Hamburger Straßennamen -
nach Personen benannt

Hans-Sachs-Straße

Altona-Nord (1933): Hans Sachs (5.11.1494 Nürnberg – 19.1.1576 Nürnberg), Dichter


Siehe auch: Meistersingerweg
Siehe auch: Luthergrund

Die Straße wurde nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten benannt. Vorher hieß sie Chemnitzstraße, nach dem Amtsrichter Matthias Chemnitz aus Altona. Nach ihm wurde nach der Befreiung vom Nationalsozialismus 1951 in Altona-Altstadt eine Straße benannt (siehe: Chemnitzstraße), die zuvor seit 1846 Wilhelmstraße hieß, benannt nach dem Grundstücksbesitzer.
Die Verbindung von Hans Sachs, dem Meistersinger, zum Nationalsozialismus beschreibt Michael Baldzuhn wie folgt: „Sofern die Meistersinger nicht im Blick auf die - dann nach ahistorischen Kriterien beurteilte - Beschaffenheit ihrer Liedproduktion verachtet, sondern geschätzt wurden, gründete diese Anerkennung bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts hinein oft auf einem binären Wahrnehmungsschema, das zwischen Ethik und Ästhetik unterscheidet. Ästhetisch betrachtet wurden die Leistungen regelmäßig als gering veranschlagt, nach ethisch-moralischen Gesichtspunkten hingegen aber für wertvoll angesehen, da die Kunst der Meistersinger ‚aufrichtig‘ und ‚ehrlich‘ gemeint gewesen sei. Der Weg von dort zu nationalistischer Hochschätzung des typisch "Deutschen" war kurz. Nicht zufällig war Wagners ‚Die Meistersinger von Nürnberg‘ Adolf Hitlers (1889-1945) Lieblingsoper.“ 1)

In Richard Wagners (siehe: Wagnerstraßenbrücke) 1868 uraufgeführten Oper ist die Hauptfigur Hans Sachs.

Hitler bestimmte die Oper „zum offiziellen Festspiel der alljährlich in Nürnberg stattfindenden Reichsparteitage und Joseph Goebbels erklärte anlässlich der Bayreuther ‚Meistersinger‘-Aufführung im Jahre 1933: ‚Es gibt wohl kein Werk in der gesamten Musikliteratur des deutschen Volkes, das unserer Zeit und ihren seelischen und geistigen Spannungen so nahestände wie Richard Wagners ‚Meistersinger‘. Wie oft in den vergangenen Jahren ist ihr aufrüttelnder Massenchor ’Wacht auf, es nahet gen der Tag‘ (dessen Text von Sachs stammte, E.B.) von sehnsuchtserfüllten gläubigen deutschen Menschen als greifbares Symbol des Wiedererwachsens des deutschen Volkes aus der tiefen politischen und seelischen Narkose des Novembers 1918 empfunden worden.‘“ 2)

Hans Sachs war der Sohn von Christina Sachs, verwitwete Prunner und des Schneidermeisters Jörg Sachs. Nach dem Besuch der Lateinschule absolvierte Hans Sachs eine Schuhmacherlehre und ging dann auf Wanderschaft. Diese dauerte fünf Jahre an. In „dieser Zeit diente er vorübergehend am Hof Kaiser Maximilians I. in Innsbruck und soll sich dort zum Studium des Meistersangs entschlossen haben. Daraufhin begann er im selben Jahr Unterricht bei Meister Lienhard Nunnenbeck in München zu nehmen.“3)

In München verliebte sich Hans Sachs in ein junges Mädchen, das er heiraten wollte. Deshalb beorderte sein Vater ihn zurück nach Nürnberg, „denn ein Geselle verwirkte automatisch sein Meisterrecht, wenn er vor Beendigung seiner vorgeschriebenen Wanderjahre heiratete.“4) In einem Gedicht aus dem Jahre 1548 berichtet Hans Sachs über seine Wanderjahre und diese Liebe. „Um sein trostloß gemüt zu erquicken, so heißt es (…) in dem Gedicht. Legt er sich auf der Wanderung in seine Vaterstadt in den Schatten eines Baumes und schläft ein. Im Traum erscheint ihm Frau Ehre, die ihn in ein Zwiegespräch über das Für und Wider der Liebe und Wollust, also sexuellen Liebe, verwickelt.“ 5)

