Hamburger Straßennamen -
nach Personen benannt

Walter-Koppel-Weg

Poppenbüttel (1985): Walter Koppel (23.5.1906 Köln -25.10.1982 Marburg). Verfolgter des Nationalsozialismus, Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus und deutscher Filmproduzent.


Siehe auch: Gyula-Trebitsch-Platz

Der Sohn jüdischer Eltern, des Kaufmanns Gisbert Koppel und seiner Frau Ella, geb. Simon, arbeitete nach dem Abitur und einer kaufmännischen Lehre zunächst als Angestellter des Hamburger Warenhaus-Konzerns Schäfer, wo er erst zum Werbechef und später zum Leiter der Bergedorfer Filiale aufstieg. Er engagierte sich gegen den aufkommenden Nationalsozialismus in der Sozialistischen Arbeiterjugend (SAJ), der SPD und dem Reichsbanner. Bereits 1933 wurde er in Hamburg unter dem Vorwurf von Kurierdiensten zwischen Dänemark und Deutschland im Auftrag der illegalen SPD verhaftet. Ende 1935 konnte er zunächst nach Wien fliehen, wo er sich im Filmverleih betätigte. Seine Suche nach einem Exil führte ihn quer durch Europa bis nach Frankreich. 1940 wurden er und seine Ehefrau Erna Sander (30.6.1914 Hamburg -30.11.1991 Hamburg), Kostümbildnerin, die er in Paris während seiner Emigrationszeit geheiratet hatte, denunziert, vom deutschen Sicherheitsdienst in Paris verhaftet und ins KZ Fuhlsbüttel verbracht. Die Anklage gegen Walter Koppel lautete auf "Vorbereitung zum Hochverrat". Außerdem warf man ihm "Rassenschande" vor, da er mit einer nichtjüdischen Frau verheiratet war. 1942 wurde er "zu 1 1/2 Jahren Gefängnis verurteilt. Da er befürchten musste, danach nicht aus der Haft entlassen, sondern der Gestapo überstellt und deportiert zu werden, täuschte er einen Gehirntumor, epileptische Anfälle und eine halbseitige Lähmung vor, aufgrund derer er ins Jüdische Krankenhaus an der Schäferkampsallee verlegt wurde. Dort simulierte er fast drei Jahre erfolgreich - bis im Mai 1945 die britischen Truppen in Hamburg einmarschierten." 1). Koppel hatte mehr als fünf Jahre in verschiedenen Gefängnissen, Internierungslagern und unter Gestapo-Aufsicht im Krankenhaus verbracht. Nach 1945 arbeitete Walter Koppel in Ausschüssen, die ehemalige Häftlinge aus Lagern und Zuchthäusern sowie deren Angehörige betreuten. So gehörte er zu den Gründungsmitgliedern der VVN (Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes). Bald nach Kriegsende hatte die britische Militärregierung Walter Koppel als Untertreuhändler für die Hamburger UFA-Kinos eingesetzt. Bei einem Treffen ehemaliger politischer Verfolgter lernte er 1946 den Ungarn Gyula Trebitsch (siehe: Gyula Trebitsch-Platz) kennen, mit dem er Anfang 1947 eine der ersten von den Alliierten lizensierte Filmgesellschaft der Nachkriegszeit in Hamburg gründete: Die Wahl des Firmennamens "Real-Film" war Programm. Das Medium Film sollte demokratisches Bewusstsein fördern. Noch im selben Jahr wurde Koppel zum Vorsitzenden des Verbandes der Filmproduzenten in der britischen Zone gewählt. Ebenso im Jahre 1947 heiratete er Helga Trebitsch, geborene Kohn - Gyula Trebitsch erste Ehefrau, während Gyula Trebitsch Walter Koppels erste Ehefrau Erna Sander heiratete. Mit seiner zweiten Ehefrau Helga hatte Walter Koppel zwei Töchter. 1960 ließ sich das Paar scheiden. Die "Real-Film" produzierte aufwendige Revuefilme mit Zarah Leander, Komödien und Literaturverfilmungen, bis es 1952 zum Ausbleiben der Bundesbürgschaften kam, was vermutlich durch Koppels einstige KPD-Mitgliedschaft veranlasst war. Erst durch das Eingreifen des Senats und mithilfe von Landesbürgschaften konnte der Betrieb wieder aufgenommen werden. In der Folge entstanden kommerziell erfolgreiche und preisgekrönte Streifen wie "Des Teufels General" (1955) oder "Der Hauptmann von Köpenick" (1956).

