Hamburger Straßennamen -
nach Personen benannt

August-Bebel-Park

St. Georg (2006): August Bebel (22.2.1840 Deutz – 13.8.1913 Passugg), Reichstagsabgeordneter (SPD)


Siehe auch: Lily-Braun-Straße,
Siehe auch: Ottilie-Baader-Straße
Siehe auch: August-Bebel-Straße, Bergedorf 1927
Siehe auch: Bebelallee, Alsterdorf 1945
Siehe auch: Theodor-Yorck-Straße
Siehe auch: Geibweg

In der Weimarer Zeit wurden 1922 in Altona nach drei Politikern der Sozialdemokratie: Karl Legien, August Bebel und Adolf von Elm, Straßen benannt. Dafür wurde in Altona der damals schon bestehende Hohenzollernring umbenannt – und zwar ein Teil nach Legien, ein anderer Straßenteil nach Bebel und ein weiterer Straßenteil nach Adolf von Elm. Die damalige Umbenennung erfolgte aus politischen Gründen: Namen von Monarchen sollten durch Namen von demokratischen Politikern ersetzt werden.

Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten erfolgte sofort die Rückbenennung in Hohenzollernring. Denn „die bekanntesten Namen der sozialdemokratischen Politiker fielen den Umbenennungen des NS-Regimes als erstes zum Opfer.“ (Bericht über Umbenennungen von Straßennamen in Hamburg seit 1918 Stand: März 1987, Staatsarchiv Hamburg, S. 9.)

Nach der Befreiung vom Nationalsozialismus blieb der Straßenname Hohenzollernring bestehen und nach August Bebel wurde 1945 die Bebelallee in Alsterdorf benannt.

Auch die 1927 in Bergedorf benannte August-Bebel-Straße wurde in der Zeit des Nationalsozialismus umbenannt: ein Teil von ihr nach Adolf Hitler. Nach der Befreiung vom Nationalsozialismus hieß die Straße fortan wieder August-Bebel-Straße.

„Bebel gehörte im Oktober 1898 zu den Erstunterzeichnern der Petition des Wissenschaftlich-humanitären Komitees von Magnus-Hirschfeld an das Preußische Justizministerium zur Liberalisierung der Strafbestimmungen gegen Homosexuelle.“ 1)

August Bebel war verheiratet mit Julie, geb. Otto (2.9.1843 Leipzig – 22.11.1910 Zürich). Das Paar heiratete 1866 und bekam eine Tochter. Kennengelernt hatte es sich 1863 auf dem Stiftungsfest des Gewerblichen Bildungsvereins zu Leipzig. Zu dieser Zeit arbeitete August Bebel bei einem Drechslermeister und Julie Otto als Arbeiterin in einem Putzwarengeschäft. Ursula Herrmann schreibt in ihrem Buch „August und Julie Bebel. Briefe einer Ehe“: „Drei Jahre vergingen, bis sie heirateten. August Bebel musste erst das nötige Geld beschaffen, um das Leipziger Bürgerrecht zu erwerben und damit seine Drechslerei, die er 1864 unter dem Namen eines Freundes eröffnet hatte, selbst führen zu können. Es war wohl bei beiden eine Liebesheirat. Sie wußten, daß viele Entbehrungen auf sie warteten. Aber diese waren sie von Kindheit an gewöhnt. (…)

Ein knappes Jahr nach der Hochzeit begann August Bebels rascher politischer Aufstieg. (…) Bebels Wirken im Reichstag, Gefängniszeiten und Festungshaft brachten beiden Ehepartnern Trennungen und Sorgen, Bitternisse und Entbehrungen. Es war eine große Belastungsprobe für ihre Ehe. Aber Julie besaß genug Charakterstärke, um solche Situationen zu meistern. Die Putzmacherei, der sie nach der Hochzeit weiter nachgegangen war, gab sie auf. Sie kümmerte sich um die Drechslerwerkstatt, in der geschmackvolle Tür- und Fenstergriffe aus Horn hergestellt wurden. (…)