Frau Ehre ist gegen die Wollust, weil sie für den Menschen schädlich sei; der Dichter hingegen preist die Wollust. „Wenn es auch kaum überrascht, daß Sachs am Ende des Gedichtes die vor- und außereheliche Liebe verurteilt, ist es doch erstaunlich, wie differenziert und realistisch er die Liebe als existentielle Gegebenheit schildert. (…) Als Christ muss er sexuelle Liebe ablehnen, als Mensch findet er sie beglückend,“ 6) schreibt Eckhard Bernstein in seiner Biographie über Hans Sachs. Und weiter erklärt Eckhard Bernstein: „Die zwei Grunderfahrungen seiner Wanderschaft, die Berufung zum Dichter und die Erfahrung der elementaren Kraft Liebe, ließen eine Reihe von Werken entstehen, die sich mit dem Thema der Liebe beschäftigen. (….) Auch seine beiden vor der Reformation entstandenen Fastnachtspiele Das hoffgesindt Veneris und Von der eygenschafft der lieb handeln von den Verlockungen und Gefährdungen der Liebe. Am unmittelbarsten brachte er seine persönlichen Erfahrungen in einem ‚Buhlscheidlied‘, also einem Abschiedslied von der Geliebten zu Ausdruck.“ 7)

1516 kehrte Hans Sachs auf Geheiß seines Vaters nach Nürnberg zurück. Nun, nach Beendigung seiner Wanderschaft und um Meister zu werden, musste er eine Ehe eingehen. Dies war, neben der Anfertigung eines Meisterstücks, eine der Bedingungen für den Meistertitel. „Dafür gab es handfeste wirtschaftliche Gründe. Da Gesellen und Lehrlinge in einem Handwerkerbetrieb nicht nur arbeiteten, sondern auch aßen und logierten, war eine tüchtige, die vielfältigen Aspekte des ausgedehnten Haushaltes koordinierende Frau unerlässlich.“ 8)

Drei Jahre nach seiner Rückkehr nach Nürnberg heiratete Hans Sachs 1519 Im Alter von 25 Jahren die damals 17jährige Waise Kunigunde Creutzer (1502-1560). „Elf Tage nach der Hochzeit (…) übergaben Jörg und Christina Sachs ihrem einzigen Sohn das Haus in der Kotgasse als ‚heiratsgut‘. Es blieb bis zu seinem Tode in Sachsens Besitz (…). Am 30. Januar 1520 wurde Hans Sachs der Meistertitel des Schuhmacherhandwerks verliehen. (…) Von seinen Eltern mit einem ansehnlichen Startkapital ausgestattet, gründete er einen Handwerkerbetrieb. Daneben schrieb er eine beträchtliche Anzahl von literarischen Arbeiten, nämlich zwei Fastnachtspiele, mehrere Spruchgedichte und vierzig Meisterlieder.“ 9)

Hans Sachs wurde ein aktives Zunftmitglied der Meistersinger und war zeitweise auch deren Vorsitzender. Seine Frau führte den umfangreichen Handwerkerhaushalt und gebar und erzog sieben Kinder. Keines der Kinder überlebte den Vater.

Nach seiner Heirat entstanden nur noch wenige Meisterlieder. „Diese scheinen bereits unter dem Eindruck der Reformation zu stehen. (…). 1521/22 entstanden keine Werke; offensichtlich war diese Zeit neben dem Aufbau von Familie und Werkstatt der intensiven Auseinandersetzung mit der neuen Theologie gewidmet. Darauf verweisen das Meisterlied und das Spruchgedicht über die ‚Wittenbergisch Nachtigall‘ (1523), deren Inhalt ein überschwengliches Lob Luthers und die Verspottung seiner Feinde bilden. Auf der außergewöhnlichen Wirkung des Lieds konnte S. aufbauen, als er 1524 vier Prosadialoge folgen ließ, die das allgemeine Priestertum der Gläubigen gegenüber dem Mönchtum und die neue Verantwortung der Protestanten gegenüber Altgläubigen betonen und in denen die Verpflichtung für das Wohl der Armen zur Sprache kommt. (…). S. geriet in den Folgejahren vorübergehend ins Blickfeld der Nürnberger Zensur, wurde einmal verhört, wegen eines antipäpstl. Pamphlets massiv gerügt und erhielt zeitweise Schreibverbot. (…)
S.s ungewöhnlich starker dichterischer Impetus und die Entscheidung für die Reformation veranlaßten ihn 1523, die Nürnberger Meistersingerschule wieder aufzubauen und zeitweilig fast allein mit Texten zu versorgen. Bis 1567 verfaßte er nahezu 4300 Meisterlieder, etwa die Hälfte davon geistliche. Ihre Melodien stammen von Sangspruchdichtern bis zurück zu Walther von der Vogelweide, aber auch von Zeitgenossen; (…).“ 10)

