Schrammsweg
Eppendorf (1864): Familie Schramm, besonders nach dem Oberalten Johann Gottfried Schramm (26.7.1742 Hamburg – 17.3.1822 Hamburg), Kaufmann und Freimaurer und seinem gleichnamigen Sohn (6.10.1781/1780 Hamburg -13.6.1827 Hamburg), Klosterschreiber des St. Johannis-Klosters/Jungfrauenstift.
Siehe auch: Berenberg-Goßler-Weg
Siehe auch: Sievekingsallee
Siehe auch: Schubackstraße
In der Datenbank „Hamburger Persönlichkeiten“ heißt es über den Oberalten Johann Gottfried Schramm: „Johann Gottfried Schramm heiratete am 27. März 1770 Susanna Katharina (17.5.1746 Hamburg – 8.5.1830 Hamburg) - Tochter des Senators Jacob Krohn. Mit ihr hatte er drei Kinder: Elisabeth, Marianne und Johann Gottfried.
Neben seiner Tätigkeit als Hamburger Kaufmann engagierte sich Schramm ehrenamtlich für den Rath und die Stadt Hamburg in unterschiedlichen Bereichen. So war er 1778 mit verantwortlich für die Gassenordnung, 1786 für die Ordnung auf dem Bauhof und 1798 Gotteskastenverwalter. 1799 war Schramm Alter des Waisenhauses und ab 1800 Vorsteher des Klosters St. Johannis in Eppendorf. Direkt nach Besetzung der Stadt durch französische Truppen wählte man ihn am 19. November 1806 in die ‚Deputation wegen der französischen Occupation‘. Am 13. September 1814 trat Johann Gottfried Schramm für Johann Hockmeyer dem Kollegium der Oberalten bei.“ 1)
Sein Sohn Johann Gottfried (6.10.1780 Hamburg – 13.6.1827 Hamburg) 2) war ebenfalls Kaufmann, er betrieb Seidenhandel. Das bedeutet, dass er als Überseekaufmann in der damaligen Zeit vom Kolonialismus profitierte. Verheiratet war er mit Elisabeth, geb. Gossler (41.1777 Hamburg – 1.1.1850 Hamburg). Es war ihre zweite Ehe, zuvor war sie mit Peter Schlüter verheiratet gewesen. Das Paar hatte sechs Kinder, unter ihnen: Adolph (1805-1887), Thekla (1806-1828), Eduard (1809-1875), Gustav (1810-1891) und Ernst Schramm (1812-1882). Sie alle hatten entweder vor der Zeit bzw. in der Zeit, als die Straße nach der Familie Schramm benannt wurde, gelebt. 3)
Der älteste Sohn Adolph Schramm (31.3.1805 Hamburg – 20.10.1887 Hamburg) wurde wie sein Vater und Großvater ebenfalls Kaufmann und profitierte ebenfalls vom Kolonialismus. Seine kaufmännische Ausbildung hatte er in der Hamburger Firma Johannes Schuback & Söhne (siehe: Schubackstraße) absolviert. „1827 reiste er als Gesandtschaftssekretär mit dem Syndikus Karl Sieveking [siehe: Sievekingsallee] nach Brasilien, wo ein Handelsvertrag mit dem neu gegründeten Kaiserreich geschlossen werden sollte.
In den folgenden Jahren baute er in Brasilien ein Handelsunternehmen, vor allem für Zuckerhandel auf. In späteren Jahren stieg er auch in die Zuckerproduktion ein. Zusammen mit anderen Firmen wirkte Schramm im Rahmen des Hamburger Kolonisations-Vereins an der Gründung der Kolonie Dona Francisca und deren Hauptstadt Joinville mit.“ 4)
Im Alter von 56 Jahren heiratete er 1861 die Spanierin Emilia Maria de los Dolores Scholtz (1835-1908), verwitwete Chapeaurouge, Tochter eines Hamburger Weinhändlers. Das Paar bekam fünf Kinder.
