Hamburger Straßennamen -
nach Personen benannt

Stephansplatz

Neustadt (1887): Heinrich von Stephan (7.1.1831 Stolp/Pommern – 8.4.1897 Berlin), Generalpostdirektor des Deutschen Reiches. Freimaurer, Begründer des Weltpostvereins.


Siehe auch: Stephanstraße

1887 wurde der Stephansplatz in der Hamburger City nach Heinrich von Stephan benannt, weil dort am 5. Februar desselben Jahres das Gebäude für die Reichspostverwaltung eröffnet wurde.

Das zwischen 1883 und 1887 erbaute Gebäude besteht aus einem Komplex von drei hufeisenförmig aneinandergereihten Flügeln, die einen nach dem Dammtorwall offenen Hof umschließen.

Die kaiserliche Oberpostdirektion befand sich an der Dammtorstraße, das kaiserliche Telegraphenamt am Gorch-Fock-Wall (früher Ringstraße genannt). Zum Dammtorwall war die Fassade einfacher gehalten als an der Dammtorstraße und am Gorch-Fock-Wall. „Bekrönt ist [das Gebäude] mit allegorischen Gruppen, die Telegraphie und Telephonwesen sowie den Nutzen der Post für den Handel zu Lande und zur See feiern; der Eckturm trägt einen fliegenden Merkur (…)“, schreibt der Professor für Kunstgeschichte Hermann Hipp in seinem DuMont Reise-Kunstführer über Hamburg. 1)

Das gesamte Gebäude hat eine Länge von rund 300 Metern und galt damals mit diesen Maßen als das größte Postgebäude des Deutschen Reiches.

Zum Bau war es gekommen, weil „die Begründung des Norddeutschen Bundes 1867, die Begründung des Deutschen Reiches 1871 und der Anschluss des Stadtstaates Hamburg an das Zollgebiet des Deutschen Reiches mit der Einrichtung eines Freihafens (Zollanschluss 1888) (...) für die Förderung der Hamburger Wirtschaft die allergünstigsten Wirkungen [gehabt hatte: So war es] (...) zu einer starken Zunahme der Einwohnerzahl von Hamburg und des Post- und Fernmeldeverkehrs [gekommen]. Die Postverwaltung suchte durch raschen Ausbau und durch Verbesserung der Post- und Fernmeldedienste den Forderungen des Verkehrs gerecht zu werden.“ 2) Dies sollte durch eine Vereinheitlichung des deutschen Postwesens geschehen, was bis zur Gründung des Deutschen Reichs im Jahre 1871 nicht gegeben war. So hatte Hamburg damals sieben nebeneinander bestehende Postverwaltungen. „Diejenigen hamburgischen Geschäftshäuser und Privatpersonen, die einen ausgedehnten Briefwechsel unterhielten, waren (…) genötigt, ihre Sendungen bei 7 verschiedenen Postämtern aufzuliefern; 7 verschiedene Briefträger brachten ihnen täglich die Briefe, 7 andere die Pakete und Geldsendungen. Jedes Postamt verfuhr nach den bei seiner heimatlichen Verwaltung gültigen Gesetzen, Taxen und Dienstvorschriften. Unter diesen Verhältnissen war es von größter Tragweite für die Förderung der Verkehrsbelange, dass die Verfassung des Norddeutschen Bundes das Post- und Telegraphenwesen der dem Bunde angehörenden Staaten zu einheitlichen Verkehrseinrichtungen machte. (…) Mit der Einführung des Gesetzes über das Postwesen des Norddeutschen Bundes kamen die politischen Schranken für den Verkehr in Wegfall: Der Norddeutsche Bund wurde ein einziges großes Post- und Telegraphengebiet, das einige Jahre später mit der Gründung des Deutschen Reiches noch an Ausdehnung gewann.“ 3)

Diese Vereinheitlichung bedeutete auch eine Zentralisierung (Zusammenlegung) von Verwaltungs- und Hauptbetriebsstellen. So sollten die Oberpostdirektion (gegründet 1873) und die Hauptbetriebsstellen (Postamt 1, Paketpostamt und Telegraphenamt) zusammen in einem Gebäude untergebracht werden. Und so wurde zwischen 1883 und 1886 die Oberpostdirektion auf einem Grundstück zwischen Gorch-Fock-Wall und dem Dammtorwall errichtet.