Julie wurde durch ihre Ehe in die Politik hineingezogen. Mit dem Streben ihres Mannes sympathisierte sie von Beginn ihrer Bekanntschaft an. Seit 1870/1871 aber stand er im Mittelpunkt zugespitzter politischer Auseinandersetzungen. (…) Julie musste dazu ihren eigenen Standpunkt finden. Und sie entschied sich nun erst recht für die Ideale ihres Ehegatten, für die Ziele der Sozialdemokratie. (…) Der Sozialdemokratie als Mitglied beizutreten, erlaubten ihr die Vereinsgesetze nicht, die bis 1908 Frauen die Mitgliedschaft in politischen Vereinen untersagten. Zum Kristallisierungspunkt ihrer Ehe wurde ihr einziges Kind, die Tochter Bertha Friederike (16. Januar 1869 – 28. Juni 1948), das Friedchen. Um ihr Wohlergehen und ihre möglichst allseitige Ausbildung kreisten die Gedanken von August und Julie in den meisten Briefen. (…) Aber für Frieda erwiesen sich die Verfolgungen ihres Vaters als verhängnisvoll. Vom 3. bis zum 18. Lebensjahr war sie rund die Hälfte der Zeit wegen politischer Verfolgungen ihres Vaters von ihm getrennt. (…)

Sie identifizierte sich völlig mit ihrem Vater. Körperlich klein und zart, nervlich äußerst sensibel, zeigte sie sich nach außen tapfer. Sie trug jedoch tiefgehende psychische Schäden aus den Verfolgungen ihres Vaters davon, die ihr die eigenen Lebenspläne zerstörten.“ 2)

August Bebels Buch „Die Frau und der Sozialismus“ erschien 1879 „kurz nach Erlaß des Sozialistengesetzes (..) [und] wurde sofort verboten. Zumeist unter dem Decknamen ‚Frau Julie‘ bestellt, vertrieb es die Sozialdemokratie bis 1890 illegal. Mehrfach erweitert und umgearbeitet, erlangte das Buch mit der 50. Auflage im Jahre 1910 seine heutige Gestalt. Bebels theoretisches Hauptwerk wurde bis 1913 in 20 Sprachen übersetzt. Sein Anliegen, schrieb Bebel, war die ‚Bekämpfung der Vorurteile, die der vollen Gleichberechtigung der Frau entgegenstehen, sowie die Propaganda für die sozialistischen Ideen, deren Verwirklichung allein der Frau ihre soziale Befreiung verbürgen‘. (…)
Die Befreiung der Frau verstand Bebel in erster Linie als eine soziale Frage. Nicht nur durch Gesetze müsse die Frau dem Mann gleichgestellt sein, sie müsse auch ‚ökonomisch frei und unabhängig von ihm und in geistiger Ausbildung ihm möglichst ebenbürtig‘ sein. (…)

Die Ehe von August und Julie Bebel basierte auf echter Partnerschaft, auf Gleichrangigkeit. (…) Zu ihrer Partnerschaft trug wesentlich bei, daß Julie in die beruflichen Probleme und das politische Wirken ihres Ehegatten voll einbezogen war. (…) Aus Werdegang, Zeitläuften und Lebensumständen erwuchs Julie Bebels innere Bereitschaft, sich den Anforderungen, die an ihren Mann gestellt waren, anzupassen und auf eine unabhängige Lebensgestaltung, ohne ihn oder gar gegen ihn, zu verzichten. Sie ermöglichte ihm in der Familie Ruhe, Geborgenheit, die er, ‚mit der Welt im Kampfe‘ liegend, brauchte. August Bebels Neigung zu einer gewissen Bevormundung und Rechthaberei, die in den Briefen hin und wieder hervortritt, empfand sie nicht als kränkend. Jedenfalls konnte sie durch diese Ehe ihre Persönlichkeit in viel höherem Maße entfalten, als es für eine Arbeiterin damals im allgemeinen möglich war“, schreibt Ursula Herrmann in ihrem Buch „August und Julie Bebel. Briefe einer Ehe“. 3)