Gemeinsam erlangten Gyula Trebitsch und Walter Koppel große Verdienste um den Ruf Hamburgs als bedeutende Filmmetropole der Nachkriegszeit. Als Ende der 1950er-Jahre die Kino-Besucherzahlen zurückgingen, setzte Koppels Partner Trebitsch ganz auf das aufkommende Fernsehen, während Walter Koppel als Vorsitzender der Spitzenorganisation der Filmwirtschaft die Parole ausgab: "Keinen Meter Film für das Fernsehen!" So kam es zu einer Trennung des Erfolgs-Duos Koppel-Trebitsch. Nach der Produktion von insgesamt 126 gemeinsamen Filmen führte Guyla Trebitsch das einst gemeinsame Film-Atelier in Wandsbek als "Studio Hamburg" allein weiter. Koppel hingegen musste bereits 1963 mit seiner "Real-Film" Konkurs anmelden. Mit Unterstützung der DEFA (Deutsche Film AG der ehemaligen DDR mit Sitz in Potsdam-Babelsberg) produzierte er 1967 "Die Heiden von Kummerow und ihre lustigen Streiche". Politisch engagierte er sich für eine neue Ostpolitik und engagierte sich in der Gesellschaft für deutsch-sowjetische Zusammenarbeit. Nach Koppels endgültigem Rückzug vom Film Ende der 1960er-Jahre gelangte er 1975 noch einmal in die Schlagzeilen durch seine heimliche Heirat mit der Schauspielerin, Sängerin und Fernsehmoderatorin Tatjana Iwanow (1925-1979). Leben und Wirken ist in dem Dokumentarfilm "Ich war nicht nur der Botenjunge zwischen Bank und Regisseur. Der Filmproduzent Walter Koppel" dargestellt, der 1981 beim NDR entstand.

Erna Sander
(30.6.1914 Hamburg-30.11.1991 Hamburg)
Kostümbildnerin
Erna Sander war die Tochter der Schwimmerin Louise Otto.

Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten emigrierte sie nach Wien, Prag und Paris. Dort absolvierte sie eine Ausbildung zur Näherin und Kostümbildnerin und heiratete in Paris Walter Koppel. Erna Koppel, die Mitglied der KPD war, wurde beim Flugblattverteilen in Paris von der Gestapo verhaftet und kam ins Gefängnis Fuhlsbüttel.
Nach der Befreiung vom Nationalsozialismus war Erna Koppel als Kostümbildnerin für das Flora Theater in Hamburg tätig. 1947 heiratete sie den Filmproduzenten Gyula Trebitsch. Das Paar bekam zwei Kinder: Katharina (geb. 1949) und Markus Trebitsch (geb.1950).

In den 1950er Jahren entwarf Erna Trebitsch für zahlreiche Filme der Trebitschs Real-Film die Kostüme.

