Hamburger Straßennamen -
nach Personen benannt

Caspar-Voght-Straße

Hamm (1916): Caspar von Voght (17.11.1752 Hamburg -20.3.1839 Hamburg), Reichsfreiherr, Kaufmann, Sozialreformer


Siehe auch: Reimarusstraße
Siehe auch: Baron-Voght-Straße
Siehe auch: Poelsweg
Siehe auch: Sievekingdamm

Die Caspar-Voght-Straße ist in der Liste der Straßennamen mit kolonialen Bezügen aufgeführt, siehe unter: https://geschichtsbuch.hamburg.de/wp-content/uploads/sites/255/2017/07/AB-SEK-I-Stra%C3%9Fennamen-Projekt-1.pdf

Caspar Voght war der Sohn der Senatorentochter Elisabeth, geborene Jencquel und des Kaufmanns und Senators Caspar Voght der Ältere. Gemeinsam mit seinem Freund Georg Heinrich Sieveking (siehe zu ihm unter Sievekinsgallee) führte er das Geschäft seines Vaters unter der Bezeichnung „Caspar Voght & Co.“ weiter, ab 1788 unter der Bezeichnung „Voght & Sieveking“. Es handelte sich um: „eines der größten Handelshäuser der Hansestadt in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Die beiden profitierten von der Plantagenwirtschaft in Übersee und planten eine Sklavenfahrt, die allerdings nicht in die Tat umgesetzt wurde.

Sieveking war ein begeisterter Anhänger der Aufklärung und vertrat die Ideale der Französischen Revolution,“ 1) die allerdings weder für Frauen noch für die indigene Bevölkerung in den Kolonien galten.

„Während der Hochphase des Amerikanischen Unabhängigkeitskrieges planten die Geschäftsleute 1782 eine Beteiligung am transatlantischen Versklavungshandel. Es wurden Vorbereitungen zur Abwicklung des Geschäfts getroffen. Die Fahrt fand schlussendlich jedoch nicht statt. Grund dafür waren nicht etwa moralische Überlegungen. Der Beteiligung norddeutscher Kaufleute am Sklavengeschäft standen erstens Hindernisse in Form von Kosten und Risiken entgegen, zweitens die merkantilistische Wirtschaftspolitik der europäischen Kolonialmächte. Die Planungen der Sklavenfahrt und auch der Handel mit Übersee geschah vor dem Hintergrund, dass sich Hamburg im 18. Jahrhundert als ein Zentrum des mitteleuropäischen Kolonialwarenhandels etabliert hatte. (…) Der Handel profitierte in ganz erheblichem Ausmaß von der versklavungsbasierten Plantagenwirtschaft.

Anstatt sich auf eine bestimmte Handelssparte zu konzentrieren, handelten Voght und Sieveking mit einem breiten Spektrum an Waren und auf der Grundlage eines weit gespannten Korrespondentennetzes. Der Schwerpunkt ihres Einfuhrhandels lag zunächst auf den Häfen der französischen Atlantikküste und Englands, doch schon mit Ausbruch des Amerikanischen Unabhängigkeitskrieges kamen auch mit Tabak, Reis und Indigo beladene Schiffe des Unternehmens aus den Häfen der nordamerikanischen Ostküste in der Hansestadt an.“ 2)

Voghts Interesse galt jedoch mehr der Landwirtschaft als dem Kaufmannsberuf. Deshalb überließ er die Leitung des Handelshauses größtenteils seinem Geschäftspartner Sieveking, behielt aber das finanziell lukrative Amerikageschäft. Auf seinem Mustergut in der Baron-Voght-Straße 63 „erprobte er zur Verbesserung der Ernährungslage der Bevölkerung“, aber auch, „um seine Erträge zu erhöhen, in England erworbene fortschrittliche Bewirtschaftungsmethoden, unterhielt ein chemisch-agronomisches Versuchslaboratorium und begann mit dem feldfruchtmäßen Anbau von Kartoffeln.“ 3)

Caspar Voght beteiligte sich auch an der neuen Armenordnung und initiierte mit anderen 1788 die Gründung der Allgemeinen Armenanstalt. Durch sie erhielten Arme zum Beispiel zwar vielfach Erwerbsarbeit. So wurden sie u. a. an Manufakturbesitzer vermittelt. Wenn diese die Armen bei sich anstellten, zahlte die Armenanstalt ein Viertel des Lohnes. Das war für den Unternehmer lukrativ, nicht aber für die Armen, denn der Lohn erhöhte sich durch die Zahlung der Armenanstalt nicht. Der Lohn blieb weiterhin so niedrig, dass sich Männer gerade das Existenzminium damit sichern konnten. Frauen hingegen erhielten weitaus weniger Lohn als Männer für ihre Tätigkeiten, so dass ihr Lohn kaum ausreichte, um davon leben zu können.

Über Caspar Voght heißt es im Hinblick auf Frauen: „Er blieb unverheiratet, war aber den Frauen allzeit zugetan. Er reiste viel, war ein glänzender Gesellschafter und genoss die Kultur der Höfe und Salons“. 4).

