebhard wissen wir auch, dass Amelie Ruths eine sehr warmherzige und humorvolle Frau war, die „enorm viele Freunde“ hatte und eine „sehr beliebte Gastgeberin“ war 2). Zunächst hatten die Geschwister Amelie, Frieda und Rudolph weiter in der Böttgerstraße gewohnt, wo Amelie das Atelier des Onkels übernommen hatte. Auf Dauer waren ihnen die Räumlichkeiten jedoch zu eng geworden, und so zogen die drei 1937 in ein größeres Haus in der Erikastraße 174 mit Blick auf den Mühlenteich. Das neue Domizil konnten sie jedoch nur wenige Jahre gemeinsam genießen. Es fiel 1943 den Bomben zum Opfer. Ein Jahr später starb der Bruder. Die Schwestern verkauften das Grundstück nach dem Krieg und erhielten in dem darauf neu gebauten Zweifamilienhaus die Wohnung in der ersten Etage in Erbpacht. Hier lebten sie in enger, harmonischer Gemeinschaft miteinander. Als Amelie Ruths im Frühjahr 1956 ins Krankenhaus eingeliefert werden musste und keine Hoffnung auf Besserung bestand, nahm sich ihre Schwester diesen Umstand derart zu Herzen, dass sie einem Herzschlag erlag. Amelie Ruths hat das nicht mehr erfahren. Niemand traute sich, ihr die Wahrheit zu sagen. Man erzählte ihr, die Schwester könne sie nicht besuchen, weil sie sich den Knöchel verstaucht habe. Amelie Ruths starb knapp einen Monat nach ihrer Schwester Frieda. Amelie Ruths war seit 1910 Mitglied des Deutschen Künstlerbundes und hatte zu Lebzeiten Ausstellungen in verschiedenen Städten in Schleswig-Holstein, in Hamburg in der Kunsthandlung Commeter, im Kunstverein, im Museum für Hamburgische Geschichte und im Altonaer Museum. In den beiden letztgenannten Museen befinden sich heute Bilder von ihr, ebenso in der Kunsthalle. Der Verkauf ihrer Werke erzeugte stets zwiespältige Gefühle in Amelie Ruths. Bei aller Freude über den Erfolg war es ihr doch immer, als ginge „ein Kind von ihr fort“. Jedes Bild war für sie ein Stück erlebte Natur, das mittlerweile nicht mehr existiert: „Es gibt keine malerischen Kanten mehr, durch die Steindämme wird alles so langweilig.“ (Hamburger Freie Presse vom 28.4.1951.)

Text: Brita Reimers