Fröbelstraße
Rotherbaum (1892): Friedrich Fröbel (21.4.1782 Oberweißbach – 21.6.1852 Marienthal), Pädagoge, Kleinkindpädagogik.
Diese Straße könnte auch nach seiner zweiten Ehefrau Louise, geb. Levin mitbenannt werden. Sie führte nach seinem Tod das Ausbildungsinstitut fort, gründete einen Kindergarten, bildete Pädagoginnen aus, regte die Gründung des ersten Kindergartens für arme Kinder im Hamburger Stadtteil St. Georg an. (Siehe dazu in der Rubrik „Verschwiegene Frauen“ auf der Startseite der Straßennamendatenbank)
Siehe auch: Traunweg
Siehe auch: Schurzalleebrücke

Ein Jahr nach der Geburt Friedrich Fröbels starb dessen Mutter Jacobine Eleonore Friederike, geb. Hoffmann (1744-1783). Sie war mit dem evangelischen Pfarrer Johann Jakob Fröbel verheiratet gewesen und hatte sechs Kinder bekommen. Friedrich Fröbel war das sechste Kind. Den Verlust seiner Mutter hat Friedrich Fröbel zeit seines Lebens nie überwinden können. Dies führte wohl auch dazu, dass er sich den Erziehungs- und Betreuungsmethoden von Kleinkindern widmete. „‘Ich habe es oft im allgemeinen und namentlich auch wohl zu Euch insbesondere ausgesprochen, daß gleich mit dem Tod, mit dem Verluste meiner Mutter, mit dem Verluste der Lebenseinigung mit meiner Mutter, mit dem Verluste der Menschen- und Erdenliebe meiner Mutter und so eigentlich mit dem Verluste der menschlichen Wechselliebe zwischen Mutter und Kind durch den Tod meiner Mutter, daß mit diesem Augenblick mein ganzes künftiges Leben seinen Charakter, und ich möchte selbst sagen, seinen Beruf und seine äußere Form als Mensch dieser Zeit und dieses Raumes erhielt‘, schrieb er vierzig Jahre später an seine Frau und die Mitarbeiterinnen in Keilhau.
Wechselnde Bezugspersonen und die orthodoxe Strenge des Vaters bewirkten eine innere Vereinsamung des Kindes Friedrich Fröbel. Verschärft wurde diese Situation durch das Unverständnis seiner Stiefmutter. Sein Vater hatte zwei Jahre nach dem Tode seiner ersten Frau wieder geheiratet: Sophie Marie Friederike Otto aus Eisfeld. Friedrich Fröbel erinnerte sich später an sein Elternhaus nur mit gemischten Gefühlen, er schrieb: ‚Sich selbst überlassen, der Roheit und Gemeinheit hingegeben, wie konnte ein die reinen natürlichen Herzensempfindungen und Gefühle wie das meine bedürfendes Gemüt, da und in einem solchen Leben einen Ruhe-, einen Stütz-, einen Keimpunkt finden!‘“ 1)
Winfried Müller berichtet über Fröbels Kindheit: „Diese Situation im Elternhaus drückte Friedrich Fröbel immer mehr in die Rolle des unverstandenen Kindes. Es reagierte auf diese psychischen Pressionen, auf diese innere Gewalt nicht aggressiv, sondern durch verstärkte Introversion. In gelegentlichen autobiographischen Notizen sprach er später von seinem Elternhaus als ‚Gehege, Gehöft und Klausur‘ in welches er eingesperrt worden war. Diese Situation änderte sich auch nicht grundlegend, als er in die Schule kam. Da sich sein Vater mit dem Leiter der Jungenschule zerstritten hatte, mußte Friedrich in die Mädchenschule gehen. Bibellesen und Katechismusunterricht waren hier der Hauptunterrichtsgegenstand. Die für den kleinen Jungen schwer erträglichen Verhältnisse im Elternhaus änderten sich erst, als sein Onkel, Johann Christoph Hoffmann, Superintendent in Stadtilm, sich des Jungen erbarmte und ihn zu sich nahm.“ 2)
