Karl-Reese-Weg
Langenbek (1988): Karl Reese (6.11.1890 Hamburg-Wilhelmsburg - 4.1.1940 KZ Sachsenhausen), Bibelforscher, Gegner/Opfer des Nationalsozialismus.
Stolperstein: Tangstedter Landstraße 158.
Karl Heinrich Friedrich Reese kam in Wilhelmsburg, Georgswerder 83, zur Welt. Zu dieser Zeit gehörte Wilhelmsburg noch nicht zu Hamburg. Sein Vater Karl Friedrich Ernst Reese war am 13. November 1865 in Hagenow und seine Mutter Anna Maria, geb. Dehnert am 21. Mai 1866 in Ober-Harpersdorf geboren worden. Beide waren evangelisch und hatten in Parchim am 30. Oktober 1888 geheiratet. In Parchim wurde ein Jahr später Karls ältere Schwester Anna Maria Frieda geboren. In Wilhelmsburg kamen Karls jüngerer Bruder Johannes Friedrich August im Jahre 1892 und seine jüngere Schwester Emma Pauline Anna im Jahre 1894 zur Welt.
Als Karl Reese sechs Jahre alt war, zog die Familie nach Hamburg um und sein Vater erwarb 1902 die Hamburger Staatsbürgerschaft. Er arbeitete als Hilfsarbeiter in der Buchdruckerei Franke & Scheibe und wohnte in der Spaldingstraße 150. Die Ehe von Karls Eltern war zu dieser Zeit schon ein Jahr geschieden. Karls Bruder Johannes wurde im Mai 1915 als Soldat im Ersten Weltkrieg getötet.
Karl Reese heiratete am 30. April 1917 die 22-jährige Martha Dora Caroline Rosenbrook, die uneheliche Tochter der Köchin Sofia Ida Dorothea Helene Rosenbrook. Martha war evangelisch und wohnte am Eppendorfer Baum 40 im 1. Stock. Karl war zu dieser Zeit Schmiedegeselle und wohnte in Hamburg in der Bachstraße 101. Er war als konfessionslos registriert.
Seit 1930 war Karl Reese in der Harburger Versammlung der Zeugen Jehovas aktiv. Diese verweigerten dem NS-Staat den Hitlergruß, traten nicht in die NS-Organisationen ein (später verweigerten sie den Militärdienst) und wurden aus diesen Gründen verfolgt. Am 12. August 1937 wurde Karl Reese zusammen mit 14 weiteren Angeklagten vom Hanseatischen Sondergericht zu einer Gefängnisstrafe von sechs Monaten verurteilt, weil er sich weiter für die verbotene "Internationale Bibelforscher-Vereinigung" (gegründet 1927 in Magdeburg) betätigt hatte.
Zu diesem Gerichtsverfahren existiert heute lediglich eine "Notakte" mit dem Urteil, in dem ihm vorgeworfen wird, mit anderen Angeklagten zusammen "in der Bibel und alten Schriften der Bibelforscher" gelesen und sich darüber unterhalten zu haben. Auch habe er von einem der anderen Angeklagten den "Wachturm" bezogen. Allerdings sind weder Informationen über das Ermittlungsverfahren noch Verhörprotokolle erhalten geblieben.
Karl Reese wurde zweieinhalb Monate nach der Verurteilung in das KZ Sachsenhausen verbracht und am 30. Oktober 1937 mit der Häftlingsnummer 888 als "Schutzhäftling" im Häftlingsblock 18 inhaftiert. Bei seiner Einlieferung wurde die Tangstedter Landstraße 158 als sein Wohnort angegeben.
Karl Reese verstarb im Alter von 49 Jahren, am 4. Januar 1940, im Krankenbau des KZ Sachsenhausen, Häftlingsblock 36. Als Todesursache wurde Lungenentzündung angegeben. Er war zum Zeitpunkt seines Todes von der Politischen Abteilung als I.B.V. (Mitglied der Internationalen Bibelforscher-Vereinigung) und als Invalide registriert, jedoch sind die Umstände, die zur Invalidität führten, unbekannt.
Nach dem Tode von Karl wohnte Martha Reese mit ihrer Tochter weiterhin in der Tangstedter Landstraße 158, wo sie am 31. Dezember 1948 verstarb. Sie war nicht berufstätig und gehörte der evangelisch-lutherischen Kirche an.
An Karl Reese erinnert seit dem 8. Februar 1988 im Bezirk Harburg der Karl-Reese-Weg.
Text: Margot Löhr/Holger Tilicki, Stand: Januar 2023, entnommen aus: www.stolpersteine-hamburg.de