Hamburger Straßennamen -
nach Personen benannt

Griesstraße

Hamm (1910): Diedrich Gries (7.2.1775 Hamburg – 9.2.1842 Hamburg), Übersetzer und sein Bruder Dr. Johann Michael Gries (22.7.1772 Hamburg – 12.4.1827 Frankfurt a. M.), Syndikus.


Siehe auch: Sievekingsallee

Die Brüder Dietrich und Johann Michael Gries waren die Söhne von Johanna Magdalena Gries, geborene Funck und des Kaufmanns und Senators Franz Lorenz Gries. Johanna Magdalena Gries starb 1792 im Alter von 49 Jahren. Da waren ihre beiden Söhne 20 und 17 Jahre alt.

Johann Michael studierte Jura und ließ sich als Rechtsanwalt in Hamburg nieder. Helmut Stubbe da Luz schreibt u. a. über ihn: „1798 legte er eine Schrift zugunsten der Einrichtung eines Handelsgerichts und der schrittweisen Entwicklung einer entsprechenden Rechtsordnung in Hamburg vor. Gries plädierte dafür, dass die Angehörigen ‚der wichtigsten Klasse unserer Mitbürger‘ sich verpflichten müssten, einschlägige Streitfälle auch tatsächlich dort anhängig zu machen, anstatt sich an überregionale Instanzen zu wenden. Die Idee des Handelsgerichts war nicht neu, aber als Hamburg 1799 von einer durch Blockademaßnahmen Englands gegenüber dem Kontinent ausgelösten Handelskrise erfasst wurde, zeigt sich, wie fundiert sie war.“ 1) In der Zeit der französischen Besatzung Hamburgs wurde solch ein Handelsgericht dann realisiert.

Im Jahr 1800 wurde Johann Michael Gries Syndicus des Senats. In der Neuen Deutschen Biographie heißt es über den weiteren beruflichen Werdegang Gries‘: „Während Hamburgs Franzosenzeit Generalsekretär des Präfekten, kehrte er nach der ersten Befreiung der Stadt (18.3.1813) in sein altes Amt zurück, weswegen er von Napoleon geächtet wurde. Als die Franzosen unter Davoust wieder in Hamburg einrückten (30.5.1813), befand er sich auf diplomatischer Mission bei Bernadotte. Als nunmehr einziger Vertreter der rechtmäßigen Hamburger Obrigkeit traten er und der in ähnlicher Lage befindliche Lübecker Syndikus C. G. Curtius auf Drängen hamburgischer Exil-Patrioten mit diesen Ende Juli 1813 in Güstrow zum ‚hanseatischen Direktorium‘ zusammen.“ 2) das als eine „Art Exil-Regierung für die drei Hansestädte Bremen, Hamburg und Lübeck fungiere und die Übernahme der Regierungsgewalt nach der Befreiung von den Franzosen vorbereiten sollte. Gries war dabei als provisorischer Regierungschef für Hamburg vorgesehen.

Nachdem das Direktorium sich wenige Monate später bereits wieder auflöste, reiste Gries gemeinsam mit dem Bremer Senator Johann Smidt [Smidtstraße] und dem Lübecker Johann Friedrich Hach nach Paris, um an den dortigen Waffenstillstandsverhandlungen teilzunehmen und die Unabhängigkeit der drei Städte zu erhalten. Dabei erreichte Gries auch die Rückgabe der zuvor von Davout beschlagnahmten Silberbestände der Hamburger Bank.
Anschließend nahm Gries am Wiener Kongress teil und vertrat ab 1816 seine Vaterstadt im Bundestag des Deutschen Bundes in Frankfurt.“3)

Johann Michael Gries blieb ledig. Er soll in Frankfurt am Main zu Ende seines Lebens privat vereinsamt gewesen sein. So heißt es in der Allgemeinen Deutschen Biographie: „Hier in Frankfurt führte er, fern von der Heimath, den Geschwistern und Jugendfreunden, ein innerlich vereinsamtes Junggesellendasein, – äußerlich aber im regsten Verkehr mit den Notabilitäten der dortigen Kreise, wie der gelehrten, schöngeistigen, schriftstellernden Welt; geliebt wol nur von den wenigen in der Heimath, – gekannt, geehrt von vielen, die jedes Wort seines geistreichen Witzes beifällig vernahmen und weiter trugen, – vielleicht auch gefürchtet von manchen wegen seiner zunehmend scharfen Satire, welche er aber in unbefangenster Selbstironie auch gegen sich selbst richtete. Kränklichkeit lähmte seine Thätigkeit und ließ ihn bequem erscheinen; seine letzten Lebensjahre verflossen unter den schmerzhaftesten Gichtleiden, gegen welche seine sommerlichen Badereisen keine Hülfe brachten. Er starb den 12. April 1827. Erst nach seinem Tode kamen viele verborgen gebliebene Beispiele der Großmuth und Wohlthätigkeit des weichen Gemüthes dieses für herzlos gehaltenen greisen Diplomaten zur Kunde. Erst damals erkannten auch Fernerstehende, daß ein seinem Charakter eigenthümlicher Hang: das Gute in ihm zu verhüllen und sich selbst in ein ungünstiges Licht zu stellen, – so manche unrichtige Beurtheilung des seltsamen Mannes veranlaßt hatte, und daß, wie so viel Räthselhaftes in seinem Wesen, so auch sein herber Humor, vielleicht schon in früherer Zeit aus den geheimen Leiden einer unerwiederten Jugendliebe entstanden sein mochte.“4)

