Geibweg
Horn (1945): August Geib (10.4.1842 Duchroth – 1.8.1879 Hamburg), Reichstagsabgeordneter, Vorsitzender der SPD
Siehe auch: Weddestraße
Siehe auch: Lassallestraße
Siehe auch: August-Bebel-Straße, Bebelallee und August-Bebel-Park
Siehe auch: Auersreihe
Diese Verkehrsfläche wurde in der NS-Zeit 1940 in Sterneckerweg benannt. Gleich nach der Befreiung vom Nationalsozialismus wurde der Weg aus politischen Gründen umbenannt in Geibstraße. (vgl.: Staatsarchiv Hamburg, Registratur Staatsarchiv AZ. 1521-1/5 Band 3-5: Straßennamen (neue Kartei), alphabetisch geordnet mit Hinweisen).
Wilhelm Leopold August Geib war der Sohn von Margaretha Geib, geborene Geib und von Franz Philipp Geib.
In Wikipedia heißt es über Geibs politischen und beruflichen Werdegang: „Geib besuchte bis zum zehnten Lebensjahr die Dorfschule in Durchroth, danach erhielt er privaten Unterricht. Er machte eine kaufmännische Lehre in Meisenheim (1855–1858), dann war er als Kaufmannsgehilfe in Hamburg. Ab 1864 war er als Buchhändler und Leihbibliothekar in Hamburg tätig. In den ersten Jahren in der Arbeiterbewegung gehörte Geib politisch dem von Ferdinand Lassalle [siehe: Lassallestraße] gegründeten Allgemeinen Deutschen Arbeiterverein an, (…).“1)
Geib „gehörte zu den führenden Agitatoren, die auf den Generalversammlungen des ADAV [Allgemeiner Deutscher Arbeiter Verein] als Redner auftraten und damit zur Meinungsbildung im Verein beitrugen. Zu seinem Agitationsstil zählten auch zahlreiche Lieder, die er dichtete und die im ADAV nach bekannten Melodien gesungen wurden. Sie dienten der Schaffung eines politischen Bewusstseins der Arbeiter und betonten ihre Macht in der Gesamtgesellschaft,“ 2) schreibt der Historiker Arno Herzig in seiner Biografie über August Geib.
Da - wie Arno Herzig schreibt - die Organisationstruktur des ADAV diktatorisch auf den Präsidenten des ADAV ausgerichtet war, 3) forderten Geib und andere Hamburger Mitglieder der ADAV eine Demokratisierung des Vereins. Diese wurde auf der Generalversammlung in Hamburg 1868 beschlossen. Doch der damalige Präsident des ADAV, Johann Baptist von Schweitzer, setzte diesen Beschluss außer Kraft. Daraufhin gingen Geib und andere zu der von Wilhelm Liebknecht und August Bebel (siehe: August-Bebel-Straße, Bebelallee und August-Bebel-Park) initiierten SDAP (Sozialdemokratische Arbeiterpartei) über.
Geib gehörte „1869 zur Leitung des Gründungskongresses der SDAP in Eisenach. Im Umfeld der Partei engagierte er sich zunächst vor allem gewerkschaftlich. Gemeinsam mit Ignaz Auer [siehe: Auersreihe] übernahm er die Leitung der Holzarbeitergewerkschaft (…).“ 4)
Geibs gewerkschaftliches Engagement blieb auch während seiner parteipolitischen Betätigung bestehen. So veröffentlichte er zum Beispiel 1877 die erste fundierte Gewerkschaftsstatistik und blieb „bis zu seinem Tod Geschäftsführer der Genossenschaftsdruckerei, die seit 1875 das sozialdemokratische ‚Hamburg-Altonaer Volksblatt‘ herausgab“. 5)
1874 wurde Geib Reichstagsabgeordneter und hatte diese Funktion bis 1877 inne. Ebenfalls 1874 wurde Geib, der am Rödingsmarkt 12 wohnte und dort auch seine Buchhandlung führte, von Karl Marx und dessen Tochter Eleonore besucht. Und ebenfalls 1874 wurde Geib von dem Vizepräsidenten des ADAV, Carl Wilhelm Tölcke, der noch1869 auf dem Gründungskongress der SDAP versucht hatte, diese Gründung zu verhindern, ersucht, die beiden Parteien zu vereinen, da die Verfolgung der Arbeiterparteien durch den preußischen Staat immer stärker wurde.