Damals waren bei der Post in Hamburg 1250 Beamte und 1400 Unterbeamte, 66 Postillione und 102 Pferde beschäftigt.

In den Räumlichkeiten zur Dammtorstraße residierten die Oberpostdirektion, das Briefpostamt und die Ober-Postkasse. Außerdem gab es hier je eine Wohnung für den Oberpostdirektor und den Vorsteher des Fahrtpostamtes. Das Briefpostamt nahm fast das gesamte Erdgeschoss ein, dessen Mittelpunkt die in den vorderen Lichthof eingebaute Schalterhalle war. Zu dieser gelangte man durch ein großes Portal an der Dammtorstraße und durch ein Vestibül, in dem Bildnisse vom damaligen Reichskanzler Otto von Bismarck (1815–1898) [siehe: Bismarckstraße] und von Heinrich von Stephan in Terrakotta zu bewundern waren. Eine dreiarmige Treppe führte vom Festibül in die Schalterhalle, die mit einem Glasdach überdacht war. Zwischen den gusseisernen Säulen, die das Dach hielten, waren die Schalter eingebaut. Links befanden sich die Annahmestellen für Briefe, Postanweisungen und Briefeinwürfe. Rechts waren die Ausgabestellen für Briefe, Postanweisungen und die Annahme von Telegrammen.

Im Gebäudeflügel am Dammtorwall lag die Abfertigungshalle für angelieferte Sendungen. Von dort gelangte man in die den Mittelflügel zwischen den zwei Lichthöfen einnehmende Entkartungsstelle für angekommene Postsendungen. An Letztere schloss sich in dem am Gorch-Fock-Wall gelegenen Flügel der Saal für das Sortiergeschäft, die so genannte Haupt-Stadtpost (Dienststelle zur Bearbeitung und Verteilung der angekommenen Sendungen) nebst Briefträgerabfertigung und die Briefkastenentleerung an.

In der zweiten Etage lagen die Diensträume der Oberpostdirektion und der Ober-Postkasse sowie ein großer Briefträgersaal.

Die Oberpostkasse hatte ihre Räume nach der Seite Dammtorwall. Den Zugang dazu bildete die Treppe im Eckturm an der Einfahrt zum Posthof. In der dritten Etage befanden sich die Dienstwohnungen und noch mehr Räume der Oberpostdirektion. Im Mittelbau des Hauses war das Fahrtpostamt. Im Erdgeschoss befand sich die Postkammer, in der zweiten Etage Büroräume. Dort, wo der Bau an den östlichen Flügel anstößt, lag im Erdgeschoss die Paketausgabe, die sowohl vom Gorch-Fock-Wall als auch vom Posthof aus zugänglich war. Ähnlich dem Ostbau gruppierten sich auch die Räume des westlichen rechteckigen Flügels an zwei Lichthöfen, die allerdings hier im Keller und in der ersten Etage in die bebaute Fläche miteinbezogen waren. Im Kellergeschoss befand sich die Packkammer für abgehende Pakete. Den Hauptzugang zum Erdgeschoss bildete das große Portal am Gorch-Fock-Wall. Durch ihn kam man über die Haupttreppe auf einen Flur, der nach links zur Geldannahme und -ausgabe, nach rechts zur Telegraphenannahme führte. Geradeaus lagen die Zahlstellen für die Paketanlieferung, die zu beiden Seiten der Zahlstellen an Tischbanden und in dem am Dammtorwall gelegenen Zollrevisionssaal, der an dieser Seite einen eigenen Zugang hatte, bearbeitet wurde. In der zweiten Etage lagen die Telegraphen-Apparatesäle, das Zimmer für die Rohrpoststation, das Fernsprechzimmer und weitere zum Telegraphenamt gehörende Räume. In der dritten Etage war die Dienstwohnung des Telegraphendirektors.