Tatjana Iwanow
14.5.1925 Berlin – 6.10.1979 Hamburg
Schauspielerin und Sängerin

Tatjana Iwanow wurde als „First Lady“ des Musicals bezeichnet. Im Oktober 1979 verklang ihre von Leidenschaft beflügelte Stimme. Nach sechs Jahren „mit unerhörter Willensstärke geführtem Kampf gegen den Krebs“, war die Schauspielerin und Sängerin in Hamburg verstorben. In seinem Nachruf resümierte der Schriftsteller und Journalist Eberhard von Wiese: „Noch Im April stand Tatjana lwanow ln dem Musical ‚Gypsy’ als Mamma Rose auf den Brettern des Theaters in Münster. Das Publikum klatschte Beifall. als der ‚Mamma’, der Mutter Courage einer Artistengruppe, die Tränen über die Wangen strömten. Jeder glaubte: Bühnentränen. Aber es waren Tränen eines fast unerträglichen Schmerzes. Tatjana Iwanow stand die Vorstellungen durch. Sie wollte sich nicht von der Krankheit unterkriegen lassen. Noch einmal begegneten wir ihr beim Hamburger ‚Theater der Nationen’ im Mai, als sie Professor Towstonogow, den Intendanten des Maxim-Gorkl-Theaters In Leningrad, dolmetschte. Dann wurde das Eppendorfer Krankenhaus Endstation für die bemerkenswerte Karriere einer großartigen Frau.

Tatjana Iwanow wurde in Berlin als Kind russischer Eltern geboren, der Vater zaristischer Offizier, die Mutter Opernsängerin. In Berlin ging sie zur Schule und in Berlin entdeckte Heinz Hilpert, Intendant des berühmten Deutschen Theaters, die Siebzehnjährige. (...) Erst ein Aufenthalt in Australien, wohin sie ihrem Jugendfreund und zweiten Mann, dem russischen Sprachen-Professor Boris Sorokin folgte, brachte die Begegnung mit dem Musical, die Entdeckung ihrer großen, dunkel gefärbten Stimme. Doch sie zog es zurück nach Europa. Zurück zu Hilpert, damals an sein Deutsches Theater in Göttingen. Wieder schien die Schauspielbühne zu siegen. Künstler von Rang waren ihre Partner: Martin Held, Bernhard Minetti, Heinz Reincke. Und dann geschah 1967 in Düsseldorf so etwas wie die Explosion in ihrer Laufbahn. Als Heiratsvermittlerin In ‚Hello Dolly‘ erspielte, ersang sie sich einen unwahrscheinlichen Erfolg, der wegbestimmend für ihre zweite Karriere wurde. Wir erinnern uns an die brillante, kurz darauf folgende Aufführung im Hamburger Thalia Theater. Das Temperament der Iwanow riss damals Publikum und Kollegen mit.

(...) Doch ihre Dolly und auch ihre russischen Volkslieder, sie werden nicht so rasch in Vergessenheit geraten. Tatjana Iwanow, die in dritter Ehe mit Gerd Fröbe verheiratet war, heiratete 1975 den Hamburger Filmproduzenten Walter Koppel. Tatjana Iwanow entströmte so etwas wie künstlerische Urgewalt. Eine Frau von Bedeutung" (1). Ihr Sohn Andreas aus der Verbindung mit dem tödlich verunglückten Schauspieler Wilfried Seyferth arbeitet als Theater- und Filmschauspieler. Einen weiteren Sohn Alexei hatte sie aus der Ehe mit Prof. Sorokin.

Tatjana Iwanow hatte die Schauspielschule des Deutschen Theaters in Berlin besucht; eine ihrer Lehrerinnen dort war Agnes Windeck. Und weiter heißt es dort: „Ihre Ausbildung schloss sie 1943 ab. Am Deutschen Theater Berlin erhielt sie auch ihr erstes Theaterengagement im Rollenfach ‚Jugendliche Heldin’ und ‚Jugendliche Naive’. Ihr Bühnendebüt als Theaterschauspielerin gab sie 1944, kurz vor der kriegsbedingten Schließung aller Theater, am Deutschen Theater Berlin als Perdita in Shakespeares Spätwerk ‚Das Wintermärchen’. Nach dem Zweiten Weltkrieg hatte sie Engagements an den Münchner Kammerspielen (Spielzeit 1946/1947), am Schauspielhaus Frankfurt (Spielzeit 1947/1948) und am Stadttheater Koblenz (1948–1950), wo sie als Anfängerin unter anderem, unter der Regie von Heinz Hilpert, als Rosalinde in Shakespeares Komödie ‚Wie es euch gefällt’ auftrat; mit dieser Produktion gastierte Iwanow 1949 auch im Theater am Besenbinderhof in Hamburg.