„Zusammen mit anderen Frauen organisierte sie Solidaritätsversammlungen. Sie verwaltete in der Haftzeit Bebels zeitweise die Gelder der Partei und sorgte für Hilfe für Parteimitglieder, die durch das Sozialistengesetz in Not geraten waren. Nach dem Ende des Sozialistengesetzes gehörte sie zu Beginn der 1890er Jahre zu den Gründerinnen des Bildungsvereins für Frauen und Mädchen in Berlin.“ 4)

August Bebel und Julie Bebel waren sehr oft getrennt, durch Haftzeiten und durch berufliche Abwesenheiten August Bebels. Das Paar schrieb sich viele Briefe, aus denen die Beziehung der beiden deutlich wird. Ausschnitte aus Briefen Bebels an seine Frau:
Hubertusburg, 18. 10. 1872: „Meine liebe gute Julie! Wenn Du den Sonntag kommst‘, nehme ich an, Du kommst gern und nicht moralisch durch mich gezwungen.“ 5)

Stuttgart, 25.8.1881: „Aus welchem Blatt ist denn der gemeine Artikel, den Du mir schicktest? Die Demonstration war sehr gelungen. (…) Die beiden Frauen, zwischen denen ich saß und die Dich sicher am meisten interessieren, waren Frau Grillenberger und eine Freundin von ihr, eine junge, hübsche, jüdische Witwe. Beide hatten zusammen nach München einen Ausflug gemacht, und da Frau Grillenbeger wußte, daß ich dort war, so wurde ich natürlich von ihnen aufgesucht, und als galanter Ritter habe ich sie dann den Sonntag spazieren geführt und auch nach jenem Keller mitgenommen Unrichtig ist, wenn gesagt wurde, ich hätte ein Beefsteak gegessen, es war saurer Rinderbraten mit Klößen, echt münchnerisch zubereitet. Wenn ich eine Frau mit mir hatte, dann wär es vielleicht gefährlich, aber zwei – das wär des Guten zuviel.“ 6)

Zürich, 17.6.1883: „Meine liebe gute Julie (…) Deine Aufregung und Sorge kann ich mir sehr leicht vorstellen (…) ich weiß, daß, wenn ich einige Wochen von Dir weg bin, ich auf einen solchen Brief rechnen kann. Ich werde künftig gar nicht mehr schreiben dürfen, was ich tue und treibe, weil Dich das stets aufregt und zu bitteren Vergleichen herausfordert. Das Merkwürdige ist nur, daß Frauen, die das ganze Jahr ihren Mann um sich haben, sich in derselben bitteren Weise ergehen. Als ich M[otterls] s von Deiner Stimmung erzählte, brach Frau M[otteler] los, was sie denn von ihrem Manne habe; sie sitze da wie ein Opferstock, und das einzige Bewußtsein sei, daß er neben ihr sitze. So und ähnlich höre ich die Frauen überall klagen, daß ich mich oft frage, wo in aller Welt die sog. Glücklichen Ehen sind.“ 7)

Und Julie Bebel schrieb in einem Brief an ihren Mann am 9. 3. 1887: „Zu Deiner Beruhigung will ich Dir schreiben, daß ich davon überzeugt bin, wie gut ich es habe, und sehr zufrieden wäre, wenn Du uns nur nicht immer so oft verließest. Aber deshalb sind wir uns auch Deines Wertes bewußt. Frieda [die Tochter] nun gar, die philosophiert immer: Von allen Männern, die ich bis jetzt habe kennenlernen, gleicht doch keiner unserem Papa. Das macht mir oft Spaß, und muß ich ihr immer beistimmen.“ 8)

