Hamburger Straßennamen -
nach Personen benannt

Dörpfeldstieg

Osdorf (1962): Wilhelm Dörpfeld (26.12.1853 Bredde, Barmen – 25.4.1940 Nidri auf Lefkada), Baumeister, Altertumsforscher, Direktor des Deutschen Archäologischen Instituts in Athen.


Siehe auch: Schliemannstraße
Siehe auch: Dörpfeldstraße
Siehe auch: Conzestraße
Siehe auch: Humannstraße

Vorher hieß die Verkehrsfläche Kaiser-Wilhelm-Straße.

0542 Wilhelm Doerpfeld
Wilhelm Dörpfeld; Quelle: via Wikimedia Commons

Der Pädagogensohn Wilhelm Dörpfeld, der als Begründer des modernen Grabungswesens gilt, wurde im Alter von 18 Jahren Halbwaise, als seine Mutter Christine Dörpfeld, geb. Keller, eine Pfarrerstochter, im Alter von 46 Jahren starb. Im Jahr darauf machte Dörpfeld Abitur und begann sein Studium der Architektur.

„Über eine Anstellung im Büro seines Lehrers (und späteren Schwiegervaters) Friedrich Adler fand er den Einstieg in die archäologische Bauforschung.

1877 kam Dörpfeld als Assistent des Grabungsarchitekten Richard Bohm nach Olympia, mit dessen Ausgrabung Ernst Curtius und Friedrich Adler bereits 1874 begonnen hatten. 1878, im Alter von nur 25 Jahren, wurde Dörpfeld die technische Grabungsleitung übertragen. Der Baedeker-Verlag verpflichtete Dörpfeld aufgrund seiner profunden Kenntnisse als Co-Autor bei der Abfassung der Beschreibung Olympias in seinem Band Griechenland (ab 1882).

Nach Abschluss der Arbeiten in Olympia wurde Dörpfeld 1882 von Heinrich Schliemann für die Ausgrabung Trojas gewonnen. Die beiden Archäologen wurden gute Freunde und arbeiteten auch bei weiteren Projekten zusammen.“ 1)

1881 hatte sich Dörpfeld mit Anna Adler (30.4.1860 Berlin – 7.9.1915 Berlin, der Tochter seines Lehrers Friedrich Adler verlobt. 1883 heiratete das Paar, als Dörpfeld zum 1. Februar 1883 am Deutschen archäologischen Institut in Athen vollamtlich als Architekt auf drei Jahre angestellt wurde. 2). Genau neun Monate später wurde am 1.11.1883 die erste Tochter geboren.

In dieser Zeit war Dörpfeld von 1884 bis 1885 an Ausgrabungen in Tiryns beteiligt. Als die zweite Tochter Agnes 1886 geboren wurde, arbeitete Dörpfeld bei verschiedenen Grabungen auf der Akropolis von Athen mit. Und als der Sohn Fritz 1892 auf die Welt kam, war Dörpfeld seit sechs Jahren zweiter Sekretär (Direktor) des Deutschen Archäologischen Institutes, Abteilung Athen.
„Von 1888 bis 1890 gruben Schliemann und Dörpfeld auch wieder gemeinsam in Troja. Nach Schliemanns Tod (1890) führte Dörpfeld die dortigen Grabungen weiter. Ihm gelang eine erste klare Deutung der zahlreichen Siedlungsschichten Trojas.

Dörpfeld (…) gilt als Begründer des wissenschaftlichen Grabungswesens in der Archäologie. Der historische Gewinn von Ausgrabungen wurde durch von ihm neu entwickelte Grabungsmethoden vervielfacht. Dazu gehören die präzise Dokumentation des Befundes durch Steinpläne mit Sturzlagen, die Beobachtung der archäologischen Schichten (Stratigraphie) und die zeichnerische Aufnahme wichtiger einzelner Steine sowie die gewissenhafte Begründung vorgeschlagener Rekonstruktionen.“ 3)

Als seine Töchter 13 und 10 und sein Sohn vier Jahre alt waren, gründete Dörpfeld 1896 die Deutsche Schule Athen.