1807 übernahm Fröbel eine Hauslehrerstelle bei der reichen Familie von Holzhausen. Hier entwickelte sich eine tiefe Zuneigung zwischen Fröbel und der Dame des Hauses. Dazu heißt es in dem Beitrag von Winfried Müller „Die Person Friedrich Fröbels. Eine abnormale belastete Kindheit und Jugend - Ein ständig Suchender“: „Zu der Frau Caroline von Holzhausen (1775-1846) entwickelte sich eine sehr innige Beziehung, die Fröbel in seinen Phantasien sehr weit trieb, aber aus der gesellschaftlichen Distanz heraus nicht durchsetzbar war. Vom Vater dieser Kinder mußte Fröbel des öfteren Demütigungen und Degradierungen seines Standes und Berufes hinnehmen. Damit wurde sein neugewonnenes Selbstbewußtsein ständig strapaziert. (…) Es war eine rechte Wunschvorstellung Fröbels, von einer reinen geistigen Vereinigung der Geschlechter zu sprechen, die ihn mit der Einstellung als Hofmeister in die Familie von Holzhausen beschäftigte. In Briefen wird immer wieder deutlich, daß Fröbel sich nicht ‚als Angestellter, sondern als Freund der Mutter und geistiger Vater der ihm anvertrauten Kinder‘ sah. (…) Die Beziehung zur Frau Caroline von Holzhausen wurde sehr eng, intim vielleicht von beiden gewollt, aber vom Anstand der Zeit her nicht gedurft. So blieb Fröbel nur die Phantasie eines Voyeurs, der wenigstens die ‚geistige Vereinigung‘ als Befriedigung für seine heimlichen Wünsche sah.(…) Die auf geistiger Ebene basierende Zuneigung beider stieg zu seinem Weggang bis 1811 auf einen für beide wahrscheinlich nicht mehr kontrollierbaren Höhepunkt an. Mit ihrem charakterlich schwachen Mann, einem typischen Vertreter des von der Selbstherrlichkeit, Exaltiertheit und Affektiertheit geprägten überlebten Adelsgeschlecht, konnte sich Caroline von Holzhausen nicht unterhalten, denn die Frau galt genauso nichts wie eine einfühlende Erziehung seiner Kinder. In dieser Frau entstand ein Bedürfnis, das Fröbel ihr zum Teil befriedigen konnte. Schließlich bemühte er sich um die Erfüllung ihrer mütterlichen Wünsche, die von ihr zur Welt gebrachten Kinder für das Leben fähig zu machen. (…) Die sich aus der geistigen Verbindung beider entwickelnde Partnerschaft wurde möglicherweise für Fröbel zu eng.(…) Im Sommer 1811 verläßt Fröbel die Familie von Holzhausen, ohne je von dem beeindruckenden Wesen dieser Frau frei zu kommen: ‚Abschied von Dir, geliebte Seele, Gattin mir von Gott und Ewigkeit und in alle Ewigkeit gegeben . . . Gib dem Kinde einen Kuß und den Segen des scheidenden Vaters; sei ihm bewahrende, aber auch liebende und strenge Mutter. Lebewohl; reiche mir zum Abschied Deine Lippen und Deine Stirn.‘ (…) Am 18. März 1812 wurde von Caroline von Holzhausens Sohn Hector geboren.“ 3)
In Keilhau errichtete Fröbel 1817 u. a. mit Wilhelmine Henriette, geborene Hoffmeister, geschiedene Klöpper (1780-1839) eine Erziehungsanstalt. Ein Jahr später heiratete er die zwei Jahre Jüngere. „Sie war die Tochter eines Königlich Preußischen Kriegsrates, unglücklich verheiratet gewesen (…), verfügte (..) über solide Kenntnisse in der Philosophie und bewies in der Keilhauer Zeit auch pädagogisches Einfühlungsvermögen. (…) Aus der umfangreichen Korrespondenz Fröbels geht aber immer wieder hervor, daß er nie richtig von der geistigen Ehe zu Caroline von Holzhausen loskam. So ist zu vermuten, daß die Ehe mit Henriette Wilhelmine eine Zweckehe darstellte, um nach den Vorstellungen zu seinem Sphäregesetz, ‚vollkommene‘ Wissenschaft nur über die Ehe möglich ist. Außerdem mußte zur Erziehung der Kinder in Keilhau eine familiäre Atmosphäre herrschen. Fröbels Ehe blieb kinderlos. Aus Briefdokumenten kann geschlossen werden, daß der Grund für die Ehescheidung aus der ersten Ehe auf eine syphilitische Erkrankung des ersten Ehemanns und die Ansteckung seiner Frau zurückzuführen war. Vor der Eheschließung mit Fröbel teilte sie ihm mit, daß nach Aussagen ihres Arztes, sie keine Kinder bekommen kann. Fröbel heiratete sie trotzdem. War es Mitleid oder Eigennutz, Liebe vielleicht nicht, jedenfalls nicht die Zuneigung, die zu Caroline von Holzhausen bestand. Das beweisen die verschiedenen Schreibstile der Briefe. Briefe an seine Frau waren oft nur Sachschilderungen, während Caroline von Holzhausen regelrecht umschwärmt wurde.“ 4)
Allerdings lässt sich z. B. sein Brief an seine Braut auch anders interpretieren: ‚F. an Henriette Wilhelmine Hoffmeister in Berlin v. 6.8.1818 (Keilhau) (BN 444, Bl 116-121, Brieforiginal 3 B 8° 12 S.)