Seine Geliebte hieß Magdalena Pauli, geb. Poel (23.2.1757 Archangelsk - 4.1.1825 Bückeburg). Er liebte sie leidenschaftlich, und als die Liebe vorbei war, waren sie sich bis zum Ende ihres Lebens freundschaftlich verbunden. Für Magdalena Pauli ließ er den Jenischpark erbauen.

Magdalena Pauli war die Schwester von Piter Poel (siehe: Poelsweg), einem Freund von Caspar Voght. Als sie Caspar Voght 1784 in Hamburg kennen lernte, war sie bereits seit 1776 mit dem Geheimen Legationsrat und Kaufmann Adrian Wilhelm Pauli (1749–1815) verheiratet. Es handelte sich um eine von den Eltern (Vater: Kaufmann) Magdalena Paulis arangierte Ehe, um ihre Tochter finanziell zu versorgen. Damals, als sich Voght und Magdalena näherkamen, war sie bereits Mutter einer Tochter (geb. 1780). Ein Jahr nach ihrem Kennenlernen gebar Magdalena ihr zweites Kind (geb. 1785); ein weiteres Jahr später (1786) erneut ein Kind, das aber nur kurze Zeit lebte. 1791 und 1992 kamen noch zwei weitere Kinder hinzu. „Welche Qualen und Kämpfe diesen Geburten vorausgingen bei einer Frau, die einen anderen liebte und durch Gesetz gezwungen war, ihren Körper ihrem Ehemann nicht zu verweigern, läßt sich nur erahnen“, 5) schreibt sehr einfühlend Alfred Aust in seinem Buch „Mir war ein schönes Loos. Liebe und Freundschaft im Leben des Reichsfreiherrn Caspar von Voght.“

Caspar Voght beschrieb seine Geliebte wie folgt: „Nie hat eine Frau einen so entscheidenden allgemeinen Ruf von Liebenswürdigkeit und zugleich von Strenge der Grundsätze gehabt. Hochverehrt hatte sie jeden Neid ihres Geschlechts zu entwaffnen gewußt. Diese so allgemein geliebte Frau war klein, nicht einmal gut gebaut; eine dunkle Farbe deckte die nicht feine Haut ihres Gesichts, äußerst kurzsichtig bedeckten nur zu oft die Gläser ihren Blick. Haarwuchs und Füße waren das einzige, was die Frauen Schönes an ihr fanden; (…). ihre Blicke drangen ins Herz und zogen unwiderstehlich an sich, und dieses alles mit einer Wahrheit und einer Natur, welche die leiseste Spur von Gefallsucht verbannte. Was sie vorzüglich auszeichnete, war die tätige Empfindsamkeit, mit der sie in jede Gesellschaft ein neues Leben brachte. Grazie war in allen ihren Bewegungen, und wo sie war, verschwand die Apathie in der Gesellschaft, und geistvolle Freude war um sie her.“ 6)

Alfred Aust schreibt über die Ursachen der Leidenschaft zwischen Magdalena Pauli und Caspar Voght: „(..) Voght musste in der steifen und derben Geselligkeit des Hamburger Bürgertums im 18. Jahrhundert einer jungen, gebildeten Frau als weltgewandter, vollendeter Kavalier mit höfischen Sitten, mit umfassender Bildung und großer Weltkenntnis besonders auffallen. Auf seinen Bildungsreisen durch fast alle Hauptstädte Europas hatte er sich Fähigkeiten angeeignet, die ihn zum Mittelpunkt eines jeden Festes werden ließen. (…)

Diese Frau, die wie ein leuchtender Stern in der Hamburger Gesellschaft aufgestiegen war, musste auf einen Mann mit einem leicht entzündbaren Herzen, auf den schöne und geistreiche Frauen schon immer ‚viel Wirkung‘ gemacht hatten, der in seinen jungen Jahren das ‚Lieben und Geliebtwerden‘ zur Devise seines Lebens erhoben hatte, einen Sturm der Gefühle und Empfindungen hervorrufen, der alle Regeln gesellschaftlicher Konvention durchbrach.“ 7)

„Als [jedoch] der Klatsch in der Hamburger Gesellschaft über die beiden Liebenden Formen angenommen hatte, daß der Ehemann seine Frau bespitzelte, wenn sie sich in Hamburg bei ihrer Schwägerin Dorothea Glashoff oder bei ihrer intimsten Freundin Hannchen [siehe: Sievekingsallee und Poelsweg], der Frau von Voghts Geschäftspartner Georg Heinrich Sieveking, aufhielt, blieb ihnen nichts übrig, sich – wenn auch schweren Herzens – zu trennen, weil Voght fürchtete, daß dieser Elende ‚sie alle den Ausschweifungen preisgäbe, die die Folgen der Eifersucht bei so einem Menschen sein könnten.‘ Er wollte ihm ‚keine Veranlassung geben, das edelste und geliebteste Weib zu mißhandeln‘.“ 8)

Um die Trennung von seiner Geliebten zu überwinden, reiste Voght nach Paris und London, beschäftigte sich mit Agrarreformideen, wollte in der Philosophie den Sinn des Lebens ergründen und begann sich um Armenpflege zu bekümmern. D. h., sein Liebeskummer öffnete ihm sein Herz den Armen und gab seinem Intellekt Inspiration für Reformideen.

