Chemnitzstraße
Altona-Altstadt (1951): Matthäus Chemnitz (10.6.1815 Barmstedt – 15.3.1870 Altona), Dichter des Schleswig-Holstein-Liedes „Schleswig-Holstein meerumschlungen“ aus dem Jahre 1844, Amtsrichter in Altona
Siehe auch: Straßweg
Siehe auch: Bellmannstraße
Früher hieß die Straße Wilhelmstraße, benannt 1846 nach dem Grundeigentümer. 1951 wurde die Straße umbenannt in Chemnitzstrraße wegen vorhandener doppelter Straßennamen. (vgl.: Staatsarchiv Hamburg, Registratur Staatsarchiv AZ. 1521-1/5 Band 3-5: Straßennamen (neue Kartei), alphabetisch geordnet mit Hinweisen).Nach Matthäus Chemnitz wurde bereits vor 1933 eine Straße in Altona-Nord benannt. Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten wurde diese Verkehrsfläche umbenannt in Hans- Sachs-Straße (siehe: Hans-Sachs-Straße).
In Wikipedia steht über ihn: „Chemnitz wurde in Barmstedt als fünftes von 14 Kindern des Pastors Johannes Paul Chemnitz (…) geboren. (…).“ 1)
Chemnitz hatte natürlich auch eine Mutter, die an dieser Stelle nicht verschwiegen werden soll. Sie hieß Maria Dorothea Conradine Chemnitz, geborene Lange.2)
Matthias Chemnitz absolvierte 1835 das Abitur am Christianeum in Altona. Ein Jahr zuvor war sein Vater gestorben, und seine Mutter hatte deshalb mit ihren Kindern ins Predigerwitwenhaus umziehen müssen.
Matthias Chemnitz studierte in Kiel Jura, schloss das Studium 1840 mit dem Staatsexamen ab und war dann in Schleswig als Advokat und Staatsanwalt tätig. In seiner Freizeit widmete er sich dem Turnen und der Schleswiger Liedertafel.
„Seine Bekanntschaft mit dem Kantor am St Johannis Kloster, Carl Gottlieb Bellmann [siehe: Bellmannstraße], führte zur Entstehung des Liedes Schleswig-Holstein meerumschlungen. Dieses hatte am 24. Juli 1844 seine Premiere beim ‚Schleswiger Sängerfest‘, wo blau-weiß-rote Fahnen als Symbol für Schleswig-Holstein gezeigt wurden,“ 3) schreibt Michael Teilig und bemerkt zu dem Lied:.
„Es drückte – wie das ‚Lied der Deutschen‘ von Hoffmann von Fallersleben, [siehe: Hoffmann-von-Fallersleben-Straße] (…) die national geprägte Stimmung bürgerlicher und deutsch gesinnter Kreise aus.“4) Dazu erklärt Michael Teilig: "Schleswig-Holstein war als Grenzgebiet zwischen den Reichen jahrhundertelang unbestritten unter dänischer Krone gewesen, obwohl nur das Herzogtum Schleswig dänisches Lehen gewesen war. Durch den Vertrag von Ripen hatte die Ritterschaft beider Landesteile sich ein historisches Recht auf dauernde Zusammengehörigkeit unter einer Krone gesichert. Die dänische Krone war damals an die deutsche Dynastie der Oldenburger gefallen. Eine „nationale‘ Frage hatte es entsprechend nie gegeben. Erst nach 1815, mit zunehmender Verfassungsdiskussion aufgrund völlig veränderter gesellschaftlicher Bedingungen sowohl in Dänemark als auch in den verschiedenen deutschen Fürstentümern und Polen, war die Frage nationaler Grenzen akut geworden. Hinzu kam der dänische Staatsbankrott von 1815, der eine erhöhte Steuerlast für die Herzogtümer mit sich gebracht hatte. (…). Wichtige Formen politischer Öffentlichkeit in dieser von Zensur geprägten Zeit waren einerseits Burschenschaften für die Studenten, andererseits Schützenvereine, Turnvereine, Liedertafeln und Gesangsvereine für das Bürgertum. Aus diesen heraus fand die Agitation für eine Zugehörigkeit Schleswig-Holsteins zu einem zukünftigen national geeinten Deutschland bzw. Dänemark statt,“ 5)
In Folge der bürgerlichen Revolution von 1848 war es auch in Schleswig-Holstein zu einer Erhebung gekommen. Diese richtete sich gegen die dänische Gesamtstaatspolitik und wurde 1852 mit der Schlacht bei Idstedt geschlagen. Die Aufständischen, zu denen auch Chemnitz gehörte, mussten das Land verlassen. Viele gingen nach Amerika, Chemnitz nach Hamburg.
Dort wurde er: „Redakteur der Hamburger Nachrichten und bearbeitete dort schleswig-holsteinisch-skandinavische Themen. Von Hamburg zog er nach Würzburg. Von 1851 bis 1854 war er Sekretär der Main- Dampfschiffahrtsgesellschaft, von 1855 bis 1864 Sekretär des Polytechnischen Vereins, eines 1806 gegründeten und ab 1818 mit der beruflichen Aus- und Weiterbildung von Handwerkern beauftragten Kulturinstituts in Würzburg. (…)“6)
Über Chemnitz‘ Privatleben erfahren wir in Wikipedia nichts, dafür aber bei Michael Teilig und Hartwig Molzow. Chemnitz heiratete 1855 im Alter von 40 Jahren die 25jährige Marie Katharina Wittmann (2.6.1830 Herrieden/Bayern – 22.6.1863 Würzburg). Sie war die uneheliche Tochter von Johanna Wittmann. 7)
Das Ehepaar Chemnitz lebte in Würzburg und bekam fünf Kinder, von denen drei sehr früh verstarben.
Über Chemnitz‘ finanzielle Situation schreibt Hartwig Molzow: „Ch. hatte nie Wohlstand kennengelernt; der Verlust seiner Schleswiger Stellung, seine einem Volljuristen nicht angemessenen Würzburger Beschäftigungen und die Heirat mit einer selbst aus ärmlichsten Verhältnissen stammenden Frau hatten ihn wohl nie Rücklagen bilden lassen.“ 8)
Marie Wittmann starb ein halbes Jahr nach der Geburt ihrer Tochter Eleonore, die am 31.12.1862 in Würzburg geboren worden war.
Nach dem Tod seiner Frau und nun Witwer von zwei kleinen Kindern, bekam Chemnitz eine Stelle als Kloster- und Amtsvogt in Uetersen, wohin er mit seinen beiden Kindern zog. Später erhielt er eine Anstellung als Amtsrichter in Altona. Dort lebte er mit seinen beiden Kindern und seiner Mutter. Als er nach langjähriger Krankheit starb, wurde er auf dem Begräbnisplatz eines Freundes beigesetzt, weil das Geld für einen eigenen Grabplatz fehlte. Den Grabstein stiftete eine ehemalige Schülerin. 9) „Die beiden ihn überlebenden unmündigen Kinder kamen zu Ch.’ Trittauer Amtskollegen Carl Ludwig Tadey (1832-1903) in Pflege, der 1879 Amtsrichter in Itzehoe wurde.“ 10)