Keilhau den 6. August 1818.
Herzlichen Gruß und Kuß zuvor meine Geliebte! Ja, meine Wilhelmine das äußere Leben auch in seiner hohen Bedeutung und recht erkannt fo[r]dert nun mit aller der Macht welche ihm diese seine hohe Bedeutung giebt, seine Rechte. Ja es ist nun gut wenn wir bald recht bald geeint werden, es kann es darf nicht anders mehr seyn; daher thue ich alles was von mir abhängt um den 13en August in Deiner Stadt und bey Dich zu kommen. Siehe, Seele meines Lebens! mein inneres Lebens [sc: Leben] mußte so weit, als es der jetzige Gesamtzustand der äußern Lebensverhält[-] verhältnisse es erlaubt, vollendet seyn ehe ich zu Dir kommen und Dich bitten konnte und durfte: nun komme und folge mir. Ich mußte in mir das äußere Leben beherrschen, oder wie ich mich darüber ausspreche, ich mußte über demselben erhaben seyn, das heißt ich mußte auch das äußere Leben nach seinem Kostbaren Werthe, nach seiner hohen Bedeutung klar erkannt haben, ehe die Ruhe Deines Herzens, der Friede Deiner Seele, die Klarheit Deines Geistes, die Reinheit Deines Gemüthes, die Sicherheit Deines Handelns, die / Treue Deines Wirkens, in Deiner Einigung mit mir gesichert, geborgen war. Und nun, da die Gnade Gottes dieß gewisse Gefühl in mein Gemüthe, dieße klare Überzeugung und Bewußtseyn in meinen Geist gesenkt mir geschenkt, ich darf sagen: mit demselben mein rastloses treues Streben gekrönt hat, jetzt mögen auch die äußern Verhältnisse um mir und bey mir hier noch stehen wie sie wollen; erlaubt Gottes Güte mir den letzten Schritt zu thun so soll kein äußeres Verhältniß nichts Äußeres mich abhalten denselben zu thun. Ich werde Dir sagen und zeigen und beweisen, daß ich durch diesen Druck der äußern Verhältnisse und Lagen und Umgebungen hindurch in einen Kampf hindurch gehen mußte, der mir oft die Vernichtung meines innern und äußern Lebens unfehlbar drohete, hindurch gehen mußte. Ehe ich als ein innerlich freyer Mann, ehe ich als ein in mir und außer mir freyer Mann zu Dir dem freyen Weibe kommen und sagen konnte und durfte: nun komme eine Dein Leben mit dem meinen. Gestehen will ich es Dir, (und eine Thräne die mir über die Wange rollt bestätigt dieß) / für mein Leben gern hätte ich
Doch das geschriebene Wort will nun gar nicht mehr auslangen [sc: ausreichen] Dir zu sagen, was ich Dir sagen möchte. Ja das Herz und das Gemüthe und der Geist soll uns auch im Raume, denn wir sind Menschen, räumliche, körperliche Wesen, dem Herzen, dem Gemüthe und dem Geist näher rücken. Wills Gott, und Gott will es, wenige Tage nachdem Du diese Zeilen von mir erhalten hast, fühlen wir die Schläge Deines Herzens und meines Herzens in einen; der ruhige, still, Gott vertrauende Blick des Einen findet seine Bestätigung in dem sichern, klaren Gott vertrauenden, in Gott ruhenden Blick des Andern. Noch wenige Tage! -
Siehe nicht trübe meine Geliebte, erwarte nicht Trauriges und trauerndes von Deiner Einigung mit mir weil mein Blick so gern auf der ernsten Seite des Lebens ruht, der Seite, welche die Menschen so häufig die instere nennen,
Der Mensch der Mann soll, und so kann, so darf er nicht allein stehen. Es ist nicht gut, sagte unser himmlischer Vater daß der Mensch allein sey.
Gott sprach seinen Seegen nicht über den Mann allein nicht über das Weib allein, nein! über beyde zugleich als Ein Ganzes, als Eins sprach Gott den Seegen aus I. Mose 1.28. Und Gott seegnete sie und sprach zu ihnen.
Damit der Mann und das Weib gegenseitig, in dem Andern, sein reines, sein seeliges Leben schauen, damit es durch dieses Sehen und Schauen in dem Leben und Auge und Gemüthe des Andern ein fröhliches freudiges Leben werde, damit der Mann in dem Leben und Auge des Weibes und das Weib in dem Leben und Auge des Mannes sehe und schaue, daß alles die Quelle des Lebens nur in Gott sey daß alles Leben nur in Gott ruhe, deßhalb sucht und liebt der Mann das Weib, deßhalb folgt und liebt das Weib dem [sc: den] Manne, beyde aus Liebe zu der Quelle alles Lebens, die nur in Gott ist, beyde aus Liebe zu Gott; beyde / lieben einander, damit um ihrer Liebe zu Gott willen, damit sie sich ihrer Liebe zu Gott bewußt werden.
