Auersreihe
Horn (1929/1945): Ignaz Auer (1846-1907), Reichstagsabgeordneter, Mitinhaber der Buchdruckerei und Verlagsanstalt Auer & Co. Aktiv in der Arbeiterbewegung
Siehe auch: Molkenbuhrstraße
Siehe auch: Geibweg
Die 1929 benannte Auersreihe wurde 1934 umbenannt in Harry-Hahn-Straße (1906-1933), SA-Mann, der am 10.4.1932 ums Leben kam bei einer politischen Auseinandersetzung in Hamburg. Die Umbenennung geschah anlässlich der Feierlichkeiten zum ersten Jahrestag der NS-Herrschaft am 5.3.1934.
Gleich nach der Befreiung vom Nationalsozialismus wurde die Straße rückbenannt in Auersreihe.
In Wikipedia heißt es über Auers Herkunft, ohne dabei allerdings die Mutter zu erwähnen: „Sein Vater, ein Fleischermeister, starb 1848 und hinterließ die Familie in tiefstem Elend. Ignaz Auer musste als Hirtenjunge sein Brot verdienen. Nach einem kurzen Besuch der Volksschule durchlief Ignaz Auer von 1859 bis 1863 eine Lehre als Sattler in Neuhaus am Inn. Anschließend begab er sich auf Wanderschaft durch Deutschland und Österreich. Er litt seit seiner Jugend an Rheuma, das ihn zeit seines Lebens behinderte.“1)
Detaillierter berichtet Bernd Braun über Ignaz Auer: „Ignaz Auer wurde (…) als das neunte von zehn Kindern eines Metzgermeisters geboren und katholisch getauft. 1848 starb der Vater und hinterließ seiner Witwe und den am Leben gebliebenen fünf Kindern ein überschuldetes Haus, das diese zur Deckung der Schulden verkaufen und den Lebensunterhalt ihrer Familie fortan durch Tagelöhnerarbeiten, Almosen und Bettelei bestreiten mußten. (…) 1855 wurde er [Ignaz Auer] als Gemeindepflegling an einen Bauern versteigert, bei dem er bis zum Beginn seiner Sattlerlehre arbeiten mußte. 1863 begab sich der Siebzehnjährige auf Wanderschaft, zunächst in verschiedene Städte Süddeutschlands, (…) wo er im Arbeiterbildungsverein und im demokratischen Arbeiterunterstützungsverein mit sozialistischem Gedankengut in Berührung kam. 1869 schloß er sich in Augsburg der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei, den ‚Eisenachern‘, an und trat im Reichstagswahlkampf 1871 zum ersten Mal als Agitator auf. Im März 1872 nahm er seinen Aufenthalt in Berlin, wo er sich rasch an die Spitze der dortigen Eisenacher Partei setzte und zum ersten Vorsitzenden des neugegründeten Allgemeinen Deutschen Sattlervereins gewählt wurde. Im August 1874 wurde er auf Betreiben seines Mentors August Geib Sekretär im Parteiausschuss der Eisenacher, was seine Übersiedlung nach Hamburg notwendig machte.“2)
Über sein weiteres politisches und berufliches Leben schreibt die SPD Ravensburg: „Ab 1874 Sekretär des Parteiausschusses in Hamburg. Agitationsarbeit für die SDAP (Sozialdemokratische Arbeiterpartei). Verschiedene wichtige Funktionen in der Parteiorganisation, insbesondere in der Zeit der Sozialistengesetze. 1877 erstmals in den Reichstag gewählt, mit Unterbrüchen dort bis 1906. 1887 gemeinsam mit August Bebel [siehe: August-Bebel-Park, August-Bebel-Straße, Bebelallee] und Wilhelm Liebknecht in der Kommission zur Ausarbeitung eines neuen Parteiprogrammes.“ 3)
Und die Friedrich Ebert Stiftung veröffentlicht über Ignaz Auer in ihrer digitalen Bibliothek: „1873 bis 1874 beim ‚Dresdner Volksboten‘ als Journalist und Expedient, 1876 Redakteur des HAV, Ende 1877 in Berlin, Leiter der Assoziationsdruckerei und bei der ‚Berliner Freien Presse‘ tätig, verantwortlich für das Nachfolgeblatt ‚Berliner Nachrichten‘. 1878 ausgewiesen und nach Hamburg gegangen, auch von dort (1880) ausgewiesen, mit der Parteileitung nach Harburg. Am 23. Juni 1881 nach Schwerin, dort bis 1886, Möbelhändler. Verurteilt in Freiberg 1886, dann in München, Redakteur u.a. des ‚Deutschen Wochenblatts‘. (…). 1890 Parteisekretär, Übersiedelung nach Berlin, ‚Seit Mitte der 90er Jahre führender Reformist‘ (SPD-Protokollnotizen S. 172). ‘Zensor’ des ‚Vorwärts‘, Mitarbeiter der ‚Sozialistischen Monatshefte‘ (…).“ 4)
Ignaz Auer war verheiratet – Rosa Luxemburg kondolierte der Witwe zum Tode ihres Mannes. 5) Das Paar hatte eine Tochter namens Emmy, später verheiratete Scherm (1896-1974). 6)
Ignaz Auer bezeichnete seine Mitkampfgenossin in der Arbeiterbewegung, Rosa Luxemburg, als „gescheite Giftnudel“, gleichzeitig zollte er ihr aber auch Respekt. „Rosa Luxemburg hatte 1894 das Amt als Chefredakteurin der ‚Sozialistischen Arbeiterzeitung‘ nach internen Kämpfen niedergelegt. Ignaz Auer sagte dazu, außer ‚daß sie, wie alle Weiber, eitel und rechthaberisch sei. Sie keift, kann aber nicht vertragen, dass ihr geantwortet wird‘. Die Erfahrung, einer Frau in der politischen Diskussion unterlegen zu sein, bewirkte bei den Genossen Rosa Luxemburgs offenbar den Rückgriff auf abwertende Bezeichnungen sowie auf abwertende, vermeintlich weibliche Attribute.“ 7)
Ignaz Auer verteidigte die seit 1890 geltende Regelung bei den SozialdemokratInnen, dass Frauen eigene Delegierte zu den Parteitagen entsenden konnten. „Wir müssen der sozialdemokratischen Frauenbewegung Gelegenheit zur Vertretung auf Pateitagen geben, ohne dass sie von der Gnade der Männer abhängig ist. Diese Abhängigkeit hat sich nicht bewährt.“
Gleichzeitig hatte er aber ein sehr ambivalentes Verhältnis zu Politikerinnen. So äußerte er sich 1898 auf einem Parteitag der SPD über Clara Zetkin, nachdem sie dort eine Rede gehalten hatte: „Wenn das das unterdrückte Geschlecht ist, was soll dann einmal werden, wenn das frei und gleichberechtigt ist.“ 8)
Zur Stellung Ignaz Auers zum Kolonialismus siehe die wissenschaftliche Arbeit von Markku Hyrkkänen: Sozialistische Kolonialpolitik. Eduard Bernsteins Stellung zur Kolonialpolitik und zum Imperialismus 1882-1914. Ein Beitrag zur Geschichte des Revisionismus. Helsinki 1986.