„Bei der Vereinigung von SDAP und ADAV im Jahr 1875 wurde Geib zum Kassierer der neu gegründeten SAPD gewählt. Im Jahr 1877 wurde die Partei für den Geltungsbereich des preußischen Vereinsrechts verboten. (…). Zu einem tiefen Konflikt mit dem übrigen Parteivorstand kam es im Zusammenhang mit dem bevorstehenden Sozialistengesetz. Geib schlug die Auflösung der Partei vor, bevor das Gesetz in Kraft treten würde. Obwohl dies nach heftigen Auseinandersetzungen auch beschlossen wurde, trat Geib von seinem Posten als Kassierer zurück, den anschließend August Bebel übernahm. Allerdings blieb Geib in der Partei einflussreich. So war es nicht zuletzt ihm zu verdanken, dass im Schweizer Exil eine zentrale Parteibücherei eingerichtet wurde, aus der später das Parteiarchiv hervorging. (…).“6)
August Geib starb im Alter von 37 Jahren. An die 30.000 Menschen nahmen an der Beerdigung in Hamburg teil. Die Teilnehmenden trugen anstatt eines Trauerflors rote Bänder, so dass die Trauerfeier und der Trauerzug zu einer großen Demonstration der verbotenen Arbeiterpartei wurde.
August Bebel zitiert in seinen Erinnerungen einen Brief, den Emilie Bracke anlässlich des Todes von August Geib an August Bebels Ehefrau, Julie Bebel schrieb. Daraus geht auch hervor, dass August Geib verheiratet gewesen ist.
August Bebel schreibt: „Man darf es aussprechen, der scheinbar so robuste Mann mit dem prächtigen langbärtigen Männerkopf starb im 38. Lebensjahr als ein Opfer des Sozialistengesetzes. Ohne dessen Aufregungen, Ärgernisse und Sorgen hätte er noch viele Jahre gelebt. Die ganze Liebe und Verehrung für den Mann, der im Rate der Partei stets einer der Ersten und Besten gewesen, kam bei seinem Begräbnis zum Ausdruck. Über dreißigtausend Arbeiter folgten seinem Sarge. Hamburg, die stolzeste Feste der Partei bewies nachher, daß der Same aufgegangen, den Geib als Sämann mit ausgestreut hatte. Aus Anlaß seines Todes schrieb die Frau des schon damals schwer erkrankten Bracke an meine Frau:
‚Braunschweig, den 2. August 1879.
Meine liebe Julie!
Es drängt mich, Dir heute einige Zeilen zu schreiben. Beim Empfang dieses Briefes wird es Dir gewiß auch schon bekannt sein, daß Herr Geib gestern am Herzschlag gestorben. Es tut uns sehr sehr leid, er war ein braver Mann und ein treuer, wackerer Kämpfer im Dienste der Sozialdemokratie. Mein Mann wurde heute morgen so von seiner inneren Stimmung beherrscht, daß ihm die Tränen in die Augen traten, und ich fühle es der armen Frau Geib nur zu gut nach. Sie haben keine Kinder, und so war ihr Mann ihr alles. O, es ist überwältigend, mit einem Schlage so elend in der Welt dazustehen, das Leben muß einem zu einer traurigen Einöde werden. (…). Für heute sage ich Dir Adieu, ich muß hinunter, das Abendbrot zu besorgen. Lebe recht wohl und schreibe mir bald einmal ein paar Zeilen wieder. Tausend herzliche Grüße von uns allen auch für Frida in treuer Liebe Deine Emilie Bracke.“ 7)