Der Grund Deiner Liebe zu mir ist also Deine Liebe zu Gott, deßhalb, damit des Weibes, Deine innige Liebe zu Gott offenbar erhebend und erziehend werde, deßhalb liebst Du so innig, so seelenvoll den Mann, achtest Du ihn so hoch, Du achtest ihn hoch weil er Dir ein Mittel wird, daß deine Liebe zu Gott Dir selbst recht klar, recht bewußt, recht lebendig werde. Scheue Dich deßhalb Deiner Liebe zu mir, Wilhelmine! nicht, lasse Dich nicht irre machen wenn man Dir deßhalb Vorwürfe macht, wenn man Dich nicht versteht, wenn man Dir deßhalb scheel sieht. Ich bin ein Mann, und dennoch auch mir sieht man scheel, auch mich versteht man nicht (wie man mich noch nie verstand, wie mich noch kein Wesen verstand außer - Gott gebe es! Du) - auch mir macht man Vorwürfe; Un-sinn (denn wer kann außer Dir den Sinn meiner Liebe zu Dir erkennen) giebt man mir schuld. Also liebe mich nur immer um Deiner Liebe zu Gott und Jesu willen, und es lasse Dich durch nichts Äußeres irren und es wird Dir vergolten[.] Deine Liebe zu beyden wird Dir durch Deine Liebe zu und in Deiner Liebe zu mir klar werden. Darum nun danke ich Dir, danke Dir innigst daß Du so gut, so ganz vertrauend mir aussprichst: ‚ich weiß, daß des Gesetzes Erfüllung - trotz / ‚allen meinen Gebrechen - ich meine die Liebe, Grund[-]‘"zug meines Wesens ist,‘ ich weiß daß diese Liebe in mir bestimmt ist erhöht < > veredelt zu ihrer Ursprüng[-]lichkeit zurück zu kehren.‘
Nun wirst Du mich gewiß nicht mißverstehen, wenn ich mit eines Dichters Worten der die Schönheit und Würde Deines Geschlechtes sang, Dir die Über[-] zeugung ausspreche: ‚Ganz ist zur Liebe das Weib geschaffen; geliebt zu werden‘ Ist sein innigster Wunsch und auch sein schönster Beruf.‘
Du wirst mich nun gewiß nicht mißverstehen wenn ich Dir sage: daß Du von dem Adel und der Würde dieses hohen Berufes ganz (bewußt oder unbewußt) ganz durchdrungen wärest darinne lag der Grund, warum Dein Erscheinen, Dein Sehen mich mit so unaussprechlicher Ruhe erfüllte mir die Einheit meines Wesens gab. Lange, Lange hatte ich sehnend ein Weib gesucht (:durch Dich nun war mir mit Eins klar geworden was ich so lange sehnend gesucht hatte) welches von der Würde der hohen Würde ihrer Liebe ganz durchdrungen war.
Da tratst Du zu mir (ich will Dir nur gestehen daß ich seit 1813 immer gewünscht habe Dich zu sehen) und was in mir vorging war: eine himmlische Ruhe die sich über mein ganzes Wesen verbreitete. Ich begehrte Dich nicht was für Dich in mir lebte war nur ein Gefühl unaus- / sprechlicher Achtung. Mein Innerstes erfüllte inniger Friede und so war es als hättest Du mir in diesem Frieden, durch diesen Frieden schon Dein Wesen, schon Dich selbst gegeben. Ich vermißte gar nicht, ich wußte gar nicht, daß Du nicht auch äußerlich mein wärest; ich freute mich nur innig der Gelegenheit wo ich Dir in mir dankbar seyn, dadurch dankbar seyn konnte, daß ich dir Schätze der Natur zeigen und sie Dir deuten konnte, Schätze, die eigentlich Dein sind, Schätze die Dir zugehören, Dir ‚die
Ich wußte nun daß es ein Weib wie ich es zu sehen suchte wirklich gäbe und nun war ich zufrieden. Es war mir ja als wäre ich und dieses Weib schon lange Eins, als kennten wir uns schon lange was blieb mir denn nun noch zu suchen zu wünschen übrig?- Hier das Innerste Geheimste von mir: daß auch Du mich achtetest, daß auch Dir in mir ein Sehnen deines Wesens erfüllt sey, daß [sc: das] lag in unzweifelhafter Gewißheit in mir, und ich würde es selbst Dir nicht haben glauben können wenn auch Du mir selbst widersprochen hättest.
