Hamburger Straßennamen -
nach Personen benannt

Walter-Jungleib-Straße

Schnelsen (2016), vorher seit 1995: Jungliebstraße. Umbenannt 2016 in Walter-Jungleib-Straße.


Der zwölfjährige Walter Jungleib (geb. am 12.8.1932 Hlohovec in der Slowakei) gehörte zu den zwanzig fünf bis zwölf Jahre alten jüdischen Kindern aus fünf Nationen, die in der Nacht vom 20. auf den 21. April 1945 im Keller der Schule Bullenhuser Damm, Rothenburgsort, von Angehörigen der SS erhängt wurden, nachdem an ihnen im KZ Neuengamme im Auftrag von Josef Mengele medizinische Experimente vorgenommen worden waren. Der SS-Arzt Dr. Kurt Heißmeyer notierte auf dem Notizblatt mit Untersuchungsdaten für das aus Jugoslawien stammende Kind die Anfangsbuchstaben "W. J". W. J. Jungleib wurde gemeinsam mit den anderen Kindern am 20. April 1945 im Keller der ehemaligen Schule am Bullenhuser Damm ermordet.

"Sein Vater Arnold Jungleib war Goldschmied und Uhrmacher. Die Familie besaß ein Juweliergeschäft, in dem auch Walters Mutter Malvina Jungleib arbeitete. Walter und seine zwei Jahre ältere Schwester Grete besuchten die jüdische Schule. Walter war ein begeisterter Briefmarkensammler.

Mit der beginnenden Verfolgung der jüdischen Bevölkerung änderte sich das Leben der Familie schlagartig. Ab 1942 musste die Familie mehrfach umziehen. 1944 wurden Arnold, Malvina, Grete und Walter Jungleib verhaftet und in das Durchgangslager Sered in der Westslowakei gebracht. Bis März 1945 kamen von dort 13 500 Jüdinnen und Juden mit Deportationstransporten in das Konzentrationslager Auschwitz, die Familie Jungleib Ende Oktober 1944. Nach einer Woche im Lager trennte die SS die Männer und die Kinder von den Frauen. Malvina und Grete Jungleib wurden mit 300 Frauen in ein Frauenaußenlager des KZ Buchenwald in Lippstadt in Westfalen gebracht. Dort mussten sie in den Eisen- und Metallwerken Zwangsarbeit leisten. Arnold Jungleib wurde in das KZ Mauthausen deportiert und von dort weiter in das Außenlager Gusen. Walter blieb in Auschwitz zurück.

Arnold Jungleib überlebte das Konzentrationslager nicht. Malvina und Grete Jungleib erlebten Anfang April 1945 die Befreiung durch US-amerikanische Truppen.

Unmittelbar nach dem Krieg blieb die Suche nach Walter Jungleib ergebnislos. Daher nahm die Familie an, Walter sei auf einem Räumungsmarsch aus Auschwitz ums Leben gekommen. Lange Jahre war in Hamburg über den am Bullenhuser Damm ermordeten Jungen namens ‚W. Junglieb' nur bekannt, dass er 12 Jahre alt war und aus Jugoslawien stammen sollte. 2015 beschäftigte sich Bella Reichenbaum, die Frau von Jitzhak Reichenbaum, dessen Bruder ebenfalls am Bullenhuser Damm ermordet wurde, mit Unterlagen zur Familiengeschichte. Darunter war auch eine Liste des Häftlingstransports von Auschwitz nach Lippstadt. Auf dieser Liste fand sie neben den Namen anderer Frauen, deren Kinder am Bullenhuser Damm ermordet wurden, zwei Frauen mit dem Namen ‚Jungleib'. Über die Website der Gedenkstätte Yad Vashem in Israel gelang es ihr, Kontakt mit der Familie aufzunehmen. Es wurde schnell klar, dass Walter Jungleib der seit vielen Jahren gesuchte ‚W. Junglieb' ist.

Grete Hamburg, geb. Jungleib, erfuhr so erst im Jahr 2015 vom Schicksal ihres Bruders Walter." 1)