„Die dem Hauptgebäude auf der mit Privathäusern bestandenen Seite der Dammthorwallstraße gegenüberliegenden beiden Remisengebäude [waren] zur Unterstellung des Postwagenparks bestimmt. Es war notwendig, für diesen Zweck ein Grundstück zu gewinnen, welches in möglichster Nähe sowohl des Postgebäudes wie der Posthalterei lag. Diesen Anforderungen entspricht der nun angelegte Postwagenhof (…), da er einerseits mit dem Posthofe über die Dammthorwallstraße hin, andererseits mit der Posthalterei in unmittelbarer Verbindung steht. Die Posthaltereigebäude, welche früher Teil des jetzigen Wagenhofes einnahmen, sind nach der Großen Drehbahn hin zurückgelegt worden. Die unmittelbare Verbindung zwischen den Pferdeställen des Posthalters und den Wagenremisen macht es möglich, dass die für den Postbetrieb erforderlichen Fuhrwerke jederzeit zur Hand sein können.“ 4)

Über die Posthalterei heißt es in dem Buch „100 Jahre Oberpostdirektion 1873 bis 1973“: „Damals war die Posthalterei auf dem Staatsgrundstück Dammtorwall-Drehbahn untergebracht. Die Postwagen (Güter- und Karriolpostwagen sowie Paketzustellwagen) waren in der Regel Eigentum der Deutschen Reichspost. In Hamburg wurden sie jedoch von der Wagenbaufirma Gebrüder Kruse gegen Vergütung gestellt und unterhalten. Der Posthalter [damals der Reitschulbesitzer Max Puls] hatte also nur die Postillione, die Pferde und das Geschirr bereitzuhalten. Er zahlte den Postillionen den Lohn und gab ihnen ihre vorschriftsmäßige Dienstkleidung.

Der Postillion stand in einem doppelten Dienstverhältnis. Dem Posthalter gegenüber galt er als vertraglich verdingter Arbeiter, der zu jeder Zeit entlassen werden konnte, in seiner Tätigkeit aber wurde er zu den beamteten Personen gerechnet. Er hatte deshalb bei Amtsvergehen mit härteren Strafen als Privatpersonen zu rechnen und stand unter der Strafgewalt der Reichspost.

Postillione, die sich gut führten, erhielten nach längerer Beschäftigungsdauer von der Reichspost Auszeichnungen (goldene Tressenstreifen, Ehrenposthorn, Ehrenpeitsche) und Belohnungen in barem Geld. Bei besonderer Bewährung konnten sie sogar ins Beamtenverhältnis übernommen werden.“5)

Während des Ersten Weltkriegs waren viele Postillione zum Heeresdienst und die Pferde an die Heeresverwaltung abbestellt worden. Deshalb wurden 1916 erstmals auch Frauen als Postillione zugelassen.

Um die Beförderung innerstädtischer Telegramme und anderer eiliger Korrespondenzen zu beschleunigen, wurde eine Rohrpostanlage im neuen Postgebäude eingerichtet. Sie befand sich im Telegraphenamt am Gorch-Fock-Wall. Die Anlage wurde bis 1914 zu einem Netz ausgebaut und verband das Telegraphenamt mit seinem Ableger, dem Zweigtelegraphenamt an der Börse. Außerdem waren das Postamt 8 im Dovenhof, das Postamt 14 im Freihafen, das Postamt 11 am Alten Wall, das Postamt 18 am Pferdemarkt (heute: Gerhart- Hauptmann-Platz), das Postamt 1 am Hühnerposten, das Postamt 12 in der Poststraße, das Postamt Altona (Elbe 1), das Postamt 4 in der Seilerstraße und die Eilbriefumschlagstelle am Hauptbahnhof mit der Rohrpost verbunden. Die Tiefe des Rohrpoststranges unter der Oberkante des Straßenpflasters betrug 1,25 Meter. Es wurde mit Druckluft für die vom Telegraphenamt abgehenden Sendungen und mit Saugluft für die ankommenden Stränge gearbeitet. Die Luftkraft wurde in einer zentralen Anlage im Maschinenhaus am Dammtorwall erzeugt.

Zwischen 1989 und 1994 kam es zu einer Umstrukturierung des Staatsbetriebes Post. Die Deutsche Post AG verkaufte das Post- und Telegraphengebäude am Stephansplatz an einen privaten Unternehmer. Seitdem wird das Gebäude völlig anders genutzt.

Wer war Heinrich von Stephan?
In Wikipedia heißt es über seine Herkunft und seine Ehen: „Stephan entstammte einer pommerschen Familie und war das achte von zehn Kindern des Schneidermeisters Friedrich Stephan (1792–1860), Stadtverordneter und Ratsherr in Stolp, und der Marie Luise Weber genannt Döring (1794–1869).