August Bebel nahm auch an der Gründungskonferenz des Allgemeinen Deutschen Frauenvereins (ADF) im Oktober 1865 teil. „Ihm und den anderen erschienenen Männern dankte Louise Otto-Peters, daß sie ‚(…) nicht, wie so viele, nur den Fortschritt der einen Hälfte des menschlichen Geschlechts, sondern (…) den Fortschritt der ganzen Menschheit wollen und darum auch die Frauen nicht ausschließen.‘“ 9) Und weiter heißt es bei Daniela Weiland über August Bebel: „August Bebel stellte 1895 im deutschen Reichstag den ersten Antrag auf Einführung des Frauenstimmrechts.“ 10)

August Bebel war Befürworter der Erwerbsarbeit für Frauen. Damit stellte er sich gegen den proletarischen Antifeminismus innerhalb der Arbeiterbewegung der 1860er Jahre. Siehe dazu unter Lassallestraße.
August Bebel war ein Gegner des Kolonialismus. Entsprechend scharf fiel auch seine Rede im Reichstag aus, die er am 17.2.1894 gehalten hatte:
"Meine Herren, was bedeutet denn aber in Wahrheit Ihre christliche Zivilisation in Afrika? Täuschen Sie sich doch nicht darüber, oder versuchen Sie nicht, Andere zu täuschen - denn ich kann unmöglich glauben, daß Sie sich darüber täuschen - also: was bedeutet in Wahrheit diese ganze sogenannte christliche Zivilisation in Afrika? Äußerlich Christenthum, innerlich und in Wahrheit Prügelstrafe, Weibermißhandlung, Schnapspest, Niedermetzelung mit Feuer und Schwert, mit Säbel und Flinte. Das ist Ihre Kultur. Es handelt sich um ganz gemeine materielle Interessen, ums Geschäftemachen und um nichts weiter!"

(Große Unruhe rechts und in der Mitte. Lebhafte Zustimmung bei den Sozialdemokraten.)

"Das ist mit einem Worte gesagt, um was es sich handelt. Millionäre will man züchten - das hat Fürst Bismarck seinerzeit selbst geäußert - das ist das eigentliche Ziel. Wenn man bisher in Ostafrika keine Millionäre züchten konnte, dann war nicht der Wille daran schuld, sondern die Verhältnisse, die es dazu nicht kommen ließen. Gegen diese Art von Zivilisation wenden wir uns. In Rücksicht auf diesen brutalen Egoismus, in Rücksicht auf die rein materiellen und geschäftlichen Ziele, für die die Herren von der nationalliberalen Partei die Missionen als Deckmantel und Förderungsmittel gebrauchen, und für die umgekehrt die Herren vom Zentrum die Förderung der 'nationalen Interessen' im Sinne der nationalliberalen Partei sich angelegen sein lassen, erklären wir uns gegen die ganze Politik. Hoffnung auf große materielle Vortheile, das ist der wahre Grund dieser Kolonialpolitik. Es handelt sich einfach um Ausbeutung und Ausraubung der Negerbevölkerung zu Gunsten christlicher Kapitalisten."
(Große Unruhe rechts und in der Mitte Lebhafte Zustimmung bei den Sozialdemokraten.)

"Was es bedeutet, wenn Sie davon sprechen, Sie wollen die scheußlichen Sklavenzustände beseitigen, das beweist am besten der Umstand, daß Sie dafür eintreten, daß die Haussklaverei bestehen bleibt. Und was diese bedeutet, haben wir aus den Worten eines sachkundigen Mannes wie des Herrn Kollegen Ehni vorhin gehört. Dort drüben Haussklaverei und hier Lohnsklaverei - das ist Ihre ganze Mission!"
Lebhafter Beifall bei den Sozialdemokraten. Unruhe.“ 11)