Hamburger Straßennamen -
nach Personen benannt

Grundstraße

Eimsbüttel (1902): Friedrich Wilhelm Grund (7.10.1791 Hamburg -24.11.1874 Hamburg), Dirigent, Begründer der Singakademie in Hamburg


Siehe auch: Clasingstraße
Siehe auch: Voigtstraße

Diese Straße könnte auch nach seiner Tochter, der Pianistin und Sängerin Christiane Grund, verheiratete Sengstacke mitbenannt werden.

Friedrich Wilhelm Grund war der Sohn des aus Sachsen stammenden Musikpädagogen Georg Friedrich Grund und dessen Ehefrau Christiane Eleonore Steinert. Die Familie wohnte am Valentinskamp 182. Sein Vater lehrte ihn das Spielen von Klavier, Violine, Violoncello und Kontrabass. Weil er ein Nervenleiden an der rechten Hand hatte, musste er 1819 seine Laufbahn als Musiker beenden, seitdem arbeitete er als Komponist, Dirigent und Musiklehrer. Im selben Jahr rief er gemeinsam mit Jacob Steinfeldt (1788–1869) die Gesellschaft der Freunde des religiösen Gesangs, die später dann Hamburger Singakademie hieß, ins Leben. 34 Jahre lang leitete er die 1828 als Verein zur Aufführung von Winterkonzerten gegründete Philharmonische Gesellschaft.

„Als Interessenvertretung von Tonkünstlern, Musikalienhändlern und Instrumentenfabrikanten gründeten Grund, Avé-Lallement, Karl Grädener [siehe: Grädenerstraße] und andere 1867 den Hamburger Tonkünstlerverein.“ 1)

Auch seine Geschwister waren Musikerinnen und Musiker, so seine Schwestern Christiane Sengstacke (24.8.1783 Dresden–27.5.1867 Bremen, Pianistin und Sängerin) und Henriette Grund (1783-1867, Pianistin und Sängerin).

Christiane Grund (Vornamen auch Eleonore, Christel), verheiratete Sengstack bzw. Sengstacke war das älteste von neun Kindern des Ehepaares Georg Friedrich Grund und Christiane Eleonore, geb. Steinert. Zu ihren Geschwistern gehörten die Berufsmusiker Eduard (1802-1871) und Friedrich Wilhelm Grund sowie die ebenfalls als Pianistin und Sängerin tätige Henriette Grund. Christiane Grund war Klavierschülerin ihres Vaters. Bereits als 8-Jährige debütierte sie im Dezember 1791 am Hamburger Stadttheater. Dieses erste erfolgreiche Konzert des Kindes habe entscheidend zur Verbesserung der bis dahin dürftigen materiellen Situation der Familie beigetragen, berichtete eine Nachbarin. Ihr Vater, Georg Friedrich Grund, der erst seit wenigen Jahren in Hamburg tätig war, wurde durch den öffentlichen Erfolg der Tochter rasch zu einem gefragten Klavierlehrer.

Bereits im Februar 1792 folgte ein weiterer Auftritt in einem Konzert der Gesellschaft Harmonie (exklusiver „Wirtschaftsclub“ von damals ca. 30 fortschrittlich denkenden Geschäftsleuten, die internationale Presse diskutierten, Soireen und Konzerte veranstalteten). Der „Hamburgische Correspondent“ bescheinigte dem Mädchen nicht nur „schnelle Fortschritte in der Kunst“, sondern bewunderte auch ihre „Fertigkeit und den geschmackvollen Vortrag (…) sowol in den schwersten Passagen, als insbesondere auch in der Cadence durch alle Töne“ (Hamburgischer Correspondent Nr. 34, 29.2. 1792).

In den folgenden Jahren trat sie regelmäßig in eigenen Konzerten auf; als Konzertorte sind das Schauspielhaus, das Komödienhaus und die „Harmonie“ nachweisbar. Ab 1795 ließ sie sich zudem als Sängerin hören. Christiane Grund konzertierte auch gemeinsam mit ihren Geschwistern, so etwa erstmals mit ihrem sechsjährigen Bruder Fritz im November 1792 vierhändig am Klavier. Mit zunehmendem Alter wurde sie in der Fachpresse kritischer beurteilt: Das Spiel der jungen Frau wurde als altersgerecht und sehr virtuos, aber für große Konzerte nicht kraftvoll genug beschrieben.

So sind auch die Biographien der Geschwister Grund Beispiele für die ungleichen Chancen der Geschlechter im Musikleben des 19. Jahrhunderts: „Während die Brüder Eduard (späterer langjähriger Konzertmeister der Meininger Hofkapelle) und Friedrich Wilhelm (als Gründer der Philharmonischen Gesellschaft eine wichtige Persönlichkeit der Hamburger Musikgeschichte) erfolgreiche, in exponierten Positionen tätige Berufsmusiker wurden, nahm die Vita der offenkundig ebenfalls talentierten Christiane Grund eine andere Wendung. Sie wandte sich zunehmend dem Gesang zu. Und das, obwohl Christiane Grund offenkundig über einen hohen Bildungsstand verfügte und vier Sprachen beherrschte (Louis Spohr, Lebenserinnerungen, hrsg. von Folker Göthel, Tutzing 1968). Ab ihrem 14. Lebensjahr gab sie Klavierunterricht, eine dauerhafte Berufstätigkeit als Musikerin fand jedoch nicht statt.

Stattdessen heiratete Christiane Grund 1802 den Bremer Kaufmann Georg Friedrich Sengstack, übersiedelte nach Bremen und zog sich aus dem öffentlichen Konzertleben zurück. Die ab 1820 von Christiane Grund, verh. Sengstack, verfassten Jahresrückblicke bieten die seltene Möglichkeit, auf das private Leben einer einstmalig erfolgreichen Künstlerin zu blicken, die durch die Heirat in ihrem Wirkungsraum weitgehend auf den Privatkreis beschränkt wurde.“ (Familienglück – das Beste auf Erden. Die Berichte der Ehefrau Christiane des Bremer Kaufmanns Georg Friedrich Sengstack aus den Jahren 1820 bis 1861, hg. von Althée Meinken, Bukarest 1997). Christiane Sengstack bekam 16 Kinder; in ihrer Chronik nehmen die Schilderungen familiärer Ereignisse entsprechend den weitaus meisten Raum ein. Es entsteht der Eindruck einer fürsorglichen, im Zentrum ihrer Familie stehenden Frau. Gleichzeitig ist feststellbar, dass sie die Musik nicht aufgab, sondern weiterhin am Musikleben teilnahm. Der professionelle Hintergrund der Musiker-Familie Grund ermöglichte es Christiane Sengstack, mit einer Reihe von hochklassigen MusikerInnen der Zeit auch im persönlichen Kontakt zu stehen. Im Haus der Familie Sengstack etablierte sie Privatkonzerte, an denen 1833 etwa die Pianistin Louise Dulcken teilnahm (Klavierschülerin des Bruders Friedrich Wilhelm Grund, vgl. Kurzbiografie in dieser Datenbank). Auch die Brüder Friedrich Wilhelm und Eduard musizierten gemeinsam mit Christiane Sengstack. Dabei wurde offenkundig auch Repertoire gespielt, das für Frauen dieser Zeit – zumal im Rahmen bürgerlicher Salon- und Hauskonzerte – eher unüblich war: Etwa Beethovens Eroica in vierhändiger Bearbeitung oder – gemeinsam mit den Brüdern – „ein schönes großes Trio von Beethoven“.

Text in Anlehnung an die genannte wissenschaftliche Quelle zusammengestellt von Dr. Cornelia Göksu