Aber getrauert würde ich haben, wie ich bey der Erscheinung Deines ersten Briefes in welchen [sc.: welchem] Du mich nicht ganz zu verstehen schienest, trauerte; denn ich hätte mir nur sagen müssen, wie ich mir auch wirklich bey diesem Deinen ersten Brief sagte: - Du kanntest Dich und / Dein Wesen selbst nicht, Du verständest Dich selbst nicht. Und daß ein Wesen, daß der Mensch sich selbst verkennt, dieß ist das höchste worüber wir zu trauern Ursache haben.
Nach dem, was ich Dir nun wieder im vorigstehenden aussprach, so gieb Dich nun zufrieden über alles und Alles was am [sc.: an] Jugend und Lebensfrische Dir abgeht. Ewig jung ist das Gemüthe, das Leben! Und ‚Ein frisches Herz so lang es wallt‘ ‚Schafft Jugendkraft und Wohlgestalt‘ Laße unser Streben nun seyn frisch das Herz, jung das Gemüthe, neu das Leben zu machen und dann ruhig erwarten was diese vermögen. Die Schönheit und Jugend u Frische ist der Gestalt ist, ganz besonders dem Weibe gegeben daß die Schön[-]heit, Jugend, Frische ihres Gemüthes erkannt werde. Nun meine Geliebte so lasse mir doch den Stolz ein Weib, Dich blos um Deines Innern, Deines Wesens willen zu lieben, Dein Inneres Dein Wesen nur in und durch Dein Handeln Deinen Blick erkannt zu haben. Ich habe Dir ja schon ausgesprochen daß ich als 23jähriger Jüngling schon darauf stolz seyn wollte das Weib nur um ihres Wesens nicht um ihrer Gestalt willen zu lieben, und dieß warum?- weil ich alle Männer nur im Weibe die Gestalt, aber nie einen Mann in demselben [sc: der Gestalt] ihr, des Weibes Wesen lieben sahe. /[120R] Und dieß dünkte mich frühe die größte Mißachtung des Weibes. Dennoch ist des Weibes Gestalt mir die lieblichste und holdeste in der Natur. Nicht wahr Du mißverstehst mich nicht indem ich Dir dies ausspreche denn: ‚Wer säh' ein vollendetes Weib, und wer ahnte‘ ‚Nicht den Engel in ihr, den sie im Busen bewahrt!‘ (Wenigstens ihrem Wesen, ihrer Natur, ihrer Bestimmung nach.[)] Siehe Aber glaubst Du wohl, weil ich es noch nie aussprach, daß Deine edle hohe Gestalt mich nicht innigst erfreut, daß die Sanftheit Deiner Bewegungen mich nicht entzückte?- Doch verzeihe mir, wenn ich Dir noch nicht von alle dem Demuthsvollen was Dein Wesen in sich eint, einzeln Kunde geben kann; das Wesen der Gestalt erfaßt man nur wenn man sie nimmt als daß [sc: das] was sie ist als - ein Ganzes.
Und so als Ganzes habe ich Dich bis jetzt nur immer gesehen, sollte sich nun in dieser Deiner Gestalt, sie, und Deine Bewegung als ein Ganzes genommen Etwas finden, was mit diesem Ganzen nicht in Übereinstimmung fände [sc: stände], dann wird Dein Vertrauen mir erlauben, Dir es auszusprechen, aber Dir auch zugleich zu zeigen, daß es nur als ein Fremdartiges / nicht zu Dir Gehöriges an Dir hange und so Dir zugleich die Mittel geben es, dieses Fremdartige von Dir zu entfernen.
Siehe meine Geliebte! wünscht Du willst Du, daß ich hinder [sc: hinter] Dir zurück bleiben möge, daß ich nicht von alle den herrlichen Gaben des Geistes der[er] Du Dich erfreust wenigstens Etwas besitze, wenn auch in minderm Grade als Du?- Liebst und achtest Du mich nicht auch blos um meines Wesens willen. Denn Schätze, köstliche Schätze, sollt eigentlich der Mann die schönsten Schätze welche die Natur reicht bietet ja so gerne der werbende und um Liebe bittende Mann dem geliebten Weibe, daß sie [sc: es] ahnen möge auch den Reichthum des männlichen Geistes, doch welche Schätze vermögte ich Dir zu geben, ich, der ich nichts habe?- Und siehe, lasse es es mir sagen, daß es so sey, sagen es mir nicht Deine Briefe klar daß es so ist:
Freuest denn Du Dich nicht auch, ja ich möchte sagen bist denn Du nicht stolz darauf Dich so überwunden zu haben nur einen Mann auch nur um seines Wesens, seines Selbstes willen zu lieben?- So erlaube mir denn nun auch, um [sc: und] erwähne / der Jahre und der Frische nicht mehr, denn was sind wenige Jahre für eine Ewigkeit in welcher ‚1000 Jahr sind wie ein Tag‘?- Laß mir die Freude, Dir durch meine Liebe zu Dir, in meiner Liebe Deiner, Dir [sc: Dich] lesen zu lassen daß ich weiß: ‚Welch' einen Schatz von Lieb' und Treue ein weiblich ‚Herz bewahret.‘ Und was ich noch nicht weiß: das lehre mich bald mein liebendes Weib. Nun lebe wohl. Noch habe ich keinen Brief von Halle. Nach Deinen Brief rechne ich nun darauf, daß wir die Rückreise - weil es gewiß das Entsprechendste ist mit Extrapost machen, ich werde so viel ich kann darauf Rücksicht nehmen. Mein Wille ist auch meine Reise nach Berlin mit Extrapost zu machen und zwar in demselben Wagen der uns von Berlin wieder hieher bringen soll.
