Boldtstraße
Bergedorf (1949): Carl Boldt (3.2.1887 Vorderhagen/Mecklenburg – 3.5.1945 auf der Cap Arcona), Maschinenschlosser, Mitglied der SPD, später der USPD und dann der KPD, Widerstandskämpfer, KZ-Häftling
Vor 1949 hieß die Straße Ellernweg. vgl.: Staatsarchiv Hamburg 133-1 II, 26819/38 Geschäftsakten betr. Straßennamen B. Die große Umbenennung hamb. Straßen 1938-1946. Ergebnisse der Umbenennung in amtlichen Listen der alten und neuen Straßennamen vom Dez. 1938 und Dez. 1946)
Stolperstein in der Soltaustraße 12 in Hamburg Bergedorf, Boldts letzte Wohnadresse
Siehe auch: Marie-Henning-Weg
Siehe auch: Ernst-Henning-Straße
Carl Boldt war das Kind von Carl Wilhelm Anton Boldt und Dorothea Catharina Sophie Henriette Boldt, geb. Hinzmann. Über seine Kindheit und Jugend ist nichts bekannt. Er war mit Olga, geb. Elmers (geb. 1899 in Hamburg), verheiratet und hatte drei Kinder: Frieda (geb. 1908), Karl (geb. 1909) und Emma (geb. 1912). Nach Auskunft eines Verwandten soll sich Emma in den 1930er-Jahren den Kommunisten angeschlossen haben und im Widerstand tätig gewesen sein.
Boldt wird in den erhaltenen Akten als „Maschinist" bezeichnet und hat mehrere Jahre im Bergedorfer Eisenwerk gearbeitet. Vor dem Ersten Weltkrieg war er Mitglied der SPD und wurde ab 1919 in der Bergedorfer USPD aktiv. Diese Partei war 1917 von ehemaligen SPD-Mitgliedern gegründet worden, die während des Ersten Weltkriegs die „Burgfriedenspolitik" ihrer Partei – und damit die Unterstützung des Kriegskurses des kaiserlichen Deutschlands – nicht länger mittragen wollten. Die Bergedorfer USPD (und mit ihr Carl Boldt) schloss sich 1920 der KPD-Ortsgruppe an.
Familie Boldt lebte mehrere Jahre in der damaligen Gärtnerstraße 12 (heute Soltaustraße). In den 1930er-Jahren zog sie in den Ellernweg 8, in ein älteres Haus am Rande der damals neu errichteten Eschenhofsiedlung.
Carl Boldt war von 1927 bis 1930 Abgeordneter in der Bergedorfer Bürgervertretung und wurde dort unter anderem Mitglied im Bau- und Finanzausschuss. Am 24. März 1931 hielt er auf dem Bergedorfer Friedhof die Grabrede für den ermordeten Ernst Henning [siehe: Ernst-Henning-Straße]. Im Frühjahr 1933 wurde er verhaftet und ins KZ Fuhlsbüttel gebracht, kam aber nach einigen Monaten ohne Prozess frei. Anschließend fand er Arbeit als Oberheizer bei der Dynamit AG in Krümmel. Er blieb Nazigegner – was ihm schließlich zum Verhängnis wurde. Im Nebenerwerb betrieb er in seinem Haus eine Dosenschließmaschine. Damit konnten Dosen mit selbst eingemachten Früchten, Gemüse und Ähnlichem verschlossen werden. Am 3. August 1943, kurz nach den schweren Luftangriffen auf Hamburg im Rahmen der „Operation Gomorrha", kam ein Arbeiter namens Buffleben, der Zellenleiter der NSDAP gewesen sein soll, zu Carl Boldt, um Dosen verschließen zu lassen. Ihm gegenüber machte Carl Boldt einige abschätzige Bemerkungen über die Nazis. Buffleben gab diese Äußerungen an den Ortsgruppenleiter der NSDAP weiter, auch die Gestapo erfuhr davon. Carl Boldt, dessen politische Vorgeschichte in Bergedorf bekannt war, wurde verhaftet und ohne Gerichtsverfahren ins KZ Neuengamme verbracht. Dort erhielt er die Häftlingsnummer 22584. Er hatte die Schalttafel des Klinkerwerks zu bedienen.
Bei der Räumung des Konzentrationslagers, Ende April 1945, wurde er zusammen mit anderen Häftlingen auf den Dampfer „Cap Arcona" in der Neustädter Bucht gebracht. Auf diesem Schiff und der in der Nähe liegenden „Thielbek" wurden ungefähr 7000 Häftlinge aus Neuengamme und dem KZ Fürstengrube unter erbärmlichen Bedingungen zusammengefasst. Sie standen unter Bewachung von Marineangehörigen und der SS. Am 3. Mai 1945 erfolgte ein groß angelegter britischer Luftangriff auf deutsche Schiffe in der Kieler und Lübecker Bucht, der Absetzbewegungen deutscher Truppen verhindern sollte. Die „Cap Arcona" und die „Thielbek", irrtümlich für Truppentransporter gehalten, wurden versenkt. Dabei fanden 6400 Häftlinge, unter ihnen Carl Boldt, den Tod.
Text: Ulrike Sparr, entnommen der Datenbank www.stolpersteine-hamburg.de