1966 übernahm sie am Düsseldorfer Schauspielhaus die Titelrolle in der deutschsprachigen Erstaufführung des Musicals ‚Hello, Dolly!’, wo sie die Rolle jedoch nicht, wie in der ursprünglichen Fassung als Amerikanerin Dolly Levi darstellte, sondern in einer ihr auf den Leib geschneiderten Fassung als Russin Dolly Wassiljewa. 1967 wurde mit der deutschen Originalbesetzung des Musicals auch eine Schallplattenaufnahme produziert. 1977 trat sie bei den Gandersheimer Domfestspielen in Bad Gandersheim auf und erhielt den ‚Roswitha-Ring‘.

In den 1950er Jahren war Iwanow in einigen Nachkriegsfilmen, meist in kleineren Rollen, zu sehen. In dem Kriegsdrama ‚Nacht fiel über Gotenhafen’ spielte sie 1959 unter der Regie von Frank Wisbar das Dienstmädchen Meta. Weitere Rollen hatte sie in der Kriminalkomödie ‚Nick Knattertons Abenteuer – Der Raub der Gloria Nylon’ (1959) und in dem Kriegsfilm ‚Hunde, wollt ihr ewig leben’ (1959). 1967 war sie bei der DEFA in der deutsch-deutschen Gemeinschaftsproduktion ‚Die Heiden von Kummerow und ihre lustigen Streiche’ (Produzent Walter Koppel) in der Rolle der Frau Düker zu sehen. Später übernahm Iwanow hauptsächlich das Rollenfach der Salondame, unter anderem als Komtesse Beate von Treuenfels in der Hedwig Courths-Mahler-Verfilmung ‚Griseldis’ (1974) oder, an der Seite von Erika Pluhar, als Prudence Duvernoy, der Freundin der weiblichen Titelrolle, in der Verfilmung des Romans ‚Die Kameliendame’ (1978), unter der Regie von Tom Toelle.

Ab Ende der 1960er Jahre arbeitete Iwanow als Schauspielerin, Sängerin und Moderatorin hauptsächlich für das Fernsehen, wodurch sie große Bekanntheit erlangte. 1970 entstanden mit Iwanow Musikaufnahmen aus der heute vergessenen Operette ‚Kaiserin Katharina’ von Rudolf Kattnigg; diese Aufnahmen, die als Raritäten gelten, wurden später bei EMI Electrola auf CD wiederveröffentlicht. Für das ZDF spielte sie 1971 in zwei Operettenverfilmungen mit: an der Seite von Heinz Erhardt als nicht mehr ganz junge, sittenstrenge Madame Palmira Beaubuisson in ‚Der Opernball’ und an der Seite von Horst Niendorf als lebenslustige russische Gräfin Olga in ‚Die Dollarprinzessin’. Die Verfilmung der Operette ‚Der Opernball’ wird heute noch regelmäßig im ZDFtheaterkanal wiederholt. Sie wirkte in mehreren Fernsehshows mit (Musik durch drei, ARD 1969; Scala heute, ZDF 1971 (...) Mehrfach trat sie gemeinsam mit Iwan Rebroff auf und interpretierte russische Folklore; es entstanden auch gemeinsame Schallplattenaufnahmen" (2).

Am 6. Oktober 1979 erlag Tatjana Iwanow in Hamburg ihrem langjährigen Krebsleiden. Am 12. Oktober nahmen Freunde und Fans von ihr Abschied in Halle B auf dem Friedhof Ohlsdorf (vgl. Quelle 1 und 2).
Zusammengestellt von: Dr. Cornelia Göksu