Es sagte Deine Liebe Mutter die ich herzlichst grüße, daß Sie [sc: sie] Deinen Lieben Vater bitte, meinen persönlichen Gruß nicht zu kalt zu erwiedern [sc.: erwidern] Gott!- wir erfüllen ja alle nur des Schicksals Schluß, warum wollen wir - willig Gotte des Schicksals willen [sc: Willen] zu folgen uns gegenseitig schwer machen.- Ich sage daß ich ein freyer Mann bin dennoch habe ich nur gethan was das Schicksal mir gebot und die Freyheit des Mannes ist ja keine andere, als freudig u. willig Gottes Willen zu thun. FWA Fröbel.“ 5)
„1842 begannen Kindergärtnerinnenkurse in Blankenburg. (…). Weitere Schriften und Vortragsreisen insbesondere zur Popularisierung des Kindergartens folgten in den Jahren 1843 bis 1849.
1844 publizierte Fröbel nach jahrelangen Vorarbeiten und in Zusammenarbeit mit dem Zeichner Unger und dem Musiker Kohl sein letztes großes, pädagogisches Gesamtkunstwerk, die Mutter- und Koselieder. Damit wollte er den Müttern die Bedeutung und Verantwortung, die in der Mutterschaft und Erziehung liegen, verdeutlichen und ihnen gleichzeitig ganzheitliche Hilfen an die Hand geben für die Säuglings- und Vorkindergartenerziehung. Es erschienen auch 100 Lieder zum Spielen mit dem Ball. (…). Er gründete die erste Schule zur Ausbildung von Kindergärtnerinnen. (…)“ 6)
Nach dem Tod seiner Frau Wilhelmine Henriette, geb. Hoffmeister, die 1839 im Alter von 59 Jahren starb, heiratete Fröbel 12 Jahre später am 9. Juni 1851 die 33 Jahre jüngere Luise Levin (15.4.1815 Osterode – 4.1.1900 Hamburg). „‘Fröbels Alter störte mich nicht‘, vermerkte später Louise Fröbel, ‚er stand in meinen Augen hoch über allen anderen Männern, und ich fühlte nur, wie unbedeutend ich neben ihm stand. Meine einzige Sorge war, ob dieser in Fröbels Alter ungewöhnliche Schritt seinen Bestrebungen schaden könne‘ (zit. n. Schröcke 1912, S. 46).“ 7)
Luise Fröbel war die Tochter eines Lederfabrikanten und dessen Gattin. Nach dem Besuch einer Töchterschule war sie „in verschiedenen Haushaltsstellungen bei Geschwistern und Bekannten tätig“, schreibt Manfred Berger in seinem Aufsatz „Frauen in der Geschichte des Kindergartens: Louise Fröbel“ und fährt fort: „Im Alter von 30 Jahren trat sie in den Lebenskreis von Friedrich Fröbel, ließ sich zur Kindergärtnerin ausbilden und stellte fortan ihr Leben in seine Dienste. Im September 1848 übernahm sie eine Stellung als Privaterzieherin in Regensburg bei der adeligen Familie von Cossel. Bereits ein Jahr später kehrte sie zu Friedrich Fröbel zurück, der zwischenzeitlich nach Bad Liebenstein übergesiedelt war und dort die ‚Anstalt für allseitige Lebenseinigung durch entwickelnd-erziehende Menschenbildung‘ ins Leben gerufen hatte. Am 6. Juli 1849 traf dort Louise Fröbel ein. Sie erinnerte sich daran mit folgenden Worten: ‚Endlich am 6. Juli, trat ich mit Vertrauen und von dem Wunsche beseelt, möglichst meinen Platz auszufüllen, in Fröbels Wirkungsstätte ein. Ich hatte wohl Sorge, ob ich einer solchen Aufgabe gewachsen sei, doch Fröbel sprach mir Mut ein. Er wusste jede kleinste Leistung von mir anzuerkennen, und so lebte ich im Vertrauen zu Fröbel und der guten Sache in den gewiss schwierigen Verhältnissen. In kindlicher Hingabe suchte ich Fröbel zu helfen, wie ich nur konnte, und hatte das unbedingte Vertrauen, er werde Alles stets auf beste einrichten, und so suchte ich mehr und mehr ihm helfend nahe zu stehen‘ (zit. n. Schröcke 1912, S. 40).