Inhaltlich verarbeitete Sachs unterschiedliche Themen. „So sind seine Lieder fast zu gleichen Teilen geistlichen und weltlichen Inhalts; die Spruchgedichte haben geistliche, historische, politische und schwankhafte Inhalte. Oft bearbeitete er den gleichen Stoff in mehreren Gattungen.
Hervorzuheben unter Sachs’ Werken sind auch seine in der Nürnberger Tradition stehenden Schwänke und Fastnachtsspiele. In seinen Komödien und Tragödien greift er vor allem auf biblische, klassische und mittelalterliche zurück. Diese weisen, angepasst an die kleinbürgerliche Vorstellungswelt, meist einen lehrhaft-satirischen Charakter auf.“11)

Sinn und Zweck der Meistersingerlieder war: „(…) der städtischen Bevölkerung religiöse und weltliche Bildung nahezubringen, [deshalb] lässt Sachs im Prosadialog fiktive Personen die Probleme der Reformation und der richtigen Lebensführung diskutieren. Sachs ging es hier oft darum, die Interessen des Handel treibenden Bürgertums zu vertreten, indem er Frieden, Ordnung, Ehrbarkeit und Vernunft propagierte. (…).“ 12)

1580 starb Hans Sachs Ehefrau. Ein Jahr später heiratete er „die fast vierzig Jahre jüngere Barbara Endres, geborene Harscher [1534-1583]. Für Barbara gab es handfeste wirtschaftliche Gründe, sich an den Witwer zu binden, Sie war keineswegs das blutjunge siebzehnjährige Mädchen, als das sie noch im letzten Jahrhundert dargestellt wurde, sondern eine siebenundzwanzigjährige Witwe, deren sechs Kinder nach dem Tod ihres ersten Mannes Jakob Endres versorgt werden mussten. Ein jüngerer Geselle, für den eine Handwerkerwitwe normalerweise eine ‚gute Partie‘ gewesen wäre, mag nicht nur von der großen Schar der Kinder, sondern auch von der geringen Erbschaft abgeschreckt worden sein, die ihr Mann ihr hinterlassen hatte. In seinem Beruf hatte dieser Handwerker sich so wenig ausgezeichnet, dass nicht einmal sein Name im Nürnberger Sterbebuch erwähnt wurde. (…). Hans Sachs dagegen war wohlhabend, mehrfacher Hausbesitzer, verdiente Geld durch seine literarischen Arbeiten, hatte zusätzlich Einkünfte durch das Kopieren anderer Werke, bezog wohl auch noch Geld durch die Theateraufführungen, und schließlich nährte auch das Schusterhandwerk seinen Mann.

Barbara gab Hans Sachs nicht nur seinen Lebensmut zurück, sondern beflügelte auch in erstaunlichem Maße sein Schaffen. Während er in den zwölf Monaten nach dem Tod seiner Frau kaum zwanzig Werke zu Papier gebracht hatte, flossen 1562 und 1563 die Texte mit gewohnter Leichtigkeit aus seiner Feder (167 bzw. 218 Werke). Vor allem aber machte Barbara den Siebenundsechzigjährigen zum Liebeslyriker. Das künstlich [kunstreiche] frauenlob, eine poetische Huldigung an seine junge Frau, ist eines seiner schönsten, seiner ‚lyrischsten‘ Gedichte. Trotz des Rückgriffs auf konventionelle Bilder ist das Gedicht von einer zärtlichen Sinnlichkeit, wie wir sie von Hans Sachs sonst nicht kennen. Darin äußert sich eine wiedergewonnene Daseinsfreude, die auch seine vorher so vehement beklagte ‚Baufälligkeit‘ vergessen lässt.“13)

Eckard Bernstein schreibt über Barbara Sachs, dass diese „größeren Anteil als seine erste Frau an seinen literarischen Arbeiten genommen zu haben [scheint]. Im Jahre 1567 widmete er ihr ein Exemplar der zweiten Auflage des ersten Foliobandes seiner Werke mit den Worten: Ich Hans Sachs schenck dis erst buech meiner gedicht meiner lieben ewirtin Barbara das sie das von meinetwegen behalt und darin les ir leben lang.

Fünfzehn Jahre blieb sie ihm eine fürsorgende Ehefrau. Vier Monate nach seinem Tod heiratete sie den acht Jahre jüngeren Bade und Wundarzt Hans Leuthkirchner.“14)