Hamburger Straßennamen -
nach Personen benannt

Schenkendorfstraße

Uhlenhorst (1899): Max von Schenkendorf (11.12.1783 Tilsit – 11.12.1817 Koblenz), Dichter. Freimaurer.


Vorher hieß die Straße Gärtnerstraße.

Laut Wikipedia-Eintrag entstammte Max von Schenkendorf „der niederlausitzer Adelsfamilie Schenkendorf. Sein Vater war der Kriegs- und Domänenrat sowie Erbherr auf Lenkonischken George Heinrich von Schenkendorf (1744–1813) und dessen Ehefrau Luise von Karrius (1761–1830).“ 1)

In der Allgemeinen Deutschen Biographie ist aus dem Jahre 1890 eine ausführliche Würdigung des Dichters nachzulesen. Daraus soll im Folgenden zitiert werden: „Die Eltern lebten viel getrennt, der Vater auf dem Gute Lenkonischken bei Tilsit, die Mutter in Königsberg oder auf einem zweiten Gute Nesselbeck dicht bei dieser Stadt. Der Vater trachtete danach, durch neue Einrichtungen die Erträge seines Besitzes zu vermehren und sich als vortrefflichen Landwirth zu bewähren. Aber manche seiner Neuerungen verursachten bedeutenden Kostenaufwand, der unnütz vergeudet wurde. In seinem Wesen war er heftig und unruhig und scheint auch seinen Kindern, oder wenigstens dem ältesten Sohne nur ein geringes Maß von Herzlichkeit bewiesen zu haben. Die Mutter, welcher der älteste Sohn ähnlicher gewesen sein soll, war durch ihre Sonderbarkeiten in Königsberg berüchtigt. Sie machte vielfach den Tag zur Nacht und trat oft erst nachmittags gegen 5 Uhr aus ihrem Schlafzimmer hervor. Stolz und Leutseligkeit waren auf das seltsamste in ihrem Wesen gemischt. Den regen Sinn für die schöne und erhabene Natur und das phantastische Schwelgen in Gefühlen scheint der Dichter von der Mutter übernommen zu haben, obgleich auch er sich gerade in ihr Empfinden nicht einzuleben vermochte und bei aller Pietät der eigenen Mutter fremder blieb als manchen Frauen, die er später als mütterliche Freundinnen verehrte..“2)

Schenkendorf, vermutlich in seiner Kindheit von Hofmeistern erzogen, besuchte ab seinem 15. Lebensjahr die Königsberger Universität. Doch als seine Eltern meinten, er würde seinen juristischen Studien nicht die volle Aufmerksamkeit entgegenbringen, nahmen sie ihren Sohn 1802 von der Universität und gaben ihn aufs Dorf in die Obhut des geistlichen Dr. Ernst Hennig, der sich zur Aufgabe gemacht hatte, Söhne „aus angesehenen Familien in Pflege und Kost [zu nehmen] und ihre wissenschaftliche Fortbildung [zu] leiten und [zu] überwachen. Schenkendorf’s Eltern hofften wohl, daß der Sohn in der Einsamkeit des Dorfes schon aus Langeweile eifriger arbeiten und den Hang zur Verschwendung aus Mangel an Gelegenheit aufgeben werde. Und diese Erwartungen scheinen auch nicht getäuscht worden zu sein. Wenigstens kehrte S. nach zwei Jahren entschieden reifer zur Universität zurück. (…)“ 2)

Später wurde Schenkendorf durch Intervention seiner Mutter „unter die Aufsicht eines Verwandten, des Justizcommissarius Wannovius [gestellt], der im Intelligenzblatt die Anzeige erließ, daß der Studiosus F. M. v. Schenkendorf in Abwesenheit seiner beiden Eltern seiner Curatel übergeben sei und er alle Ausgaben desselben nach dem ihm gemachten Etat reguliren werde. Traurig und niedergedrückt schrieb S. an Wedeke über diese Erklärung: ‚Ich habe sie nicht gelesen und mag sie nicht lesen, mein Vater soll auch nichts davon erfahren. Aber tief schmerzt es mich, (…). Ich erfuhr es erst, als keine Abänderung mehr möglich war. Oeffentlich bin ich beschimpft.‘ Und sein Etat war so knapp, daß er meinte, er müsse enger in den Heften schreiben und die Kleider mehr schonen, sonst könne er sich keine Semmel mehr kaufen und keinen Brief auf die Post geben.

Die Freunde nahmen S. freundlich auf, das fühlte er wohl. Aber er war ein anderer in seiner Einsamkeit geworden, und der Dichter träumte gern. Die Freunde aber wollten vernünftig sein (…) er folgte ihren Mahnungen, durch Ablegung des Examens sich möglichst bald der drückenden Bevormundung zu entledigen und arbeitete fleißig, bis er im Mai 1805 die Universität verließ, um, wie es zur cameralistischen Ausbildung damals erforderlich war, noch ein Jahr hindurch sich auf einem Domänenamte aufzuhalten. (…).“2)

Doch Schenkendorf sagte der Beruf eines Cameralisten nicht zu. Er wollte dichten.

In dieser Zeit lernte er seine zukünftige Ehefrau kennen, die neun Jahre ältere verheiratete Elisabeth Barckley, geborene Dittrich (1774-1840). Ihr depressiver Ehemann nahm sich 1808/1809 das Leben.