Er setzte Louise Levin als Vorsteherin der Bildungsanstalt, die Friedrich Fröbel im Frühjahr 1850 in das in unmittelbarer Nähe von Bad Liebenstein gelegene Jagdschlösschen Marienthal verlegte, ein. Fröbels Wirken wurde von den Fürstlichkeiten des ‚Herzoglich Sachsen-Meiningen'schen-Hof‘ unterstützt. Louise Fröbel selbst gab der Prinzessin Unterricht in den Fröbelschen Beschäftigungen und Spielen.“ 8)
Nach dem Tod Fröbels – die Ehe war kinderlos geblieben - zog Luise Fröbel 1854 „mit einer Schülerin nach Hamburg. Dort sollte sie einen Kindergarten einrichten und die mitgebrachte Kindergärtnerin in ihre neue Tätigkeit einführen. Sie selbst leitete morgens einen Bürgerkindergarten und am Nachmittag unterrichtete sie junge Mädchen, die als Gehilfinnen in verschiedenen Kindergärten der Hansestadt arbeiteten. 1860 gründete Louise Fröbel einen Privatkindergarten, den sie 1874 in jüngere Hände legte. Diesbezüglich konstatierte sie in ihrer unveröffentlichten Autobiografie: ‚1860 gründete ich einen Privatkindergarten. Ich hoffte, hier im kleinen Kreis nachhaltiger wirken zu können. Auch hoffte ich gerade dadurch die naturgemässe Erziehung in die verschiedensten Kreise einzuführen und so auch leichter die nötigen Mittel zur Erziehung der Aermeren zu gewinnen. - Der Kindergarten hat mir reiche Freude gebracht. Ein glückliches Völkchen trat täglich bei mir ein und belebte meine Kraft zum heiteren Zusammensein. Die Kinder hatten mir viel gegeben, und ich hoffe, auch ihnen einen Schatz fürs Leben geboten zu haben, wie denn auch manches junge Mädchen unter meiner Leitung sich glücklich fühlte und hoffentlich noch heute für andere wahres Wohl wirkt‘ (zit. n. Schröcke 1912, S. 58). (…)
Auf ihre Anregung hin wurde im Dezember 1884 in Hamburg der erste ‚Volkskindergarten‘ St. Georg mit 47 Kindern eröffnet, ‚um den Kindern der Armen und Ärmsten die Wohltat der Kindergartenerziehung zuteil werden zu lassen‘ (Schröcke 1912, S. 89).
Des Weiteren kümmerte sich Louise Fröbel um den schriftlichen Nachlass ihres verstorbenen Mannes. (…) Bereits schon 1862/63 konnten durch ihre Unterstützung ‚Friedrich Fröbels gesammelte Schriften‘, herausgegeben von Wichard Lange, publiziert werden. Diese dreibändige Edition gehört noch heute zu den Standardwerken der Fröbelliteratur. (…)
1891 wurde sie zum Ehrenmitglied des Deutschen Fröbel-Verbandes ernannt. Ihre letzten Lebensjahre verbrachte die schwer gemütskranke Louise Fröbel im Privatsanatorium ‚Eichenhain‘ im Hamburger Stadtteil Eimsbüttel.“ 9)
In Hamburg propagierte besonders Johanna Goldschmidt, geb. Schwabe (1806-1884), die mit dem wohlhabenden jüdischen Kaufmann Moritz David Goldschmidt verheiratet war und acht Kinder hatte, die Pädagogik Fröbels, denn sie war von der Idee einer Erziehung von „ganz freien Menschen“ beseelt. „Diese Freiheit musste nach Auffassung von Johanna Goldschmidt im ganz frühen Kindesalter beginnen, und entsprechend ablehnend stand sie den Kinderbewahranstalten ihrer Zeit gegenüber, die ohne pädagogischen Anspruch zur Ruhigstellung von Kindern dienten und ein diszipliniertes Verhalten für die spätere Schulzeit einübten. Welch‘ eine Alternative boten die Kindergärten, wie sie von dem Reformpädagogen Friedrich Fröbel propagiert wurden! Hier wurden die Kinder von ausgebildeten pädagogischen Kräften betreut und konnten mit Bällen, Würfeln und anderem Spielzeug ihre Fertigkeiten verbessern.