1912 ging Dörpfeld im Alter von 59 Jahren in Pension, begann dann aber als Honorarprofessor Vorlesungen an der Universität Jena zu halten und Vortragsreisen zu organisieren.

Drei Jahre später wurde Dörpfeld im Alter von 62 Jahren Witwer. Aber damit nicht genug: zwei Jahre später, 1917, starb seine erste Tochter Else, 1922 sein einziges Enkelkind und 1935 seine zweite Tochter Agnes. Außerdem ließ sein Sehvermögen immer mehr nach. Doch all dies hinderte ihn nicht, weiterhin Vorlesungen zu halten, Publikationen zu veröffentlichen und Ausgrabungen vorzunehmen. Er lebte sowohl auf der ionischen Insel Levkada als auch bei seinem Sohn in Berlin.

Als die Nationalsozialisten die Macht übernahmen, war Dörpfeld 80 Jahre alt. Alexandra Kankeleit schreibt über Dörpfelds Verhältnis zum Nationalsozialismus, es sei aus einigen Quellen ersichtlich, dass Dörpfeld die Machtübernahme der Nationalsozialisten begrüßt habe. 4) Als Erklärung für Dörpfelds Verhalten führt sie an: „In Dörpfelds Kreisen, insbesondere unter den Altertumswissenschaflern, mit denen er verkehrte, herrschte eine konservative und demokratiefeindliche Haltung vor. Die große Mehrheit seiner Kollegen war deutschnational eingestellt und strebte folgende Ziele an: Wiederherstellung der deutschen Einheit, Wiedererwerb der deutschen Kolonien und Erneuerung des deutschen Kaisertums. Für Dörpfelds Haltung gegenüber dem Naziregime sollten, (…), vor allem die Sehnsucht nach Ordnung und klaren Verhältnissen der Wunsch nach einer starken Führung und einem Wiederaufschwung Deutschlands entscheidend sein.“ 5)

Seine positive Einstellung zu Hitler und dem NS-Regime sowie zum Krieg änderte sich bis zu seinem Lebensende nicht.

Zu Dörpfelds Einstellung zum Judentum schreibt Alexandra Kankeleit, er habe Freundschaften mit Menschen jüdischer Herkunft gepflegt und kommt zu dem Schluss. „Dörpfeld kann also kein Antisemitismus vorgeworfen werden, allerdings scheint er sich für seine jüdischen Freunde und Kollegen nicht sonderlich eingesetzt zu haben. Es ist auch nicht überliefert, ob ihn ihr Schicksal persönlich berührte.“ 6)

Warum Dörpfeld noch im hohen Alter und fast erblindet weiterhin wissenschaftlich tätig war, erklärt Alexandra Kankeleit wie folgt: „Über Dörpfelds Motivation für die sicher sehr anstrengenden und fordernden öffentlichen Auftritte kann nur spekuliert werden. Vaterlandsliebe und Pflichtgefühl gegenüber Kollegen, Freunden und Angehörigen könnten ausschlaggebend gewesen sein. Sein ausgeprägtes Arbeitsethos, die radikale Ablehnung von Leerlauf und Müßiggang, liegen vermutlich in seinem protestantischen Glauben begründet. Auf der anderen Seite könnte die Pflege der sozialen Kontakte dazu beigetragen haben, dass sich Dörpfeld weiterhin als ein wichtiges Glied der deutsch-griechischen Gesellschaft empfand.

Sein uneingeschränktes Selbstbewusstsein, nicht frei von Eitelkeit, blieb ihm jedenfalls bis ans Lebensende erhalten.

Ob bewusst oder unbewusst, Dörpfeld spielte während der NS-Zeit eine wichtige Rolle für die deutsche Propaganda in Griechenland.“ 7)

Eine Mitgliedschaft Wilhelm Dörpfelds in der NSDAP ist nicht nachgewiesen.