Hamburger Straßennamen -
nach Personen benannt

Stoltenstraße

Horn (1945), Johannes Ernst Otto Stolten (5.4.1853 Hamburg -8.1.1928 Hamburg), Bürgermeister von Hamburg.


Siehe auch: Stoltenbrücke
Siehe auch: Stoltenkai
Siehe auch: Inge-Stolten-Weg
Siehe auch: Stengelestraße

In der NS-Zeit, zwischen 1933 und 1937, wurde die Straße in General-Litzmann-Straße benannt, nach: Karl Litzmann (1850-1936), preuß. General, Abgeordneter der NSDAP im Reichstag. Umbenannt aus Gründen Doppelbenennung zwischen 1939 und 1945 in Wilhelm-Gustloff-Straße (Nordteil). Nach der Befreiung vom Nationalsozialismus wurde die Straße 1945 aus politischen Gründen umbenannt in Stoltenstraße. (vgl.: Staatsarchiv Hamburg, Registratur Staatsarchiv AZ. 1521-1/5 Band 3-5: Straßennamen (neue Kartei), alphabetisch geordnet mit Hinweisen).

Seit 1925 verleiht der Senat die Bürgermeister-Stolten-Medaille an Personen, die sich mit ihrem öffentlichen Wirken bleibende Verdienste um Hamburg erworben haben. 1961 erhielt erstmals eine Frau diese Medaille verliehen: Emmy Beckmann (siehe Emmy-Beckmann-Weg).

Otto Stolten entstammte einer kinderreichen Arbeiterfamilie. Sein Vater war Schlosser, der nach dem Tod seines Lehrherrn dessen Tochter Caroline Augustine Henriette Wettwer geheiratet hatte. Die Familie lebte in der Spitalerstraße Hof Nr. 29, 5. Sahl und erlebte wirtschaftliche Auf und Abs. Der Vater wurde Alkoholiker, soll zwar von der Trunksucht geheilt worden sein, doch seine Gesundheit war ruiniert. 1861 lebte in der Steinstraße 56, wohin die Familie später gezogen war, dann nur noch die Witwe Stolten mit den vier Kindern im Alter von vier bis zehn Jahren. Sie ernährte die Familie als „Händearbeiterin“.

Über diese Zeit schreibt Christiane Teetz: „Es läßt sich aus heutiger Sicht nur erahnen, was dieser Schicksalsschlag für den damals siebenjährigen Otto bedeutet haben mag. Alt genug, um bereits die Sorge um den kranken Vater und die materielle Unsicherheit der vergangenen Jahre bewußt miterlebt zu haben, stand er nun als ältester Sohn der Familie schlagartig in der Verantwortung, ihre Geschicke mitzulenken. Das Haupteinkommen war mit dem Tod des Vaters weggefallen, (…). Der junge Otto Stolten hatte von klein auf die ‚Widerwärtigkeiten‘ des proletarischen Lebens‘ kennengelernt. (…) Doch jetzt, nach dem Tod des Vaters, lernte er die bitterste Armut kennen. (…) Über mehrere Monate hinweg hatte seine Mutter noch als Näherin ein spärliches Zubrot zu dem Geld verdient, das die Familie von der Berufsvereinigung des Vaters erhielt. Als jedoch die Geburt des fünften Kindes näher rückte, sah sie sich schließlich außerstande, alle Kinder weiter zu unterhalten und beantragte beim Waisenhaus der Stadt die Aufnahme ihrer zwei jüngsten Kinder (…)“ 1) Otto und seine ältere Schwester Louise blieben bei der Mutter.

Otto Stolten, der sicherlich als Kind schon zum Lebensunterhalt der Familie beigetragen hat, wie es viele Arbeiterkinder mussten, absolvierte eine Schlosserlehre, ging auf Wanderschaft durch Sachsen, wo er sich der SPD zuwandte und kehrte 1875 zurück nach Hamburg. Hier wurde er parteipolitisch tätig - dies auch während der Zeit, als Bismarck'schen Sozialistengesetze Anwendung fanden und die SPD in der Illegalität wirken musste. Christiane Teetz berichtet in ihrem Porträt über Otto Stolten, dass er an der Gründung der zentrale Kranken- und Sterbekasse der Metallarbeiter beteiligt gewesen war, deren Vorsitzender er wurde. Da er nebenher auch Artikel für die SPD "Bürgerzeitung" schrieb, wurde er schließlich deren Redakteur. Als Maschinenbauer arbeitet seit 1885 nicht mehr.2)

1882 hatte Otto Stolten die Arbeitertochter Anna Katharina Maria Voss (um 1857 – um 1933) geheiratet. Das Paar bekam zwei Kinder (1883 und 1888) und lebte zunächst in der Langen Reihe, später in der Schmilinskystraße im Hamburger Stadtteil St. Georg. Als Stolten Bürgermeister von Hamburg wurde, wohnte er mit seiner Familie dann im Uhlenhorster Weg 36.

„Die Härten, die dem Familienvater aus seiner politischen Arbeit erwuchsen, konnte Stolten seiner Familie und den beiden Kindern nicht ersparen. Teilweise scheint er sie allerdings auch ganz bewußt in seine politischen Aktivitäten mit eingebunden zu haben und unterschied nicht zwischen seinem Leben als Politiker und als Privatmann,“ 3) schreibt Christiane Teetz.

Otto Stolten, nun hauptberuflich für die SPD tätig, wurde nach dem Verbot der "Bürgerzeitung" Chefredakteur des "Hamburger Echos", des Nachfolgeblattes der "Bürgerzeitung". 1901 wurde Otto Stolten als erster und damals noch einziger Sozialdemokrat in die Hamburgische Bürgerschaft gewählt. Er wandte sich besonders der Finanz- und Steuerpolitik zu. "Bis 1904 saß er dort alleine zwischen den ‚alten‘ Fraktionen. Erst dann bildete sich mit 13 Sozialdemokraten eine eigene Fraktion‘. Er saß durchgängig bis 1927 in der Bürgerschaft der Stadt Hamburg. Von 1919 bis 1925 war er Mitglied des Senats als Zweiter Bürgermeister von Hamburg. Von 1913 bis 1918 saß Stolten als Mitglied der SPD-Fraktion im Reichstag des Deutschen Kaiserreichs. Nachdem er 1919 in die Weimarer Nationalversammlung gewählt worden war, war er von 1920 bis 1924 Mitglied des Reichstags der Weimarer Republik.“ 4) Aus gesundheitlichen Gründen legte er sein Amt als Bürgermeister 1925 nieder; zwei Jahre später ebenso sein Amt als Abgeordneter.