Stephan heiratete in erster Ehe am 16. Juli 1855 in Hannover Anna Tomala (* 18. Oktober 1827 in Bonyhád, Ungarn; † 22. Mai 1862 in Berlin). In zweiter Ehe heiratete er am 24. September 1863 in Potsdam Elisabeth Balde (* 13. August 1841 in Berlin; † 5./6. Februar 1926 ebenda).“ 6)

Peter Mast beschreibt in seinem Portrait über Heinrich von Stephan dessen Lebensweg u. a. wie folgt: „Da Vater Stephan die Mittel fehlten, um seinen geistig regen Sohn Heinrich auf eine auswärtige höhere Lehranstalt zu schicken – die ehedem angesehene Stolper Ratsschule, die er besuchte, vermittelte keine höhere Bildung –, war Stephans Berufswahl eingeschränkt. Er entschied sich für den praktischen Postdienst, in den er 1848 eintrat. Trotz einer Arbeitszeit von täglich 14 Stunden wußte er sich daneben ein erstaunlich umfangreiches Wissen, insbesondere auf den Gebieten der Literatur, der Geschichte, der Naturwissenschaften und der Sprachen, zu erwerben. (…). Auch künstlerische Interessen fehlten Stephan nicht; er hatte daran denken können, zum Theater zu gehen, war aber freilich von seinem Vater davon abgehalten worden.

Stephan gelangte nach Bestehen der Ersten Fachprüfung, zu der er vorzeitig zugelassen worden war, und der Ableistung seiner Militärdienstpflicht nach einem Intermezzo am Generalpostamt in Berlin an das Hauptpostamt in Köln. Neben einem anstrengenden Tages- und Nachtdienst schrieb er in der Kölnischen Zeitung über Kunstthemen und verkehrte mit Schauspielern und Journalisten. 22jährig verlobte er sich mit der ungarischen Opernsängerin Anna Tómala, die seine Ehefrau werden sollte.“ 7)

Nachdem Heinrich von Stephan 1855 die Prüfung für die höhere Postlaufbahn bestanden hatte und zum Postsekretär aufgestiegen war, heiratete der 24-Jährige die damals 29-jährige Anna Tomala. Das Paar bekam ein Kind.

„1858 wurde Stephan Postrat in Potsdam, 1859 Hilfsarbeiter im Generalpostamt in Berlin, 1863 dort Oberpostrat, (…).“ 7) In diesem Jahr starb Stephans Ehefrau. Als Witwer mit einem kleinen Kind im Alter von fünf Jahren heiratete er 1863, ein Jahr nach dem Tod seiner Frau, erneut. Diesmal ehelichte der 32-Jährige eine Frau aus seinem beruflichen Umfeld: die zehn Jahre jüngere Elisabeth Balde (13. 8. 1841 Berlin -5./6. 2. 1926 Berlin), Tochter des Oberpostdirectors Balde. Sie gebar drei Kinder (geboren: 1864, 1865, 1869 (dies Kind starb im Alter von vier Jahren, 1874).

In demselben Jahre, in dem er sich zum zweiten Male verheiratete, wurde Stephan zum Oberpostrat befördert. Zwei Jahre später avancierte er zum Geheimen und vortragenden Rat und wurde: „1867 Geheimer Oberpostrat. Er war Dezernent der Auslandsabteilung und handelte zwischen 1863 und 1869 mit verschiedenen europäischen Staaten Postverträge aus. (…).

Nachdem Stephan 1870 auf Betreiben Bismarcks zum Generalpostdirektor ernannt und zum Leiter des preußischen Generalpostamtes berufen worden war, widmete er sich der Aufgabe, für das neue Reich ein einheitliches Postwesen zu schaffen (…). Als weitere Neuerungen kamen die Paketkarte, die Postkarte (…), der Bücherbestellzettel (im Porto mit Drucksachen gleichgestellt), das Giroverfahren im Postanweisungsverkehr und die Nachnahme hinzu. (…).