Ein Jahr nach der Hochzeit erwarb Adolph Schramm „ein Sommerhaus in der Hamburger Straße/Ecke Böge. In der Nähe des Schrammschen Besitzes lag ein großes Fachwerkhaus in der ehemaligen Talstraße, jetzt Maria-Merkert-Straße. 1883 erwarb Adolph Schramm das Haus und ein dazu gehöriges Grundstück. Auf Wunsch seiner spanischen Ehefrau Emilia – sie war katholischen Glaubens, Adolph Schramm war Protestant – stellte er es 1884 den ‚Grauen Schwestern von der Katholischen Wohltätigkeitsanstalt zur hl. Elisabeth‘ als Erholungsheim zur Verfügung.
Die Grauen Schwestern (sie trugen ein graues Ordensgewand) erhielten im gleichen Jahr die Genehmigung, Kranke und Sieche zur Pflege aufzunehmen. Nach dem Tode Adolph Schramms 1887 wurde der Besitz in eine Stiftung umgewandelt und 1890 von seiner Witwe dem Schwesternorden geschenkt. Bald darauf erfolgte ein Umbau und es wurden 12 kleine Krankenzimmer geschaffen. Ein größerer Raum diente als Kapelle. 1897 entstand dann ein neues Haus. Es erhielt den Namen St. Adolf-Stift nach dem Namenspatron des Stifters“, 5) schreibt der Geschichts- und Museumsverein Reinbek e.V..
Auch stiftete Adolph Schramm den Friedhof in Reinbek, wo er für seine Familie und sich eine Familienkapelle erbauen ließ, in der er beigesetzt wurde. Dazu schreibt der Geschichts- und Museumsverein Reinbek e. V.: „Den Grundstein für den heutigen Friedhof legte der Kaufmann Adolph Schramm, (…). Er setzte in seinem Testament eine Summe fest für eine christliche Begräbnisstätte. Nach seinem Tod kaufte seine Witwe im Jahr 1884 ein Grundstück an der Klosterbergenstraße. Auf dem Gelände wurde die noch heute bestehende Kapelle der Familie Schramm errichtet. 1889 überließ die Familie einen Großteil des Grundstücks der damaligen Gemeinde Reinbek als Schenkung.“ 6)
Der jüngste Bruder von Adolph Schramm war Ernst Schramm (24.6.1812 Göteborg – 20.7.1882 Reinbek bei Hamburg) 7). Er wurde 1836 dessen Juniorpartner in Brasilien. „Da Adolph Schramm seit dem Ausgang der vierziger Jahre nicht mehr nach Brasilien zurückkehrte, ergab sich die Regelung von selbst, daß er die Firma in Hamburg vertrat und Ernst die Leitung in Maroim (Provinz Sergipe) übernahm, dem nunmehrigen Hauptsitz der Firma im Zentrum des brasilianischen Zuckergebiets.“ (Bd. 2. S. 198). Auch er profitierte mit seiner Handlung vom Kolonialismus und wie seine Vorfahren auch von der Sklaverei. Sklaven schufteten auf den Zuckerrohrplantagen. Schlicht heißt es in Wikipedia: „Um 1850 waren von den 100 000 Einwohners Rio de Janeiros etwa 40 % Sklaven. (…). Als Portugal die Sklaverei 1761 abschaffte, blieb sie in Brasilien weiter bestehen. Auch die brasilianische Unabhängigkeitserklärung (1822) führte nicht zu einer Abschaffung der Sklaverei. Aus dem transatlantischen Sklavenhandel trat das Land erst 1850 aus. Die Abschaffung der Sklaverei erfolgte von 1871 an in mehreren Schritten; den Abschluss dieses Prozesses markiert das 1888 verabschiedete Lei Áurea, mit dem die Sklaverei offiziell aufgehoben wurde. Das Kaiserreich Brasilien war damit das letzte Land der westlichen Welt, in dem die Sklaverei abgeschafft wurde.“ 8)
1856 heiratete Ernst Schramm im Alter von 46 Jahren die damals 32-jährige Emma Adolphine Jencquel Gaedechens (19.3.1826 Hamburg – 11.4.1863 Brasilien). ER war extra aus Brasilien nach Hamburg gereist, um hier eine Frau zu finden. Nach der Hochzeit ging er mit seiner Ehefrau zurück nach Brasilien.
