Werfelring
Bramfeld, seit 1961, benannt nach Franz Werfel. 2001/2002 ergänzt um die berühmte Ehefrau Alma Maria Mahler-Werfel. Neuer Erläuterungstext: benannt nach dem Ehepaar (verh. v. 1929– 1945) Franz W. (10.9.1890 Prag –26.8.1945 Beverly Hills), Schriftsteller, und Alma Maria Mahler-W. (31.8.1879 Wien – 11.12.1964 New York), geb. Schindler, Komponistin und Musikschriftstellerin
Siehe auch: Werfelstieg
Siehe auch: Gropiusring, Steilshoop, seit 1972: Prof. Walter Gropius (1883–1969), Architekt
Siehe auch: Gustav-Klimt-Weg, Billstedt, seit 1976: Gustav Klimt (1862–1918), Maler
Siehe auch: Gustav-Mahler-Platz, Neustadt, seit 1990: Gustav Mahler (1860–1911), Komponist, Dirigent am Hamburger Stadttheater
Es bräuchte einen Straßenschilderwald, um die Vernetzungen und Verbindungen von Alma Mahler-Werfel (31.8.1879 Wien–11.12.1964 New York) zu veranschaulichen. Ihr Lebensweg war Anlass für viele mythische Schilderungen zwischen Femme fatal und Muse. Sie war eine umschwärmte Frau, die begabte und erfolgreiche Männer begehrte und förderte, selbst kreativ war – und doch in traditionellen Rollenzuweisungen gefangen blieb.
In einem künstlerischen Umfeld aufgewachsen – der Vater war der Wiener Maler Emil Jakob Schindler – wurde Almas musikalische Begabung gefördert, aber nicht im Hinblick auf eine ernsthafte Berufsoption. Ab 1900 erhielt sie Klavier- und Kompositionsunterricht bei dem Komponisten und Pianisten Alexander von Zemlinsky, der insbesondere ihre Liedvertonungen schätzte und mit dem sie eine erotisch aufgeladene Lehrer-Schülerin-Beziehung verband. Hier zeigte sich ein lebenslanges Dilemma: die junge, schöne Frau wurde von Männern umschwärmt. Ihre Kunst galt eher als ein standesgemäßer Zeitvertreib als eine auch die Gesellschaft herausfordernde Profession. Wie sollte eine junge Frau wie Alma da konzentriert den eigenen Weg und das Selbstvertrauen in die eigene Schaffenskraft finden? 1902 heiratete Alma Schindler den neunzehn Jahre älteren Komponisten und Dirigenten Gustav Mahler (siehe: Gustav-Mahler-Platz), der den gesellschaftlichen Aufstieg geschafft hatte als Artistischer Direktor der Königlich-Kaiserlichen Hofoper in Wien. Das Paar bekam zwei Kinder: Maria Anna (1902–1905), die im Alter von vier Jahren an Scharlach und Diphterie starb, und Anna Justine Mahler (1904–1988), Bildhauerin.
Bereits in der Verlobungszeit hatte Mahler Alma das Komponieren verboten, eine verletzende Entmutigung. Nur wenige Liedkompositionen ließ Alma Mahler-Werfel später drucken; viele ihrer Werke (Lieder und Klaviermusik) blieben ungedruckt oder sind verschollen. Und so spielt die Komponistin Alma Mahler-Werfel heutzutage nur eine Nebenrolle.
„Erst nach dem Tod von Gustav Mahler wurde Alma Mahler zur Frau mit vielen Männern – und dies in einem solchen Geflecht von Überschneidungen, dass die Aufeinanderfolge ihrer Verheiratungen mit Gustav Mahler (1902 bis zu dessen Tod 1911), Walter Gropius (1915 bis zur Scheidung 1920) [siehe: Gropiusring] und Franz Werfel (1929 bis zu dessen Tod 1945) auf eine falsche Fährte führt. Mehr als ein Jahrzehnt nach Gustav Mahlers Tod fand Alma Mahler aus der Simultanität zwischen ihren Erinnerungen an Mahler, ihrer komplizierten Bindung an Walter Gropius, ihrer glutvollen Beziehung mit Oskar Kokoschka und ihres von Franz Werfel Gebanntseins nicht heraus.“ 1)
Ein Beispiel dafür ist ihre Reaktion auf das Gedicht „Der Erkennende“ von Franz Werfel, das sie 1915 in Berlin in der Zeitschrift „Die Weißen Blätter“ entdeckte, als Walter Gropius Fronturlaub hatte: „Das Gedicht schlug über mir zusammen (...) ich war vollkommen gebannt und der Seele Franz Werfels ausgeliefert. Das Gedicht gehört zu dem schönsten, was ich überhaupt kenne. Ich habe, auf den Semmering zurückgekehrt, das Gedicht komponiert.“ 2)
Weinend, allein in seelischen Abgründen, hier schien Alma Mahler-Gropius ihre eigene Situation wiederzuerkennen. Und Rettung aus solchen Nöten schien auch eine Eheschließung mit dem Dichter Franz Werfel nicht zu garantieren, den sie bereits 1917 auf einer ihrer Abendgesellschaften persönlich kennengelernt hatte und den sie schließlich 1929 heiratete. So schrieb sie an den Komponisten Alban und dessen Frau Helene Berg, ihre langjährige Freundin: „Es ist nicht so herrlich – wie Ihr Euch das vorstellt. Für mich ist die Ehe – ja – jede Ehe heute schon als Idee ein unerträglicher Zwang und ich habe lediglich äußerer Dinge wegen, diesen für mich vollkommen sinnlosen Schritt getan! (...)“ 3)
Während der Zeit des Nationalsozialismus emigrierte das Paar 1938 über Frankreich und Spanien in die USA. Nach dem Tod von Franz Werfel im Jahre 1945 übernahm Alma Mahler-Werfel die Verwaltung des künstlerischen Nachlasses Werfels. Sie setzte sich ebenfalls für das Werk von Gustav Mahler ein und publizierte Briefe und Erinnerungen.
Am Beispiel dieser beiden Ehemänner läßt sich Alma Mahler-Werfels ambivalente, diskriminierende Haltung zu Menschen jüdischer Herkunft ablesen. Gustav Mahler konvertierte zum Katholizismus und ließ sich 1897 in Hamburg im Kleinen Michel taufen. Franz Werfel stammte ebenfalls aus einer jüdischen Familie.
„Alma und Franz Werfel verfolgten verschiedene Lebenskonzepte in diesen Jahren [Anfang der 1930-er Jahre; d. Verf.], waren politisch verschiedener Überzeugungen und führten darüber heftige Debatten, ja gerieten immer wieder in erbitterten Streit über ihre unterschiedlichen Überzeugungen, die sich auf beiden Seiten radikalisierten. Im Zuge dieser Radikalisierungen zog es beide zu ihrer Herkunftsreligion zurück, Alma Mahler-Werfel zum Katholizismus, Franz Werfel zum Judentum.“ 4)
Alma Mahlers Lebenserinnerungen, erstmals 1958 publiziert unter dem Titel „And the bridge is love“, wurden heftig kritisiert, u. a. wegen antisemitischer Äußerungen.
Text: Birgit Kiupel