Zur Verdichtung des Postverkehrs und zur Hebung seiner Leistungskraft vermehrte Stephan die Zahl der täglichen Zustellungen. Die Zahl der Postanstalten stieg von 4.500 auf 28.000 im Jahre 1895. (…). Im Jahre 1875 wurde die Telegraphie mit der Post vereinigt und Stephan zum Generalpostmeister als Chef einer neuen Reichsbehörde ernannt (…). Neben den herkömmlichen Telegraphenleitungen setzte Stephan auf ein unterirdisches Kabelnetz, (…) sowie auch auf Seekabelverbindungen, (…). Stephan war es auch, der die Telegraphie dem Gemeinwohl nutzbar machte – durch die Einrichtung des telegraphischen Hochwasser-, Unfall- und Feuermeldedienstes sowie des Sturmwarnungswesens. (…)

Als Neuerer bewährte sich Stephan durch die unverzügliche Einführung des in Amerika erfundenen Telephons, das er amtlich ‚Fernsprecher‘ nannte. (…). Stephan war auch ein Förderer der Rohrpost; (…). Schon bevor er Überseekabel verlegen ließ, richtete er (staatlich subventionierte) Postdampferlinien nach Ostasien, Australien und Afrika ein. In den deutschen Kolonien ließ er ein geregeltes Post- und Telegraphenwesen aufbauen.“7)

In der Neuen Deutschen Biographie schreibt Jan-Ottmar Hesse über die weitere Karriere von Heinrich von Stephan: „Mit der Schaffung einer selbständigen Reichsbehörde erhielt S. 1876 den traditionellen preuß. Titel ‚Generalpostmeister‘, 1880 zur Gleichstellung mit den übrigen Reichsbehörden den Titel ‚Staatssekretär im Reichspostamt‘. Unter S. expandierte die Reichspost um das Vierfache auf rund 240000 Beschäftigte. Im Zuge dieses Personalwachstums und der damit verbundenen Leistungssteigerung waren zahlreiche Organisations- und Verwaltungsreformen notwendig, die S. in kürzester Zeit durchsetzte.“. 8)

Heinrich von Stephan will keine Frauen bei der Post beschäftigen
Dazu heißt es in der Allgemeinen Deutschen Biographie: „Als im Juni 1872 die Frage der Beschäftigung der Frauen im Reichspostdienst an ihn herantrat, erklärte er (5. Juni 1872) im Reichstag rundweg: ‚Ich glaube in der That, daß keine Anstalten weniger als die Reichsverkehrsanstalten dazu geeignet sind, Frauen in Beschäftigung zu setzen‘ und suchte diese wichtige Angelegenheit mit Witzen abzuthun. Dabei war das Problem in zahlreichen anderen Staaten schon im gegentheiligen Sinne gelöst. Später konnte er sich nicht mehr dagegen verschließen, daß die Verwendung weiblicher Hülfskräfte in seiner Verwaltung zweckmäßig war. Wenigstens im Fernsprechdienst und bei der Telegraphen-Verwaltung stellte er Frauen an. (…).“ 9)

Heinrich von Stephan und das Thema Kolonialismus

Oliver Simon, Assistant Professor am Department of Germanic Languages and Literatures, an der Harvard Universität griff 2006 unter dem Titel „Freiburger Straßennamen und der deutsche Kolonialismus das Thema auf. Er schreibt: „Am Ende des 19. Jahrhunderts wird im pazifischen Deutsch Neu Guinea eine Station auf seinen [Stephans] Namen getauft. Die Postwege für Briefe und Karten aus ‚Stephansort‘ in die Stephan-Strassen der Heimat wurden vor allem in seiner Dienstzeit ausgebaut. Wie im Folgenden erörtert, strebte das Deutsche Reich auch unter dem Banner der Post nach Kolonien. (…)

Heinrich von Stephan plädierte 1890 im Reichstag für nationale Subventionen der Ost-Afrika-Linie [von Postdampfern], denn der Mangel an ‚Verkehrsanstalten‘ sei schließlich auch ein Grund dafür, wenn ‚keine Nachrichten über Dr. [Carl] Peters‘ (dem Begründer Deutsch-Ostafrikas) kommen. Und wie sonst war die Niederschlagung ‚rebellischer Häuptlinge‘ zu gewährleisten, wenn nicht mit deutschen Dampferverbindungen? (…)

1890 gründete ein Konsortium von Reedern die deutsche Ost-Afrika-Linie und stellte eine Flotte zusammen, die alljährlich um neue Dampfer erweitert wurde. Mit Schiffsnamen wie König, Herzog, Kaiser, Reichstag, General, Safari und Peters und der Reichspost beflaggt, waren diese Dampfer gleichsam die ersten Botschaften, die nach den Kolonien ausgesandt wurden. Der Postdampfer wurde nun zum Leitmotiv des deutschen Kolonialismus: (…).“ 10)