Der Schrammsche Haushalt wurde auch von Sklaven erledigt. Darüber schreibt Emma Adolphine am 26.7.1861 an ihre Freundin. „Die Sklavenfrage wird von allen Seiten beleuchtet, weil sie natürlich hier in einem Sklavenstaate doppelte Erwägung verdient. Theoretisch ist natürlich niemand für Sklaverei; aus praktischen Gesichtspunkten halten aber fast alle sie für ein notwendiges Übel, das plötzliche Freilassen aller Sklaven ohne Übergangsperiode wenigstens für ganz unstatthafte. Ich möchte, alle Schwärmer wie die Stove (die Verfasserin von ‚Onkel Toms Hütte‘) etc. wären selbst Besitzer von Sklaven oder – auf die Arbeit von Sklavenhänden vollkommen angewiesen – gezwungen, in den Tropen zu leben. Was sie wohl dann tun würden? Ob sie wohl ihren philanthropischen Schwärmereien treu blieben? Ich glaube nicht; denn besser ist es noch, alles entbehren, sich jeden Komfort selbst verschaffen, wie sich von freien Schwarzen bedienen zu lassen. Die Freiheit – anstatt sie zu heben, ihnen höhere Begriffe von ihrer Menschenwürde beizubringen – lehrt sie nur das Eine, nicht gezwungen zur Arbeit zu sein.
Fast könntest Du nach Vorhergehendem glauben, ich sei für Sklaverei; nein, versteh mich ja recht! Nichts würde mich so beglücken, als wenn Ernst mir vor unserer Rückkehr nach Europa sagte: ‚Meine Verhältnisse sind so gut, Du kannst allen unseren Sklaven die Freiheit ankündigen.‘ Ich will nur damit aufstellen, daß ich selbst den von mir befreiten Sklaven nicht zu meinem Diener nehmen würde.
Wir sind mit unseren Sklaven ziemlich glücklich; stehlen und lügen tun sie natürlich alle. Bei uns im Hause wird aber nie geschlagen; die größte Strafe ist ihnen, wenn wir ihnen drohen, sie zu verkaufen. Denn sie lieben uns und das gute Leben in unserem Hause genug, um sich vor jedem Wechsel zu scheuen. Schrecklich ist mir noch immer die Liederlichkeit der farbigen Frauen.“ 9)
Emma Adolphine Schramm gebar in Brasilien drei Kinder. Ein Kind starb kurz nach der Geburt, ein weiteres wurde totgeboren. Nur das Kind Max (10.10.1861 Maroim/Brasilien – 21.5.1928 Hamburg) überlebte. Er wurde später Advokat und Zweiter Bürgermeister (1925) von Hamburg.
Bei der Geburt ihres dritten totgeborenen Kindes litt Emma Adolphine Schramm an der Cholera, an der sie kurz nach der Geburt verstarb.
Ernst Schramm kehrte später nach Hamburg zurück und setzte sich 1866 als Rentner zur Ruhe und unternahm noch viele Reisen.
Die Architekten Johann Gottfried Schramm (1894-1982) und Jost Schramm (1926-2001) wurden erst geboren, nachdem die Straße in Eppendorf nach der Familie Schramm benannt wurde. Deshalb wurden sie hier nicht einbezogen.
Der Historiker Percy Ernst Schramm (14.10.1894 Hamburg – 12.11.1970), der 1929 Ordinarius in Göttingen wurde und in der NS-Zeit ab 1943 als Offizier im Führungsstab des Oberkommandos der Wehrmacht tätig war, schrieb ein Buch über die Familie Schramm unter dem Titel „neun Generationen dreihundert Jahre deutscher "Kulturgeschichte" im Lichte der Schicksale einer Hamburger Bürgerfamilie, 1648-1948. Bd. 1 u. Bd. 2. Göttingen 1963.