Voller Sehnsucht nach seiner Geliebten kam Voght nach einigen Jahren seines Wanderlebens 1786 nach Hamburg zurück. Die beiden Liebenden trafen sich fortan bei ihren Freunden, so im Reimarus-Kreis, bei Elise Reimarus, [siehe: Reimarusstraße] bei Sievkings und auf anderen Festen. Doch weil sie überall beobachtet wurden, wagten sie nie längere Zeit miteinander zu sprechen. Mit Briefen hielten sie weiterhin Kontakt zueinander.

Sie konnten nicht voneinander lassen. Und so wurde für Voght die Lage immer unerträglicher. Er begab sich wieder auf Reisen, löste 1793 seine Sozietät mit Sieveking auf, war nun frei und blieb zwei Jahre weg von Hamburg. Als er 1795 mit Anfang 40 zurückkehrte, „flippte“ er – wie man heute sagen würde - ein wenig aus. Alfred Aust schreibt: „Ein Fest folgte dem anderen (…) die Tage [werden] mit mimischen Possen und dummen Scherzen verbracht. In der Nacht erklingen französische zärtliche Liebeslieder, die für Mädchen- und Frauenohren der ‚guten Gesellschaft‘ nicht bestimmt sind. 1796 verliebt er sich Hals über Kopf in die französische Sängerin und Schauspielerin Madame Chevalier (…). Was mochte in Voghts Herzen vor sich gegangen sein? (…) Hatte ihn die Verzweiflung gepackt über seine hoffnungslose Liebe, über die Unerfüllbarkeit seines größten Wunsches, über die Leere seines Lebens? (…) Auch seine Erkenntnis über die Ehe, (…) ist aus eigener tragischer Verkettung gewonnen: ‚Grausam sind unsere ehelichen Einrichtungen! Der Irrtum in der ersten Wahl entscheidet unwiederbringlich das Unglück des ganzen Lebens.‘ (…) All seine Enttäuschung, sein Fühlen und Denken sucht er im Trubel der Feste und Vergnügungen zu betäuben.“ 9)

Als 1799 Voghts Freund Georg Heinrich Sieveking und Voghts Mutter starben, änderte sich Voghts Seelenlage. Trauer machte sich in seinem Herzen breit, die Leidenschaft zu Magdalena Pauli erlosch und machte dem Gefühl der innigen Freundschaft Platz, die bis zu beider Lebensende halten sollte.

1808 trennte sich Magdalena von ihrem Ehemann und zog mit ihren Kindern nach Bückeburg..
Nach dem Tod ihres Mannes kam Magdalena Pauli - damals 60 Jahre alt - 1817 als Gast zu dem damals 65 jährigen Voght nach Flottbek. Auch jetzt entschieden sie sich nicht für eine räumliche Zweisamkeit, obwohl, sie wussten, dass sie zueinander gehörten.

1820 zog Voght in einem Brief an seine Liebste „das Fazit seines Lebens (…). ‚Ist es auch nicht alles das, was sich der jugendliche Sinn, von den Blühten des Lebens umgeben, auf süßer, schmeichelnder Hoffnung Fittichen schwebend, von der späten Frucht versprach, so ward doch jedem sein bescheiden Theil der Freuden, die das Leben giebt, nur mit mehr Schmerz gemengt, als es uns gut war zu ahnden. Furcht wechselt mit Hoffnung, Entbehrung mit Genuß, Schmerz mit Vergnügen, Leid mit Freude, mehr als wir glaubten. Dunkle Fäden lauffen durch das Gewebe, das uns aus lauter Licht gewirkt schien, und am Ende dieses lieben, bittersüßen Daseyns wiegt ruhige Ergebung uns in den letzten Schlummer ein, und neues Licht räumt die aufs neue jugendliche Seele, wenn sie die dunkle Hülle verläßt. Keiner von uns möchte das Leben noch Einmal durchleben, und keiner möchte es nicht gelebt haben.“ 10)

Magdalena Pauli starb 1825 im Alter von 67 Jahren an Auszehrung.

Mit Hannchen Sieveking (1760-1832), der Ehefrau seines besten Freundes und Geschäftspartners Georg Heinrich Sieveking verband Caspar Voght eine innige Freundschaft. Kurz vor seinem Tod äußerte er zu seinem Patenkind Karl Sieveking (siehe Sievkingallee), dem Sohn von Hannchen Sieveking: „Sie hat mich am besten verstanden und am dauerndsten und am reinsten geliebt.“ 11)