Der Bruder: Diedrich Gries
Elise Campe, die Diedrich Gries in seinen letzten Lebensjahren betreute und anonym die einzige Gries-Biografie verfasste, „wirft [in ihrer Biografie über Gries] die Frage auf, ob Gries zu den Männern gehörte, die von ‚den Empfindungen einer anderen Natur‘ geprägt seien“ schreiben Bernhard Rosenkranz und Gottfried Lorenz in ihrem Buch „Hamburg auf andern Wegen. Die Geschichte des schwulen Lebens. 5) Nach einer Kaufmannslehre studierte auch Diedrich Gries Jura, so in Jena, Dresden und Göttingen. Aber seine Liebe galt der Literatur und so begann er schon während seines Jurastudiums in Dresden mit dichterischen Übersetzungen. Er übersetzte spanische und italienische Werke ins Deutsche.

Diedrich Gries promovierte in Jura. Dazu Helmut Stubbe da Luz: „Der frischgebackene Doktor beider Rechte, der sich juristisch hinfort nur mehr für das Problem der Raubdrucke seiner Übersetzungen interessierte, erhielt jetzt von seiner Familie eine bescheidene Apanage, die es ihm erlaubte, außerhalb Hamburgs ein bescheidenes Leben als Privatgelehrter zu führen. In den Jahren von 1800 bis 1803 veröffentlichte er in vier Bänden seine Tasso-Übersetzung. Von 1815 bis 1819 erschienen in sieben Bänden die auf Anregung August Wilhelm Schlegels [siehe: Schlegelsweg] von Gries übersetzten ‚Schauspiele‘ Calderóns. 1816 schlug Gries das Angebot seines Bruders, des Hamburger Senatsyndicus Johann Michael Gries, aus, in der Hansestadt ein öffentliches Amt zu übernehmen (…).“ 6)

Helmut Stubbe da Luz schätzt Dietrich Gries‘ Arbeit wie folgt ein: „Johann Dietrich Gries gilt als der neben August Schlegel beste poetische, nachdichtende Übersetzer seiner Zeit. Für manche bekannten epischen Werke aus dem romanischen Sprachraum gibt es bis auf den heutigen Tag keine vorzüglicheren Nachdichtungen, beispielsweise für Ludovico Ariosts ‚Rasenden Roland‘.“ 7)

Und in der Neuen Deutschen Biographie kann man über Diedrich Gries‘ Arbeit lesen: „G. war selbst kein schöpferischer Geist; er schrieb mittelmäßige Gelegenheitsdichtung mit selbstbiographischen Anklängen. Sein Lebensberuf und seine bleibenden Leistungen sind die Übersetzungen Er beschränkte sich auf italienische Epik und Calderón. Mit sicherem Stil- und Formgefühl begabt und sprachgewandt, versuchte G. unter Beibehaltung des ursprünglichen Versmaßes und nach zähen Verbesserungen höchste formale Originaltreue zu erreichen. In der ersten metrischen Verdeutschung Boiardos (1834–38) bewies er seine philologisch-literarhistorischen Fähigkeiten, die sich bereits in der hohen Schule der Calderónübersetzung bewährt hatten. Das Ehrengehalt Friedrich Wilhelms IV. ersetzte ihm nicht mehr die seinen letzten Werken versagte frühere Anerkennung.“ 8)

Und weiter heißt es in der Neuen Deutschen Biographie über die letzten Lebensjahre von Diedrich Gries: „Im Alter fast taub, gichtbrüchig und durch den Tod der Bekannten vereinsamt, zog sich der empfindliche und selbstbewußte G., durch die Erfahrung mit Nachdruckern und Nachahmern verbittert, zurück. 1837 verließ er seine Wahlheimat Jena. In Hamburg, an dessen Geschick er, seit der Franzosenzeit national gesinnt, lebhaften Anteil nahm, wurde er bis zum Tode von Elisabeth Campe gepflegt.“ 9)