1806 schloss Schenkendorf in Königsberg zwar noch seine Ausbildung mit der Kammerreferendarprüfung ab, aber bereits ein Jahr später konzentrierte er sich gemeinsam mit Ferdinand von Schrötter auf die Herausgabe der Zeitschrift „Vesta. Für Freunde der Wissenschaft und Kunst.“ Es erschienen nur zwei Bände.

„Ihre Fortsetzung soll auf kaiserlich französischen Befehl verhindert worden sein. [ der Inhalt der Schrift richtete sich in dieser Zeit der Napoleonischen Kriege gegen Napoleon, deshalb wurde die Zeitschrift durch Kaiser Napoleon verboten].“ 2)

„Schon im J. 1807 hatte S. einen unangenehmen Auftritt mit einer kurzen Gefangenschaft zu büßen. Er war als Referendarius beauftragt worden, die Verwaltung eines Militärmagazins zu untersuchen und widersetzte sich, wie es scheint, thätlich den Franzosen, worauf er gebunden abgeführt und eine Zeit lang gefangen gehalten wurde. Bald häuften sich die Unannehmlichkeiten für ihn in Königsberg. Im J. 1808 oder 1809 meldete er sich zu dem zweiten Examen, das er indessen nicht bestand. (…).“ 2)

Schenkendorf neigte sehr zur Mystik und wurde dabei von seiner nun verwitweten Freundin Elisabeth Barckley unterstützt, die eine Anhängerin der Mystikerin und Schriftstellerin Juliane von Krüdener (1764 Riga – 1824 auf der Krim) war.

„Dem Dichter wurde auch von nahen Freunden sein intimer Verkehr im Hause seiner verwittweten Freundin verdacht, und es wurde viel besprochen und gestritten, ob er sich um die zehn Jahre ältere Wittwe oder um ihre zehn Jahre jüngere Tochter bewerbe, und es fehlte nicht an solchen, welche, wie die eigene Mutter der Frau v. Barckley, dem Dichter, der nichts sei und nichts habe, unedle Beweggründe unterschoben. Aus der peinlichen Lage befreite sich und den Dichter Frau v. B. durch den plötzlichen Entschluß, der Frau v. Krüdener, als sie im November 1811 nach Baden übersiedelte, dorthin zu folgen. S. blieb in Königsberg zurück und bezog jetzt das verlassene Barckley’sche Haus, wodurch der letzte Schleier des Geheimnisses gelüftet wurde.“2)

Doch lange hielt es Schenkendorf die Einsamkeit in dem Haus nicht aus und reiste 1812 nach Karlsruhe, wo Elisabeth Barckley weilte.

„In Karlsruhe wurde er von dem ganzen Freundeskreis seiner Erwählten, (…) freundlich empfangen. Aber noch manche Widerwärtigkeiten waren durch die harte Gesinnung der Verwandten seiner Verlobten zu überstehen, bis er am 15. December 1812 (…) sich trauen ließ. Die leider durch seinen frühen Tod nur kurze Ehe war durchaus glücklich, wenn auch die Verehrung, mit welcher er zur Gattin aufschaute, und die pietistische Richtung derselben, welche sie nach dem Beispiel der Krüdener immer nach Demüthigung und Zerknirschung zu streben trieb, dem Verhältniß der Gatten einen gewissen feierlichen Ernst aufprägte. Den eigentlichen Kern der Unterhaltungen im eigenen Hause wie im Verkehr mit den Freunden bildeten religiöse Betrachtungen und das gemeinsame Streben aller Freunde war nach dem Ausdruck der Frau v. S. darauf gerichtet, ‚das Erdenleben an den Himmel zu knüpfen‘. S. schätzte und verehrte den Kreis der Frau v. Krüdener und seiner Gattin, aber das hinderte nicht, daß er eine gewisse Einförmigkeit und seine Abhängigkeit von Frauen fühlte. Er sehnte sich nach Heidelberg zu gehen, um dort ‚den Umgang manches großen Mannes zu genießen‘, aber die Gattin fühlte sich in Karlsruhe sichtlich wohl, und ein häufig eintretender Nervenkopfschmerz hinderte ihn, einen festen Plan für die Zukunft zu fassen. (…).“2)

1813 zog Schenkendorf freiwillig als Soldat in die „Befreiungskriege“. (siehe zu den Befreiungskriegen, unter: Schillstraße). Dazu heißt es in Wikipedia: „Im Mai 1813 begab er sich ins preußische Hauptquartier nach Schweidnitz und wurde als Beobachter des Generalstabs in die Brigade Röder aufgenommen, der sich viele bekannte Kulturschaffende anschlossen, (…). Im Lager und während des sich anschließenden Feldzuges entstanden die meisten seiner Kriegslieder, die handschriftlich in der Armee verbreitet, und überall gesungen wurden. Auch an der Völkerschlacht bei Leipzig nahm er teil. Ab 1814 war er für das Militärgouvernement in Frankfurt, Köln und Aachen tätig (…). Ende 1815 erhielt er bereits todkrank eine Anstellung in Koblenz als Regierungsrat. Er starb an seinem 34. Geburtstag (…).“3).

Schenkendorf’s Lied „Freiheit, die ich meine“ wurde von den Nationalsozialisten missbraucht und in das SA-Liederbuch aufgenommen. „Im Jahr 2017 wurde die Melodie auf Wunsch des Bundespräsidenten Joachim Gauck im großen Zapfenstreich zu seiner Verabschiedung gespielt.“ 4)