Johanna Goldschmidt lud den Pädagogen Fröbel für ein halbes Jahr nach Hamburg ein, um einen Ausbildungskurs für Kindergärtnerinnen zu leiten. Er wollte Kinder aller Religionsgemeinschaften gemeinsam unterrichten, was ihm viel Ablehnung eintrug. Trotzdem gelang es Fröbel und Goldschmidt, die Kindergartenbewegung ins Leben zu rufen, die bald breite Anerkennung fand. Allerdings erwies es sich als schwierig bis unmöglich, Fröbels Gedanken der gemeinsamen Erziehung nicht nur über religiöse, sondern auch über soziale Grenzen hinweg zu verwirklichen. Die gut ausgestatteten und teuren Kindergärten blieben den bürgerlichen Kreisen vorbehalten. Johanna Goldschmidt blieb ihrem Engagement für die Armen aber treu und gründete trotz aller staatlichen Behinderungen und zunächst auch Verbote eine Schule für die Kinder armer Leute, in der 1874 immerhin 180 Kinder unterrichtet wurden. (…)“ 10)
1860 gründete Johanna Goldschmidt mit einigen anderen Frauen den “Hamburger Fröbelverein”. Seine Ausbildungsstätte zog Anfang der 90-er Jahre des 19. Jhds. in das Haus in der Bundesstraße ein. Er war der erste Bildungsverein, der eine Berufsausbildung für Frauen zum Ziel hatte. Es sollten „junge Mädchen jeden Standes zu geschickten und gewissenhaften Kinderwärterinnen” ausgebildet werden. Die Dauer des Unterrichtskursus belief sich auch 1 bis 11/2 Jahre. Die jungen Damen wurden zu Gehilfinnen der Mutter in Familien oder zu Leiterinnen von kleineren oder größeren Kindergärten ausgebildet. Unterricht gab es in „‘Fröbellehre‘, Kindergartenlehre, Erziehungslehre, Deutsch, Heimatkunde, Naturkunde, Gesundheitslehre, Gesang, Zeichnen, Schneidern, Turnen und Handarbeit, darüber hinaus auch Geschichte der Pädagogik, Theorie und Praxis des Elementarunterrichts, Heilgymnastik für kleine Kinder sowie fakultativ ‚Putzmachen‘ und fremde Sprachen, d. h. Englisch und Französisch.“11) In den Kursen für Frauen und Töchter gebildeter Stände wurden ab 1900 die wichtigsten Kapitel der Anatomie und der Funktionslehre (Physiologie) mit besonderer Berücksichtigung des weiblichen Körpers und dessen Hygiene, Gesundheitspflege des Kindes und Erste Hilfe unterrichtet.
„Friedrich Fröbel hatte mit seiner Einfühlung in die Entwicklungsstufen des Kindes, mit der Entdeckung der kindlichen Schöpfungskraft eine philosophische Anthropologie entwickelt. Dem entsprachen seine erzieherischen Leitlinien und die Praxis der Kindergärten. Zur Pflege dieser ‚Pflanzstätten der Menschheit‘ schienen ihm Frauen von Natur aus berufen. Deshalb richtete sich an sie seine Botschaft: ‚Der Gedanke der Einigung der Frauenwelt ist ein wahrer Menschheitsgedanke, der um Wirklichkeit zu werden, aus der Frauenwelt und dem Frauengemüte selbst und freihändig hervorgehen muß, Liebe zu Kindern, Kinderpflege und somit Menschheitspflege ist der eigentliche Grundgedanke, wie das Einigungsgefühl des weiblichen Wesens.‘ (…)
Als Kindergärtnerinnen, Lehrerinnen, Sozialfürsorgerinnen konnten [die Frauen] fortan eine eigene Existenz begründen. In der Festlegung auf spezifische Frauenberufe sahen sie keine Zurücksetzung, sondern eine höchste Aufgabe für Familie, Gesellschaft und Nation.“ 12)
Nur leider wurde und wird immer noch im patriarchal geprägten Gesellschaftssystem die Erwerbsarbeit dieser Frauen nicht gleichwertig entlohnt. Noch immer erhalten Männer, die von der Ausbildungsdauer und dem erforderlichen Schulabschluss gleichwertige Erwerbsarbeit leisten, höhere Löhne. Dahinter steckt nach wie vor die Jahrhunderte alte Vorstellung von der Frau, die im Hause die Hausarbeit zu verrichten habe und wenn sie dennoch außerhäusig arbeiten geht, dies nur als Zuarbeit zum Erwerb des Mannes täte: deshalb könne sie auch geringer entlohnt werden.